Nur in meiner Fantasie
Hey, meine Lieben :) Ich wünsche euch allen viel Spaß beim neuen Kapitel und einen guten Start in die neue Woche. Bleibt gesund und genießt die Sonne. Es sei denn, ihr seid Vampire, dann besser im Schatten verborgen bleiben ;)
Liebe Grüße,
eure Hela
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Nur in meiner Fantasie
Dunkelheit umgab mich, als ich vergeblich versuchte, meine Umgebung zu identifizieren und kaum die eigene Hand vor Augen sehen konnte. Anspannung durchflutete meinen Körper – aus Ungewissheit darüber, wo ich mich befand und was als Nächstes geschehen würde.
Ich war allein. Niemand war hier, der mich vor einem möglichen Abgrund bewahren könnte, welcher sich jederzeit vor mir auftun könnte. Mein Herz raste, mein Instinkt riet mir zu fliehen und ich wusste nicht einmal wovor. Instinktiv drehte ich mich um, als ich auf einmal Alex vor mir sah, der mich vorwurfsvoll anblickte und zornig seine Stimme gegen mich richtete.
,,Erkenne dein Schicksal, Alena!"
Vor Schreck taumelte ich zurück und spürte nur noch, wie ich fiel. Endlose Tiefe, in die ich hinabstürzte und vor der es keinen Halt mehr gab. Nichts und niemand würde mich retten, denn es gab niemanden und wenn der Aufprall erstmal kam, gab es keine Rettung mehr für mich.
Dann fing mich etwas ab. Doch nicht hart und rabiat, wie ich es vom Boden der Tatsachen erwartet hatte, sondern leicht und fast schon schwerelos. Aus Schreck hatte ich kurz die Augen geschlossen, öffnete sie nun aber wieder, als ein helles Licht in der Dunkelheit erschien und mich einhüllte.
Zuerst konnten meine Augen kein klares Bild erkennen, doch dann formten sich die vertrauten Umrisse eines bekannten Gesichts vor mir und ich erkannte schließlich, wer mich da vor dem Fall bewahrt und buchstäblich aufgefangen hatte.
,,Carlisle." Seinen Namen auszusprechen ließ mein Herz wieder schneller schlagen und er sah mir in die Augen, als seine Stimme, sanft wie ein Glockenklang, zu mir durchdrang.
,,Es wird alles gut."
In der Tat wurde es das, denn ich konnte es fühlen. Solange ich bei ihm war, würde mir nichts zustoßen und erst jetzt erkannte ich, dass Carlisle auf einmal Flügel zu haben schien. Wie ein Engel hatte er mich vor meiner Verdammnis gerettet und er war noch schöner als in der Realität. Oder war das hier die Realität? Ich wusste es nicht genau, doch es kümmerte mich auch nicht. Von mir aus könnte es ewig anhalten, wenn das nur bedeutete, dass ich bei ihm sein konnte.
Dann erkannte ich jedoch, dass sich hinter Carlisle ein Schatten aufbaute. Er wurde immer größer und drohte, uns beide zu verschlingen. Doch Carlisle schenkte dem keine Beachtung und sah nun lediglich mit reumütigem Blick zu mir herab, während er mich noch immer in den Armen hielt. Sein Gesichtsausdruck wirkte fast schon gequält, als wüsste er genau, dass er dem Schatten hinter sich niemals entfliehen konnte und seine Worte trafen mich direkt ins Herz.
,,Es tut mir leid."
Schlagartig öffnete ich die Augen und setzte mich auf, als die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen und ich verwirrt blinzelte. Offenbar hatte sich der Regen heute verzogen und der Sonne somit die Möglichkeit gegeben, mal aus ihrem Versteck zu kommen. Doch das war es nicht, was meinen ganzen Körper in ein emotionales Chaos stürzte.
Mein gestriger Vorsatz, mir Carlisle Cullen endlich aus dem Kopf zu schlagen, hatte ungefähr genauso gut funktioniert, wie der Neuanfang mit meinem Bruder hier in Forks – nämlich überhaupt nicht. Der Traum war die Bestätigung dafür und noch immer fragte ich mich, was er zu bedeuten hatte.
Carlisle als Engel war keine große Überraschung, denn manche Menschen bezeichneten Ärzte ja gerne als „Engel in Weiß", was meiner Meinung nach ein wenig absurd rüberkam, da Ärzte keineswegs wirklich Wunder vollbringen konnten. Aber die Güte und Freundlichkeit, welche Carlisle besaß und die atemberaubende Schönheit, ließen ihn in der Tat wie einen Engel in Erscheinung treten, der einem mit seinem bloßen Anblick den Atem rauben konnten.
