Kapitel 22
Es war eine schlechte Idee, gestand sich Hermine Granger überraschenderweise selbst ein, ausgerechnet jetzt die Krankenhaus-Cafeteria aufzusuchen. Gestern wäre es sicherlich kein Problem gewesen, allerdings heute, nach Veröffentlichung dieses wahrheitslüftenden Artikels, fühlte es sich einfach nur falsch an. Das Problem war, dass die junge Frau, so schlau sie üblicherweise eigentlich war, aufgrund ihrer ganzen momentanen Sorgen einfach nicht mehr daran gedacht hatte. Erst als sie die ersten neugierigen Blicke und das beginnende murmelnde Getuschel wahrgenommen hatte, wurde es ihr deutlich und sie hätte sich am liebsten selbst für ihr unüberlegtes Handeln geohrfeigt. Sie hätten einfach im Krankenzimmer ihres Sohnes verweilen sollen.
Glücklicherweise war das Café nur sehr spärlich besucht, sodass sich die gaffende und tratschende Meute einigermaßen überschaubar hielt. Dennoch hätte die einst so mutige Gryffindor-Hexe am liebsten Reißaus genommen. Die Blicke ihrer Mitmenschen brannten heiß in ihrem Nacken, worauf sie zum wiederholten Male mit ihrer Hand darüber rieb. Aber einen feigen Rückzug würde es nicht geben, dafür war die Braunhaarige viel zu stolz.
Sie raffte ihr Kinn hoch, spannte die Schultern an und ging selbstbewussten Schrittes in Richtung Selbstbedienungstheke, um sich dort einen Kuchen auszusuchen und einen Kaffee zu besorgen. Ginny und Harry folgten ihr trottend.
Nachdem alle drei mit süßem Gepäck und koffeinhaltigem Gebräu versorgt waren, steuerten sie gemeinsam den abgelegensten Tisch des Klinikcafé's an. Sicherheitshalber zückte Hermine jedoch ihren Zauberstab und murmelte einen Muffliato-Zauber, um die in der Nähe sitzenden Personen und andere ungebetene Zuhörer davon abzuhalten, ihr privates Gespräch zu belauschen.
„So..", fing Harry überfordert an, während er eifrig Zucker in seinen Kaffee rührte. Es war nur zu deutlich, wie sehr dem Helden der Zaubererwelt die Worte fehlten, dieses Gespräch richtig zu beginnen.
Seine Ehefrau hatte da eindeutig weniger Probleme, sie fiel sprichwörtlich mit der Tür ins Haus.
„Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass meine Familie außer sich ist, wenn solche Lügengeschichten über Ron gedruckt und veröffentlicht werden. Mum hätte heute Morgen beinahe einen Nervenzusammenbruch bekommen. Wie konnte es soweit kommen, Hermine? Haben die Malfoy's ihre Finger im Spiel?", fragte die Rothaarige fordernd.
„Was?? Nein!!!", entrüstete sich Hermine überfahren.
„Nicht? Warum sollte die Presse dann solch eine Geschichte erfinden? Und ist es nicht sehr verdächtig, dass ausgerechnet die Malfoy's als Wohltäter da stehen und Ron wie der Böse?", bohrte Ginny weiter und ihre säuerliche Miene bezeugte deutlich ihren Unmut über diese leidige Geschichte.
„Ihr denkt also ernsthaft, dass dieser Bericht eine reine Erfindung ist? Und dass Draco und seine Familie diese Intrige angezettelt haben?", zischte die Braunhaarige zornig.
Sie hatte angenommen, ihre besten Freunde würden eine Erklärung zu Ron's furchtbaren Verhalten haben wollen, stattdessen klagten sie den Vater ihres Sohnes an, diese arglistige Machenschaft gestartet zu haben.
„Natürlich!", ereiferte sich ihre beste Freundin.
„Habt ihr keine Sekunde daran gedacht, dass der Artikel der Wahrheit entspricht?"
„Nein! So ein Unsinn. Wir reden hier immerhin von Ron, Hermine.", verteidigte Ginny ihre Annahme.
Ihr Ehegatte blieb weiterhin auffallend stumm und verfolgte den Schlagabtausch zwischen den beiden Frauen wie ein spannendes Tennismatch, indem sein Kopf zwischen ihnen hin und her schwenkte.
