Party mit Biss
Hallo, meine Lieben :) So, es geht wieder weiter und Twilight verabschiedet sich mit dem heutigen Kapitel ins Wochenende. Montag folgt wie gewohnt das nächste Update. Und wie der Titel schon sagt...heute wird es bissig ;) Viel Spaß beim Weiterlesen!
Liebe Grüße,
eure Hela
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Party mit Biss
Es war bereits abends, als ich am Schreibtisch saß und gedankenverloren auf das leere Blatt Papier vor mir starrte. Vorhin hatte mich die Lust zum Zeichnen überkommen, doch jetzt saß ich nur stumm da und konnte nicht aufhören, an Carlisle zu denken, dessen Arztbesuch nun schon einige Tage zurücklag.
Sorgfältig und behutsam hatte er mir den Verband angelegt und meiner Tante noch ein Rezept ausgehändigt, was für Schmerzmittel gegen meine Beschwerden ausgelegt war. Elysia hatte ihm versichert, ein wachsames Auge auf mich zu haben und dafür zu sorgen, dass ich mich genau an seine Anweisungen hielt, denn offenbar hegte Carlisle Zweifel daran, ob ich wirklich meine Verletzung schonte und stattdessen nicht morgen gleich wieder zu einem Marathon antrat.
Noch immer war ich von der erneuten Begegnung emotional aufgewühlt und konnte sein Gesicht einfach nicht aus meinem Kopf kriegen. Immer öfters ertappte ich mich selbst dabei, dass meine Erinnerungen an seine Berührungen zurückkehrten, als er meine Verletzung untersuchte hatte. Meine aufkeimenden Gefühle für ihn hatten mich dabei fast überfordert, doch ich konnte einfach nicht mehr leugnen, dass Carlisle Cullen in meinen Augen etwas ganz Besonderes war.
Jemandem wie ihm war ich noch nie begegnet und er stellte alles andere in den Schatten, indem er durch seinen sanftmütigen Charakter unglaublich bodenständig wirkte. So selbstlos, hilfsbereit und zudem noch von makelloser Schönheit, dass es einfach überwältigend auf einen wirken musste, erschien mir Carlisle in der Tat wie ein Engel, der stets darauf bedacht war, all jene vor dem Fall zu bewahren, die in den Abgrund stürzten.
Vermutlich hätte ich noch Ewigkeiten damit zugebracht, an Carlisle zu denken und alles andere um mich herum zu vergessen, hätte ich nicht in diesem Moment unten Stimmen vernommen und sie als die von Elysia und meinem Bruder Alex identifiziert. Sofort schob ich meine Zeichnungssachen weg, sprang vom Stuhl auf und öffnete die Tür, als ich selbst von hier oben noch Zeugin ihrer Diskussion wurde.
,,Du könntest mir zur Abwechslung wenigstens mal sagen, wohin du immer gehst. Das wäre sehr zuvorkommend.", raunte Elysia im scharfen Ton meinem Bruder zu, der davon mächtig genervt war.
,,Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig. Du bist nicht meine Mutter."
,,Nein, aber deine Tante und ich mache mir Sorgen um dich.", erwiderte Elysia, als ich Alex schnauben hörte.
,,Nicht nötig. Mir geht's bestens und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich will ins Bett."
Ohne eine Antwort von Elysia abzuwarten, stapfte Alex hörbar die Stufen nach oben und erreichte den Flur. Er wäre sicher direkt in sein Zimmer marschiert, wenn ich ihn nicht im nächsten Augenblick am rechten Arm gepackt und in mein Zimmer gezogen hätte. Völlig perplex ließ mein Bruder es über sich ergehen und sah ziemlich irritiert aus, als ich meine Tür schloss und er wirkte beinahe ein bisschen belustigt über mein Verhalten.
,,Hey, nicht so stürmisch. Nach der letzten Meinungsverschiedenheit dachte ich eigentlich nicht, dass du so über mich herfallen würdest."
Ich rollte mit den Augen. ,,Sehr lustig. Warum zum Teufel warst du so lange weg?"
