Beim ersten Morgengrauen
So, meine Lieben :) Heute kommen wir zum Finale des ersten Teils meiner Twilight-Fanfiction. Aber keine Sorge, die Fortsetzung steht schon in den Startlöchern und geht am 28. Oktober (Montag) an den Start. Heute gibt es noch ein Kapitel und anschließend den Epilog, der den Abschluss von Teil 1 und Auftakt für Teil 2 gibt. Ich bedanke mich für eure Reviews, Empfehlungen und würde mich freuen, wenn wir uns dann in „Sundown – Schatten im Abendrot" wiedersehen würden.
Liebe Grüße,
eure Hela
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Beim ersten Morgengrauen
Als ich das Haus von den Cullens erreichte, hatte ich mich immerhin soweit im Griff, dass ich halbwegs überzeugt davon war, das Nötige durchziehen zu können. Meine Tränen waren mittlerweile getrocknet, die neuen aufkeimenden hielt ich mit aller Macht zurück. Wenn ich jetzt nicht alle Entschlossenheit übermitteln würde, könnte es Carlisle sofort erkennen lassen, dass etwas Drastisches vorgefallen war und ich konnte noch immer kaum glauben, dass mein Bruder mich zu dieser Tat zwang.
Sein Ultimatum nahm mir alles. Mein Zuhause, meine Familie, mein Leben und nicht zuletzt meine große Liebe. Nie hatte ich das Schicksal mehr dafür verflucht, dass es mich zu einer Jägerin auserkoren hatte und mehr denn je wünschte ich mir insgeheim, ein normaler Mensch sein zu können. Vielleicht wäre ich Carlisle ja dennoch begegnet. Zwar unter anderen Umständen, aber dann hätten wir wenigstens eine gemeinsame Zukunft haben können. So mussten sich unsere Wege heute für immer trennen und ich war mir jetzt schon sicher, dass ich an diesem entsetzlichen Schicksalsschlag früher oder später zerbrechen würde.
Aber mir blieb keine Wahl. Das Leben von Carlisle und seiner Familie stand auf dem Spiel, weshalb ich meinen Entschluss durchziehen und Forks verlassen musste. Alex bluffte nicht, so viel war mal sicher und er würde sofort Henry informieren, wenn ich mich nicht an unsere Abmachung hielt. Eine Abmachung, die sogar schlimmer als der Tod selbst war.
Ich parkte den Wagen, stieg aus und näherte mich mit zögerlichen Schritten langsam dem Haus. Mein ganzer Körper stand unter Anspannung, jede Faser schrie mich an, dass ich sofort umkehren sollte und vor allem mein Herz protestierte. Flehte mich geradezu an, dass ich es nicht von seinem Gegenstück trennte, doch sah ich keinen anderen Ausweg.
Noch bevor ich die Tür erreichte, wurde sie schon geöffnet und Carlisle stand vor mir. Unter anderen Umständen hätte ich mich sofort in seine Arme geworfen und ihn darum gebeten, mich nie wieder loszulassen, aber ich musste jetzt stark sein und die Haltung der Jägerin bewahren. Nur so würde ich es schaffen, das Unvermeidliche zu tun und unsere beiden Leben binnen weniger Minuten zu zerstören.
In seinen gold-braunen Augen erkannte ich Erleichterung darüber, dass ich gekommen war und ich versuchte, mir unauffällig jedes einzelne Detail von Carlisle so deutlich wie möglich einzuprägen. So konnte ich ihn mir wenigstens immer wieder ins Gedächtnis rufen, wenn ich ihn schon nie wiedersehen durfte.
,,Alena! Du hast nicht auf meine Nachricht geantwortet, deshalb habe ich mir Sorgen gemacht.", begann er und ich rang mich zu einer möglichst neutralen Stimmlage durch, um so wenig Emotionen wie möglich nach außen hin durchsickern zu lassen.
,,Tut mir leid, aber...das Gespräch mit meinem Bruder hat ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen."
Er schien nach einem Hinweis zu suchen, der ihm das Ergebnis offenbarte. ,,Was hat Alex gesagt?"
Ich nahm einen tiefen Atemzug, ehe ich antwortete. ,,Er war ziemlich sauer, weil ich ihm die Wahrheit verschwiegen habe. Wir konnten es...soweit klären."