„Eben! Wir reden von Ronald. Der im Übrigen noch nie sein aufbrausendes Temperament, seine unnötige Eifersucht und seinen eklatanten Jähzorn unterbinden konnte."
„Trotzdem! Hermine, er würde doch so etwas nie tun. Hat dich Malfoy dazu gezwungen, so etwas zu behaupten?", verteidigte die Rothaarige weiterhin ihren jüngsten Bruder.
„Was??? Nein!!!"
„Erpresst er dich?"
„Himmel! Was??"
„Oder bedroht er dich oder Scorpius?", zählte sie weiter die verschiedensten Möglichkeiten auf, die für die Quidditch-Profispielerin am ehesten in Frage kämen.
Die Protestlaute der Braunhaarigen nahm sie nicht wahr oder überhörte sie gekonnt. Für Ginny Potter war es eine unumstrittene Tatsache, dass ihr Bruder das nicht getan hatte. Ron würde doch niemals eine Frau schlagen. Oder?
„Merlin nochmal! So ein Unsinn!!", wurde die Braunhaarige lauter.
„Dann erklär es mir, warum solche Ammenmärchen in der Presse auftauchen?!!", fauchte Ginny erbost.
„Weil es leider die Wahrheit ist, Ginny!!", schrie Hermine aufgebracht und sprang von ihrem Sitzplatz hoch.
Angestrengt nach Atem ringend, stützte sie sich an der Tischkante ab. Harry und Ginny sahen sie mit großen Augen erschrocken an, jedoch auch erleichtert darüber, dass Hermine zuvor einen Muffliato gesprochen hatte, um ihr Gespräch privat zu halten. Niemand hatte den lauten Gefühlsausbruch der jungen Mutter gehört.
„Es tut mir leid..", entkam es Hermine beinahe flüsternd und sie sank erledigt auf ihren Stuhl zurück.
„Es tut mir leid..", wiederholte sie. „.. dass diese leidige Sache im Tagespropheten aufgetaucht ist. Das war nie meine Absicht. Und auch Malfoy hat damit nichts zu tun. Ich.. ich.. wir haben keine Ahnung, wer sich an die Presse gewandt hat. Wir können nur mutmaßen. Es könnte jemand vom Pflegepersonal oder einfach nur ein Besucher gewesen sein, der Ronald's fürchterlichen Wutausbruch gestern auf der Station mitbekommen und letztendlich diese Informationen weitergeleitet hat. Ron war nicht gerade diskret. Er hat sich aufgeführt wie ein Verrückter, hat rum geschrien und getobt. Natürlich haben das auch andere mitbekommen. Er hat in seinem Wahn sogar Scorpius leicht verletzt und dann auch noch auf Malfoy eingeschlagen.", erklärte sie ruhig und blickte dabei nur Harry in die Augen. Zu sehr schämte sie sich, Ginny ins Gesicht zu sehen.
Ginny Potter wollte gerade erneut zur Verteidigung ihres Bruders ausholen, als ihr Ehegatte sie unterbrach und endlich das Wort ergriff.
„Er hat dich also wirklich geohrfeigt?"
Obwohl es eine Frage war, klang es mehr nach einer Feststellung. Ginny schnappte erschrocken nach Luft. Ob aus Wut oder Überraschung konnte Harry nicht deuten, denn seine Aufmerksamkeit und sein bohrender Blick lagen auf seiner besten Freundin, die anfing, auf ihrem Stuhl sich unwohl fühlend hin und her zu bewegen.
„Warum hast du mir das nicht gesagt?", schoss Harry zornig hinterher, als er eindeutig die Wahrheit hinter diesem Zeitungsbericht in Hermine's Gesichtsausdruck erkannte.
„Ich wollte euch damit nicht belasten.", gestand sie und sah beschämt auf ihren Kuchen, der noch unberührt vor ihr auf dem kleinen weißen Porzellanteller lag.
„Und was bedeutet, er hätte Scorp verletzt??", fragte Potter besorgt nach.
„Versehentlich. Es war keine Absicht, soweit Draco es mir erklärt hat. Ich war selbst nicht dabei, aber offenbar wollte Ron wohl eher ihn angehen und Scorpius ist dabei unabsichtlich zwischen die Fronten geraten. Es ist auch nichts weiter passiert. Er hat nur ein Hämatom davon getragen."
