48. Let It Be
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Es ist tiefste Nacht, als das Handy klingelt. "Gott wer schreibt denn um diese Zeit", ertönt es unter der Decke hervor. "Ich bin gerade eingeschlafen!", eine Hand greift unter der Decke hervor. Nach mehrfachen tasten, findet sie das Handy auf dem Nachtschrank und zieht es zurück unter die Bettdecke.
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Wir haben es verkackt!
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Wir konnten ihn nicht retten.
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Das war die Fünfte!
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Das Eis wird dünner...
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Sie legt das Handy zur Seite und starrt durch das Seitenfenster. Sie fahren schon stundenlang durch die Nacht. Die Bäume huschen im Scheinwerferlicht vorbei. Äste bewegen sich im Wind, nur das Mondlicht spiegelt sich in den Pfützen der Straße. Erste Regentropfen landen, wie Perlen auf der Windschutzscheibe. Sie beobachtet wie immer mehr auf der Scheibe landen. Nach und nach verbinden sich die kleinen Tropfen, zu immer größeren werden. Bis sie vom Fahrtwind zu zittern beginnen und zu flüchten scheinen. Ihre Spuren wirken wir kleine Bäche, die sie hinter sich herziehen. In wirren eckigen Mustern ziehen sie immer längere Bahnen. Bis ein Klacken zu hören ist und der Scheibenwischer alle kleinen Flüsse zur Seite schiebt.
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Dann meldet sich das Handy.
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Mach dir keinen Kopf!
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Wir bekommen das schon alles irgendwie hin.
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Kommt vorbei, ich bin ja jetzt wach :-)
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Sie legt das Handy zur Seite und dreht sich zur Seite, "Wir müssen noch einen kleinen Umweg machen."
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3:23 - Sie halten an ihrem Haus, Jay stellt den Motor ab. "Bist du sicher, dass wir mitten in der Nacht, einfach so vorbeischauen können?" Doch ein Knarzen scheint die Antwort zu sein. Die schwarze Haustür öffnet sich einen Spalt und Licht bricht heraus. "Oh... Ich denke, das heißt, dass sie uns bereits erwartet!" Sie treten ein, überall stehen Kerzen. Mit den ersten Schritten entzünden sich immer mehr Kerzen und weisen ihnen den Weg. Diesmal geht es jedoch nicht in den Keller. Die Treppe wird beleuchtet. Auf jeder Stufe stehen mehrere Kerzen, die sich nach und nach entzünden. Mit jeder Stufe, die sie betreten, entzünden sich mehr Kerzen auf den nächsten Stufen. Oben angekommen, führen die Kerzen sie in einen großen Raum. Es scheint eine Bibliothek zu sein, zumindest wirkt es so. Deckenhohe Regale voller Bücher an allen Wänden. In der Mitte des Raumes steht ein riesiger Couchtisch, umrandet von mehreren riesigen Sesseln. Sie treten näher an die Sessel heran, da hören sie, wie jemand in einem Buch blättert. "Kommt her, ich bin schon am Nachlesen." Die Stimme kommt vom Sessel vor ihnen, sie treten um diesen herum und sehen Ellie, wie sie in mehreren Büchern liest. Mit einer Handbewegung rücken sich zwei Sessel vom Tisch zurück, damit sich die beiden setzen können.
Jay sieht erstaunt von den Sesseln zu Ellie, "Du verstehst es echt, dich in Szene zu setzen!". "....und das sogar mitten in der Nacht!", lacht sie. Dann steht sie auf, um beide zu begrüßen, doch als ihr Blick zu Lzzy fällt, bemerkt sie, dass etwas nicht stimmt. "Okay, was ist passiert?" Als keiner antwortet, ergreift sie erneut das Wort, "Leute? WAS ist passiert?" Jay sieht zu Lzzy, da sie noch immer kein Wort herausbringt, ergreift er die Verantwortung, "Agash!". Ellie's Augen werden immer größer, "Das ist doch jetzt ein Scherz!" "Ich fürchte nicht", schüttelt Jay den Kopf. Doch Ellie überlegt nicht lange und geht zu Lzzy. Sie legt die Hände auf ihre Schultern und sieht ihr tief in die Augen: "Wir sind für dich da. Du bist nicht allein!". Da sieht Lzzy ihr in die Augen, "Das ist es ja, was mir Angst macht!" Ellie überlegt nicht lange und nimmt Lzzy in den Arm, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Es dauert eine Zeit, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Dann erzählen sie Ellie, was passierte. Sie fragen, was sie etwas hätten anders machen sollen und ob sie Ideen hätten, wie sie Agash ausschalten oder aufhalten könnten. Doch ist sie auch recht ratlos. Sie wissen nur, dass die Hexenbeutel helfen werden und auch die Siegel, auch wenn sie daraus recht schnell entkommen kann.