,,Ganz ruhig, Aufseher. Die Sache in Chicago war etwas größer als gedacht. Rachel und ich hatten ganz schön zu tun.", erklärte Alex, woraufhin ich nachdenklich die Stirn runzelte. Irgendwas klingelte durch den Namen bei mir.
,,Rachel? Ist das nicht diese verschlagene Jägerin, mit der du während der Ausbildung was am Laufen hattest, obwohl sie deine Trainerin war?"
Alex knurrte. ,,Das geht dich gar nichts an."
,,Wie auch immer. Ich muss mit dir über etwas reden.", winkte ich ab, als Alex hellhörig wurde.
,,Sag bloß, du bist zur Vernunft gekommen und sagst mir jetzt, dass du zurück nach Schottland willst."
Wieder leierte er dieses Thema an, doch würde sich meine Entscheidung diesbezüglich garantiert nicht ändern. Um keinen Preis der Welt würde ich zurück nach Schottland gehen, nur konnte oder wollte Alex das einfach nicht verstehen. Aber gut, er kannte ja auch nicht alle Hintergründe und ob ich ihm die jemals offenbaren würde, stand noch in den Sternen. Vorerst galt es jedoch, andere Probleme zu lösen.
,,Träum weiter. Aber falls du schon auf einen Nachschlag erpicht bist, könnte ich da eventuell behilflich sein.", sagte ich schließlich.
,,Was meinst du?"
,,Naja, während du und Rachel in vertrauter Zweisamkeit Chicago unsicher gemacht habt, hatte ich vor ein paar Tagen ein ziemlich ungemütliches Rendezvous mit einem draufgängerischen Pärchen. Die Zwei waren ganz schön bissig.", schilderte ich ihm den Vorfall und sofort hatte ich die volle Aufmerksamkeit meines Bruders, dessen markantes Gesicht sich nun leicht verfinsterte.
,,Vampire? In Forks?"
,,Ja, ich war genauso überrascht wie du, dass sie sich hier hin verirrt haben, aber so war es. Haben für ziemlich Aufsehen gesorgt."
Er verschränkte die Arme vor der Brust, als würde ihm das mehr Autorität verleihen, nur ließ ich mich davon nicht beeindrucken. ,,Wie ist die Lage jetzt?"
,,Ich hab die Zwei aufgespürt und getötet. Sie bereiten uns zumindest keine Probleme mehr.", erwiderte ich, woraufhin er lächelte.
,,Gut gemacht. Ich bin stolz auf dich."
Natürlich war er diesbezüglich stolz, denn es zeigte ihm eindeutig, dass mein geplanter Neuanfang mir keineswegs Freiheit von Vampiren zusicherte. Allerdings ignorierte ich sein Lob bezüglich der erfolgreichen Jagd und teilte ihm stattdessen den unerfreulichen Teil der Nachrichten mit.
,,Dank mir nicht zu früh. Die Vampirlady war ziemlich angefressen und hat mir gegenüber erwähnt, dass ihre Freunde es mir heimzahlen würden. Wenn ich ihren Worten also Glauben schenken möchte, waren die Zwei nicht alleine unterwegs.", entgegnete ich und Alex wurde nachdenklich.
,,Glaubst du ihr denn?"
Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. ,,Vampire können viel behaupten, aber mein Instinkt sagt mir, dass wir auf Nummer sicher gehen sollten. Deswegen habe ich ja gehofft, dass du schnell zurück kommst. Weil ich werde erstmal keine Jagd mehr veranstalten können."
,,Warum nicht? Du hast dich doch vortrefflich geschlagen.", meinte mein Bruder, doch kannte er ja noch nicht die ganze Geschichte.
,,Und dafür eine Quittung kassiert."
Kurzer Hand schob ich mein T-Shirt nach oben und präsentierte ihm den Verband, den Elysia mir heute Morgen gewechselt hatte. Die Augen meines Bruders verengten sich ein wenig, als er meine Verletzung inspizierte und bevor er mir Fragen stellen konnte, verriet ich ihm bereits, wie es dazu gekommen war. ,,Ricky war ganz schön sauer und hat mich gegen eine Hauswand geschleudert. Ich kann von Glück reden, dass es nur eine Prellung ist. Aber höllisch schmerzen tut es dennoch."
