10. Open Your Eyes
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Während der ganzen Fahrt tippt Lzzy irgendwas in ihr Handy. Als sie an ihrer Wohnung ankommen, sagt sie nur: "Ich glaube, ich habe da was." Kaum hatte Jay geparkt, steigt sie aus und geht zur Wohnung.
"Warte..."
Sagt Jay nur, der nicht schnell genug hinterherkam.
Kaum erreicht er sie, hat sie die Wohnung aufgeschlossen und tritt ein. Jay kann die Tür gerade noch abfangen, bevor sie zuschnappt. Er zieht den Schlüssel ab, legt ihn auf die Kommode und schließt die Tür. Er schaut sich um und sucht Lzzy. Doch sie sitzt bereits auf der Couch, mit dem Laptop auf dem Schoß. "Gehe ich recht in der Annahme, dass du etwas gefunden hast?" Jay sieht sie fragend an. "Warte...", sagt sie nur und tippt etwas in den Laptop ein. "Da..."
Sie dreht den Laptop zu Jay, sodass er den Bildschirm sehen kann. Vor Jay, auf dem Bildschirm, ist die Seite des hiesigen Antiquitätenhändlers. "Du meinst, dort könnten sie etwas gekauft haben?" Jay sieht sie an. Lzzy nickt: "Naheliegend, zumal sie über die Seite ihre Verkäufe offenlegen!" Jay zieht die Augenbrauen hoch: "Wie praktisch!"
Lzzy grinst: "Das soll indirekte Werbung sein, die lassen nur die Verkaufspreise weg. Aber jetzt rate mal, an wen die letzten Monate etwas verkauft wurde!" Jay sieht sie ungläubig an: "Du verarschst mich doch!" Doch sie schüttelt den Kopf: "Nope, hier stehen die Namen: Wender, Poch, Kauli und Schweig. Ich denke, wir sollten dort morgen als Nächstes hin." Doch auch Jay hat eine Idee: "Apropos, was ist mit den sozialen Netzwerken? Man könnte ja nachforschen, was es für Personen waren." Lzzy schnalzt mit der Zunge: "Gute Idee, wer weiß, was es über die Herren zu erfahren gibt."
Sie kramt unter dem Couchtisch und zieht einen USB-Stick hervor. "Du hast einen PC oder Lappi, ja?" Natürlich hat er das: "Ja, ich bin noch oldschool, weniger Tablets und solch Gedöns." Lzzy muss lachen: "Dann habe ich gleich etwas Heimarbeit für dich!"
Jay, schaut sie an. Doch sie macht unbeirrt weiter. Sie steckt den Stick in den Laptop und kopiert eine Datei: "Das ist ein Passwort Cracker! Installiere den. Wenn du die Accounts der vier gefunden hast, starte das Programm. Dann musst du die Daten und die Plattform eingeben und er fängt an zu arbeiten. Das ist jetzt kein High-End-Programm, aber das sollte für private Accounts reichen. Natürlich kann man damit keine Server hacken oder Firmen. Doch für so etwas völlig ausreichend. Sollte auch schnell gehen." Jay schaut Lzzy nur mit großen Augen an: "Woher kannst du das alles?" Sie lacht nur: "Du hast ja keine Ahnung." Jay weiß nicht, ob er das gut findet oder ob ihm das Angst machen soll.
"Fertig!"
Sagt sie und zieht den Stick aus dem Laptop. Sie reicht sie ihm rüber. Als sie dann zu Jay sieht, erkennt sie seinen Blick. Eine Mischung aus Entsetzen und Überraschung. Sie merkt, dass es vielleicht etwas viel auf mal war. Sie dreht sich zu ihm, legt ihre rechte Hand auf seine Schulter und schaut ihm tief in die Augen: "Ich verspreche dir, ich erzähle dir alles. Werde dir alles beantworten, was du wissen willst und was passierte, bevor ich hier herkam. Warum ich das alles hinter mir lassen wollte. Aber das braucht Zeit, das ist nicht so einfach für mich. Aber dann wird alles einen Sinn ergeben!" Sie nimmt die Hand von seiner Schulter und geht etwas zurück: "Ich hoffe, das ist okay für dich." Jay schluckt ein paar mal: "Ich habe schon verstanden. Ich denke auch, dass ich bisher nur am Rand gekratzt habe." Er holt tief Luft: "Ich gebe dir alle Zeit der Welt, aber du musst verstehen, dass ich im Moment nur Fragezeichen sehe."
