Ein schmutziges Geheimnis
[The way I loved you - Taylor Swift]
Die Sonne geht langsam unter und der Himmel nimmt eine pinkliche Farbe an. Es könnte romantisch sein, wenn sie nicht Harry und Louis sein würden. Noch immer schweigen die beiden, die an die verschiedensten Erlebnisse ihre Lebens denken. Beide stellen sich diese Grundlegene Frage, ob es überhaupt noch Sinn mach. Vielleicht stimmen die Vorwürfe und schrägen Vorurteile ihrer Mitmenschen. Vielleicht war es naiv von ihnen zu glauben, dass sie eine Zukunft haben.
Louis schaut noch immer auf den Asphalt - um genau zu sein macht er das schon seit Vierzig Minuten. Durch seinen Kopf wandern all die Vorwürfe, die ihrer Beziehung gemacht wurden. Louis ist kein Mensch, der oft traurig ist oder viel von diesem Gefühl hält, aber gerade spürt er eine innere Traurigkeit, die scheinbar viel tiefer verankert ist als er gedacht hat.
Harry hingegen schaut zum Horizont herauf. Ihm tun genauso die Füße weh wie Louis, er hat genauso viel durst wie sein Freund und er ist mindestens genauso müde. Dies ist anstrengend und nicht nur auf offensichtlicher Ebene - das schweigen macht Harry verrückt.
Es gibt so viel was er sagen will, aber nicht über die Lippen bringt. Sie sprechen nie über Ängste oder Sorgen. Es findet sich nie Zeit für solche Arten von Gespärchen. Entweder ist Harry auf der Arbeit oder Louis ist draußen mit Zayn. Tiefgründige Gespräche ist nichts, was Louis und Harry gerne oder oft führen. Nun wäre es mal angebracht, aber natürlich werden die unausgesprochen Worte einfach herunter geschluckt.
Sie beide haben Angst um ihre Beziehung, aber sie haben eben noch nie über Ängste gesprochen, warum sollten sie jetzt damit anfangen?
"Können wir eine Pause machen? Ich kann nicht mehr", durchbricht Harry die Stille und seufzt. "Wieso sollten wir?", fragt Louis ohne aufzusehen. Er will einfach nur in ein Bett und sich vor allem und jeden verstecken. "Den Grund habe ich dir doch gerade genannt", sagt Harry genervt.
Die Hitze, der lange Weg und die sowieso schon dicke Luft, trägt nicht gerade dazu bei, dass die beiden sich nicht ständig ansticheln. Obwohl die Sonne langsam verschwindet und der Mond sich an den Horizont schleicht, ist es noch warm in Arizona.
"Pausen bringen doch nur Probleme, oder nicht?", fragt Louis seinen Freund und schaut zu diesem. Harry seufzt. "Meine Füße brennen. Ich glaube ich habe mir eine Blase gelaufen", erwidert Harry und hofft darauf, dass Louis einsieht, dass Harry eine Pause braucht. "Dann setz dich an den Rand und warte auf ein Wunder. Ich bleibe sicherlich nicht stehen, nur damit es am Ende wieder meine Schuld ist!", erklärt Louis aufgebracht seinen Standpunkt. "Sei jetzt nicht albern, Louis", kontert Harry genervt," du brauchst genauso eine Pause wie ich."
"Nett, dass du dich mit meinem Wohlbefinden besser auskennst als ich selbst", zischt der ältere, verschränkt seine Arme vor seiner Brust, aber hält nicht an.
"Meine Füße tun weh, Louis", versucht Harry es ein weiteres Mal.
Louis schaut den Lockenkopf an. Sein Blick fährt zu den Lederschuhen, weswegen er die Augen verdreht. "Kommt davon, wenn man eine Person spielt, die man nicht ist", kommentiert er, wendet seinen Blick ab und schaute gerade aus. "Können wir das Thema nicht endlich begraben?", fragt Harry nun ebenfalls genervt.
Louis schüttelt den Kopf, schaut nochmal zu seinem Freund und mustert diesen. Heute Morgen hatte er den schwarzen Anzug nicht angezweifelt - er dachte, dass Harry einfach nach einer Gelegenheit gesucht hatte, um ihn zu tragen. Louis wurde vom besseren Belehrt und weiß nun, was Harrys eigentlicher Gedanke war. Harry hatte versucht vor seinen Eltern eine show abzuziehen, in die er Louis nicht einmal eingeweiht hat. Ist doch wohl logisch, dass Louis wütend ist.