"Zunächst müssen wir wissen, wie sie ihr nächstes Opfer finden wollen.", Jay stürzt sich in die Bücher. Auch wenn er weiß, dass sie darin nicht finden werden, wie sie ihr nächstes Opfer auswählen. Es bleiben noch Neid und Völlerei, doch wie werden sie vorgehen, wie werden sie versuchen, Opfer zu finden? Sie haben keine Ahnung, was sie machen sollen. Wie sie weitere Anhaltspunkte finden können. Sie durchstöbern alle Bücher, die sie finden können. Diskutieren die ganze Nacht, doch kommen sie nicht wirklich zu neuen Erkenntnissen. Sie beschließen, normal weiterzumachen, doch sie werden die Augen offen halten. Wer weiß, was sich die nächsten Wochen ergeben wird.
Sie verabschieden sich von Ellie. Doch als Lzzy die Treppe nach unten schreitet, greift Ellie nach Jays Arm. Sie flüstert ihm ins Ohr: "Vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit. Sollten alle Stricke reißen - aber nur dann -, sollten wir das in der Hinterhand haben!" Jay dreht sich zu ihr. Sie schaut ihm tief in die Augen, er weiß, wie ernst sie das meint: "Das können wir Lzzy nicht aufbürden, das müssen wir machen!" "Was meinst du?" Sie deutet auf Lzzy, die gerade das untere Ende der Treppe erreicht. "NUR im Notfall, im äußersten Notfall. Dann sehen wir weiter." Sie lässt seinen Arm los und dreht sich weg. Jay seht ihr kurz hinterher, dann folgt er Lzzy.
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Die Sonne geht gerade auf, als Jay seine Wohnung erreicht; er hat Lzzy an ihrer Wohnung abgesetzt. Vorher hielten sie beim Elektronik-Fachmarkt ihres Vertrauens. Er greift auf den Beifahrersitz und nimmt die gerade gekaufte Kamera mit. Er sieht sich um, aber es ist an der Häuserecke kein Rauch zu sehen. Trotzdem wird er die Kamera ins Fenster stellen und auf die gegenüberliegende Häuserecke ausrichten. Sie hat einen Bewegungssensor und Nachtsicht. Sollte sich an der Ecke etwas bewegen, wird sie das aufzeichnen.
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Die nächsten Tage hat der Alltag sie wieder eingeholt. Die Arbeit ist allgegenwärtig und die "Normalität" hält Einzug. Es geht Wochen weiter, ein paar kleinere Fälle, doch keine neuen Spuren. Monate vergingen, ohne irgendwelche Anzeichen oder Hinweise. Jay wird langsam nervös, sie haben bereits den 25. Oktober und nähern sich dem Stichtag, doch sie haben gar nichts. Da muss er an Ellie denken, was sagte sie noch, als sie nachts bei ihr aufschlugen?
Er greift zu seinem Handy.
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J: Ich fürchte, der letzte Strick reißt gerade.
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E: Ja! Ich hätte dir auch in ein paar Tagen geschrieben!
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E: Morgen 23:00 bei mir...
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Was auch immer Ellie vorhat, morgen wird er es erfahren.
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22:55 am nächsten Tag - Jay erreicht Ellies Haus. Ihm ist klar, dass sie etwas machen müssen. Lzzy weiß nichts von seinem Abstecher zu Ellie. Sie geht davon aus, dass er morgen um 6:00 auf der Arbeit steht und längst im Bett liegt. Das soll auch so bleiben, obwohl Jay sich schlecht dabei fühlt. Es kommt ihm fast vor, als würde er sie hintergehen. Doch Ellie sagte, dass sie Lzzy das nicht aufladen können. Jetzt muss er da scheinbar allein durch.