"Bald!", sagt sie nur.
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Jay belässt es dabei. Doch wenn sich die ersten Antworten ergeben, tauchen danach nur noch mehr Fragen auf.
Nachdem Jay den Stick eingepackt hat, schickt Lzzy ihm Fotos von Jägers Berichten auf sein Handy. Dann verabschieden sich beide. Sie haben genug zu tun. Während Lzzy die Seite des Antiquitätenhändlers auseinandernimmt. Wird Jay sich mit dem Stick beschäftigen, um mehr über die vier Opfer herauszufinden. Lang leben die Sozialen-Netzwerke.
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Als Jay auf dem Weg in seine Wohnung ist, nimmt Lzzy sich gleich die Verkäufe des Antiquitätenhändlers vor. Es dauert nicht lange, da findet sie die Einträge. Wender, wurde ein Gemälde verkauft. Ein paar Tage, bevor er tot aufgefunden wurde, am 24.6.22
Drei Monate später, am 25.9.22, ist Poch aufgeführt. An ihn ging eine Skulptur, was Lzzy ärgerte. Damit ist ein verfluchtes Gemälde vom Tisch. Doch auch hier lief der Verkauf ein paar Tage vor seinem Tod. Jedoch taucht sein Name immer wieder auf. Scheinbar ist er alle paar Monate aktiv und kauft immer mal wieder etwas. Seien es Gemälde, Skulpturen oder andere Antiquitäten.
Als Kauli am 26.12.22 in der Liste auftaucht, schaut sie auf die Verkäufe. Er kaufte einen Spiegel, mit Echt-Gold-Rahmen, aus den 30er Jahren. Doch findet sie bei ihm noch einen Teppich, Lzzy überlegt nur, warum man einen alten Teppich kaufen sollte. Als sie den Verkauf näher aufruft, liest sie, es ist ein Tiger-Teppich, Echtfell noch mit Kopf, aus den 1950er Jahren. Na ja, wer es braucht.
Schweig hingegen wurde noch nicht aktualisiert, dort steht, dass er einen Kauf am 24.3.23 tätigte. Doch der Artikel wird nicht genauer beschrieben. Alles sehr komisch, noch kann sie keine Zusammenhänge erkennen. Im Impressum fand sie den Namen des Inhabers, B. Bilwis und die Telefonnummer. Sie will sich morgen mit Jay absprechen und dann einen Termin für Frau Krüger und Herrn Fassbender vereinbaren. Nein, vielleicht ist es sogar besser, überraschend vorbeizufahren.
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Als Jay zu Hause ankommt, setzt er sich sogleich an den Schreibtisch und zieht nicht mal das Sakko aus. Startet den Laptop und nimmt den Stick und öffnet die Berichte in seinem Handy. Als der Laptop hochgefahren ist, kopiert er die Datei vom Stick. Dann installiert er das Programm. Als er dieses startet, ist alles selbsterklärend. Man muss nur die Plattform eingeben und den Namen, den Rest macht das Programm von allein.