Harry atmete erleichtert durch. Es war schon schwer für ihn zu realisieren, dass Ronald die Hand gegen Hermine erhoben hatte. Die Vorstellung, sein bester Freund wäre in seinem Zorn auch noch gegen ein Kleinkind gewalttätig zutage getreten, ließ in Harry Übelkeit aufkeimen.
„Es ist also nicht erfunden?", fragte Ginny sicherheitshalber noch einmal nach.
Hermine schüttelte zaghaft ihren Kopf, worauf die Rothaarige erneut heftig nach Luft schnappte und ihren roten Haarschopf schüttelte, als könnte sie die Tat damit ungeschehen machen. Langsam drang die Richtigkeit dieser Geschehnisse in ihre Gehirnwindungen vor und Erkenntnis überflutete sie.
„Wie konnte er das tun?", flüsterte sie daraufhin betroffen. „Das kann nicht sein. Er würde doch nie.."
„Ich.. es war zum Teil auch meine Schuld."
„Wie meinst du das, Hermine?", fragte der Schwarzhaarige interessiert.
„Ich .. ich.. .. .. Wir hatten Streit, Ron und ich, nachdem ich ihm die Wahrheit über Scorpius Vater anvertraut habe."
Potter nickte verstehend, blieb jedoch stumm, damit Hermine mit ihrer Erzählung fort fuhr.
„Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie sehr Ron daraufhin ausgerastet ist."
Auch hier nickte der schwarzhaarige Auror stillschweigend.
„Er beschimpfte mich, Draco und letztendlich auch Scorpius. Und da... da ist mir dann eine Sicherung durchgebrannt. Ich mein.. er kann mich beschimpfen.. und auch Draco, aber nicht meinen Sohn. Ich mein.. er kann ganz gewiss nichts dafür.", erklärte sie zögerlich.
„Als er dann meinte, mein Sohn sei ein widerlicher Malfoy Bastard.. . da ist mir die Hand ausgerutscht und ich habe ihn geohrfeigt."
„Und Ron hat zurück geschlagen?", fragte Ginny ungläubig nach.
Hermine nickte zögerlich.
„Es war meine eigene Schuld."
„So ein Unsinn, Hermine.", ereiferte sich Harry. „Das hätte er nicht tun dürfen. Es ist vielleicht das Eine, wenn eine Frau einen Mann eine Ohrfeige verpasst, aber ganz gewiss das Andere, wenn es sich umgekehrt ereignet. Das war nicht in Ordnung von Ron und du kannst darauf Gift nehmen, dass ich ihn mir noch vorknöpfe."
„Lass gut sein, Harry. Ron weiß, dass es falsch war."
„Ach? Tut er das? Das wär wohl das erste Mal.", antwortete der Zauberer sarkastisch, denn auch wenn er seinen besten Freund liebte, so wusste er dennoch um dessen Schwäche und Fehler.
„Ich.. ich.. es tut mir leid, Hermine.", stotterte die rothaarige Hexe nun überfordert, während sie mit der Kuchengabel ihre Torte beinahe schon zermanschte.
„Es tut mir leid, dass ich dir sofort etwas anderes unterstellt habe. Ich.. es ist nur sehr schwer zu akzeptieren, dass der eigene Bruder so etwas getan hat.."
„Es ist alles gut, Ginny.", antwortete Hermine nun eine Spur erleichterter und ergriff über den kleinen Tisch hinweg die Hand der Rothaarigen, was deren Sahnetorte davor bewahrte, zu einer breiigen Masse zu werden.
„Ich versteh dich. Okay? Und es tut mir so unendlich leid, dass diese Sache öffentlich geworden ist. Das war nie meine Absicht. Auch nicht die von Draco. Bitte richte das auch an deine Mum aus. Ich weiß, dass ich bei ihr unten durch bin, aber ich wollte weder sie noch ihren Sohn jemals verletzten."
„Sie hasst dich doch nicht, Hermine.", ereiferte sich Ginny sofort.
„Sie .. sie war nur etwas überfordert.. und vielleicht gekränkt, dass ausgerechnet Malfoy der Vater von Scorpius ist. Ich nehme an, sie hat insgeheim immer noch gehofft, dass Ron vielleicht doch der biologische Vater ist, obwohl allen klar ist, dass dies vollkommen unmöglich ist, alleine schon der Zeitrechnung nach und der fehlenden Ähnlichkeit. Für sie bist du einfach die Wunschschwiegertochter. Sie hat auch schon nach dir gefragt, also wie es euch geht."