Das war maßlos untertrieben, zumal wir überhaupt nichts geklärt hatten. Doch ich konnte Carlisle unmöglich die Wahrheit sagen, weshalb ich mich dazu entschloss, die schwerste Entscheidung meines Lebens so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Denn mit jeder weiteren Sekunde könnte sonst alles in mir zerbrechen und ich durfte auf gar keinen Fall vor Carlisle einknicken. Sonst wäre unser beider Schicksal unwiderruflich besiegelt.
Ich atmete nochmal tief durch, ehe ich mich wieder an Carlisle wandte. ,,Ich muss mit dir reden. Können wir irgendwo hingehen, wo wir keine Zuhörer haben?"
,,Die anderen sind gar nicht da. Sie wollen sichergehen, dass Victoria Forks auch wirklich verlassen hat und anschließend noch auf die Jagd. Der Kampf gegen James hat uns alle etwas geschlaucht.", gestand er, weshalb ich mich nach unserem kleinen Sorgenkind erkundigte.
,,Wie geht's Bella?"
,,Den Umständen entsprechend gut. Edward ist bei ihr."
,,Gut."
Wenigstens eine Sorge weniger. Ich war zuversichtlich, dass Bella und Edward diesen kleinen Zwischenfall meistern würden, zumal ich bereits jetzt schon ahnte, dass Bella ihre Entscheidung getroffen hatte. Sie würde eines Tages ein Vampir werden, davon war ich überzeugt und ich hoffte, dass Edward und sie glücklich sein würden...bis in alle Ewigkeit.
Carlisle sah nun ein wenig besorgt aus, da ihm meine distanzierte Haltung keineswegs entgehen konnte. ,,Alena, ist alles in Ordnung? Du bist ziemlich...angespannt.", stellte er fest und ich warf das glaubwürdigste Argument ein, das ich aufbringen konnte.
,,Alex und ich müssen Forks verlassen."
,,Warum?", fragte Carlisle, der sichtlich überrascht war und ich sah leicht betreten zu Boden.
,,Der Rat will, dass wir einige Missionen erledigen und das können wir nicht von hier aus. Deshalb beordert man uns wieder nach Schottland."
Bei dem bloßen Gedanken daran drehte sich mir der Magen um. Als ob ich je wieder einen Fuß in dieses Land setzen würde. Selbst als Urlaubsziel würde es auf ewig von meiner Liste weichen, aber ich kannte keinen besseren Grund, der die Abreise von Alex und mir stützen könnte. Carlisle, der mich aufmerksam mit seinen Augen studierte, musste zweifellos nach einer Erklärung für meinen plötzlichen Sinneswandel suchen, doch schien eine Frage für ihn höhere Priorität zu haben.
,,Wann kommt ihr zurück?"
Ich schluckte. ,,Gar nicht."
,,Ich dachte, du wolltest nicht mehr in das Leben als Jägerin zurück.", erwiderte er und nun kam der schwerste Teil, weil ich mich selbst verleugnen musste und das auch noch mit aller Überzeugung, die ich aufbringen konnte.
,,Durch die ganze Sache mit James habe ich erkannt, dass ich nicht länger vor meinem Schicksal davonlaufen kann. Ich wurde als Jägerin geboren und dieses Leben muss ich führen. Das ist meine Bestimmung."
Carlisle zögerte, seine nächsten Worte auszusprechen. ,,Und was...bedeutet das für uns?"
Es war der Teil, vor dem ich mich am meisten fürchtete, da ich mir nicht sicher war, ob ich stark genug sein würde, ihn durchziehen zu können. Doch blieb mir gar nichts anderes übrig, was mich alle Energie kostete und ich wusste, dass ich Carlisle in die Augen sehen musste, um den nächsten Schritt unanfechtbar zu realisieren. Und es brach mir nichts mehr das Herz als die Tatsache, Carlisle direkt ins Gesicht lügen zu müssen.
Jedes einzelne meiner eigenen Worte zerfetzte mein Herz ein Stück mehr. ,,Es gibt kein uns. Carlisle, du bist ein guter Mann und ich garantiere dir, dass sich an unserem Waffenstillstand nichts ändern wird, aber ich kann nicht länger einer Illusion nachjagen. Es tut mir leid, aber ich habe dir und auch mir selber etwas vorgemacht. Ein Vampir und eine Jägerin...können nicht zusammen sein. Und ich...empfinde nicht das Gleiche für dich. Ich dachte, das würde ich, aber..."
