29 - Neue Wege
[Harry]
Zwei Monate später
Mit einem erleichterten Säufzer schloss ich die Kofferraumklappe meines Wagens und sah zu Louis, der vor meinem Haus stand und mich anlächelte. Um ihn herum standen Kisten, er selbst hatte die Hände voll mit Beuteln, in denen sich seine Kleidung befand.
Ich schloss den Wagen, ab schnappte mir eine Kiste und wir gingen nach oben. Nach und nach brachten wir alle Sachen in meine Wohnung.
Und als wir fertig waren, griff ich in meine Hosentasche und ging auf Louis zu.
Er schaute zu mir und lächelte wieder. "Endlich fertig."
"Das stimmt." antwortete ich. "Und deshalb, habe ich was für dich."
Ich überreichte ihm einen brandneuen, noch glänzenden Schlüssel zu meiner Wohnung.
"Willkommen zu Hause."
Louis nahm ihn, strahlte mich an und fiel mir um den Hals, dann küssten wir uns sanft.
Die Idee eines Umzuges war entstanden, als Louis nach der Beerdigung seines Vaters nicht mehr in dessen Wohnung zurück wollte. Wir hatten sie gemeinsam mit Jay ungefähr zwei Wochen nach dem Todestag ausgeräumt und Louis hatte sich einige Stücke ausgewählt, die er unbedingt behalten wollte, den Rest hatten wir entweder entsorgt oder gespendet. Die Möbel hatte Louis allesamt einem Obdachlosenheim gespendet, in Anlehnung an Zayn's Schicksal, von dem er erfahren hatte, als die Beiden sich immer mehr angefreundet hatten in der Zeit nach der Beerdigung.
In einem Schrank hatten wir eine Kiste mit alten Spielzeugen von Louis gefunden, diese hatte er zu Charlotte gebracht, für die Kinder.
Ich war so stolz auf ihn gewesen, denn er hatte alles ganz wundervoll gemeistert.
Als wir fertig gewesen waren, hatte mir gestanden, dass er sich nicht vorstellen konnte, in der Wohnung zu bleiben und dass er im Studentenheim unterkommen würde erst einmal.
Irgendwann hatte ich mich dann getraut und ihn gefragt, ob er nicht zu mir ziehen wollte. Wir waren eh ständig zusammen, wenn es die Zeit zuließ und ich wollte ihn bei mir haben. Louis hatte mich angesehen und zum ersten Mal seit der Beerdigung wieder gegrinst.
"Ich dachte, du fragst nie." hatte er gesagt.
Ich war mir sicher, dass dies eine der Erinnerungen war, die man nie vergessen würde.
Seit diesem Moment war Louis' Zustand kontinuierlich besser geworden. Er ging deutlich offener mit seinem Scherz um, redete viel mit mir darüber, doch er fing auch wieder an zu lachen.
Heute wirkte er das erste Mal wieder richtig glücklich und ich war froh darüber, dass wir alle ihm durch diese Zeit geholfen hatten und er sich nicht aufgegeben hatte.
Wir lösten uns voneinander und er sah sich um. "Und wo soll das alles hinpassen?"
Ich lachte leise. "Das kriegen wir schon hin. Jetzt sollten wir aber zu Charlotte fahren, die letzten Vorbereitungen stehen an."
Er nickte sofort. "Warte, ich zieh mir was an." sagte er und verschwand im Schlafzimmer.
Als er wiederkam, trug er den TPWK Hoodie und ich strahlte ihn an.
"Soll ich dir nicht mal lieber einen kaufen? Du trägst ja nur noch den." sagte ich lachend und er schüttelte den Kopf.
"Dann ist es ja nicht mehr deiner. Das finde ich doof." erklärte er, schnappte sich seinen Schlüssel von der Kommode und lief wie selbstverständlich aus der Wohnung. Ich folgte ihm schmunzelnd und musste schließlich lachen, als er sich auf den Beifahrersitz meines Wagens fallen ließ, nachdem ich ihn aufgeschlossen hatte.
Ich selbst setzte mich auf den Fahrersitz.
"Du scheinst dich ganz schön wohlzufühlen in deiner Rolle."
"Was denn für eine Rolle?" fragte er mich verwirrt.
Grinsend sah ich zu ihm. "Na, als mein fester Freund."
Er lachte leise. "Ich bin für die Rolle geboren worden."
Ich biss mir leicht auf die Lippe und nickte, versuchte mir meinen Stolz nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Er hatte sich zu einhundert Prozent auf mich eingelassen und ehrlicherweise konnte ich mich an keinen Moment erinnern, in dem er sich auch nur ein kleines Stück wieder zurück gezogen hatte. Es war mir immer noch unerklärlich, dass er sich gerade in mich verliebt hatte.