„Dann wird sie mich jetzt nur noch mehr hassen."
„Wie?", kam es ihren besten Freund.
„Ron hat mich gestern gefragt, ob ich ihn heirate."
„Das hat er wirklich?", fragte Ginny nun aus einer Mischung aus freudiger Überraschung und entsetzter Betroffenheit. Ihr Gesichtsausdruck war für Hermine nicht vollkommen entschlüsselbar.
„Nachdem er sich sowas geleistet hat? Er ist wieder weggelaufen, nachdem es brenzlig wurde. Er hat dich mit deinem kranken Sohn allein gelassen. Noch dazu nachdem er handgreiflich geworden ist??", entkam es Harry empört.
„Ja..", antwortete Hermine lahm.
„Nach deinem Gesichtsausdruck zu schließen, hast du abgelehnt?", fragte ihr bester Freund.
„Hast du?", kam es von Ginny.
Hermine nickte beschämt.
„Ja, hab ich. Und das hat nicht unbedingt etwas mit der Ohrfeige zu tun.", gestand sie betrübt.
„Mir ist klar geworden, dass es nie zwischen uns funktionieren würde. Wie kann ich einen Mann heiraten, der zwar mich, aber nicht meinen Sohn liebt?"
„Hermine!", wandte Ginny mitfühlend ein. „So ist es doch nicht."
„Doch Ginny. So ist es. Ron war Scorpius nie ein Vater. Er hat es mir oder eigentlich eher Scorpius immer übel genommen, dass ich schwanger geworden bin und nicht er der Vater war. Als wenn mein Sohn daran schuld hätte.", lachte sie leicht verächtlich.
„Er hat versucht, darüber weg zu sehen, dass Scorp von einem anderen ist, mir zu liebe, aber ob das auf Dauer gut gegangen wäre, kann ich mir nicht vorstellen. Und als er dann von Scorpius leiblichen Vater erfahren hat, ist der brodelnde Vulkan letztendlich ausgebrochen."
„Liebst du ihn denn gar nicht mehr?", fragte Ginny vorsichtig. Auch wenn sie die unbedachte Handlung von Ron verurteilte, so war es dennoch immer ihr Wunsch, Hermine alsbald als ihre Schwägerin in der Familie begrüßen zu können.
„Ich weiß es nicht mehr."
Ginny und auch Harry schnappten erschrocken nach Luft.
„Aber das tut auch nichts mehr zur Sache. Es wird nie wieder so sein wie vorher.. . nach.. nach gestern. Was er mir alles für hässliche Dinge an den Kopf geworfen hat.. .. .. das .. das.. kann ich ihm nicht verzeihen. Zumindest nicht so schnell."
Schweigen überkam das Trio, worauf jeder der Drei an seiner Kaffeetasse nippte.
„Es ist jetzt auch egal. Das Wichtigste ist Scorpius. Er ist der einzige Mann, der im Moment einen Platz in meinem Leben haben sollte.", unterbrach sie die aufgekommene Stille und lächelte aufmunternd ihren besten Freunden zu.
„Und wie geht das jetzt mit Malfoy weiter?", wollte Ginny wissen.
„Wie meinst du das?", errötete die Braunhaarige leicht, was ihre beiden Freunde glücklicherweise nicht registrierten.
„Na, was will er von Scorpius?"
„Er möchte Kontakt zu seinem Sohn.", antwortete Hermine ruhig.
„Und wie lange wird das wohl anhalten?", entkam es der Rothaarigen ehrlich fragend und Hermine senkte betrübt den Kopf, um ihre Freunde nicht ansehen zu müssen.
Um von ihren Ängsten abzulenken, die nur zu deutlich in ihrem Gesicht ablesbar waren, widmete sie sich endlich ihrem Kuchenstück. Mit leicht zitternder Hand spießte sie ihre Gabel in den gedeckten Apfelkuchen und führte diese daraufhin elegant zu ihrem Mund.
Erst als sie den Bissen langsam gekaut und runtergeschluckt hatte, ergriff sie wieder das Wort, da sie die fragenden Blicke ihrer zwei Freunde langsam aber sicher nicht mehr ignorieren konnte.
„Ich.. ich weiß es nicht. Er sagt, er möchte am Leben seines Sohnes teil haben. Wie könnte ich ihm das verwehren?"