Es war eine Lüge. Eine grausame Lüge, die uns beiden alles nahm, was zwischen uns entstanden war. Wie gerne würde ich ihm sagen, dass ich ihn mehr liebte als alles andere, doch das durfte ich nicht. Es würde ihn daran hindern mich gehen zu lassen und genau das musste er tun. Nur auf diese Weise konnte ich ihn beschützen. Ihn und seine Familie.
Carlisle zeigte für den Bruchteil eines Augenblicks, der sich für mich wie eine quälende Ewigkeit anfühlte, keine Reaktion, aber ich konnte ihm dennoch ansehen, dass meine Worte ihn zutiefst erschütterten. Sein Anblick verletzte mich zutiefst, weil es meine Schuld war, dass er sich so fühlte und ich wusste, dass ich dafür auf ewig in der Hölle schmoren würde. Eine loyale Seele wie Carlisle so derart zu hintergehen, das war ein Schwerverbrechen und ich verdiente es, dabei Höllenqualen zu leiden.
,,Alena...", setzte Carlisle schließlich an, doch ich hielt ihn davon ab weiterzusprechen, weil er sonst womöglich genau die Worte finden könnte, die mich umstimmen würden.
,,Bitte, mach es mir nicht noch schwerer als es ohnehin schon ist. Ich hätte das alles gar nicht erst zulassen dürfen und wir könnten ohnehin keine Zukunft haben. Du solltest mich am besten vergessen, Carlisle."
Er schüttelte kaum merklich den Kopf, wirkte zutiefst entsetzt über diesen vollkommen absurden Ratschlag. ,,Das kann ich nicht. Niemals."
,,Du musst.", betonte ich, wobei ich Mühe hatte, meine entschlossene Fassade aufrecht zu erhalten. ,,Denn das ist der einzige Weg, wie wir das hinter uns lassen können. Und bitte, versuche nicht mich zu finden oder mir zu folgen. Ich werde kein Wort über dich und deine Familie hier verlieren, genauso wenig wie mein Bruder. Das verspreche ich. Ihr seid also sicher und habt vom Rat der Jäger nichts zu befürchten, sodass ihr euer Leben weiterführen könnt. Lebt einfach so, als hätte es mich nie gegeben."
Nie war mir etwas im Leben so schwer gefallen, als diese Lüge zu verwirklichen. Kein Kampf war so grausam gewesen, nichts zuvor hatte mir solche Schmerzen zugefügt, wie dieses Ultimatum und diese zwanghafte Entscheidung. Noch mehr Kraft kostete es mich, dabei Haltung zu bewahren und nicht zusammenzubrechen. Wobei ich ziemlich nah dran war und auch Carlisle, der sichtbar am Rande der Verzweiflung stand und unverkennbar nach dem Grund für meine Entscheidung suchte, hatte mit der Situation zu kämpfen, die uns für immer voneinander trennen würde.
,,Warum sagst du das?", brachte er hervor und kam ein wenig auf mich zu, woraufhin ich zurückwich. ,,Alena, ich weiß, dass ich mir das alles nicht eingebildet habe und ich möchte dir helfen, ganz egal was es auch ist."
Natürlich wollte er mir helfen, denn so war er einfach. Hilfsbereit, gütig und unglaublich selbstlos. Sein einzigartiger Charakter war das, was ich am meisten an ihm liebte, aber ich musste ihn von mir stoßen und endgültig zurückweisen. Etwas anderes blieb mir gar nicht übrig, da ich in meinem Kopf bereits vor mir sah, wie Alex mit einer Horde Jäger hier aufkreuzte und Carlisle samt seiner ganzen Familie in Flammen aufgehen ließ. Eine Vorstellung, die schlimmer war als jeder Albtraum.
,,Das musst du nicht, denn das hier ist meine Entscheidung.", sagte ich so glaubhaft wie möglich, während ich die aufkeimende Trauer mit aller Gewalt unterdrückte.
So fand die Geschichte von Carlisle und mir also ihr Ende. Eine dramatische Tragödie, die beim ersten Morgengrauen endgültig zerbrach und uns beide zu ewigem Leid verdammte, das niemals enden würde.
Carlisle wich meinem Blick betroffen aus und ich hörte, wie seine Stimme förmlich brach. ,,Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als sie zu akzeptieren."