Wir fuhren los und ich machte leise Musik an, zu der wir beide summten. Auf der Hälfte der Strecke räusperte er sich.
"Ich habe übrigens eine Entscheidung getroffen, die ich dir mitteilen möchte. Ich hoffe, dass du damit okay bist." begann er und ich sah ihn einen Moment besorgt an.
"Wenn du mir nicht gerade sagst, dass du in ein anderes Land ziehst, dann kannst du dir sicher sein, dass ich dich bei allem unterstütze, egal was es ist." sagte ich schmunzelnd.
"Nein, keine Sorge" sagte er kopfschüttelnd. "Es ist so, dass ich mich entschieden habe, den Studiengang zu wechseln."
"Wirklich?" Ich sah ihn wieder kurz an, zog die Augenbrauen zusammen. "Kein Neurochirurg mehr?"
"Ich habe gemerkt, dass das eine Nummer zu groß für mich ist." gab er zu. "Ich werde niemals meine Emotionen so sehr verstecken können, wie es Ärzte müssen. Ich traue es mir nicht zu und daher möchte ich den Weg nicht weitergehen, sondern neue Wege."
Ich nickte verstehend.
"Stattdessen habe ich gewechselt."
"Warte mal" hakte ich ein. "Du hast bereits gewechselt?" Nun war ich wirklich verwirrt.
Louis kicherte leise und nickte, nahm meine Hand. "Ich habe Soziale Arbeit und Pädagogik gewählt."
Meine Verwirrung wandelte sich zu Überraschung und meine Augen wurden groß.
"Du willst also Sozialarbeiter werden?"
Er nickte. "Ganz genau. Ich möchte Kindern und jungen Menschen helfen."
"Wow, Lou." sagte ich beeindruckt und drückte seine Hand.
"Leslie, Lilly und du haben mich dazu inspiriert. Aber auch Zayn mit seiner Geschichte. Jeder von euch hat mich dazu inspiriert, es ist das, was ich tun will. Ich will weiterhin den Menschen helfen, doch ich denke ich kann das besser, wenn ich Kinder und Jugendliche in schweren Zeiten unterstütze und ihnen auf den richtigen Weg helfe."
Er wirkte auf mich sehr entschlossen und es schien, als hätte er gerade selbst seinen richtigen Weg gefunden.
"Das ist großartig! Charlotte wird begeistert sein, wenn du ihr das erzählst!"
"Das habe ich bereits. Eigentlich ist es sogar so, dass ich bei ihr ein Praktikum absolvieren werde." gab er zu und grinste mich an.
Nun musste ich lachen.
"Ich muss schon sagen, ich bin beeindruckt. Und sehr stolz. Ich freue mich, dass du deinen Weg findest." sagte ich zu ihm, während ich auf den Parkplatz des Heimes fuhr.
Er nickte und küsste meine Wange.
"Ohne dich wäre ich jetzt vermutlich nicht hier. Also der Dank gilt dir, Harry." sagte er und wirkte für einen Moment ganz ernst.
"Das hätte ich niemals zugelassen." gab ich ebenso ernst zurück und sah ihm in die Augen. Die Tage nach dem Tod seines Vaters hatte ich mehr als einmal die Besorgnis, dass etwas passieren könnte, denn er war so kraftlos gewesen und hatte sich irgendwie aufgegeben.
Ich war erleichtert und froh, dass wir jetzt hier waren. Gemeinsam.
Wir stiegen aus dem Wagen und liefen auf das Gebäude zu. Im Garten davor stand schon alles, was wir die letzten Tage aufgebaut hatten.
Louis und ich hatten einen Glühweinstand aufgebaut, ein paar Stände für Essen, sowieso eine kleine Bühne, denn die Kinder hatten sich gewünscht, auftreten zu dürfen. Sie hatten dann die ganze Zeit geplant und geprobt, was genau passieren würde, hatten sie aber alle kollektiv geheim gehalten.
Wir hatten Laternen aufgestellt, es gab Lichterketten und über dem Tor zum Eingang des Gartens hing ein Willkommensbanner.
Heute Abend würde die Veranstaltung stattfinden und ich war bereits ganz schön nervös, aber freute mich ebenso sehr.
"Louis!"
Lilly's Stimme brach durch die Stille, ließ mich zusammenzucken, und als wir zum Eingang des Heimes sahen, stürzte sie auf uns zu und sprang Louis in die Arme. Louis lachte und legte die Arme schützen um sie, küsste ihre Wange lächelnd. "Hi, Kleines."
Lilly kicherte und kuschelte sich an ihn, schaute über seine Schulter zu mir und strahlte nun auch mich an.