Eher weniger verstand ich diesen düsteren Schatten, der Carlisle in meinem Traum offenbar verfolgt hatte. Sollte mir das etwa sagen, dass er Geheimnisse hatte? Das wäre nun wirklich nicht verwunderlich, denn laut meiner Erfahrung, hatte jeder Mensch mindestens ein Geheimnis, das er niemandem preisgab. Aber welches Geheimnis könnte Carlisle Cullen verbergen? Und warum hatte er im Traum gesagt, dass es ihm leid tat?
Ich versuchte mir nicht allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen, als ich aufstand und mich nach dem Duschen umzog. Nur verfolgte mich mein Traum in jeder einzelnen Sekunde, was es mir erheblich schwerer machte, überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können. Da half es mir auch nicht weiter, dass es Elysia inzwischen wohl sehr viel besser ging, als sie mich unten mit einem gedeckten Frühstückstisch und bester Laune in Empfang nahm.
,,Ah, guten Morgen. Hast du gut geschlafen?", raunte sie mir vergnügt zu und ich ließ ihr die Illusion, während ich mich auf einen Stuhl setzte.
,,Wie ein Stein."
Was sollte ich ihr auch sonst sagen? Dass ich verrückte Fantasieträume über ihren Arzt hatte, der mich einfach nicht mehr loslassen wollte? Entweder würde sie mich für verrückt erklären oder gnadenlos damit aufziehen und beide Optionen fand ich nicht sonderlich ansprechend. Zumal ihre gestrige Anspielung mir schon reichte und ich deshalb gut auf eine Fortsetzung verzichten konnte.
Allerdings schlugen mir meine verwirrten Gefühle und chaotischen Gedanken mächtig auf den Magen, weshalb ich das Frühstück nur mäßig genießen konnte. Dass Elysia mich dabei aufmerksam beobachtete, machte die Sache nicht gerade einfacher und da ich mich die ganze Zeit über in Schweigen hüllte, verlor sie irgendwann die Geduld und versuchte, sich einen Reim auf mein sonderbares Verhalten zu machen.
,,Was ist denn los, Alena? Du bist heute so komisch und ich werde das Gefühl nicht los, dass dir was zu schaffen macht. Wenn du mit mir redest, kann ich dir vielleicht helfen.", schlug sie vor und ich fühlte mich dadurch nur noch mieser.
Elysia war immer so gut zu mir und ich dankte es ihr, indem ich immer mehr Geheimnisse anhäufte. Aber wie sollte ich ihr das alles denn erklären? Dass ich mich auf sonderbare Weise zu Carlisle hingezogen fühlte, den ich kaum kannte und nicht einmal wusste, warum er so einen starken Einfluss auf mich hatte? Es klang ja schon fragwürdig, wenn ich mir das selbst eingestand und was würde meine Tante erst von mir denken?
,,Ist es wegen Carlisle?", sagte sie auf einmal, was mich zusammenzucken und erschreckt aufsehen ließ.
Hätte ich einen Bissen Brötchen in dem Moment zu mir genommen, wäre es mir sicherlich im Hals stecken geblieben und ich musste so entsetzt aussehen, dass es Elysia als Antwort genügte. Denn sie nickte vielsagend und nahm dann einen kleinen Schluck von ihrem Tee.
,,Das hab ich mir gedacht. Du hast gestern schon so aufgewühlt ausgesehen und ich hatte fast schon den Eindruck, zwischen euch beiden wäre etwas vorgefallen. Verrätst du mir, was passiert ist?", fragte sie und schließlich gab ich mir einen Ruck, um mein Schweigen zu brechen.
,,Es ist nicht wirklich was passiert, das ist es ja gerade. Seit ich ihm begegnet bin, bringt er mich irgendwie vollkommen aus dem Konzept und ich verstehe gar nicht warum. Ich kenne Carlisle überhaupt nicht und steige trotzdem einfach zu ihm ins Auto, um mich nach Hause bringen zu lassen. Sowas habe ich noch nie getan."
Es machte fast den Anschein, als würde ich durch Carlisle anfangen, all meine Prinzipien über den Haufen zu werfen und mein ganzes Leben zu hinterfragen. Das verunsicherte mich mehr als ohnehin schon und ich hatte keine Ahnung, wie ich mit der ganzen Situation umgehen sollte.
Elysia, die mir aufmerksam zugehört hatte, sah nun ziemlich nachdenklich aus und in dem Moment wünschte ich mir, ich könnte Gedanken lesen, um zu wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Aber zum Glück spannte sie mich nicht allzu lange auf die Folter und schilderte mir ihre Meinung.
,,Hm, du scheinst ihn jedenfalls sehr zu mögen und er dich auch. Vielleicht solltest du der ganzen Sache einfach eine Chance geben und abwarten was passiert. Manchmal muss man den Dingen einfach ihren Lauf lassen, Alena. Sie kommen dann von ganz allein."