,,Es tut mir wirklich leid. Ich hoffe, du kannst mir eines Tages verzeihen und ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft. Du und deine Familie verdient es, in Frieden leben zu dürfen.", gab ich ihm noch mit auf dem Weg, als er ein letztes Mal in meine Augen blickte und damit noch im letzten Augenblick drohte, meine Entscheidung ins Wanken zu bringen.
,,Alena, ich...", wagte er noch einen Versuch, doch unsere gemeinsame Zeit war endgültig verstrichen.
,,Leb wohl, Carlisle."
Und dann, schweren Herzens, wandte ich mich von Carlisle ab und trat den Rückzug an, indem ich zu meinem Wagen lief, doch nie im Leben war mir etwas so schwer gefallen. Meine eigenen Worte hatten mir das Herz gebrochen und der Abschied von Carlisle war so schwer, dass ich kaum atmen konnte. Ich spürte, dass er noch immer da stand und mir traurig voller Verzweiflung nachsah, aber ich durfte mich nicht zu ihm umdrehen. Sonst würde er die Lüge durchschauen und ich wäre nicht im Stande, auch nur einen weiteren Schritt zu gehen.
Ich stieg ins Auto, startete den Motor und fuhr vom Grundstück, ehe ich die Strecke zurückfuhr und erst, als ich mir absolut sicher war, dass ich außer Hörweite für Carlisle war, ließ ich meine Trauer zu und brach in Tränen aus, die einen ganzen Ozean füllen könnten. Der Schmerz traf mich mit solch einer geballten Wucht, dass ich das Gefühl hatte, sterben zu müssen und dennoch zwang ich mich zur Selbstkontrolle, obwohl ich genauso gut auch gegen einen Baum hätte fahren können. Es wäre ein erträglicheres Schicksal gewesen zu sterben, als mit dem Schmerz dieser Entscheidung leben zu müssen.
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Unendliche Verzweiflung durchflutete mich, als ich zum Haus meiner Tante zurückkehrte und mein Herz fühlte sich an, als hätte man es mir bei lebendigem Leib herausgerissen. Noch immer hatte ich den traurigen Blick von Carlisle vor Augen, als ich ihm eröffnet hatte, Forks verlassen zu müssen und nichts für ihn zu empfinden.
Es war eine Lüge. Eine Lüge, die mich alle Kraft gekostet hatte sie überzeugend auszusprechen und jede einzelne Sekunde davon hatte ich bereut. Doch war dies die einzige Möglichkeit gewesen, um das Leben von Carlisle und seiner Familie zu schützen, weshalb vollkommen egal war, wie elend ich mich deswegen fühlte. Einzig und allein ihre Sicherheit zählte, wofür ich jedes Opfer auf mich nehmen würde.
Ich schloss zitternd die Haustür auf, wobei ich Mühe hatte, nicht wieder in Tränen auszubrechen und rang deutlich um Fassung, als ich das Haus betrat und von oben die Stimmen meiner Tante und Alex vernahm. Elysia klang mächtig aufgebracht und versuchte wohl, meinen Bruder irgendwie umzustimmen. Nur würde sie damit keinen Erfolg haben, denn Alex war sturer als ein Maulesel und würde seine Meinung niemals ändern.
Deshalb beschloss ich, den Streit der beiden einfach zu ignorieren und stattdessen meine Sachen zu packen. Mir fehlte jede Energie für eine weitere Auseinandersetzung und alles in mir fühlte sich taub an, seit ich Carlisle den Rücken gekehrt und ihn zurückgelassen hatte. Es war mir auch egal, ob Elysia oder Alex meine Anwesenheit bemerkten, ich wollte einfach nur allein sein und den Schmerz meines gebrochenen Herzens ertragen müssen.
,,Wie kannst du es wagen, so mit ihr umzugehen? Bedeuten dir ihre Gefühle denn gar nichts?", fauchte Elysia regelrecht, als ich den oberen Treppenabsatz erreichte und Alex klang mächtig gereizt.
,,Doch und genau deshalb tue ich das. Ich will nur das Beste für Alena und dieser Vampir ist es definitiv nicht. Er könnte sie niemals glücklich machen."
,,Das weißt du doch überhaupt nicht, denn du kennst ihn nicht. Ein Jäger zu sein bedeutet nicht nur zu töten, sondern auch Gnade walten zu lassen.", zischte unsere Tante energisch, was den Geduldsfaden von Alex endgültig reißen ließ.