„Ich versteh das.", gestand Harry und griff nach der Hand seiner Frau. Ihm würde es ebenso ergehen wie Malfoy. Auch Harry würde unbedingt Kontakt zu seinem Sohn haben wollen.
„Wie ist es denn eigentlich überhaupt soweit gekommen, Hermine? Ich mein, du und Malfoy? Das klingt einfach absolut absurd. Gäbe es Scorp nicht als Beweis, würde ich behaupten, es handle sich hier um ein schlecht erzähltes Schauermärchen."
Hermine schluckte.
„Harry hat erzählt, es wäre jedenfalls kein einfacher One-Night-Stand gewesen?", bohrte die Rothaarige weiter.
Harry hatte Hermine ein paar wenige Dinge über ihr Verhältnis zu Malfoy gefragt, aber auf Rücksicht zu ihr und der belastenden momentanen Situation, hatte er nie weiter nachgebohrt.
Auch seine Ehegattin hatte bei ihren zwei Krankenbesuchen, in denen sie dem kleinen Scorpius einen Besuch abgestattet hatte, darauf verzichtet, Hermine weiter mit Fragen zu quälen. Doch jetzt, da ihr Sohn auf dem Weg der Besserung war, konnten die Eheleute Potter nicht weiter mit ihren unzähligen offenen Fragen weiterleben. Sie brauchten Antworten.
„Nein.. das war es nicht.", gestand die Braunhaarige.
„Es ging also länger zwischen euch?", bohrte Ginny Potter neugierig weiter.
Hermine Granger nickte und widmete sich erneut ihrem Apfelkuchen, um ihre Freunde nicht ansehen zu müssen.
„Ja.. so etwa 8 Monate."
Beide Potter's schnappten erschüttert nach Luft.
„Was??", quiekte die Rothaarige verstört. „Du hattest 8 Monate was mit dem Frettchen?"
Die Rothaarige schüttelte es, damit hatte sie keinesfalls gerechnet.
„Ginny!!", mahnte Hermine sie.
„Ja ja.. schon gut. Ich geb ja zu, dass er wirklich absolut heiß aussieht, aber .. wir reden hier immerhin immer noch über das Frettchen."
Harry Potter's Kopf schoss so schnell zu seiner Ehegattin, dass Hermine das Knacken seiner Nackenwirbel deutlich hören konnte.
„Was???", fragte dieser überfordert nach. „Du findest, dass Malfoy .. dass er..."
„.. heißt aussieht – ja.", half die Rothaarige ihrem Gatten auf die Sprünge, da er offenbar seinen Satz nicht zu Ende bringen konnte.
„Leider muss ich das zugeben. Alles andere wär eine Lüge."
Harry sah aus, als hätte man ihm eben eröffnet, Lord Voldemort persönlich wäre wieder von den Toten auferstanden und plane jetzt eine Cupcake-Bäckerei in der Winkelgasse zu eröffnen.
„Komm schon Harry.", piesackte Ginny ihn. „Du hast doch selber Augen im Kopf und musst zugeben, dass Draco Malfoy, so sehr wir ihn auch vielleicht verabscheuen, purer Sex auf zwei Beinen ist. Aber das ausgerechnet Hermine dem nicht widerstehen kann, überrascht mich dann doch. Und was mich noch mehr überrascht, dass sich Malfoy herab lässt, mit einer Muggelgeborenen zu vögeln.. und das noch über Monate."
„Hey!!", ereiferte sich die Braunhaarige. „Ich bin immer noch anwesend."
Harry Potter schob angewidert seinen Kuchenteller mit dem halb aufgegessenen Gebäck von sich. Der Appetit darauf war ihm nun völlig abhandengekommen und es keimte der Wunsch in ihm auf, seinen Kaffee mit einem kräftigen Schuss Likör zu versehen. Zum Hippogreif nochmal, warum wurde denn auch im Krankenhaus-Café kein Schnaps verkauft?
„Erzähl Hermine. Wie ist es dazu gekommen?", wandte sich die Rothaarige nun begierig an ihre Freundin.
Harry hustete halb würgend, wodurch er einen amüsierten Blick seiner Frau und einen entrüsteten seiner besten Freundin erntete.
„Ich weiß nicht, ob wir dieses Thema vertiefen sollten. Mir reicht es zu wissen, dass die Beiden.. dass sie...", stotterte er unbeholfen.