,,Da hab ich genau das Richtige für dich.", sagte Alex und plötzlich widmete er sich seiner Tasche, die er durch meinen Überfall eben auf den Boden hatte fallen lassen.
Er ging in die Hocke, öffnete den Reißverschluss und wühlte dann in seinen Sachen herum, bis er fündig wurde und mir eine kleine Spraydose zuwarf. Reflexartig fing ich sie auf, wobei ein leichtes Ziehen durch meinen Oberkörper ging, was ich jedoch ignorierte. Irritiert betrachtete ich die graue Flasche, deren Inhalt mir vollkommen fremd war.
,,Was zum..."
Alex grinste. ,,Ich präsentiere das Heilserum im Sprayformat. Rachel hat mir ein paar mitgebracht, denn in der Akademie entwickeln sie gerade neue Möglichkeiten zur schnelleren Genesung. Ein paar Dosierungen von dem Zeug und du bist so gut wie neu."
,,Danke.", gab ich mit einem Seufzen zurück. ,,Du kannst ja doch noch fürsorglich sein. Wie sollen wir jetzt vorgehen?"
Als wäre nichts gewesen, gingen wir wieder zum ursprünglichen Thema über, denn allzu viel Mitgefühl erhoffte ich mir von Alex ohnehin nicht. Würde er mir doch nur schildern, dass eine Jagd stets ein gewisses Risiko mit sich brachte und auf so einen Vortrag konnte ich jetzt wirklich verzichten. Mein Bruder hatte bereits wieder seine ausdruckslose Miene aufgesetzt, die er als Jäger in den vergangenen Jahren durchweg perfektioniert hatte. Wie ich diesen Anblick doch verabscheute.
,,Wer weiß von der ganzen Sache? Ich meine, wie viel Aufmerksamkeit wurde erregt?"
,,Naja, die Polizei glaubt, dass ein Tier für die Angriffe verantwortlich ist und ich habe mit Chief Swan den letzten Tatort inspiziert. Ich habe mich als Expertin für Tierangriffe ausgegeben und er hat eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt, wollte von mir jetzt aber natürlich eine Strategie hören, wie wir das Tier zur Strecke bringen können.", erwiderte ich und Alex nickte verständlich.
,,Ich kümmere mich darum. Was ist mit deiner Verletzung? Wer hat sich darum gekümmert?"
Meine Antwort fiel knapp aus, ohne dabei den Namen von Carlisle zu erwähnen. ,,Der Arzt von Elysia."
,,Was hast du ihm gesagt?"
,,Dass ich unglücklich gefallen bin und mich an der Kommode heftig gestoßen habe. Da er keine Fragen mehr gestellt hat, dürfte er mir die Geschichte abkaufen.", versicherte ich Alex, der sich daraufhin etwas entspannte.
,,In Ordnung. Elysia weiß auch nichts?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein. Sie hat mich nur zur Bettruhe verdonnert und mir eine Predigt gehalten, wie leichtsinnig ich doch wäre. Sie hat ja keine Ahnung."
Dass ich in Wirklichkeit Jagd auf ein bissiges Vampir-Duo gemacht hatte, wusste meine Tante ja gar nicht und das war auch besser so. Allerdings kam ich mir durch die vielen Fragen von Alex schon beinahe wie in einem Kreuzverhör vor, wodurch sich entscheiden würde, ob ich schuldig oder unschuldig war. Ich wusste, dass er lediglich seinen Job in dem Sinne machte und dieses Vorgehen war uns in der Ausbildung ja auch beigebracht worden, doch war Alex dadurch stets immer ein Jäger und niemals der Bruder, den ich mir insgeheim zurückwünschte.
,,Das war nicht leichtsinnig, sondern mutig und entschlossen. Ich wusste die ganze Zeit, dass eine wahre Jägerin in dir steckt. Vermutlich brauchtest du einfach nur eine Auszeit. Jetzt kümmere dich um deine Verletzung und ich regle die Angelegenheit. Wenn wirklich noch Vampire in der Stadt sind, dann finden wir das raus.", sagte er schließlich voller Überzeugung, aber ich hatte eine Bedingung.