,,Was weißt du denn schon davon? Gar nichts! Wenn du unbedingt eine Freundschaft zu diesen Blutsaugern pflegen willst, bitte! Tu dir keinen Zwang an! Aber Alena und mich...wirst du nie wiedersehen!"
Ich konnte mir ihren Streit nicht länger anhören, weshalb ich in mein Zimmer ging und mich daran machte, irgendwie meine Sachen zusammenzusuchen. Das war durch den dichten Tränenschleier gar nicht so einfach, da ich meine Tränen nicht länger zurückhalten konnte und sie mir unaufhaltsam über die Wangen liefen. Meine Schultern bebten, mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich hatte das Gefühl, kaum noch atmen zu können. Ich stand kurz vor einem endgültigen Zusammenbruch, musste mich aber zusammenreißen und machte mir schreckliche Vorwürfe.
Das alles war nur meine Schuld. Ich hatte darauf bestanden einen Neuanfang zu wagen, mich mutwillig auf einen Vampir eingelassen und dadurch das Leben von Carlisle und auch mein eigenes zerstört. Hatte ihn tief verletzt, ihm direkt ins Gesicht gelogen und das würde mich verfolgen...mein Leben lang. Ich war seiner Liebe nicht würdig und verdiente es nicht, dass er mir gegenüber stets so selbstlos, gütig und mitfühlend gewesen war. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich nie nach Forks gekommen wäre. Für ihn wäre es definitiv besser gewesen, da ich nichts als Unglück über ihn gebracht hatte.
Als ich meine Zeichenblöcke und Stifte auf dem Schreibtisch zusammenpackte, fiel mein Blick zufällig auf die Zeichnung, die ich von Carlisle angefertigt hatte. Ich nahm sie in meine Hände, die immer noch zitterten und beim Anblick seines Gesichts, hätte man mir genauso gut einen Pflock direkt durchs Herz jagen können.
Alles in mir brach zusammen und ich wäre sicher zu Boden gegangen, wäre nicht Elysia in diesem Augenblick zu mir gekommen und hätte ihre Arme um mich gelegt, um mir Halt zu geben. Ich klammerte mich förmlich an sie und wurde von meinem inneren Schmerz geradezu überwältigt, der sich tief in mich bohrte. Sie sagte nichts, sondern hielt mich nur fest und verhinderte dadurch, dass ich an Ort und Stelle zusammenbrach, während ich meine Trauer zuließ und mich so hilflos fühlte, wie niemals zuvor in meinem ganzen Leben.
Über ihre Schulter hinweg sah ich durch die offene Zimmertür zu meinem Bruder, der auf dem Flur stand und kurz zu uns blickte. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, Mitgefühl in seinen Augen zu erkennen, doch dann verschwand es wieder und er ging nach unten, um seine Tasche ins Auto zu bringen. Alex würde keine Zeit verlieren, sondern Forks heute noch verlassen und ich hatte keine andere Wahl als ihn zu begleiten.
Elysia löste langsam die Umarmung und betrachtete mich mit großer Sorge. ,,Was kann ich tun, Alena?", fragte sie und ich versuchte irgendwie meine Fassung wiederzufinden.
,,Pass auf die Cullens auf, ja? Und bitte...sag Carlisle...dass es...dass es mir leid tut."
Meine Stimme brach beim letzten Teil des Satzes endgültig und ich verwahrte schnell die Zeichnung mit den Utensilien zusammen in der silbernen Schatulle, die meine Mutter mir einst geschenkt hatte, ehe ich sie in meine Tasche steckte. Die anderen Sachen waren schnell eingepackt und Elysia war die ganze Zeit bei mir, ohne ein weiteres Wort zu verlieren und das musste sie auch nicht.
Ich wusste, dass sie Carlisle meine Botschaft übermitteln würde und ich konnte mich darauf verlassen, dass sie kein Wort über die wahren Gründe verlor, weshalb ich Forks verlassen musste. Aber je eher ich es hinter mich brachte, desto geringer war die Gefahr, dass ich es mir doch noch anders überlegte und dadurch ein verheerendes Schicksal über die Cullens verhängte.
Es würde auch die anderen treffen, dass ich fortging. Carlisle würde dies gewiss nicht vor ihnen verbergen können und da ich vor allem Alice durchaus zutraute, hier aufzuschlagen und meine Hintergründe zu erfragen, musste ich so schnell wie möglich von hier verschwinden.