„..gevögelt... ... gefickt.. .. .. gepoppt... sich nackt hemmungslos im Laken gewälzt haben..", stichelte die Rothaarige in Richtung ihres Mannes provozierend und grinste dabei belustigt.
„Ginny!!!", entkam es Harry und Hermine gleichzeitig. Die Braunhaarige trug eine auffallend rötliche Färbung auf ihren Wangen, Harry dahingegen eine deutliche Blässe.
„Schon gut, schon gut.", winkte die Angesprochene ab.
„Also.. erzähl. Wie hat das alles angefangen?", wandte Ginny sich erneut an ihre Freundin.
Die Neugier und die Begierde nach Informationen standen ihr ins Gesicht geschrieben, auch wenn sie Draco Malfoy nicht ausstehen konnte, so wartete sie dennoch auf prekäre Einzelheiten.
Hermine schluckte nervös. Noch nie hatte sie jemanden die Geschichte zwischen Draco Malfoy und sich erzählt.
Harry, Ron und Ginny hatten sich gegen das Wiederholen des 7. Schuljahres nach Kriegsende ausgesprochen und stattdessen eine Auroren-Ausbildung, Ginny in ihrem Fall eine Karriere als Quiddisch-Spielerin, begonnen. Hermine hatte ein ganzes Schuljahr alleine in Hogwarts verbracht und vieles aus diesem letzten Schuljahr hatten ihre drei besten Freunde deshalb nicht mitbekommen und auch nie erfahren.
„Ich.. ähm.. alles begann am Halloween-Ball.", gestand sie nervös. „Professor McGonagall lag die Häuservereinigung damals sehr am Herzen."
„Na das habt ihr ja ziemlich gut hinbekommen und vor allem umgesetzt, wie mir scheint.", stichelte Ginny erneut breit grinsend, worauf sie einen bösen Blick von Hermine zugedacht bekam.
„Am Halloween-Ball wollte Professor McGonagall unbedingt, dass die verfeindeten Häuser miteinander tanzen. Sie hat uns, ehrlich gesagt, direkt dazu verdonnert. Und plötzlich stand Malfoy vor mir und bat mich um einen Tanz. Ich war selbst völlig perplex, nahm aber an."
„Was sonst, als würdest du dich je einer Anweisung von McGonagall widersetzen.", lachte Ginny provozierend.
Hermine gedachte ihre rothaarige Freundin wiederholt mit einen strengen Blick, fuhr jedoch in ihrer Erzählung ungehindert fort.
„Naja.. und dann haben wir getanzt.", schloss sie lahm und Harry und Ginny bemerkten, wie sie sich in den vergangenen Erinnerungen verlor.
Erst Ginny's leises Räuspern riss Hermine wieder ins hier und jetzt zurück.
„Wir haben während dieses Tanzes kaum gesprochen. Aber als das Lied zu Ende war, einfach weiter getanzt. . ich weiß auch nicht warum. . wir wollten es beide irgendwie. . und irgendwie haben wir begonnen uns zu unterhalten. Und.. .. und wir verstanden uns, wider Erwarten, ziemlich gut. Wir tanzten und tanzten und dann haben wir gemeinsam getrunken und gelacht und.. es war ein wunderschöner Abend. Wir waren auf einer Wellenlänge während unserer Gespräche, haben festgestellt, dass wir den selben Humor besitzen und auch dass wir irgendwie im gleichen Rhythmus waren.", erklärte sie ruhig
„. . also beim Tanzen.", fügte sie sofort hinzu, als sie Ginny's wissendes Grinsen bemerkte.
„Offenbar nicht nur beim Tanzen.", lachte diese sofort dreckig und wackelte mit den Augenbrauen, was Harry ein gequältes Stöhnen entlockte.
Überraschenderweise lachte nun auch Hermine, worauf sie einen erstaunten Blick ihres besten Freundes erhaschte.
„Ja. Du hast Recht.", fügte sie immer noch lächelnd hinzu. „Draco hat mich umgehauen. In jedweder Hinsicht.", gestand sie, worauf die Rothaarige wissbegierig aufquiekte.
„Erzähl weiter. Wie wo wann???", bohrte sie drängend.
Hermine lächelte über Ginny's ungebändigter Neugier.
„Wie? Ich weiß es nicht mehr. Wir waren beide ziemlich betrunken."
„Und wo?"
„Du bist ziemlich neugierig Ginny Potter!", erklärte die junge Mutter kopfschüttelnd.
„Na und? Erzähl schon."