"Na Süße, hast du mich ausgetauscht?" fragte ich sie schmunzelnd und sie kicherte und krallte sich noch mehr an Louis.
Er drehte sich zu mir um und grinste frech.
"Sie hat mich lieber als dich." ärgerte er mich. Ich lachte leise und nickte ergeben.
"Verständlich."
"Soll ich euch ein Geheimnis verraten?" fragte Lilly mit verschwörerischer Miene, hob den Kopf an und sah Louis in die Augen. Er sah sie auch an und nickte. "Immer her damit."
Sie sah kurz zwischen uns hin und her, dann flüsterte sie Louis etwas in sein Ohr, dass ich leider nicht verstand.
Er sah sie an und nickte. "Das ist ja mal eine Neuigkeit." sagte er und lächelte sie an. "Ich freu mich schon drauf."
Sie nickte lächelnd. Dann küsste sie seine Wange und ich schmolz förmlich dahin. In den letzten Wochen war Louis viel mit mir, aber auch hin und wieder allein hierher gefahren. Er hatte sich mit den Kindern beschäftigt und Lilly war ihm irgendwann nicht mehr von der Seite gewichen. In kurzer Zeit hatten die Beiden eine ganz eigene, enge Bindung aufgebaut. Ich war absolut begeistert davon.
"Was flüstert ihr denn da?"
"Du wirst schon sehen, Haz." antwortete Louis mir kryptisch und grinste Lilly verschwörerisch an, bevor sie sich von Louis löste und zurück ins Haus rannte.
Ich legte den Arm um ihn und küsste seine Wange. "Sie liebt dich." stellte ich fest.
Er sah ihr nach und nickte, seine Augen strahlten richtig. "Ich sie auch." sagte er, dann blickte er zu mir.
"Und dich liebe ich auch. Sehr sogar."
Ich lächelte und küsste ihn schnell. "Lass uns den Rest aufbauen." sagte ich und lief zu unserem selbstgebauten Glühweinstand.
Ich hörte wie Louis mir folgte, aber war überrascht als er meine Hand griff und mich zu ihm zurück zog. Fragend sah ich ihn an, er hatte einen unsicheren Blick aufgesetzt und blickte mir in die Augen, es fühlte sich mehr an, als würde er direkt in meine Seele starren.
"Du mich doch auch, oder?"
Verblüfft sah ich ihn an, dann lachte ich leise und küsste. "Ich liebe dich auch, natürlich Lou."
Ich vergaß, dass er hin und wieder immer noch so unsicher war in Momenten. Er brauchte die Bestätigung von mir. Ich gab sie ihm immer wieder gern, denn es würde sich nichts daran ändern, dass ich ihn liebte. Ich wusste, dass das immer so bleiben würde.
"Können wir jetzt hier fertig aufbauen?" fragte ich ihn schmunzelnd, worauf er lächelnd nickte.
***
Drei Stunden später war der Garten und Hof des Heimes gut gefüllt mit vielen Leuten. Die weihnachtliche Dekoration und die bunte Beleuchtung tauchte alles in eine gemütliche Atmosphäre. Wir hatten viele Aushänge gemacht, die Presse informiert, unsere Freunde eingeweiht und auch eingeladen, wir wollten einfach so viel Aufmerksamkeit wie möglich erregen.
Die harte Arbeit hatte sich bezahlt gemacht, den es waren insgesamt fünf Vertreter der Presse hier und viele andere Besucher. Auch Kelly und Zayn waren gekommen, nachdem ich sie eingeweiht hatte.
Nun fanden wir uns zusammen, da Charlotte auf unserer gebauten Bühne stand und sich für das zahlreiche Kommen bedankte. Sie bat galant um Spenden, erklärte was es ihr helfen würde und unterstrich die Möglichkeit, Adoption in Erwägung zu ziehen.
Danach lächelte sie in die Menge.
"Und nun haben unsere Kinder eine kleine Performance vorbereitet. Sie haben sich einen Tanz überlegt, zu einem ganz besonderen Lied. Vorher möchte ich mich jedoch noch bei jemandem bedanken."
Sie suchte in der Menge und als ihr Blick auf mich traf, winkte sie mich heran. "Harry und Louis, kommt ihr bitte?"
Gemeinsam mit Louis ging ich auf die Bühne.
"Ich möchte sagen, dass das alles hier Harry's Idee war. Er hat zusammen mit Louis alles hier aufgebaut und geplant, auf die Beine gestellt und wir könnten nicht dankbarer für euch beide sein!" Sie sah uns abwechselnd gerührt an. "Danke, dass es euch gibt!" sagte sie, dann umarmte sie mich und gleich darauf auch Louis.