,,Okay, aber wir machen das zusammen, Alex. Das Pärchen war schon ziemlich stark und wenn sie Freunde mitgebracht haben, könnten diese genauso viel auf dem Kasten haben."
,,Was ihnen am Ende auch nicht den Kragen retten wird. Aber gut, gemeinsam sind wir ohnehin unschlagbar und wir haben lange keine Mission zusammen erledigt. Dürfte amüsant werden."
Mein Bruder nickte mir noch zu, schnappte sich dann seine Tasche und verließ mein Zimmer, während ich nur zurückblieb und kurz die Augen schloss, um innerlich Stoßgebete zu entsenden. Für Alex waren die vergangenen Einsätze immer ein aufregendes Unterfangen gewesen, weil er ja auch Freude daran hatte, Vampire auszuschalten. Für mich war es nichts weiter als eine lästige Routine, von der ich einfach nicht loszukommen schien. Warum hatten die Vampire auch ausgerechnet nach Forks kommen müssen? Es schien beinahe, als wäre mein Neustart hier von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.
Nur zwei Tage später sollten sich neue Ergebnisse bezüglich unseres Falls zeigen. Alex hatte, wie versprochen, alles geregelt und sich Chief Swan als mein Kollege vorgestellt, der ihm bei der Jagd nach dem Tier helfen sollte. Und da der Vater von Bella meinem Bruder noch nie zuvor begegnet war, ein Vorteil durch die bislang ständige Abwesenheit von Alex, glaubte er ihm und nahm seine Hilfe dankend an. Innerhalb weniger Stunden hatten sie dann einen Bären ausfindig gemacht, der in der Nähe der Stadt im Wald lebte und ihn gemeinsam mit einigen Förstern unschädlich gemacht. Eigentlich tragisch, dass dieses Tier als Sündenbock für die Taten der Vampire herhalten musste, nur blieb uns keine Wahl und somit würde die Polizei immerhin nicht weiter nach Spuren suchen.
Und, wie sollte es auch anders sein, sollte sich auch noch herausstellen, dass Amanda mit ihrer bissigen Bemerkung keineswegs irgendeinen Humbug von sich gegeben hatte. Denn Alex hatte in der Tat die Spur von zwei männlichen Vampiren ausfindig machen können, die wohl zum Duo Ricky und Amanda gehört hatten und noch immer in der Stadt waren. Und mein Bruder hatte auch schon eine Idee, wie wir die Zwei unschädlich machen konnten.
,,Eine Party?", brachte ich skeptisch hervor, als Alex mir von dem geplanten Gründerfest der Stadt berichtete und vielsagend auf den Flyer in meinen Händen deutete.
,,Jipp. Ist wohl Tradition in Forks und wird alle 10 Jahre abgehalten. Wenn die Vampire irgendwo die Chance nutzen, sich unters Volk zu mischen und zuzuschlagen, dann bei einer solchen Veranstaltung. Eine bessere Möglichkeit kriegen wir nicht."
Ich legte den Flyer weg. ,,Und wie willst du vorgehen?"
,,Die altbewährte Methode, die wir auch schon beim Maskenball in Venedig durchgezogen haben.", sagte Alex, doch ich verzog argwöhnisch das Gesicht.
,,Oh, nein. Bitte nicht."
,,Warum? Du warst klasse und eine junge Frau ist perfekt als Köder für zwei arrogante Vampire, die sich der Gefahr gar nicht erst bewusst sein werden."
Die Worte meines Bruders erweckten bei mir fast den Eindruck, als würde er mich den Vampiren mutwillig zum Fraß vorwerfen, solange sie am Ende nur das Zeitliche segneten. Dabei hatte mir die Methode in Venedig schon nicht gefallen, in der ich sämtliche Aufmerksamkeit auf mich gezogen hatte, bis Alex die Vampire dann angegriffen hatte. Nur, damit ich ihm am Ende den Kragen retten und das Pack ausschalten musste. Ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen.
