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Mein Blick folgte den Bewegungen von den beiden Personen, welche sich eigenmächtig in mein Zimmer niederließen. Sie schauten sich erst gegenseitig an, bevor ihre Augen an mir hängen blieben. Eine ganze Weile lang wurde geschwiegen, bevor meine Mutter sich räusperte und begann zu sprechen: "Nisha, du kannst doch nicht einfach so weglaufen! Und das an deinem Geburtstag, das ist kindisch. Was sollte denn dieses Theater?"
Ich blinzelte stumm und schaute einfach nur in ihre Richtung. Meinte sie das gerade ernst? Hat sie mir gerade mehr oder weniger einen Vorwurf daraus gemacht, dass ich einfach aus dem Speisesaal geflohen bin? Das ist doch gerade nicht wahr, oder? Mein Blick wurde immer leerer und doch füllte er sich erneut mit Tränen. Der Füller, welcher sich noch immer in meiner Hand befand, landete nun auf der Oberfläche von meinem Schreibtisch. Ich erhob mich und ging langsam auf die beiden zu. Mit einem relativ großem Abstand, blieb ich jedoch stehen.
"Findest du das auch?" Fragte ich an Themba gewandt. "Findest du auch, dass das alles hier Theater ist? Findest du mein Verhalten kindisch ist?" Er antwortete nicht, sondern schaute zu meiner Mutter. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Er hat mit sienem Blick zu meiner Mutter gerade um eine Art Erlaubnis gebeten, um zu reden. Ich musste mich echt kontrollieren, um mich nicht erneut kindisch aufzuführen und wieder wegzulaufen.
"Nein!" Beide schauten mich plötzlich verwundert an. "Du kannst doch wohl reden ohne ihre Erlaubniss, oder? Ich habe dich doch nach deiner Meinung gefragt, und nicht nach ihrer!" Ich war überrascht von mir selber, dass ich die beiden einfach so angeschrien habe. Doch ich konnte einfach nicht mehr. Diese ständigen Lügen gingen mir so auf die Nerven, dass ich fast explodierte. "Also, ich höre." Nach ein paar Augenblicken fing er an zu reden: "Ich.. Also.. Nein, das finde ich nicht, aber.. Du musst auch verstehen, dass es momentan nicht so einfach ist."
"Was ist denn momentan nicht so einfach? Wie soll ich etwas verstehen, wenn ich darüber nichts weiß?" "In dem du einfach mal abwartest! In manchen Hinsichten bist du genau wie dein Vater." "Auch wenn das so ist, möchte ich trotzdem wissen, welches ach so geheime Thema meinen Geburtstag zerstört hat. Ist das so schwer zu verstehen?" Eine Träne rollt mir über mein Gesicht und hinterließ eine nasse Spur, welche schnell einen kühlen Kontrast zu meinen brennenden Tränen bildete. "Nisha, versuch doch zu verstehen, dass das einfach momentan extrem kompliziert ist. Ich weiß doch, dass du im moment dafür keinen Kopf hast. Ich meine du warst ziemlich detailliert in..." Meine Mutter stockte, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hat. Innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde, wurde es mucks Mäuschen still. Meine Augen wanderten von meiner Mutter zu Themba und wieder zurück. Die beiden schauten sich jedoch nur wie ertappt an. "Mama, was meinst du? Wie meinst du, dass ich wo so detailliert war?"
Meine Frage stand im Raum und wollte einfach nicht beantworten werden. Die beiden Personen, welche vor mir auf meinem Bett saßen, schauten überall hin, außer zu mir. Sie taten beinahe so, als wenn ihnen mein Blick irgendetwas antun würde. Lange wurde diese stille einfach aufrecht gehalten. In meinen Gedanken spielte ich alle möglichen Abläufe, wie dieses Gespräch und auch mein Geburtstag weiter gehen könnte, ab. Eigentlich wusste ich bereits, was sie gemeint hatte. Ich wusste, worin sie gelesen hatte. Ich schrieb alles aus meinem Kopf so auf, wie es war. Meistens war es auch so, dass meine Gedanken nicht gerade im Einklang mit meinen Gefühlen war. Oft waren sie unterschiedlicher Meinung und bildeten so einen Konflikt in mir. Diesen Konflikt, musste ich einfach aus meinem Kopf kriegen, und um das zu schaffen, musste ich sie so genau wie möglich ausschreiben.
"Wo war ich so detailliert?" Meine Stimme brach die Stille, welche sich stumm und schwer ausgebreitet hatte. Meine Mutter jedoch antwortete nicht. Ihr Blick war starr aus dem Fenster gerichtet. "Mum, worin habt ihr gelesen?" Ich konnte meine eigene Stimme nicht mehr erkennen, denn sie war normalerweise nicht so kalt und monoton. Sie war noch nie zuvor so. Jedoch konnte ich sie gerade nicht wirklich kontrollieren, denn mir wurde bewusst, dass die zwei Personen, die meine Gedanken und Gefühle am wenigsten wissen sollten, sie gelesen hatten. Sie wussten nun beide, wie es in meinem Inneren aussah. Aber noch viel schlimmer war es, dass sie nun beide wussten, was ich über sie selbst und den anderen dachte, wie ich mich ihnen gegenüber fühlte und was ich zu bedenken hatte. Sie wussten nun alles und das wollte ich nicht. Hätte ich gewollt, dass sie wissen, was ich denke und fühlte, hätte ich ihnen das gesagt.
"Mum! Worin hast du gelesen?!" Erneut brach ich das Schweigen. Doch eine Um würde nicht antworten, dass wusste ich. Deshalb schaute ich nun Themba an. Er sah eben so starr aus, wie meine Mutter. Sein Blick lag jedoch auf dem Boden. "Themba," meine Stimme war nicht so kalt, wie vorher bei meiner Mutter, doch auch das war nicht meine normale Stimme, "worin habt ihr gelesen?" Er antwortete nicht direkt, sondern erst einige Momente später: "Ich... Das.. Es war ein Versehen... Nisha, du musst mir glauben. Ich wollte dass nicht, aber ich konnte dich nicht alleine lassen... Du hast so friedlich geschlafen und das für so lange Zeit. Ich wollte doch nur bei dir bleiben... Irgendwann habe ich mich umgesehen und ich habe dieses Buch gesehen... Es lag einfach nur da und zog meinen Blick wie magisch auf sich. Ich wusste, dass es falsch war, doch es hat mich gefesselt. Deine Worte waren so klar, aber auch so verzerrt. Doch plötzlich ging es nicht mehr nur um deinen Vater oder dich, nein. Es ging um mich..."
Auch wenn ich es schon wusste, oder eher geahnt habe, traf es mich trotzdem wie ein Schock, als er es aussprach. Ohne auch nur ein Wort zu sagen stand ich auf. Ich ging ohne mich umzudrehen.
Meine Augen brannten erneut an diesem Tage. Ohne das ich wusste, was ich tat, trugen mich meine Füße fort. Sie fingen einfach an zu laufen und sich zu bewegen.
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