46. Money
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Umgezogen im Anzug, mit Kripo-Ausweis bewaffnet, kommt Jay aus der Tankstellen-Toilette. Lzzy ist scheinbar noch nicht so weit, er lehnt sich an die Seitentür seines Wagens. Kurze Zeit später kommt auch Lzzy aus der Toilette. Jay muss grinsen, wie immer sieht sie klasse aus. Haare hochgesteckt, weiße Bluse, dunkles Sakko und eine Hose in der gleichen Farbe. Sie muss auch grinsen, als sie Jay sieht. "Krüger und Fassbender, sind wieder auf Mission!", lacht Jay. Lzzy macht einen halben Knicks vor ihn, dann hält Jay ihr die Tür auf und die Fahrt kann losgehen.
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Nach ein paar Minuten erreichen sie Elan Harpers Haus. "Was wollen wir ihm sagen?", Jay sieht Lzzy an, "Warum steht auf einmal die Kripo vor seiner Tür?" Doch Lzzy grinst nur: "Ich denke, ich habe da eine Idee!" "Ah, dann steige ich spontan mit ein, wie immer!", nickt Jay. "Wie immer!", stimmt sie ihm zu.
Als sie aussteigen, sieht es noch immer so schäbig und heruntergekommen aus. Doch jetzt bemerken sie erst, dass es viel schlimmer ist als im Vorbeifahren. Überall liegt Müll herum, hohes Gras wuchert über den gepflasterten Weg. Jay rümpft die Nase, wer möchte hier schon wohnen. Auch das Haus macht nicht den besten Eindruck. Laub liegt vor der Tür, von der die Farbe bereits absplittert. Die Fenster sind alle dreckig, fast wie Milchglas, dort wird niemand etwas durchsehen können. Fensterläden hängen schief, die Wände sind scheckig, man kann nur erkennen, dass sie teilweise mal gestrichen waren.
Lzzy sucht verzweifelt die Klingel, doch sie kann keine entdecken. "Ich denke, wir müssen klopfen!", Jay ballt seine Faust und schlägt ein paar mal gegen den Türrahmen, von dem sogleich die nächsten Farbsplitter gen Boden rieseln. Von innen ist ein Rascheln und Klirren zu hören, als ob jemand von der Couch gefallen ist. "Äh Hallo? Wer ist da?", ruft jemand hinter der Tür. "Landeskriminalamt, Krüger und Fassbender. Wir möchten mit Herrn Harper sprechen!", ruft Jay der Tür entgegen. Sie hören, wie das Rascheln immer hektischer wird. "Oh, ja. Moment!", meldet sich die Stimme wieder. Es dauert noch ein paar Minuten, bis jemand die Tür öffnet.
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Ihnen öffnet eine hagere Gestalt, im ausgeleierten, fleckigen T-Shirt und Trainingshose, die Tür. Seine Socken, die irgendwann mal weiß waren, zeigen, dass er nicht sonderlich viel in seine Körperpflege legt. Was beiden auch direkt in die Nase steigt, gemischt mit einem Schwall Zigarettenrauch, der wie eine Wolke durch die Tür steigt. "Ja?", seine gelben Zähne und ein schaler Mundgeruch weht ihnen entgegen. Er streicht seine fettigen, lichter werdenden Haare zurück. "Landeskriminalamt, Herr Harper?", fragt Lzzy. "Ja, worum geht's?", will er wissen. "Es geht um ihren Termin bei der Firma 'Money For Nothing'!", sie sieht ihn ernst an, "Wir haben begründeten Verdacht, dass diese Firma sich der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hat. Wir vernehmen jetzt alle, die Termine bei der Firma hatten, um Zeugenaussagen aufzunehmen. "Oh!", doch er bewegt sich noch immer kein Stück aus der Tür. "Dürften wir vielleicht hineinkommen?", fragt Jay schließlich, obwohl ihm davor graut, was sie drinnen erwarten wird. "Wenn es denn sein muss!", sagt er schließlich. Dreht sich um und lässt beide in der Tür stehen. Die beiden sehen sich an, sehr motiviert, der Herr Harper.