Ganz gerührt ging ich mit Louis wieder von der Bühne.
Kurz darauf ertönte Musik und ich sah verwundert zu Louis, denn es handelte sich um mein Lieblingsweihnachtslied - Wonderful Dream von Melanie Thornton.
Er grinste mich an und seine Lippen formten ein V dabei. Das tat er immer, wenn er sich besonders freute, das hatte ich bemerkt.
"Das war Lilly's Idee für dich. Weil sie dich so vernachlässigt hat wegen mir, hat sie gesagt. Damit du nicht traurig bist."
Ich lachte überrascht und wir sahen den Kindern dabei zu, wie sie in weihnachtlichen Kostümen eine Choreographie aufführten. Lilly und Leslie hatten Rentierkostüme an, Lilly tanzte ganz vorn und Leslie stand etwas weiter außen und tanzte auch mit.
"Lou, ich wünschte wir, könnten die Beiden mit nach Hause nehmen." sagte ich irgendwann leise und legte den Arm um ihn.
Er lehnte den Kopf an meine Schulter und sah hoch zu mir.
"Das wünsche ich mir auch."
"Wirklich?" Ich sah ihn verblüfft an, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.
"Ich habe dir das damals nicht erzählt, aber ich habe schon ganz oft daran gedacht, wie unsere Zukunft sein könnte und jedes Mal, wenn ich darüber fantasiere, sehe ich Lilly und Leslie auch darin."
Ich lächelte ihn an. "Das geht mir genauso, Lou." gab ich lachend zu.
Wir beide schmunzelten und schauten den Kindern weiter dabei zu, wie sie tanzten.
Die Feier war ein voller Erfolg bis jetzt und ich hatte das Gefühl, dass wir wirklich etwas ausrichten konnten damit. Nach dem Auftritt, gesellten sich Kelly und Zayn zu uns und gemeinsam tranken wir einen Glühwein.
Kelly erzählte uns freudestrahlend, dass sie jemanden kennengelernt hatte und ich nahm das als ein Zeichen, dass sie über Zayn hinweg war. Ich freute mich für sie, denn Zayn war nach wie vor mit Leyla zusammen und unheimlich glücklich mit ihr.
Gerade als wir sprachen, kam sie auf den Hof und winkte uns. "Babe!" Zayn rief sie strahlend zu uns und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie grinste und begrüßte uns dann der Reihe nach, als sie schließlich bei Louis landete, umarmte sie ihn fester als uns alle und hielt ihm einen USB Stick hin.
"Deine Bilder." sagte sie lächelnd. "Ich weiß, hat lange gedauert aber du brauchtest deine Zeit, ich wollte mich nicht aufdrängen."
Er nahm den USB Stick und sah sie dankbar an, lächelte dann breit. "Ich freu mich, ich guck sie mir dann sofort an."
Mit dem Zeigefinger stupste sie seine Nase an und grinste. "Da ist es ja, das Louis-Strahlen." sagte sie, ehe sie sich neben Zayn stellte und ihn verliebt ansah.
Louis wurde leicht rot, grinste aber und schüttelte den Kopf amüsiert.
Die Beiden hatten seit dem Fotoshooting irgendwie ein spezielles Verhältnis zueinander, welches ich nicht verstand, doch ich wusste, dass sie einfach immer nur ein Lächeln aus ihm herauskitzeln wollte, also war ich nicht beunruhigt.
Ich betrachtete die Runde um mich herum und freute mich unglaublich darüber, wie alles entstanden war. Ich war dankbar für diese kleine Gruppe Menschen.
Aber vor allem war ich dankbar für Louis.
Verliebt sah ich zu ihm und musterte sein Gesicht.
Er unterhielt sich gerade angeregt mit Kelly über die Uni. Er erzählte gerade ganz begeistert über seine neuen Pläne und dabei riss er richtig die Augen auf und gestikulierte herum. Er war richtig aufgeblüht in der letzten Zeit und ich war so glücklich darüber, immer wieder neue Seiten an ihm zu entdecken.
Als er meinen Blick bemerkte, sah er mich an. "Was ist?" fragte er mich lächelnd.
Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf. "Gar nichts. Ich bin nur so glücklich gerade."
Er legte die Arme um mich und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.
"Mein wunderschöner Harry, ich liebe es wenn du lächelst."
Ich lachte sofort. "Klau mir nicht meine Sprüche" sagte ich und küsste ihn wieder.
"Gewöhn dich dran. Das werde ich ab jetzt immer machen."
"Für immer?" fragte ich ihn.
"Für immer, Haz." entgegnete er und küsste mich wieder zärtlich.
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