Also fängt er mit dem ersten Bericht an, er gibt Michael Wender ein, findet ihn auch sofort. Auch nur ein Account - scheint auch der richtige zu sein. Wohnort Loranz, sogar das Geburtsdatum stimmt und zuletzt vor über einem Jahr aktiv. Also gibt er alles ins Programm ein. Es dauert tatsächlich nicht lange, dann ist das Passwort erkannt: "mEmYselfand1". Okay, er versucht dann sein Glück. Doch es scheint zu funktionieren. Er hat vollen Zugriff auf sein Profil. Als er die Fotos öffnet, sieht er sehr viele Selfies. Von diversen Orten auf der ganzen Welt. Der junge Mann scheint sehr von sich selbst überzeugt zu sein. Er hat diverse Pflege- und Modeprodukte abonniert und geliked. Auch in seinen Beiträgen und Kommentaren war er sehr von sich überzeugt. Fast schon selbstverliebt.
Weiter geht's mit Oliver Poch, Wohnort abgleichen und das Geburtsdatum. Das gleiche Spiel mit dem Code-Knacker. Es dauert nicht lange, da hat er sein Passwort erkannt: "WoZuVeRz1cHT". Irgendwie kommt es ihm das bekannt vor. Aber gut, das Passwort stimmt auch. Zuletzt aktiv am 26.9.22. Moment, er schaut auf den Bericht, das ist ein Tag vor seinem Tod! Schnell ruft er seinen letzten Beitrag auf. Darauf ist er zusehen, mit ausgestrecktem Daumen vor einer Figur. Das muss eine Art Götze sein. Komplett golden und er posiert mächtig stolz vor ihr. Als er weiter zurück scrollt, sieht er die unzähligen Fotos mit ihm. Auf denen er mit diversen Kunstgegenständen zu sehen ist. Unter anderem sind ein Gemälde, ein mittelalterliches Schwert, Vasen und diverse andere Objekte zu sehen. Schön waren sie nicht, wahrscheinlich kosten sie nur ein Heidengeld. Erklärt jedoch das Passwort, wozu verzicht.
Dann kommt er zu Tim Kauli. Wohnort Vreden, alles passt. Auch hier nur ein Account. Er lässt den Code-Cracker seinen Dienst tun, bis er das Passwort ausspuckt: "ImS0SeXY". Alles klar, wenn er meint. Letzter Beitrag ist vom 27.12.22, er gleicht es ab. Das wird ja immer besser, das ist an seinem Todestag! Laut Bericht wurde bei allen dreien der Todeszeitpunkt zwischen 19:00 und 23:00 geschätzt. Schnell schaut er auf die Uhrzeit an seinem Beitrag 16:55. Also gut zwei Stunden vorher. Doch als er das Foto ansieht, fällt er fast vom Stuhl. Er posiert nackt auf einem Tigerfellteppich, der Kopf des Tigers ist noch dran. Zum Glück verdeckt er die, na ja, empfindlichsten Teile. Er hat sogar zwei Bilder hochgeladen. Das Zweite zeigt ihm, ebenfalls nackt, vor einem Spiegel mit goldenem Rahmen. Er schaut lasziv in die Kamera und hält einen Apfel in der Hand. Untertitel: Darf ich dein Schneewittchen sein. Oh, man. Doch in den Kommentaren wird er geradezu angehimmelt, von Männlein und Weiblein. Auch die älteren Beiträge sehen ähnlich aus. Manchmal ist er mit einem Mann, manchmal mit einer Frau zu sehen. Doch der Untertitel ist immer ähnlich: Ich danke dir für diese unglaubliche Nacht, oder das war eine Nacht, die du nie vergessen wirst. Es war nicht schwer, zu verstehen, was damit gemeint war.