„Wir sind im Klassenzimmer für Verwandlung gelandet.", gestand Hermine leise.
„Was???", quietschte das rothaarige Mädchen und lachte daraufhin von ganzen Herzen. „Sag bloß, ihr habt es auf McGonagall's Lehrerpult getrieben?"
Die plötzlich aufgetretene rote Färbung im Gesicht der braunhaarigen Hexe ließ Harry das Gesicht in den Händen vergraben.
„Oh Gott.", murmelte er peinlich berührt. „Können wir das Thema wechseln? Ich ertrag das nicht."
„Halt die Klappe, Schatz.", murrte Ginny ihren Gatten an.
„Wie ging es dann weiter?"
„Ginny, bitte.", wandte der Held der Zauberwelt ein. „Lass es gut sein. So genau müssen wir das wirklich nicht wissen.", maulte er und kämpfte bereits mit seinem Kopfkino.
Er wollte sich einfach nicht vorstellen, dass Malfoy seine beste Freundin angefasst und nackt gesehen hatte.
Unglücklicherweise sprach Hermine tatsächlich weiter, um die Wissbegierigkeit seiner Frau zu stillen.
„Ich hoffe, du willst keine genauen Details.", lachte diese belustigt.
„Und ob.", antwortete die Hexe energisch, was ihren Gatten erneut schmerzlich aufstöhnen ließ.
„Ich kann dir so viel sagen, Ginny. Es war unvergleichbar .. .. einfach atemberaubend."
„Wirklich?"
Die junge Mutter nickte.
„Ja. Ich konnte danach kaum mehr stehen. Meine Beine waren nur noch wie Pudding.", grinste sie nun wieder besser gelaunt, fröhlich gefangen in ihren Erinnerungen der damaligen Zeit.
„Überraschenderweise war Malfoy so galant und half mir daraufhin zurück zum Gryffindor Gemeinschaftsraum.", lächelte sie seicht. „Er erkannte, dass meine Beine mich immer noch nicht voll funktionstüchtig trugen."
„Hätt ich ihm jetzt nicht zugetraut.", gestand die Quidditch-Profispielerin wahrheitsgemäß.
„Ich hätte eher angenommen, dass er dich nackt auf dem Lehrerpult zurück lässt und verschwindet."
Harry stöhnte erneut leidend auf, was die beiden Hexen jedoch rigoros ignorierten.
„Ja. Ich auch.", entkam es Hermine. „Doch der Gegenteil war der Fall. Er benahm sich wie ein Gentlemen. Half mir galant mein Kleid wieder zurichten, brachte mich zurück in meinen Gemeinschaftsraum und gab mir zum Abschied einen Wangenkuss. Außerdem bedankte er sich für den schönen Abend und wünschte mir eine gute Nacht. Ich hätte ihm das ebenfalls nie zugetraut. Doch seit dieser Nacht weiß ich, dass Malfoy nicht nur das Arschloch ist, dass er so gern vorgibt zu sein. Da ist mehr.."
„Und wie ging es weiter?"
„Gar nicht.", schloss Hermine.
„Gar nicht?"
„Ja. Mir war es am nächsten Morgen, als ich wieder vollkommen nüchtern war, etwas unangenehm, was passiert war. Ich habe gedacht, er würde das jetzt gegen mich verwenden und mich öffentlich bloß stellen. Doch nichts davon geschah. Malfoy ließ sich überhaupt nichts anmerken."
„Hmm..", antwortete die rothaarige Hexe nur.
„Es war komisch. Er tat einfach so, als wäre nichts passiert. Und ich.. ich hab mich dann auch so verhalten."
„Und wie ging es dann weiter?"
„Ein paar Wochen später sind wir uns kurz vor der Ausgangssperre über den Weg gelaufen.. Allein. . . . und. . . . . und. . . . ich weiß bis heute nicht, wie es . . . passiert ist, nur.. dass es passiert ist. . . . plötzlich küssten wir uns und .. .. und.. .. und von da an, konnten wir irgendwie . . . . irgendwie nicht mehr die Finger voneinander lassen.", erklärte sie zögerlich und starrte dabei auf ihren Kuchen.
„Und das über Monate hinweg?", fragte die rothaarige Hexe leise.
„Ja."
„Bis . .", gab ihr Ginny Starthilfe.