Als sie eintreten, bewahrheiten sich Jays Befürchtungen. Das Haus besteht scheinbar nur aus einem Zimmer. Links ist die Küche, in der sich das Geschirr und Töpfe stapeln. Als Jay die Arbeitsfläche berührt, klebt sein Zeigefinger beinahe fest. Er versucht, mit dem Daumen, den Zeigefinger zu säubern, was nur bedingt funktioniert. Als sie weiter gehen, kleben die Schuhe fast am Boden fest, man kann jeden Schritt, den sie gehen, hören.
Elan sitzt inzwischen auf einer fleckigen und durchgesessenen Couch. Sie scheint auch als Schlafplatz zu dienen, da er seine Bettdecke über die Lehne geworfen hat. Der Couch-Tisch steht voller leerer Dosen, offener Chips-Tüten und Dosensuppen. Alles sehr einladend, dachten sie. Gegenüber der Couch steht der Fernseher, eine Polizei-Doku läuft, der Harper gespannt folgt. Links und rechts stehen zwei Sessel, auf die sich die beiden setzen wollen. Doch als Jay sich auf seinen Sessel fallen lässt, wird er in eine Staubwolke gehüllt. Lzzy muss beinahe husten und reißt die Augen auf, sie will sich eigentlich nicht hinsetzen. Versucht es dann aber trotzdem, nur ganz langsam und bloß nichts anzufassen, so sehr ekelt er sich vor allem hier. Jay, den man langsam wieder durch die Staubwolke erkennen kann, hustet kurz. Dann beginnt er Harper zu fragen, "Also, sie haten einen Termin bei 'Money For Nothing'" Harper nickt nur, ohne seinen Blick vom Fernseher zu wenden. Lzzy sieht zu Jay, bevor sie die Befragung weiter führt. "Was wurden sie gefragt?", sie schaut Harper an. Er sieht noch immer zum Fernseher, "Ob ich Geld verdienen will, ohne was dafür zu machen!" "...und wie genau sollte das laufen?", sie reißt die Augen auf, in der Hoffnung, dem ganzen mehr Ausdruck zu verleihen. Doch das interessiert ihn nicht, "Sollte mit dem Handy was machen, das war mir aber zu kompliziert." "Was hat man denn dann mit ihnen vereinbart?", er sieht weiter unerschüttert zum Fernseher. "Das war mir alles zu viel Stress. Es hieß ja Geld verdienen OHNE etwas dafür tun zu müssen!", das 'ohne' betont er besonders, "Das war Vortäuschung falscher Tatsachen!". Er scheint auch diese Richterserien im TV zu sehen, ansonsten wäre er da sicher nicht drauf gekommen. Doch war er noch nicht fertig, "Sie sagten, ich sei ein schwerer Fall, aber genau so etwas würden sie suchen. Soll am Dienstag um 15:00 da wieder antanzen, dann machen die mir ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann!". Jays Augen springen auf und er sieht zu Lzzy. "Ich denke, ich werde da nochmal hinfahren. Habe eine andere Adresse bekommen. Soll mich dort einfinden. "Hätten sie diese Adresse zur Hand?", fragt Lzzy. "Tisch, Küche!", er deutet auf den Küchentisch.
Jay sieht zu Lzzy, bevor er aufsteht. Sie können sehen, dass auf dem Tisch auch Essensreste und Geschirr steht. Ja, sogar die Fliegen kreisen um die Töpfe und Teller. Etwas widerwillig steht Jay auf und betrachtet den Tisch. An der rechten Kante liegt ein schmieriger Zettel. Kaffeeränder, Krümel und eine undefinierbare Substanz sind darauf zu finden. Er möchte diesen Zettel besser nicht anfassen, darum liest er vor: "MFN, Handelspark 17-19, Lemen." Harper schnippt, "Bingo!" "Okay!", Jay holt sein Handy hervor und macht ein Foto von dem Zettel. So muss er diese unerfindlichen Dinge, die dort wahrscheinlich bereits ein eigenes Biotop angelegt haben, nicht berühren. "Gut, dann wollen wir sie auch nicht länger belästigen, Herr Harper. Wir danken für Ihre Hilfe!" Er winkt nur ab, "Ja, ja.", und schaut weiter in den Fernseher.