"Nein, können wir nicht!", antwortet Louis ernst, aber mit diesem bissigen Unterton, der Harry normalerweise zum Schweigen bringt. "Wie oft soll ich meinen Fehler noch einsehen?", will Harry von dem kleineren wissen, aber dieser schweigt auf die sturköpfige Art, die sie beide hegen und pflegen. Harry schnauft wütend und bleibt einfach stehen.
"Dann geh eben alleine. Ich setze mich erst einmal", sagt er und setzt sich mit dem teuren Anzug auf die staubige Straße. Als das Gewicht Harrys Füße verlässt muss er erst einmal seinen Kopf in den Nacken werfen. "Gut", zischt Louis, der sich überhaupt nicht zu Harry umdreht.
"Warum bist du heute so besonders stur?", ruft Harry ihm nach. "Weil du nicht wirklich einsiehst, dass dein Verhalten scheiße war. Eigentlich glaubst du, dass ich Schuld an all dem Theater heute war", erklärt Louis, dreht sich dann doch um und läuft zurück. "Natürlich-" "Halt den Mund, Harry. Du hast eben gesagt, dass es nicht die einzige Sache ist, an der ich heute Schuld habe", unterbricht der ältere seinen Freund sieht ihn wütend an.
"Ja, aber was du nicht siehst ist der Grund, weswegen ich das gemacht habe. Ich hab das für dich getan", versucht Harry sich aus seinem Meer voller Lügen heraus zu reden. "Sag doch einfach, dass du dich für mich schämst. Warum hast du mich überhaupt mitgenommen, wenn ich dir so peinlich und unreif und bescheuert und nutzlos bin?", fragt er aufgebracht. Louis ist nicht nur wütend, diese Wut verbirgt nur die Entäuschung, die er heute erfahren hat. Während er all die Dinge sagt, die ihm schon seit dem Moment auf dem Herzen liegen, in dem sie das schrecklich, große Haus in Oro Valley verlassen haben, fängt sein Herz an schneller zu schlagen und bei jedem Schlag ein bisschen mehr zu schmerzen.
"Ich schäme mich nicht für dich, Louis", sagt Harry ernst. Er schaut zu seinem Freund hoch und er weiß, dass Louis denkt, dass er die Enttäuschung nicht sieht, aber er ist ja nicht blöd. Er sieht das glitzern in den Augen seines Freundes und er hört auch die Verletzlickeit in seiner Stimme. "Wieso denkst du sowas von mir?", will Harry von ihm wissen.
"Weil es sich heute so angefühlt hat, Harry. So als wäre ich nicht mehr als ein schmutziges Geheimnis, welches man zuerst rein waschen muss", erklärt Louis und wischt sich über die Wange, weil er es kindisch findet wegen Beziehungs-Quatsch zu heulen. Harry kommentiert Louis' Träne nicht, weil er ebenfalls weiß, dass Louis auf seine etwas verletzlichere Seite nicht gut zu sprechen ist. Er schweigt, weil es gerade die bessere Idee ist. Wenn er Louis jetzt auf seine Gefühle ansprechen würde, dann würden die ersten Kakteen und Steine durch die Gegend fliegen - da ist sich Harry sicher.
Harry kennt Louis immerhin. Man kennt die Person, die man liebt und mit der man fünf Jahre seines Lebens schon verbracht hat. Er kennt seinen Freund inn und auswendig. Er kennt seine Schwächen, seine Problem und natürlich auch seine Ängste, denn obwohl sie nicht drüber sprechen, kennen sie sich viel zu gut, um sie vor dem anderen zu verstecken. Harry weiß, dass Louis viel emotionaler ist als er jemals zugeben würde. Er ist viel einfühlsamer als er Zayn jemals zeigen würde, aber das ist eben eine dieser Seiten, die nur Harry sehen darf, weil nur Harry sie versteht und so hin nimmt wie sie eben ist - in Louis' Augen eine Schwäche.
Und Louis weiß, dass Harrys Schweigen keine Provokation ist, sondern nur seine Momente, die er zum nachdenken, zum verarbeiten braucht.