Mit Carlisle würde auch mein Herz gewissermaßen in Forks zurückbleiben, indem ich es heute hinter mir lassen musste. Aber ebenso mein Zimmer und auch Elysia würden mir ebenfalls schrecklich fehlen. Einfach alles hier würde eine entsetzlich große Lücke in meinem Herzen hinterlassen, die man niemals wieder füllen konnte. Ich spürte die niedergeschlagenen Blicke von Elysia so deutlich wie nie zuvor auf mir, als ich die letzten Sachen einpackte und meine Tasche ergriff, um nach unten zu gehen.
Ein letztes Mal ging ich die Treppe nach unten, welche ich so oft auf- und abgelaufen war. Es war eine Routine, die ich ebenso vermissen würde und auch die vertrauten Umrisse dieses Hauses, welches mir seit meiner Ankunft hier stets Geborgenheit gespendet hatte, würde ich nie wieder vergessen.
Die Haustür stand offen, der Motor unseres Autos lief schon und der Regen war wieder einmal über Forks hereingebrochen. Der Himmel war in ein tiefes Grau gehüllt und der Regen prasselte in Strömen nach unten, als würde auch er seine Niedergeschlagenheit auf die Erde herabfallen lassen und den Boden in einem Meer aus Tränen ertränken.
Elysia stand dicht hinter mir, als ich all meinen Mut zusammennahm und mich ein allerletztes Mal der Frau zuwandte, die mehr als nur meine Tante war. Für mich war sie eine Freundin, eine Person, der ich alles anvertrauen konnte und gewissermaßen zu einer Ersatzmutter für mich geworden war.
Sie hatte niemals irgendeine Entscheidung von mir angezweifelt oder kritisiert, nur diese hier schien ihr ebenso zuzusetzen wie mir und mit meiner Abreise würde ich auch ihr Herz brechen – wenn auch auf eine andere Art und Weise.
,,Alena, bitte geh nicht.", versuchte sie mich noch umzustimmen, doch ich senkte verzweifelt den Kopf.
,,Ich habe keine Wahl, Elysia. Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast."
Sie musste ebenfalls mit den Tränen kämpfen, da sie schwer schluckte. ,,Versprich mir wenigstens, dass du von dir hören lässt. Und das hier...wird immer dein Zuhause bleiben. Du kannst jederzeit zurückkommen."
Ihre Worte bedeuteten mir mehr, als sie ahnen konnte und ich rang mich zu einem schwachen Lächeln durch. Innerlich spürte ich, wie mein Bruder mit jeder Sekunde ungeduldiger wurde und je länger ich zögerte, desto mehr wuchs die Chance, dass er doch noch einen Anruf nach Schottland absetzte und einen Trupp Jäger hierher beorderte.
Ein letztes Mal zeigte ich meine wahren Gefühle, indem ich Elysia fest umarmte und versuchte, mir ihren vertrauten Geruch einzuprägen. Vor allem das Zitronenshampoo würde sich einen Ehrenplatz in meinen Erinnerungen verdienen, da es einfach die Einzigartigkeit von meiner Tante repräsentierte und Elysia flüsterte die nächsten Worte kaum merklich.
,,Ich hab dich lieb, Alena. Nichts und niemand wird daran jemals wieder etwas ändern können und wir werden uns wiedersehen. Ich glaube fest daran!"
Obwohl ich wusste, dass dem nicht so sein würde, nickte ich und löste mich dann aus der Umarmung. Ein letztes Mal sah ich Elysia an, ehe ich meine Tasche wieder vom Boden erhob und dann zum Auto ging. Alex saß am Steuer, wartete und nachdem ich meine Tasche in den Kofferraum verbannt hatte, flüchtete ich auf die Rückbank. Es war eine Distanz, die ich zu meinem Bruder wahrte und das Einzige, was es mir erträglich machen würde, in einem Wagen mit ihm zu sitzen.
Er nahm es wortlos hin, fuhr von der Einfahrt und steuerte dann den Weg zum Flughafen an. Ich sah aus dem Fenster, wo Elysia noch immer in der offenen Haustür stand und uns traurig nachsah. Auch das Haus von Bella betrachtete ich ein letztes Mal, bis die Straße hinter uns in weite Ferne rücke und wir stattdessen dem düsteren Pfad der Zukunft entgegenfuhren. Eine Zukunft, die mir ohne Carlisle vollkommen sinnlos und leer erschien und mich allen Glücks berauben würde.
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