Er geht zur Tür, doch gerade als er zum Türgriff greifen will, öffnet sie sich selbstständig. Erneut ist der Weg, den er beschreiten soll, beleuchtet. Was passieren würde, wenn er vom Weg abweicht und in die Dunkelheit tritt, weiß er nicht. Er will es auch nicht ausprobieren, dafür ist keine Zeit. Also folgt er dem Kerzenlicht. Mit jedem Schritt entzünden sich mehr Kerzen, doch diesmal führt es ihn wieder in den Keller.
Unten angekommen sieht er Ellie, mit dem Rücken zu sich, am "Altar" stehen. Ihr schwarzes, bodenlanges Kleid glänzt im Kerzenschein. Ihre lockigen Haare fallen über ihre Schultern, sie reichen ihr fast bis zum Hintern. Als sie ihn bemerkt, hält sie nur den Zeigefinger hoch, "Ich bin gleich bei dir!" Er bleibt stehen, während sie weiter arbeitet und etwas zusammenstellt. Dann dreht sie sich um. Jetzt kann Jay verstehen, warum sie Lzzy leicht in Versuchung führen konnte. Sie ist eine atemberaubende Erscheinung. Ihre braunen Augen lachen ihn an, während sie auf ihn zukommt. "Hier sind wir!", sie breitet die Arme aus und nimmt Jay in den Arm. Sie drückt ihn einen Moment fest an sich. Jay weiß knapp damit umzugehen, sein Herz beginnt schneller zu schlagen, bis sie die Umarmung löst. Langsam weicht sie zurück und hält kurz vor Jays Gesicht ein, sie sieht ihm tief in die Augen. Ellie lächelt ihn erneut an, er kann auf seiner Haut ihren Atem spüren. Dann bemerkt er ein leichtes Ziehen in seinem Nacken. Ein "Autsch!", entfährt ihm. Doch Ellie muss nur lachen: "Tut mir leid." Sie hat ihm ein paar Haare ausgezogen, "Ich fürchte, die brauche ich." Ohne eine Miene zu verziehen, dreht sie sich zum Altar und arbeitet weiter. Jay tritt näher, da reckt sie erneut den Zeigefinger hoch, "Warte kurz!". Aber das scheint eine Falle zu sein. Sie dreht sich sofort um, ohne dass er reagieren kann, hält sie ihm eine Kamera vors Gesicht. Das Blitzlicht blendet ihn so sehr, dass er ein paar mal blinzeln muss. Ein Surren ist zu hören: "Was soll das alles?" Dann fällt sein Blick auf die Kamera, die gerade das Foto ausspuckt: "Ist das eine Polaroid?" Ellie hat das sichtlich amüsiert, "Jetzt 'darfst' du zu vortreten!" Dann tritt er an den Altar und sieht, was Ellie vorbereitet hat.
Vor ihm steht eine kleine Box, in der sie gerade Jays Foto legt (auf dem er sichtlich überrascht in die Kamera sieht. Ein Foto, das man in seinem Handy sofort löschen würde). Es folgen seine Haare, etwas Erde, "Das ist Friedhofserde, von einem frisch ausgehobenem Grab." Ellie hat seinen fragenden Blick erkannt und erklärt, was sie gerade zusammenstellt. "...und das sind Knochen, einer schwarzen Katze." Sie hält diese hoch, bevor sie sie in die Box legt. "Ah ja...", er sieht sie fragend an, "...und was hast du damit vor?" Da wird Ellie plötzlich still, dreht zu ihm und packt ihm mit deinen Händen auf die Schultern. "Dreh jetzt bitte nicht durch...", Jay stockt der Atem. "...aber du wirst einen Dämon beschwören!"