Sie laufen weiter, während sie schweigen.
Und Louis weiß auch, dass es Harrys Art ist ihm einen Moment Abstand zu geben.
Vielleicht glauben viele, dass Harry und Louis sich nicht verstehen, aber sie verstehen einander. Wahrscheinlich tun sie dies mehr, als das sie es überhaupt wissen. Sie können die Reaktion des anderen nachvollziehen und respektiert, aber so scheinen die beiden nicht. Für Außenstehende sehen Harry und Louis aus wie ein Paar, welches nicht Kommunikationsfähig ist - sie sind auch nicht die besten auf diesem Gebiet, aber sie kommunizieren mehr als dass andere es bemerken. Wörter sind von beiden keine Stärke - eher eine Schwäche.
Sie werfen sie um sich ohne zu überlegen wo sie einschlagen könnten. Einzelne Sätze werden gewählt ohne zu verstehen, dass diese ganze Gefühle zum einstürzen bringen. Worte sind bei Louis und Harry viel eher eine Waffe anstatt der Weg zum Frieden. Sie beschließen keinen Frieden, indem sie über ihn sprechen, sie machen es auf ihre eigene Art.
Sie kleben die zerstörten Bilderrahmen. Sie versuchen die halbe Nacht die zersplitterte Vase zu kleben. Sie kaufen Rosen. Sie packen die Klamotten zurück in den Schrank, neben die des anderen. Sie sammeln die Scherben der Teller auf und kaufen am nächsten Tag neue. Sie bringen die Bettdecke zurück ins Doppelbett und sie liegen sich am Ende wieder in den Armen. Es ist ihre eigene Art Frieden zu schließen.
Es ist nicht immer die beste, weil kein Bilderrahmen wird wieder ganz, nur weil er mit billigem Sekundenkleber wieder zusammen geflickt wurde, aber es ging ums Versuchen. Harry und Louis versuchen viel. Trotzdem stauen sich irgendwann eine gewisse Menge an Worten an, die einfach einmal laut heraus geschrien werden wollen. Trotzdem verharren sie in unangenehmer Stille, während ihr inneres schreit und sich streitet.
"Brauchst du noch eine Pause?", fragt Louis leise, nachdem er seine Gefühle wieder in den Griff bekommen hat.
"Nein, ist schon gut", erwidert Harry ebenso leise.
"Okay, gut", flüstert Louis nickend," im Auto müsste auch noch eine Creme liegen, die sollte deinen Füßen helfen."
Harry nickt, weil er keine weiteren Worte hat. Das liebt er an Louis. Louis kann sich Sorgen machen, er kann einfühlsam und zuvorkommend sein - er zeigt es anderen nur nicht. Harry weiß, dass dies einfach nur Louis' Art ist mit seiner Vergangenheit umzugehen, aber trotzdem findet er es Schade, dass er diesen Teil von sich selbst immer wieder versteckt. Harry kann seinen Blick nicht von seinem Freund nehmen.
Obwohl er erschöpft aussieht, seine Haare an seinem Kopf kleben und sein T-Shirt völlig durgeschwitzt ist, sieht er unfassbar schön aus. Das dunkelrote T-Shirt zu der dunkelblauen Jeans steht im so gut, dass er sich wünscht, dass Louis öfter mal diese Art von Kleidung trägt.
Harry versteht nicht so recht, weswegen Louis es verkleiden nennt, wenn er sich etwas schicker anzieht, aber wenn er es bei sich selbst macht, es dann völlig normal ist.
Louis dreht sich um und schaut hinter sie. Harry wird vollkommen aus seinen Gedanken gerissen und er sieht ebenfalls in die Richtung, in die sein Freund schaut. In der Ferne sehen sie ein rotes Auto, welches langsam auf sie zu kommt.
"Harry, das ist unsere Chance!", sagt Louis begeistert," wir müssen nicht mehr laufen!" Er springt in die Luft und wedelt mit den Armen. Es ist wie in den ganzen Filmen, in denen sie auf Inseln stranden und dann endlich - nach Monaten des überlebens - das rettende Schiff sehen. "Wir sind hier!", ruft Louis und erfüllt dieses klischee komplett.