Als Jay zu ihr sieht, winkt Lzzy nur ab. Sie versucht aufzustehen, ohne mit den Händen die Sessel-Lehnen zu berühren. Jay muss grinsen, als er dieses beobachtet. "Wir bringen uns dann selbst raus", richtet Jay an Harper, den das aber gar nicht zu interessieren scheint. Lzzy erreicht Jay und beide stehen vor der Haustür. Sie deutet Jay, dass er ja öffnen könnte. Seine Augen werden immer größer, anfassen möchte er den Türgriff auch nicht wirklich, so wie hier alles aussah. Aber er hat eine Idee, schüttelt seinen Ärmel vor und greift mit diesem den Türgriff. Er grinst Lzzy an und öffnet ihr so die Tür. "Danke!", sagt sie nur und tritt nach draußen. Im Hintergrund klingelt Harpers Handy, auch das ignoriert er.
Kaum sind sie draußen und die Tür ist geschlossen, schüttelt sich Lzzy am ganzen Körper. So sehr, dass ihre Hochsteck-Frisur nicht standhält und ihr die Haare ins Gesicht fallen. Jay muss lachen: "Was jetzt? Zurück zum Hotel?". "Zur Apotheke!", erstaunt sieht Jay sie an, "Ich brauche Desinfektions-Tücher!"
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Nach einem kurzen Abstecher bei der Notdienst-Apotheke zogen sie sich an der Tankstelle erneut um. Kurze Zeit später kommen sie am Hotel an. Es ist inzwischen 17:15, als sie den Höllen-Bereich des Hotels betreten. Jen steht hinter der Anmeldung. Sie hat gerade einen Zimmerschlüssel an einen Gast herausgegeben. Als dieser im Fahrstuhl verschwindet, wendet sie sich zu Lzzy und Jay. "Hey!", lächelt sie, "Was konntet ihr herausfinden?" "Schmieriger, ekliger, fauler Sack!", schimpft Lzzy nur. Jay muss lachen, während Jen etwas fragend zu beiden sieht: "Warum? Als er hier war, sah er recht gepflegt aus!" "Wahrscheinlich wollte er einen guten Eindruck hinterlassen. Ich habe selten so einen ungepflegten, faulen Typen gesehen." Jay nickt nur, da weiß Jen, dass sie keine weiteren Fragen mehr stellen muss. "Habt ihr trotzdem etwas herausfinden können?", Jay sieht zu Lzzy. Sie ergreift dann das Wort: "Leider nicht, dem Typen ist wirklich alles egal! Ich fürchte, das war eine Ente, wir müssen weiter suchen." "Scheiße!", schießt es aus Jen heraus, "Dann 'kommt für mich, ja auch nichts dabei rum'!" Jay sieht, dass es in Lzzy bereits hochkocht, "Dieses mal vielleicht nicht, aber wir bleiben in Kontakt! Wenn dir etwas auffällt, lass es uns wissen!" Jen kneift die Augen zusammen und schaut in den Rechner, vor ihr: "Das wird dann nicht mehr durch 'Money For Nothing' sein. Die haben heute 'ausgecheckt'!" "Scheiße!", sagt Jay, obwohl er sich das bereits dachte, "Aber halte trotzdem die Augen offen, ja?". Jen sieht ihm tief in die Augen, "Worauf du einen lassen kannst!"
