7. Türchen: Yoongi
7. Türchen: Yoongi
"Du willst mir jetzt nicht ernsthaft erklären, dass ich nochmal wegen deinem verfickten Handy ins Wasser gesprungen bin? Das ist es, was für dich so absolut überlebenswichtig ist?", erkundigt sich Yoongi fassungslos und verleiht seiner Stimme diese gewisse Art von Nachdruck, die zum Beispiel Elternteile immer dann auflegen, wenn sie dich fragen, ob du bei der Prüfung mit der versauten Note auch wirklich dein Bestes gegeben hast.
"Es... es ist nicht nur ein Handy", antwortet sein Gegenüber zögernd, während er das elektronische Gerät vorsichtig aus dem Plastikbeutel schält. In seinen Augen leuchtet wirklich ein gefühlvolles Glitzern und Yoongi kann nicht unterscheiden, ob das nur dem Pathos der Jugend geschuldet ist, die ihr Handy zu einem Gegenstand von allgemeingültiger Wichtigkeit erhoben haben, oder tatsächlich so etwas mit Substanz dahintersteht.
"Sondern?"
"Mh... Sowas wie mein Arbeitsmaterial?"
"Ist das eine Frage oder eine Antwort?
"Eine Antwort?", antwortet sein Gegenüber, aber es klingt wieder wie eine Frage. Yoongi schüttelt innerlich den Kopf über ein solches Verhalten und versucht sich in die Situation seines Gegenübers hineinzuversetzen, wenn er schon aus diesen Frageantworten nicht schlau wird. Wenn er auf seinem Smartphone den nächsten Track gespeichert hätte, den mit der Abgabefrist am nächsten Mittwoch, dann wäre er vielleicht auch beim Gedanken daran, seine Arbeit untergehen zu sehen, latent durchgedreht. Dann wäre sein Handy ja schließlich auch so etwas wie sein Arbeitsmaterial.
Wow. Und da soll nochmal jemand sagen, Min Yoongi sei nicht der Höhepunkt der Empathie. Diese schamlosen Lügner.
"Kannst du auch Antwort-Antworten oder kannst du nur Frage-Antworten?", versucht es Yoongi noch einmal. Eigentlich sollte er sich umdrehen und zurück zu seinem Campingstuhl gehen oder sich in die Sonne legen und versuchen zu trocknen, aber er hat ein bisschen Angst davor, dass sein hoffnungsloser Nichtschwimmer sich bei der nächsten Gelegenheit schon wieder spontan in die Fluten stürzen möchte. Sicherheitshalber bleibt er lieber noch ein bisschen in seiner Nähe.
"Kannst du dich auch nicht nicht-kompliziert ausdrücken?", kommt die schlagfertige Antwort innerhalb von Millisekunden.
"Doppelte Verneinung? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie an dieser Stelle nicht angemessen ist. Du willst ja schließlich fragen, ob ich mich auch unkompliziert ausdrücken kann, denn wenn ich mich nicht nicht-kompliziert ausdrücken würde, würde das ja nur bedeuten, dass ich eben doch kompliziert bin."
"Wow."
Der Mund seines Gegenübers steht wieder leicht geöffnet. Yoongi mag das. Wenn er stumm wie ein Fisch ist und seine Lippen noch immer von der Feuchtigkeit des Sees glänzen.
Das ist viel besser als das hysterische Geschrei. So erinnert er ihn viel weniger an die nervige Klimaanlage in seinem Büro.
"Ich weiß, ich bin beeindruckend", entgegnet Yoongi selbstsicher.
"Und ich bin Taehyung."
"Ist das eine Charaktereigenschaft?"
"Naja, es ist zumindest mein Name und ich würde schon sagen, dass ich ziemlich taehyunghaft bin. Oder taehyungartig? Was denkst du klingt besser?"
"Beides klingt beschissen. Aber ich bin Yoongi. Nicht yoongiartig. Nur Yoongi. Hi."
Ein bisschen albern findet er es schon, den eigenen Namen als Adjektiv für seine Persönlichkeit zu verwenden. Trotzdem kommt Yoongi nicht umhin, sich im gleichen Moment selbst zu fragen, für welche Charakteristiken sein Name wohl stehen würde, wenn er ein Eigenschaftswort wäre...
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