Jay steht perplex da, sieht sie eindringlich an. "Ich habe lange nachgedacht, was wir machen könnten. Wir müssen mit einem Dämon in Kontakt treten und versuchen ihm etwas zu entlocken. Es ist nicht umsonst so still, alle halten sich zurück. Es muss etwas Großes im Anmarsch sein." "Halt STOP!!!", er holt tief Luft, "ICH soll einen Dämon beschwören?" "Einen Kreuzungsdämon???". Er schüttelt den Kopf, "...und das geht einfach so?" "Also...", als sie stockt, fragt Jay nach. "Das hast du alles schon vorbereitet, oder?" Sie grinst: "Ich bin eine Hexe, ich bin vielseitig!" "Ah und wie mache ich das?", er sieht sie voller Erwartung an. "An einer Kreuzung!", Jays Mimik fällt ins Bodenlose, "Ach, sag bloß!". Ellie lacht: "Nein, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Du musst eine verschlossene Box mit einem Bild von dir, persönlichen Dingen, Knochen einer schwarzen Katze und Friedhofserde, in der Mitte einer Kreuzung vergraben." "Daher das Foto und meine Haare!" Sie zwinkert ihm zu, "Genau. Dann sollte der Dämon erscheinen!". "Dann gehe ich jetzt vorne um die Ecke, verbuddel die Box und fertig?" Sie kneift den Mund zusammen, "Leider nicht. Es muss um 0:00, also um Mitternacht passieren und an einer Kreuzung, an der Schafsgarbe wächst." "Lass mich raten und du kennst zufällig eine Kreuzung, an der das der Fall ist?" "Jip!", ein breites Grinsen erscheint auf ihrem Gesicht. "Ich habe es gewusst. Aber was mache ich, wenn der Dämon erscheint? Ich denke, ich kann ihn schlecht fragen, du sag mal, was hat Agash vor, weißt du, wer das nächste Opfer sein soll! Es gibt doch immer einen Haken." Sie nickt vorsichtig: "Ein Kreuzungsdämon kann dir Wünsche erfüllen, aber er verlangt dafür eine Gegenleistung für einen Deal!" "Einen Deal? Gegenleistung?", er kneift die Augen zusammen, es wird immer undurchsichtiger. "Nichts auf dieser Welt ist umsonst, ja. Er wird nach deiner Seele verlangen!", Ellie weicht seinem Blick aus. "Bitte was?", er schluckt, "Das heißt, ich könnte meine Seele verlieren?" "Nicht sofort! Meistens geben sie dir ein paar Jahre." "Na, das ist ja beruhigend!", er schüttelt den Kopf, "Können wir 'normalen Menschen' denn ohne Seele leben?" "Schon irgendwie. Jedoch hast du ohne Seele keine Gefühle mehr. Keine Liebe, Empathie, nichts." "Super, dann bin ich ein gefühlloser, kalter Roboter!", er lässt den Kopf sinken. "Du musst den Deal ja nicht besiegeln!" "Dann wird er mir aber auch nicht helfen!", er streicht sich mit der Hand übers Gesicht. "Vielleicht kannst du ihn ja überlisten!" Da muss Jay lachen: "Einen Dämon überlisten? Wie soll das gehen?". Er muss nachdenken: "Hast du so was schon gemacht?" "Bist du bekloppt? Ich rufe mir doch keinen Dämon herbei. "Ah...", bricht es aus Jay heraus. "Außerdem werden sie nie einen Deal mit einer Hexe schließen! So dumm sind sie nicht!". Jay holt tief Luft, er hat scheinbar keine andere Wahl.
Ellie drückt ihm die Box und eine Karte in die Hand, "Die Kreuzung habe ich notiert, es sind fünf Minuten von hier.", sie sieht auf die Uhr. "Es ist jetzt 23:42, wenn du jetzt losfährst, schaffst du das." "Na, du bist witzig, ich hab keine Ahnung, was mich erwartet, oder was ich da machen soll! Ich denke auch nicht, dass wir das ohne Lzzy machen sollten. Sie fährt nie überstürzt los und ohne Plan geht es nirgends hin. Erst recht nicht zu einem Dämon.", er sieht von der Box zu Ellie. "Aber die Zeit drängt und wenn ich mitkomme, wird der Dämon nicht erscheinen. Sie machen einen großen Bogen um Hexen!". Sie nimmt ihn in den Arm und flüstert in sein Ohr: "Versuch etwas herauszubekommen, aber lass dich auf keinen Deal ein. Deine Seele gehört nur dir allein, lass sie dir nicht wegnehmen!" Dann löst sie die Umarmung und küsst ihn auf die Wange. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, dreht sie sich um. Jay sieht zu ihr, wie sie ihren Kopf hängen lässt. Dann dreht er sich um und verlässt ihr Haus. Im Hintergrund sieht man, wie Ellie mit gesenktem Kopf über dem Altar steht. Das Mondlicht spiegelt sich in ihren Tränen, die über ihre Wange laufen. Er kann nicht hören, wie sie leise sagt: "Lass ihm seine Seele, oh Gott, bitte hilf uns. Das hat sie nicht verdient!".
Doch Jay sitzt bereits im Auto und fährt los...
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