"Dann heißt das jetzt scheinbar Abschied nehmen, zumindest vorerst!", Jen kommt hinter der Anmeldung vor, da gerade niemand hier ist. Die drei sind unter sich. Dann nimmt sie Jay in den Arm und streckt dabei sogar ein Bein hoch, während sie ihn ganz fest drückt. Als sie sich von ihm löst und langsam zurückweicht, sieht sie ihm tief in die Augen. Sie scheinen zu glitzern, dann zwinkert sie ihm zu, er wusste gleich, passiert etwas. Lzzy, die das Ganze kritisch beobachtet, will gerade nur laut "Bye" rufen, doch Jen kommt ihr zuvor. Sie nimmt Lzzy sofort in den Arm, dass sie außer einem "Huch" nichts mehr herausbrachte. Jen drückt sie genauso innig wie Jay zuvor. Als sie die Umarmung löst und langsam zurückweicht, hält Jen kurz inne. Sie bleibt fast Nase an Nase vor Lzzy stehen, während ihre Hände von ihren Schultern zu Lzzys Hüfte wandern. Leise spricht sie zu ihr: "Ich denke, wir hatten einen schlechten Start, aber das kann ich ändern!" Jen zieht sie mit ihren Händen an Lzzys Hüfte, zu sich ran, sieht ihr tief in die Augen und küsst sie leidenschaftlich. Lzzy ist so überrascht, dass sie zeitgleich mit Jen die Augen schließt. Sekunden scheinen in Zeitlupe zu vergehen, bis Jen von ihr ablässt und sie langsam loslässt. Lzzy bleibt sie angewurzelt stehen und hat die Augen noch immer geschlossen. Auch Jen muss tief durchatmen: "Wow, das hatte ich so nicht erwartet!" Dann sieht sie zu Jay, "Lass dir das nicht entgehen, sie schmeckt unglaublich!" Lzzy beginnt aufzuwachen und öffnet langsam die Augen; vor ihr erscheint Jen, die sie lächelnd, mit zusammengekniffenen Augen, ansieht. Jen beugt sich vor und flüstert ihr zu, ohne dass Jay etwas davon hören kann: "Das war unglaublich! Das nächste Mal lasse ich dich nicht einfach so davonkommen, sieh das ruhig als Drohung!" Sie senkt ihren Kopf und sieht sie von unten herauf an; sie grinst fast schon fies, bis sie dann wieder Richtung Anmeldung verschwindet. Als sie an Jay vorbeigeht, sagt sie nur: "Wenn du sie dir nicht schnappst, hole ich sie mir!" Langsam stellt sie sich hinter die Anmeldung und lächelt beide böse an. Jay sieht zu Lzzy, die scheinbar noch immer nicht verstanden hat, was das gerade war. Sie holt ein paar mal tief Luft, bis sie zu Jay geht.
Dann kommt eine Gruppe von mehreren Männern ins Hotel. "Tut mir leid, wir müssen das verschieben! Die Arbeit ruft!", beschwichtigt Jen. "Wir bleiben in Kontakt!", ihr Blick ließ erahnen, wie das zu verstehen ist. Jen winkt ihnen auch zu und kümmert sich dann um die neuen Gäste. Während Lzzy und Jay das Hotel verlassen.
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Im Auto bricht es aus Lzzy raus: "Wir bleiben in Kontakt?" "Nun, sie soll ja keinen Verdacht schöpfen! Ich denke, sie hat das was anderes im Sinn und ich bin somit abgemeldet." "Ja nee, ist klar!", Jay muss bereits lachen, als sie das ausspricht. "Also, ich denke, wir haben Dienstag, den 27. um 15:00 etwas vor!", versucht Lzzy abzulenken. "Ich denke auch, es passt einfach alles. Die nächste Todsünde "Trägheit", das perfekte und absolut passende Opfer!", sie tippt in ihrem Handy etwas und dreht das Display zu ihm, "Bei einer neuen Adresse, total abgelegen, im Industrie-Gebiet." Sie tippt erneut etwas in ihr Handy: "In dem nur eine Firma sitzt, MFN. Die anderen Gebäude stehen leer!". Na, Zufälle gibt's!", grinst Jay, "Aber wir werden vorbereitet sein!"
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