Zum Schluss ist er bei Schweig, leider haben sie den Bericht nicht. Doch ist es scheinbar ein seltener Name, denn es wurde nur eine Person gefunden. Es dauert wieder nicht lange, da hatte Jay das Passwort: "1hrKÖNNTmichALLE!". Klingt sehr nett, doch auch das Passwort ist korrekt und er hat Zugriff auf sein Profil. Auf den Bildern ist zu erkennen, dass er der Mann aus der Leichenhalle ist. Auch wenn er auf den Bildern voller Leben und Farbe total anders aussah. Man konnte an den Konturen erkennen, dass er es ist. Bedauerlicherweise auch, was aus ihm wurde, als der Tod kam. Grausam, doch er muss weitermachen. Diesmal sind es keine neueren Beiträge, die er finden kann. Der Letzte wurde vor Wochen geschrieben. Aber wie es aussieht, hat er sich gerade von seiner Frau getrennt. In einem Post zieht er über sie her, dass sie doch sehen soll, wie sie alleine klarkommt. Als Jay dann die Kommentare öffnet, weiß er auch warum. Dort steht, "Man schlägt keine Frauen", "Bekomm deine Aggressionen in den Griff", "Du brauchst Hilfe", dachte er erst, das könnte auch ein Racheakt gewesen sein. Zumal er unter den Kommentaren noch über die Leute herzieht. Nach dem Motto: Das hättet ihr euch auch nicht gefallen lassen, oder wer nicht hören will, muss fühlen! Leider konnte Jay seine Ex-Frau nicht ausfindig machen. Wahrscheinlich hat sie ihn blockiert, das wäre zumindest nicht verwunderlich.
Der Tag war schneller vorbei, als sie erwartet hatten. Die Nacht brach ein, doch Jay nimmt sein Handy und schreibt Lzzy, was er in Erfahrung bringen konnte.
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J: Mahlzeit, ich denke, ich bin fertig! Dein Programm läuft ja sensationell!!!
J: Denke, die vier haben alle einen, na ja, sagen wir speziellen Charakter.
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L: Ich bin auch soweit durch, denke aber das wir ein verfluchtes Gemälde ausschließen können. Sie haben alle unterschiedlichste Dinge erstanden. Sogar einen geschmacklosen Teppich!
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J: Warte, nicht zufällig von einem Tiger mit Kopf?
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L: Äh, woher weißt du?
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J: Du glaubst nicht, was Menschen alles posten!
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L: Ohne Frage!
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J: Wie machen wir weiter? Ich muss morgen bis 14:00!
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L: Ich auch, sollte passen. Dann werden wir nach Feierabend, dem Antiquitäten Menschen einen Besuch abstatten.
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J: Klingt nach einem Plan!
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Am nächsten Tag, es ist 14:30. Jay steht schon fertig umgezogen vor Lzzy's Haustür. Gerade als er klingeln will, öffnet sie die Tür. "Oh!", sagt er fast erschrocken und lächelt sie an. "Das ist ja Timing!" Sie lächelt zurück: "Ich bin halt gerne pünktlich!"
Während Jay dieses Mal in dunkler Bluejeans, schwarzem Hemd und grauem Sakko vor ihr steht. Schreitet sie mit einem schwarzen Hosenanzug und weißer Bluse durch die Tür. Klassisch, aber elegant wirkt sie, als sie an ihm vorbeihuscht. Doch ihm blieb ihr Blick, der ihn kurz mustert, nicht verborgen. Beide mussten grinsen, stiegen dann ins Auto und fahren los. Als Jay in den Rückspiegel sieht, scheint an der Ecke wieder jemand zu stehen. Doch als er blinzelt, ist nichts mehr zu sehen. Er schüttelt den Kopf kurz, dann fährt er los. Als sie an der Ecke vorbeifahren, liegt eine Art Rauch in der Luft, der sich langsam aufzulösen scheint. Im Autoradio ist eine kleine Störung zu vernehmen. So wie früher, wenn man eine SMS bekam. Sofort greift Lzzy nach ihrem Handy, doch es ist nichts angekommen. Komisch.
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Der Ursprung des Signals ist ein paar Straßen weiter. Dort wird in einer dunklen Gasse, ein Handy gezückt. Das Displaylicht, erhellt eine schwarze Kontur, es scheint eine Frau zu sein. Fast wirkt es, als würde sich Rauch gerade zusammensetzen. Dann beginnt sie etwas ins Handy zu tippen.
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Sie ist wieder aktiv!
Soll ich Schritte einleiten?
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Negativ!
Beobachtung fortsetzen!
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