Alex bemerkte mein Zögern und versuchte, seinen Charme wirken zu lassen. ,,Das wird klappen, Schwesterchen. Du hast doch schon bewiesen, dass diese Blutsauger dir unterlegen sind."
,,Mja, wofür mich diese Zwei jetzt sicher köpfen wollen. Die Abwesenheit von Ricky und Amanda ist ihnen sicher längst aufgefallen, weshalb sie sich nur zu gerne die Jägerin vorknöpfen werden, die ihre beiden Freunde gekillt hat."
,,Ein Grund mehr, weshalb die Nummer klappen wird. Ihr Zorn wird sie in Rage versetzen und umso schneller können wir sie umlegen. Außerdem bist du diesmal nicht allein, sondern bringst Verstärkung mit und damit rechnen die Reißzähne auf keinen Fall. Na, komm. Wir sollten uns fertig machen, denn das Fest beginnt in 3 Stunden und...ich hab dir das hier mitgebracht."
Alex warf mir eine Tüte zu und ich warf einen Blick hinein, um schimmernde Partykleidung zu erkennen. Ergeben seufzte ich und mein Bruder deutete vielsagend auf meinen Oberkörper. ,,Hat das Spray geholfen?"
Ich nickte. ,,Ja. Die Rippen sind zwar noch etwas blau, aber Schmerzen habe ich keine mehr."
,,Gut. Dann steht unserer Mission ja nichts mehr im Wege. Wirf dich in Schale, Schwesterherz. Wir müssen zwei Vampire jagen."
Mit diesen Worten ließ Alex mich allein, damit ich mich umziehen konnte und ich hörte durch die angelehnte Tür nur, wie er Elysia erzählte, dass er und ich uns das Gründerfest ansehen wollten, damit wir unsere neue Heimat etwas besser kennenlernen konnten. Klang ziemlich glaubwürdig für jeden anderen, nur wusste ich genau, dass Alex sich keine Spur für Forks interessierte, aber wenigstens sagte er unserer Tante die halbe Wahrheit, die es murrend hinnahm und nur sagte, dass ich mich nicht übernehmen sollte. Von dem Wundermittel, das meine Verletzung schon sehr gut kuriert hatte, wusste sie natürlich nichts.
Und nur wenig später betrachtete ich mich im Spiegel, wobei mir ein skeptisches Ebenbild entgegenblickte und in dessen Augen ich durchaus die Ablehnung gegen diesen Aufzug erkennen konnte. Meine dunklen Haare waren zu Locken gedreht, ich hatte mir Make-up aufgetragen und das Einzige, was noch vertraut wirkte, war mein blasser Teint.
Alex hatte mir eine hautenge Lederhose in schwarz besorgt und dazu ein genauso enges Top, das mit dunkelblauen Pailletten bestückt war und mich dadurch ziemlich funkeln ließ. Grundgüter. Ich sah aus wie eine Discokugel auf zwei Beinen.
Zum Glück hatte er mir kein Kleid mitgebracht, wie es in Venedig der Fall gewesen war. Denn darin zu kämpfen, hatte sich als echte Herausforderung herausgestellt und durch die Masken war es zunehmend unpersönlich geworden, als wir die Vampire erledigt hatten. Dabei war töten immer etwas Persönliches.
Ich fischte gerade die schwarzen Schnürboots aus der Tüte, als es auch schon an der Tür klopfte und mein Bruder ins Badezimmer trat, nachdem ich ihm Einlass gewährt hatte. Er war stilvoll im weißen Hemd und schwarzer Hose gekleidet, wobei er die Krawatte weggelassen hatte. Zu groß wäre die Versuchung für die Vampire, ihn damit sonst erwürgen zu wollen.
,,Bist du fertig?"
,,So gut wie. Ich hoffe, dein Plan geht auf. Sonst habe ich mich umsonst in diesem Look zum Affen gemacht.", brummte ich, doch Alex winkte ab.
,,Unsinn. Du siehst klasse aus."
,,Jaja. Bringen wir es lieber hinter uns."
