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War ich nun sauer oder traurig? Vielleicht war ich auch enttäuscht... Ach was weiß ich denn schon? Ich meine die beiden Personen, denen ich bisher mehr als vertraut habe, haben mehr oder weniger mein Vertrauen missbraucht. Sie haben einfach meine geheimsten Gedanken gelesen. Aber nicht nur das, nein... Sie haben mir dann nicht einmal was davon gesagt. Irgendwie habe ich Themba schon das schlechte Gewissen angesehen, aber ich konnte es nirgends einordnen.
Meine Gedanken blieben bei Themba hängen. Ich kannte ihn jetzt nicht so lange, aber dennoch hat er es irgendwie geschafft, mein Vertrauen zu gewinnen. Irgendwie war ich überrascht. Überrascht von mir selber, denn normalerweise würde ich niemanden so schnell mein Vertrauen schenken. Themba war irgendwie anders. Irgendwie besonders. Er hatte was an sich, was mich faszinierte und fesselte. Dieser Junge hatte einen einzigartigen Charakter. Er erinnerte mich so stark an meinen Vater. Wie er handelt und wie er spricht. Seine Ausstrahlung und seine Gedankengänge.
Themba erzählte doch einmal, dass er das alles von seinem früheren Mentor beigebracht bekommen hatte. Doch er ist vor einiger Zeit gestorben. So wie... Nein, dass kann nicht sein. Oder doch? Es würde aber vieles überein stimmen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, was Themba alles über ihn erzählt hat, doch an vieles konnte ich mich im Moment nicht erinnern. Ich wusste, dass er eine Tochter hatte. Naja, aber die meisten der Ghaisgeach, welche in unserem Schloss dienten oder trainierten, hatten Kinder. Doch warum wollten mir diese ganzen weiteren Infos über ihn nicht mehr einfallen?
Lange konnte ich aber nicht mehr darüber nachdenken, denn plötzlich hörte ich eine Stimme, die das weitere Nachdenken verhinderte. "Du strahlst vielleicht nicht so hell, wie es die Sonne tut. Und vielleicht folgen dir auch nicht ganz so viele Untertanen, wie sie es bei der Sonne tun. Doch möchte ich, dass du weißt, dass ich lieber dem Mond in die dunkelsten Nächte folge, als der Sonne, der jeder folgt. Für mich ist der Mond viel schöner und faszinierender, als die Sonne, die vielleicht wärmt, mich jedoch auch verbrennen kann. Du bist dem Mond so unglaublich ähnlich. Du gehst nicht immer den Weg, der dir von der Sonne vorgeschrieben wird. Mal bist du vollständig da, aber manchmal bleibst du auch ganz weg. Nur du alleine weißt, was in dieser Zeit geschieht. Aber nach dieser Zeit, in der du gefehlt hast, kommst du immer stärker wieder hervor."
Diese tiefe und doch so helle Stimme verklang für einige Sekunden in der Nacht. Während sich der Besitzer der Stimme setzte sich in diesen wenigen Sekunden neben mich. Sein Blick war auf das Wasser gerichtet, welches mit all seiner Kraft gegen die steinernen Wände unterhalb des Abgrundes, krachten. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und musterte ihn. Er sah schrecklich aus. Vorhin, als er sprach, habe ich ihm nichts angemerkt. Seine Stimme klang so fest, doch das hieß nichts. Themba hat geweint, das sah ich. Sein Gesicht glänzte in dem Licht der untergehenden Sonne. Die eigentlich so strahlenden goldbraunen Augen, sahen trüb und geschwollen aus. Auch seine eigentlich so aufrechte Haltung, sah eher gekrümmt, als gerade aus.
"Nisha, ich weiß, dass das niemals durch eine Entschuldigung getan ist. Ich habe etwas getan, was alles kaputt gemacht hat. Dein Ganzes Vertrauen in mich, ist bestimmt gebrochen... Ich kann dir das nicht einmal übel nehmen. Das dürfte ich mir auch nicht raus nehmen..."
Er unterbrach sich selber und schaute kurz in mein Gesicht, bevor er einmal tief durchatmete und dann weiter sprach: "Nach dem Tod von ihm, bin ich mehr oder weniger in ein Loch gefallen. Ich weiß, dass das ziemlich absurd ist; ich meine, ich bin nicht einmal mit ihm verwandt, doch war er mir immer sehr nahe. Er hat oft von seiner Familie geredet. Er war mehr als stolz auf seine Tochter. Sie war für ihn einfach alles. Er wollte ihr noch so viel zeigen und sie irgendwann auch mal mit zu unserem Training nehmen. Doch von heute auf morgen war alles vorbei. Er war weg. Und mit ihm die einzige Familie, die ich seit langem wieder hatte. Erst als du in meinem leben aufgetaucht bist, hat sich dieses Loch immer weiter verkleinert. Ich bin mit deiner Hilfe wieder auf die Beine gekommen. Du warst für mich das Licht, welches mich aus der Dunkelheit geführt hat. Doch als du dann vor Erschöpfung Tage lang nur in deinem Bett gelegen hast, konnte ich nicht mehr klar denken. Ich konnte und wollte dich nicht alleine lassen. Auch deine Mutter konnte mich nicht dazu überreden, dich alleine zu lassen... Du bist mir echt wichtig geworden und ich möchte dich nicht verlieren. Ich bin jetzt vielleicht etwas egoistisch, wenn ich sage, ich will und darf dich nicht verlieren. Warum ich dir nicht direkt meinen Fehler gestanden habe, weiß ich nicht. Wahrscheinlich, weil ich Angst hatte. Doch ich habe damit alles nur verschlimmert, das weiß ich."
Ohne lange nachzudenken, rückte ich näher an ihn heran und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich spürte, er wieder weinte, denn ich fühlte, wie die brennende Flüssigkeit auf meinen Kopf tropfte.
"Wie sollte ich dir lange böse sein? Ich lüge nicht gerne, weshalb ich das jetzt auch nicht tun werde. Es hat mich nicht verletzt, dass du es gelesen hast. Also klar, schon etwas, aber was mich wirklich wehgetan hat, war, dass du mir nichts gesagt hast. Aber ich schätze, dass du jetzt auch weißt, wie wichtig du mir bist. Du bist einfach mein bester Freund geworden. Was sollte ich denn bitte ohne dich tun? Ich glaube, dass ich hier verrückt werden würde."
Ein leichtes Lächeln zierte so wohl mein, als auch Thembas Gesicht. Wir saßen noch eine längere Zeit dort und schauten einfach nur dabei zu, wie der Mond den Platz der Sonne einnahm. Er strahlte mal wieder wunderschön. Während dieser ganzen Zeit, schwiegen wir. Doch irgendwann brach ich diese Ruhe. Mir lag noch immer das Rätsel, um den Mentor von Themba, schwer im Kopf.
"Du, Themba?"
"Ja?"
"Wie hieß dein Mentor?"
"Er hieß Akira. Wieso fragst du?"
Dann schwiegen wir beide.
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