,,Ich kann mich doch nicht einfach Hals über Kopf in so ein...Abenteuer stürzen.", entgegnete ich, woraufhin Elysia herausfordernd eine Augenbraue hob.
,,Und warum nicht?"
,,Na, weil..."
Nun schoss ich mir ein Eigentor, denn mir fiel kein treffendes Argument ein, mit dem ich ihren Vorschlag außer Kraft setzen konnte. Das ließ meine Tante nur triumphierend grinsen und sie tätschelte mir die Schulter.
,,Siehst du. Es gibt keinen Grund, weshalb du es nicht wagen solltest. Und wenn du mich fragst, war es doch nur eine Frage der Zeit."
Ich verschluckte mich an meinem Tee, als ich sie erschüttert ansah. ,,Was soll das denn heißen?"
,,Alena, ich habe Augen im Kopf und war durchaus anwesend, als du am Tag meines Zusammenbruchs ins Krankenhaus gekommen bist. Ich habe sofort bemerkt, dass eine gewisse Anziehung zwischen euch beiden herrscht und falls es dir weiterhilft, lasse ich mich gerne für ein paar Tage einweisen. Auch wenn das bedeutet, dass ich die unangenehme Atmosphäre vom Krankenhaus ertragen muss."
,,Du bist ja verrückt!", warf ich ihr vor, doch Elysia grinste nur noch breiter.
,,Ach, bin ich das? Meine Sinne sind noch alle wunderbar intakt und keineswegs vernebelt, weil mir ein charmanter attraktiver Arzt nicht aus dem Kopf geht. Na, bin ich nah dran?"
Zu ihrem Glück waren sämtliche Kissen für mich außer Reichweite, sonst hätte ich sicher eins nach Elysia geworfen. Stattdessen schmollte ich und hüllte mich wieder in Schweigen, was meine Tante jedoch lachen ließ. Sie hatte eine unglaublich gute Menschenkenntnis oder aber meine chaotische Gefühlslage war mir einfach von der Nasenspitze ablesbar.
Doch dann kam mir der Gedanke, dass die ungeheuer ausgeprägte Beobachtungsgabe von Elysia mir doch noch zum Vorteil werden könnte. Deshalb zögerte ich kurz, als Elysia ihren Teller in die Spüle stellte, ehe ich sie erwartungsvoll ansah.
,,Elysia, glaubst du, dass Carlisle irgendein Geheimnis hat?"
Sie drehte sich verdutzt um. ,,Wie kommst du denn jetzt darauf?"
,,Wenn ich dir das sage, hältst du mich für irre.", gab ich zurück, doch sie verschränkte nur die Arme vor der Brust.
,,Versuch es einfach, Alena."
Ich musterte sie kurz, doch dann befolgte ich ihren Rat. ,,Also, gut. Ich hatte letzte Nacht einen ziemlich skurrilen Traum. Darin ist Carlisle aufgetaucht und er sah aus wie ein...Engel. Allerdings wurde er verfolgt von einer Art Schatten. Hast du eine Ahnung, was das bedeuten könnte?"
Zwar wusste ich nicht, weshalb ich mir so sehr erhoffte, dass Elysia eine Erklärung dafür hatte, aber ich tat es. Womöglich, weil ich selbst mir keinen Reim darauf machen konnte und verzweifelt nach einer Begründung für all die Ereignisse suchte, die sich seit meiner ersten Begegnung mit Carlisle abgespielt hatten. Elysia sah mich ausdruckslos an, was es mir unmöglich machte, irgendeine Reaktion von ihr zu erkennen und schließlich zuckte sie mit den Schultern.
,,Ich weiß es nicht, Alena. Träume können uns viele Dinge zeigen und noch mehr Bedeutungen haben. Vielleicht bezieht sich dieser Schatten auf Carlisle, vielleicht aber auch auf dich oder deine Vergangenheit. Du hattest es durch den Tod deiner Eltern immerhin nicht leicht und wer weiß, womöglich erschien dir Carlisle als ein Engel, der dir aus diesem Schatten helfen soll. Aber ganz genau kann man so etwas niemals sagen. Ich bin schließlich keine Traumdeuterin."
Sie wandte sich wieder dem Geschirr zu, während ich sprachlos da saß und über das nachdachte, was Elysia mir eben gesagt hatte. An so etwas hatte ich gar nicht gedacht und es erschien mir plötzlich ziemlich logisch. Die Schatten meiner Vergangenheit folgten mir durchaus und wenn meine Tante recht hatte, könnte Carlisle sie vertreiben, wenn ich ihm nur die Möglichkeit dazu gab. Oder aber, all das entsprang lediglich meiner Fantasie, die seit meiner Ankunft hier restlos überfordert war.