Ich hatte meine Schuhe zugeschnürt, schnappte mir meine schwarze Lederjacke, um wenigstens ein vertrautes Kleidungsstück bei mir zu tragen, und marschierte geradewegs die Treppe runter, wobei mir Alex dicht auf den Felsen folgte. Elysia wartete unten am Treppenansatz und betrachtete mein Erscheinungsbild mit kritischen Blicken. Offenbar wusste sie nicht so recht, was sie davon halten sollte und wäre sie mir ohnehin nicht von Anfang an schon sympathisch gewesen, hätte ich ihr spätestens jetzt meine ganze Sympathie geschenkt.
,,Ich habe noch was für euch."
Elysia reichte mir eine grüne Dose und ich staunte nicht schlecht über den Aufdruck Pfefferspray, was mein Bruder ebenso kritisch beäugte. Dann sah er zu unserer Tante und setzte zum Widerspruch an, was diese mit erhobener Hand vereitelte.
,,Ich will kein Wort hören. Es sind schon zu viele Menschen gestorben und auch wenn das Tier jetzt tot ist, kann man nicht vorsichtig genug sein. Jetzt geht und kommt nicht zu spät wieder, sonst schicke ich Chief Swan mit der Kavallerie, um euch abzuholen. Und glaubt mir, ich meine das ernst."
In der Tat gab Elysia keine halben Worte von sich und ich hatte mächtig Respekt vor ihr, auch wenn sie in ihrer orangenen Jogginghose und dem grauen lässigen Shirt keinen allzu bedrohlichen Eindruck machte. Alex grummelte nur etwas Unverständliches und ging dann aus der Haustür, als ich mich noch einmal an Elysia wandte.
,,Keine Sorge, wir sind nicht lange weg."
,,Das will ich hoffen. Noch so eine Verletzung und ich bringe wirklich Gitterstäbe an deinem Fenster an.", ermahnte sie mich, was mir nur ein gehorsames Nicken abrang, ehe ich meinem Bruder nach draußen folgte.
Die Sonne stand schon sehr tief und würde bald untergehen, worauf die Vampire sicher nur warteten. Dann würden sie auf dem Gründerfest ihre Beute auskundschaften und im Schutz der Dunkelheit zuschlagen. Etwas, das wir unbedingt verhindern mussten.
Alex hatte den Wagen schon gestartet und ich setzte mich auf den Beifahrersitz, nachdem ich kurz inne gehalten hatte. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass ich beobachtet wurde, doch dann verwarf ich diesen Gedanken wieder und Alex fuhr los.
Der Weg zum Gründerfest, welches im Stadtzentrum stattfand, war zum Glück nicht weit und als wir es erreichten, herrschte schon wildes Treiben. Die Leute waren bester Laune und natürlich heilfroh, dass die Gefahr endlich vorüber war. Ein Grund mehr, den Abend ausgelassen zu feiern und vielleicht auch etwas über die Strenge zu schlagen. Dabei hatte ja keiner von ihnen die Ahnung, dass dies eine Party mit Biss werden würde - im wahrsten Sinne des Wortes.
Alex und ich betraten das Gebäude, wo schon laut Musik der 80er Jahre laut durch die Boxen dröhnte und mein Bruder beugte sich etwas zu mir, damit ich ihn verstehen konnte. ,,Ich besorge uns mal was zu trinken. Versuch du dir einen Überblick zu verschaffen.", trug er mir auf, was ich mit einem Nicken bestätigte und mein Bruder entfernte sich.
Mein Blick inspizierte den Raum, unterdessen die anwesenden Menschen bestens gelaunt die Feierlichkeit genossen. Der Bürgermeister hatte seine Rede wohl schon abgehalten, denn er saß an einem runden Tisch in der hinteren Ecke und unterhielt sich mit ein paar Leuten, während es vor allem die jüngere Generation auf die Tanzfläche zog.
Meine Augen suchten den ganzen Raum nach bleichen Gestalten mit dunkelroten Augen ab, doch konnte ich bis jetzt noch nichts von ihnen entdecken. Was keineswegs bedeutete, dass sie nicht hier waren.
Alex hielt sich mit Absicht lange auf der Bar auf, damit man gar nicht erst die Vermutung haben könnte, er würde zu mir gehören. Denn sollten die Vampire hier sein, war immerhin das Ziel, dass sie auf mich aufmerksam wurden und Alex könnte dann einen Überraschungsangriff starten. Wobei ich mich nur zu gut daran erinnerte, wie das letztes Mal geendet hatte. Da hatte der Vampir meinem Bruder einen so heftigen Kinnhaken verpasst, dass er ohnmächtig geworden war und ich den Fiesling hatte alleine ausschalten müssen. Alex war dann erst wieder aufgewacht, als ich den Vampir bereits gekillt hatte und das Spannendste war ihm somit entgangen. Dabei hieß es immer, Männer könnte so leicht nichts umhauen.
Gerade wollte ich schon zu meinem Bruder gehen, um ihm mitzuteilen, dass ich nichts Verdächtiges bemerkt hatte, doch dann spürte ich instinktiv, wie meine Alarmsignale reagierten. Ich schloss kurz die Augen, konzentrierte mich und verließ mich ganz auf meine Intuition, als ich mich unauffällig umdrehte und in die dunklere Ecke des Raumes sah.
Dort standen sie. Zwei Vampire, männlich und aufgrund ihrer Kleidung stachen sie ein ganz klein wenig heraus. Man konnte nie genau sagen, wie alt sie waren und dennoch ging ich davon aus, dass sie entweder genauso lange wie Amanda auf der Erde weilten oder noch länger. Da Amanda mir versichert hatte, die beiden würden mich aus Rache vernichten, ging ich mal eher davon aus, dass sie schon ein paar Jahrzehnte mehr auf dem Buckel hatten als sie, da sie dann auch erheblich stärker waren.
Zufällig begegnete ich dem Blick meines Bruders und gab ihm das Signal, woraufhin er sich beim Barkeeper bedankte und so tat, als würde er jetzt die tanzenden Gäste beobachten, zu denen ich mich nun gesellte.
Es war ein leichtes Schauspiel. Mit meinem Solotanz würde ich die Vampire aus der Reserve locken, da sie sich meistens Menschen aus der Menge fischten, die ohne Begleitung waren und eine junge Frau war für die meisten Vampire wie ein Sechser im Lotto, weshalb ich hoffte, dass die Zwei anbeißen würden. Und tatsächlich wurde mein Wunsch erhört, denn ich sah sie untereinander tuscheln, als sie ihre Blicke auf mich fixiert hatten.
Mit einem Funkeln in den roten Augen, was ich selbst von hier aus sehen konnte, und verheißungsvollen Blicken näherten sie sich langsam, wodurch sie auch hervorragend ins Blickfeld meines Bruders traten. Dieser hatte sie längst entdeckt und wappnete sich aufgrund seiner Körperhaltung wohl schon bereits für den nächsten Teil unseres Plans und der beinhaltete: alle Menschen raus schaffen!
Wenn ich nämlich erstmal damit anfing, die zwei Täubchen auseinanderzunehmen, sollten sich möglichst keine Zeugen mehr im Raum befinden, die am Ende womöglich noch als Kollateralschaden enden würden. Deshalb würde Alex dafür sorgen, dass sie alle verschwanden, wenn er es als den richtigen Zeitpunkt erachtete. Er bewegte sich ein wenig zur hinteren Ecke des Raums, während die beiden Vampire nun ebenfalls auf der Tanzfläche ankamen und ich bekam nur am Rande mit, wie mein Bruder kurz mit dem DJ sprach und dieser dann nickte.
https://youtu.be/Kbsi0tsLJUg
Für jeden anderen wäre das, was folgte, womöglich sogar ein amüsanter Anblick gewesen. Für die Vampire würden es die letzten Augenblicke ihrer Existenz sein und für mich wieder einmal eine Mission, die ich, sehr zu meinem Leidwesen, wohl niemals wieder vergessen würde. Denn mein Bruder machte, wenn er die Chance dazu bekam, eine Jagd nicht nur unvergesslich, sondern geradezu kreativ und so war es auch dieses Mal.
Zwei Minuten später, nachdem er beim DJ gewesen war, erklang auf einmal der altbekannte Song aus den 90ern: Baby, I Love Your Way von Big Mountain.
In Gedanken verfluchte ich Alex für seine übertriebenen Einfälle, doch da die Vampire mich schon ins Visier nahmen und ich sah, wie mein Bruder sich Richtung Feuermelder bewegte, gab es kein Zurück mehr. Für mich zählte jetzt einzig und allein, die Aufmerksamkeit der Vampire auf mich zu festigen und deshalb drehte ich mich um, als ich sie direkt vor mir sah und schenkte ihnen ein charmantes Lächeln, das über alle Maße verführerisch auf jeden Mann wirkte, der menschlichen Ursprungs war.
,,Hey, wollt ihr Jungs tanzen?", hauchte ich ihnen entgegen und mein Augenaufschlag wirkte, so hoffte ich jedenfalls, hingebungsvoll und auffordernd.
Die Vampire, beide mit dunklen Haaren, blasser Marmorhaut und roten Augen, schauten etwas perplex drein, als ich mich auch schon mit eleganten und zielstrebigen Schritten langsam auf sie zu bewegte. Zum Rhythmus der Musik begann ich um sie herum zu tanzen, was die Zwei interessiert beobachteten und ich erkannte ein hungriges Funkeln in ihren blutroten Augen. Sie hatten den Köder geschluckt und nun musste ich nur noch warten, bis mein Bruder alle Gäste nach draußen geschafft hatte.
Das geschah, als die zweite Strophe vom Song eingeleitet wurde und prompt erklang das Alarmsignal vom Feuermelder, was alle Gäste sofort dazu animierte, das Gebäude zu verlassen und niemand schenkte mir Beachtung, was ich ausnutzte.
Die Vampire wussten gar nicht wie ihnen geschah, als ich zum ersten Schlag ansetzte und dem einen mit meinem Ellenbogen einen Stoß versetzte, sodass er zurückflog und krachend in der Bar landete. Noch während die Musik weiterlief, hatte der andere Vampir begriffen, was es mit mir auf sich hatte und fletschte seine Zähne, als er auch schon auf mich zukam.
Gut, er schien wirklich älter als Amanda zu sein, da er sehr viel klüger vorging und sich nicht im rasanten Tempo auf mich stürzte, sondern eher begann mich zu umkreisen und wohl abschätzte, wie seine Chancen standen, mich schnell zu erledigen. Und als würde ihm das irgendwas nützen, versuchte er sich doch tatsächlich im Smalltalk.
,,Soso, eine Jägerin. Ich nehme an, du bist das kleine Biest, das unsere Freunde auf dem Gewissen hat.", raunte er mir zu, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
,,Zu meiner Verteidigung, ich habe die Zwei gewarnt. Aber wer nicht hören kann muss fühlen."
Das schien nicht unbedingt die klügste Antwort gewesen zu sein, da der Vampir nur wütender wurde und sich in seinem Köpfchen sicher schon die verschiedensten Szenarien ausmalte, wie er mich möglichst brutal hinrichten konnte. Doch damit war er nicht allein und er ebnete mir, wie von selbst, den Weg für einen perfekten Angriff, ohne dass er es bemerkte.
,,Ich mache dich fertig, du kleines Luder. Allein hast du keine Chance gegen mich und Caelan.", zischte er, doch dann funkelten meine Augen belustigt.
,,Oh, hast du denn nichts in deinen Jahrhunderten über uns Jäger gelernt? Wir sind nie allein."
Verwirrt drehte sich der Vampir um, wo er auch schon meinen Bruder entdeckte. Dieser hatte, nachdem alle Menschen raus waren, die Tür abgesperrt und somit den Ausgang verriegelt. Und wenn man meine letzte Mission ausklammerte, waren wir in der Tat niemals allein und Alex sah die beiden Vampire, der andere hatte sich inzwischen aus dem Gerümpel der zerstörten Bar befreit, voller Vorfreude an, als er auch schon seinen altbekannten Schlachtruf aussprach.
,,Zurück in die Hölle, Blutsauger!"
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