"Du willst doch nicht bei einem Fremden ins Auto steigen oder?", will Harry wissen und schaut Louis an. "Was?", fragt Louis verwirrt. "Hast du bei den ganzen Verbrecher-Dokus nicht aufgepasst?", fährt Harry fort," wer weiß was das für ein Kerl ist." "Bist du bescheuert. Wer weiß wie lange diese Tankstelle noch entfernt ist", erwidert Louis und sieht seinen Freund fassungslos an.
"Ich steige in kein Auto eines Fremden!", beschließt Harry und verschränkte seine Arme vor der Brust. Louis zieht eine Augenbraue hoch und verschränkte ebenfalls seine Arme vor der Brust. Sie schauen sich für einen Augenblick in die Augen, kämpfen quasi den wortlosen Kampf. "Haben dir das deine Reichen-Idioten-Eltern beigebracht?", fragt Louis provokant. Harry verdreht die Augen. "Ich fahre aufjedenfall mit. Wenn du möchtest, dann lauf den Rest, aber ich möchte einfach nur in ein Bett und schlafen", fährt Louis fort.
"Louis, ich lasse dich sicherlich nicht in dieses Auto steigen - falls es überhaupt hält", erwidert Harry mit diesem ruhigen Ton, den Louis hasst. "Hör doch einfach auf dich in meine Entscheidungen einzumischen!", ruft Louis aufgebraucht.
Von dem kurzfristigen Frieden ist rein gar nichts mehr übrig. So schnell kann die Stimmumg wieder komplett kippen. Es war keine Seltenheit das soetwas passierte - an manchen Tagen gingen sie von einem Streit in den anderen.
"Ich mische mich nicht ein, ich Sorge mich um dich und beschütze dich vor einer kompletten Dummheit", erklärt Harry seinen Standpunkt und deutet auf das Auto, welches immer näher kommt. "Ich brauche deine Belehrungen nicht", sagt Louis stur und schaut lieber zu dem Auto.
In dem Moment, in dem er es anschaut erinnert er sich an die ganzen langweiligen Krimi-Dokus, die Harry Donnerstags Abends gerne anschaut. Er sieht quasi die Entführungsopfer vor seinem inneren Auge, an ihm vorbei ziehen. Louis schluckt schwer und sein Mund wird plötzlich noch trockener, als er sowieso schon ist.
"Du wirst auch nie verstehen, wenn andere Leute nur etwas gutes für dich wollen", merkt sein Freund an. Louis ballt die Hände zu Fäusten und spannt seinen Kiefer an. Das Auto kommt näher und näher. Louis hat das Bedürfnis Harry noch viel, viel weiter zu provozieren, aber die Bilder der Krimi-Dokus spielten wie ein kurzer Film in seinen Gedanken ab.
Das Auto wird langsamer als es den beiden näher kommt. Harry schnauft lediglich und Louis weiß ganz genau, was der Lockenkopf gerade denkt. Er weiß, dass Harry genervt von Louis Verhalten und seiner Unverständnis ist.
Der rote Wagen bleibt stehen und die Scheibe fährt herunter. Für Louis fühlt es sich an wie Zeitlupe - als würde das Fenster Ewigkeiten brauchen, um den Fahrer des Autos zu entlarven. Er bekommt erneut das Bedürfnis zu rauchen, aber er geht diesem Bedürfnis nicht nach. Er schiebt seine Hände in seine Jeanstasche und schaut in das Auto des Fremden. Ein Mann mit bereits grauen Haare blickt durch das heruntergelassene Fenster.
"Braucht ihr Hilfe? Soll ich euch mitnehmen?", fragt der Mann, der scheinbar eine CD von irgendeiner Heavy Metal Band hört. Harry macht einen leisen, kläglichen Laut, der Louis noch einmal stumm vermittelt, dass er von der Idee nichts hält. "Nein, wir kommen klar", antwortet Louis und lächelt den Mann an," aber Danke!" "Seid ihr sicher?", hinterfragt er noch einmal und obwohl er sich in Louis Augen ehrlich anhört, geht er nicht auf sein Angebot ein.
"Wir kommen klar", wiederholt er sich und nickt.
A/N: Ein neues Kapitel! :)
Hoffe es hat euch gefallen! Habt einen schönes Wochenende!
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