Warum zerbrach ich mir eigentlich so sehr den Kopf darüber? Ich mochte Carlisle, ja, und ganz offenbar schien er auch etwas für mich übrig zu haben, sonst hätte er mich gestern kaum nach Hause gefahren. Oder es war einfach Teil seiner Persönlichkeit, jedem anderen Menschen gegenüber hilfsbereit zu sein. Niemand konnte sagen, ob er irgendwelche Gefühle für mich hegte und genau das machte mich geradezu wahnsinnig.
Mich hatte niemals gekümmert, was andere über mich dachten oder was ich für Reaktionen in ihnen auslöste, doch bei Carlisle Cullen sah das ganz anders aus. Ich wüsste wirklich zu gerne, was er von mir hielt. Ob er sich wirklich über unser spontanes Wiedersehen gefreut hatte oder einfach nur höflich gewesen war. Konnte meine Tante wirklich recht haben oder spielte sich alles um mich herum lediglich in meiner Fantasie ab?
Ich erhob mich vom Tisch und wollte Elysia noch beim Abwasch helfen, doch sie winkte nur ab und ich wusste, dass sie etwas tun wollte, um wieder auf die Beine zu kommen. Ohne Widerrede ließ ich sie gewähren und war eigentlich froh darüber, dass ich mich somit zurückziehen konnte. Schnell verschwand ich nach oben in mein Zimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch, wo ich meine Ellenbogen drauf abstützte und mir mit den Händen durch die offenen Haare fuhr.
Langsam aber sicher drohte ich wirklich den Verstand zu verlieren. Wieder kamen mir nun die Worte von Carlisle in den Sinn, die er in meinem kuriosen Traum an mich gerichtet hatte. Zuerst hatte er mir versichert, dass alles gut werden würde und zum Schluss entschuldigte er sich bei mir. Doch wofür?
Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und das erinnerte mich an die Situation gestern im Auto, als Carlisle davon gesprochen hatte, weshalb er Arzt geworden war. Es war, als ob er irgendwas bedauerte oder ihm etwas schwer auf der Seele liegen würde. Und das war mindestens genauso mysteriös, wie seine Erscheinung in meinem Traum.
Was sollte ich jetzt tun? Der ganzen Sache auf den Grund gehen und den Dingen,wie Elysia es vorhin gesagt hatte, einfach den Lauf lassen? Oder mich zurückziehen und alles einfach vergessen?
Es war wohl das, was die meisten Menschen als Qual der Wahl bezeichnen würden und ich wusste nicht, ob ich lieber auf mein Herz oder meinen Verstand hören sollte. Und vermutlich würde ich ohnehin alle Vorsätze über den Haufen werfen, sollte ich Carlisle Cullen nochmal über den Weg laufen. Deshalb sollte ich wohl besser Distanz wahren. Zumindest solange, bis ich mir im Klaren darüber war, wie es weitergehen sollte.
Daher kam es mir irgendwie auch wie ein Wink des Schicksals, dass meine Gedanken zu dem Anschlag auf die Menschen zurückkehrten und ich meine Konzentration deshalb wieder auf die Vampire lenkte. Ich musste zuerst einmal herausfinden, wie viele es waren und wo sie sich aufhielten. Wenn ich das in Erfahrung gebracht hatte, konnte ich mir Gedanken darüber machen, wie ich ihnen den Gar ausmachte. Wieder etwas, das mir Gewissensbisse bescherte, weil ich mich innerlich dagegen sträubte, einer anderen Kreatur Leid zufügen zu müssen. Nur leider hatte mich das Schicksal dazu auserkoren, Jagd auf Vampire zu machen und die mussten ja unbedingt ein paar Menschen den Kopf abreißen.
Verdammt. Warum musste es so kommen? Ich hatte wirklich Hoffnung darauf gehabt, dass mein Neuanfang in Forks mich von meiner Vergangenheit befreien würde. Nur holte die mich jetzt wieder ein und ließ mir im Grunde keine andere Wahl, als wieder die Jagd anzutreten. Und da Alex zurzeit nicht abkömmlich war, konnte ich wohl nur hoffen, dass ich die Sache auch alleine stemmen konnte. Zumindest, wenn es mehr als ein Vampir war, denn dann würde es den Schwierigkeitsgrad erhöhen.
Meine Fantasien bezüglich Carlisle Cullen würden also warten müssen, bis ich dieses Problem aus der Welt geschafft hatte. Und wer wusste schon, was die Zukunft bringen würde. Wie Elysia gesagt hatte: die Dinge kamen schon ganz von allein.
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