Hermine atmete tief ein und für Ginny war es mehr als offensichtlich, dass ihre Freundin nicht gern daran zurück dachte. Schmerzte es sie an das Ende mit Malfoy zu denken?
„Bis.. .. bis bei unsrer Abschlussfeier plötzlich seine Eltern mit einer Verlobten im Gepäck vor ihm standen."
„Oh.."
„Ich stand ungünstigerweise direkt daneben."
„Doppel Oh.", antwortete Ginny überfahren.
„Für mich war dann klar, dass es aus ist.", erklärte die Braunhaarige leise.
„Für dich? Aber ihr habt nie offiziell Schluss gemacht?"
„Nein, wozu auch. Wir waren ja nie ein Paar.", fügte Hermine hinzu.
„Es war also nur Sex?"
„Ja."
„Bist du sicher?"
„Natürlich."
„Hermine. Ich kenne dich. Du bist nicht der Typ für Sex ohne Gefühle."
„Doch. Natürlich. Es war eine Ausnahme mit Malfoy.", piepste sie wenig überzeugend.
Ginny musterte ihre Freundin intensiv und seufzte dann erschlagen.
„Habt ihr euch denn nie ausgesprochen?"
„Nein. Wozu?"
Die rothaarige Hexe schüttelte perplex den Kopf.
„Ich weiß nicht. Ihr hattet acht Monate einen Affäre. Vielleicht war es doch etwas mehr als das."
„Unsinn.", antwortete die Braunhaarige wenig überzeugend, wodurch ihr Harry einen erschütterten Blick schenkte.
„Wusste er überhaupt von dieser Verlobten? Und wollte er sie überhaupt?", wollte Ginny nun weiter bohrend wissen.
„Nein, er wusste nichts davon und ob er sie wollte? Ich nehme es an, er hat sie immerhin geheiratet oder nicht? Und jetzt Schluss damit! Ich will nicht weiter darüber sprechen. Es ist lange her.", entkam es Hermine entschieden, wodurch Ginny erneut resigniert aufseufzte, doch das Thema auf sich beruhen ließ.
Sie würde Hermine zu einem günstigeren Zeitpunkt noch einmal danach fragen und auch auf ihre Entscheidung, Scorpius allein zu bekommen, genauer eingehen.
Ginny griff nach ihrer Kaffeetasse und nahm einen letzten Schluck daraus, ehe sie das Porzellangefäß wieder langsam an ihren Platz zurück stellte. Ihr unglücklich zermanschtes Sahnetortenstück war beinahe komplett aufgegessen und die rothaarige Hexe beeilte sich, mit der silbernen Kuchengabel die letzten kleine Stücke von ihrem Teller zu kratzen.
Ein Blick auf ihren Gatten verriet ihr, dass dieser sein Buttercroissant schon längst zunichte gemacht hatte.
Auch die junge Mutter nahm den letzten Bissen ihres Apfelkuchens und sah dann ihren Freunden auffordernd ins Gesicht.
„Gehen wir zurück?", fragte sie aufmunternd und die Sehnsucht nach ihrem kleinen Söhnchen war nur zu deutlich von ihrem Gesicht abzulesen.
„Denkst du, die Beiden sind schon zurück?", fragte der Schwarzhaarige mit Blick auf seine Armbanduhr.
„Ja. Ich denke schon. Es ist bereits über eine Stunde vergangen. Scorpius Physiostunde dauert 20 Minuten. Sie dürften bereits wieder auf dem Zimmer sein."
„Gut. Dann machen wir uns auf den Weg. Ich hab meinem Kumpel versprochen, dass ich nochmal vorbei komme.", erklärte Harry lächelnd, deutlich freudig darüber, dass das für ihn leidige Gesprächsthema, das die Worte Sex und Malfoy beinhaltete, endlich beendet war.
Er beeilte sich den Platz zu verlassen, während Hermine den Muffliato-Zauber um ihren Tisch mit einen einfachen Schlenker ihres Zauberstabes löste. Ginny Potter harkte sich, kaum hatte die Braunhaarige ihren Stab wieder weggepackt, bei ihrer Freundin unter. Schwatzend folgten sie den ehemaligen Auserwählten, der mit gezielten Schritten, den Ausgang der Cafeteria anstrebte. Ginny drücke ihre Freundin nah an sich und lächelte glücklich, während sie eine weitere Entschuldigung an ihre Freundin richtete, für ihre anfangs verbohrte festgefahrene Meinung.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro