8. Geburtstag und Küsse
P.o.V.: Louis
Ich machte mir nicht viel daraus, dass ich jetzt wusste, wie Harrys bester Freund, oder was er auch immer zu ihm war, hieß. Namen spielen auch überhaupt keine Rolle. Er würde egal mit welchem Namen immer ein Verbündeter von Harry bleiben und somit auch unser Erzfeind.
Nur zu schade, dass wir nur noch zu dritt waren. Es waren nur noch Zayn, Toni und ich. Nach dem Schulwechsel von der vierten in die fünfte Klasse sind viele Freunde von uns aus der Grundschule auf eine andere Schule gegangen. Andere wiederum haben sich über die Sommerferien so sehr verändert, dass sie nicht länger Teil unserer Clique sein wollten. Sie wollten ihren eigenen Weg gehen und nicht mehr zu uns gehören.
Der einzige Nachteil, der darauf folgte, war der Verlust unsers Images. Nur noch wenige nahmen uns richtig ernst und erst recht die Leute, die aus anderen Grundschulen zu uns in die Klasse stießen nahmen uns nicht ernst.
Harry hatte immer noch seine Gruppe von Mädchen, die ihn alle aus Gründen, die ich mir nicht erklären konnte, mochten. Die frühreifen Jungs aus meiner Klasse, die kein Interesse an meiner Gang hatten, waren nur an Harry interessiert, weil sie wussten, dass er mit so gut wie wirklich jedem Mädchen befreundet war.
Aber Zayn und Toni blieben treu. Sie hatten mir beide ihr Wort darauf gegeben, dass wir niemals zu den Leuten gehören werden, die Harry als ihren besten Freund bezeichnen würden. Er würde nicht mal ein guter Freund werden. Er blieb für immer Harry, der Junge, der freiwillig in der Kunst AG ist und sich damit wahrscheinlich als einziger Junge in der AG einen Raum mit Mädchen teilen musste.
Doch auch wenn ich wusste, dass Zayn und Toni mir treu blieben, wusste ich nicht, ob ich ihnen treu bleiben konnte.
Alles begann, als ich ein paar Tage vor Harrys Geburtstag nach Hause kam und mir meine Mum dabei helfen musste meinen verlorenen roten Stift, den ich für meine Englischhausaufgaben brauchte, zu suchen.
"Hast du schon in deinem Schulranzen nachgesehen, Louis? Der kann ja nicht einfach weg sein"
Ich schüttelte meinen Kopf und suchte verzweifelt auf dem Boden unter meinem Schreibtisch nach dem Buntstift.
"Bei dem Verhau in deinem Zimmer würde ich den auch nicht mehr wiederfinden" Sie seufzte und öffnete meinen Schulranzen. "Hier genau das gleiche. Louis! Du sollst die Blätter, die du von der Schule bekommst in deine Schnellhefter einsortieren oder in deine Mappe legen und nicht einfach in deinen Ranzen. Guck doch, das zerknittert alles!" Ein bisschen sauer auf mich zog meine Mum die losen Blätter aus meiner Schultasche und legte sie auf meinen Schreibtisch. "Die werden nach den Hausaufgaben alle schön ordentlich einsortiert, haben wir uns verstanden?", fragte sie. "Ja-ha! Aber ich brauch meinen Stift"
Sie seufzte. "Frag Lottie, die leiht dir bestimmt einen ihrer roten Buntstifte"
Ich schüttelte den Kopf. "Ich will meinen. Der ist kein normaler roter Buntstift! Keiner hat so eine schöne Farbe wie der und Lottie hat nicht den genau gleichen. Außerdem sind da kleine Dinosaurier drauf! Der war speziell! Ich kann ihn nicht verloren haben. Wir müssen den gleichen neu kaufen!", verlangte ich.
Erneut seufzte sie und wendete sich wieder meinem Rucksack zu. "Bestimmt ist er wie alles andere auch da drin"
Hoffnungsvoll sah ich ihr dabei zu, wie sie in meinem Schulranzen wühlte. "Was ist das denn?", fragte sie und zog einen Briefumschlag raus. Sofort bekam ich Panik und hoffte, dass es nicht einer von der Schule ist, der mir sagen würde, dass ich diesen Freitag nachsitzen musste, weil ich mal wieder drei Hausaufgabenstriche hatte. Aber davon habe ich gar nichts mitbekommen.. Ich bin mir so sicher, dass ich erst zwei Striche habe..
"Der ist für dich", meinte sie und reichte ihn mir. Verwirrt nahm ich den Brief an und öffnete ihn. Ich zog eine Karte raus. Es war eine Einladung.
Noch verwirrter, weil ich keine Ahnung hatte, wer mich zu seinem Geburtstag einladen würde, öffnete ich die Karte und rollte direkt meine Augen. Ich erkannte allein schon die Schrift unter tausenden wieder. Harrys Schrift konnte man mit keiner anderen verwechseln. Er schrieb schöner als jedes Mädchen und der Punkt auf dem i zum Beispiel ist immer ein kleiner Kreis.
"Kann in den Müll. Ich geh nicht hin" Ohne dass ich überhaupt gelesen hatte, was Harry schrieb gab ich meiner Mum die Karte und wendete mich wieder dem Boden zu. Der Stift muss doch hier irgendwo sein!
Meine Mum las sich die Karte selbst durch und setzte sich auf mein Bett. "Aber das ist doch eine nette Geste von Harry, findest du nicht?"
Ich zuckte die Schultern. "Ich mag ihn aber nicht"
"Vielleicht müsst ihr euch einfach ein bisschen besser kennen lernen. Harry ist außerhalb von der Schule ein bestimmt ganz anderer Mensch"
"Mama!" Ich jammerte und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl. "Ich will aber nicht auf seinen Geburtstag. Harry ist mein Erzfeind, schon vergessen?"
"Boo.. Gib ihm doch eine Chance. Er mag dich offensichtlich"
Ich schüttelte meinen Kopf. "Geh jetzt. Ich muss Hausaufgaben machen"
"Ohne deinen Stift?"
Ich stöhnte genervt auf. "Dann geh ich halt zu Lottie!"
"Wir gehen genau den selben nochmal kaufen, wenn du dafür zu Harrys Geburtstag gehst und wir auch gleich ein Geburtstagsgeschenk besorgen", schlug meine Mama vor.
Aus kleinen Augen sah ich sie an.
"Wenn ich auch ein Eis bekomme?", schlug ich vor.
"Gibst du deinem Erzfeind dann eine Chance?"
Leicht nickte ich und ging mit ihr aus meinem Zimmer. Wieso wollte meine Mum denn so unbedingt, dass ich mich mit Harry anfreunde?! Wieso kann sie nicht einfach wie jeder andere Mensch akzeptieren, dass Harry einfach jemand ist, den man gar nicht kennen lernen will! Und mögen werde ich ihn nach der Geburtstagsparty trotzdem nicht, egal was meine Mum meint. Ich muss mich einfach auf den leckeren Kuchen freuen und die vielen Süßigkeiten, die es geben wird.
Ich durfte darüber vor Zayn und Toni definitiv kein einziges Wort verlieren. Die würden mich aus unserer Gruppe rausschmeißen, wenn die herausfinden, dass ich auf Harrys Geburtstagsparty gehen würde. Und das selbst, wenn ich ihr Anführer unserer Gang war. Das wäre sowas wie Hochverrat..
* * *
"Wann holst du mich wieder ab?"
"Dein Papa wird dich holen, ich muss jetzt gleich weiter in die Arbeit. Aber ich habe ihm gesagt, dass die Party um 19 Uhr vorbei ist. Hab Spaß, mein Schatz"
Ich seufzte und stieg aus dem Auto aus. "Werde ich nicht haben", murmelte ich.
"Ich möchte morgen trotzdem wissen, was ihr schönes gemacht habt" Meine Mum warf mir noch einen Kuss zu und wank kurz. "Bis morgen!"
Ich schlug die Autotür zu und wank zurück, bis sie schließlich wieder weiter fuhr und mich alleine hier stehen ließ.
Etwas unsicher stand ich jetzt vor Harrys zuhause. Hinter der Türe würde sich mein größter Albtraum verbergen. Harry hatte sich so sehr gefreut, als ich ihm gesagt habe, dass ich zu seinem Geburtstag kommen werde, dass ich schon fast Angst hatte, dass es irgendwie Zayn oder Toni rausfinden würden. Aber das Schlimme war nicht, dass sich Harry so sehr freute, das Schlimme ist, dass sehr viele Mädchen aus unserer Klasse da sein werden. Und ich kenne Mädchen. Die reden viel. Zu viel. Mit Sicherheit dauert es wegen denen nicht mehr lange, bis Zayn und Toni von meinem Hochverrat erfahren.
Wieso mache ich das eigentlich?
Ach ja, richtig. Um meiner Mum zu beweisen, dass es keine Chance braucht um zu wissen, dass man jemanden nicht mag. Ich muss Harry doch nur angucken und weiß genau, dass wir niemals Freunde werden können. Wir sind einfach wie Himmel und Hölle. Zwei völlig verschiedene Menschen, die zu keinem Prozent zusammenpassen.
Ich atmete einmal tief durch und ging dann ohne weiter darüber nachzudenken vor an die Haustüre, an welcher nebenbei bemerkt ein paar bunte Luftballons hingen und klingelte knapp.
Es dauerte nicht lange und Harrys Mum öffnete mir die Türe.
"Hey, du musst Louis sein, hab ich recht?"
Ich nickte etwas schüchtern und biss mir von innen auf die Lippe.
Harrys Mum lachte kurz und ließ mich rein. "Harry hat dich ein bisschen anders beschrieben", meinte sie. Fragend aber ohne zu reden, sah ich sie an. Sie wank ab und lächelte. "Harry und die anderen sind gleich da hinten durch die Türe links"
Erneut nickte ich, zog mir Schuhe und Jacke aus und ging mit dem Geschenk in meiner Hand durch die Türe, die Harrys Mum meinte. Es war das Wohnzimmer.
"Louis!" Harry bemerkte mich sofort und kam mit einem breiten Lächeln auf den Lippen auf mich zu. "Hi" Ich reichte ihm sein Geschenk. "Alles gute zum Geburtstag", murmelte ich.
"Danke" Harry stellte das Geschenk auf den Couchtisch zu den anderen und zog mich an der Hand zu den Mädchen und zwei anderen Jungen aus unserer Klasse - und Josh -, die alle im Kreis auf dem großen Teppich saßen.
"Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass der kommt", murmelte Lola.
Ich rollte die Augen. "Ich habe auch einen Namen", zischte ich.
"Ich bin froh, dass du da bist" Harry lächelte und setzte sich einfach neben mich. "Jetzt sind wir vollständig und können Geschenke auspacken!", meinte Josh und reichte Harry direkt eins vom Tisch. Es war wahrscheinlich seins an ihn.
Ich seufzte und sah auf die Uhr. Fünf Stunden musste ich es hier noch aushalten.
* * *
Nachdem wir alle zusammen - wir waren insgesamt zehn Personen - von Harrys Geburtstagskuchen gegessen haben sind wir jetzt nun bei ihm im Keller und saßen entweder auf dem großen Sofa oder dem Boden.
Es war ein wirklich großer Raum und es sah so aus, als würden Erwachsene hier öfter Partys veranstalten. An einer der vier Wände war eine große Bar aus Holz, es sah selbst gebaut aus und dahinter befand sich in den Regalen eine menge Alkohol. Ich bin mir fast sicher, dass Harry nur hier unten sein darf, weil er seiner Mum hoch und heilig versprochen hat, dass er sich nicht mal in die Nähe des Alkohols trauen würde. An der Wand gegenüber des Sofas war ein großer Flachbildfernseher und links und rechts davon große Boxen. Hier im kleinen Wohnzimmerbereich waren oben an den Wänden Lichterketten angebracht, welche gerade aber nicht an waren. Sonst wäre es hier auch viel zu dunkel.
Doch plötzlich machte jemand das Licht aus und sofort fingen die Mädchen an zu kreischen. Im nächsten Moment bediente jemand anderes die Fernbedienung für die Lichterketten und der Raum erleuchtete jetzt in einem schönen blau.
"Was sollte das, Jan?", meckerte eine der Mädchen und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Vielleicht hatte sie angst im Dunkeln und sich gerade gefürchtet, deshalb war sie jetzt sauer auf Jan.
"So ist es doch viel gemütlicher. Lasst uns Flaschendrehen spielen", erklärte er sich und setzte sich auf den Boden zwischen zwei Mädchen.
Flaschendrehen?
Jetzt weiß ich zumindest, wieso er das Licht aus und Josh die Lichterketten angemacht hat. So sieht man zwar noch die Umrisse der Personen und je länger man in dem blauen Licht saß auch die Gesichtszüge, aber es war lange nicht so unangenehm jemanden zu küssen, wie wenn das große Licht an ist.
Spielen wir überhaupt mit küssen?
Ich hab gar keine Lust auf Flaschendrehen..
Aber anscheinend waren alle fünf Mädchen und auch die Jungs dafür.
Ich wollte kein Außenseiter sein, stand vom Sofa auf und setze mich mit viel Abstand zu Tina auf meiner linken Seite und ebenso viel Abstand zu Josh auf meiner rechten Seite auf den Boden.
"Gut. Zu den Regeln. Der, der dreht muss den küssen, der gedreht wird", erklärte Jan und legte eine leere Flasche Robby Bubbles in die Mitte des Kreises.
"Wie lange?", fragte Tina neben mir.
"Normal lange halt", meinte Jan und zuckte die Schultern.
"Okay und wer beginnt?", fragte Harry.
"Das Geburtstagskind" Josh neben mir kicherte leise und klopfte Harry neben sich ermutigend auf den Rücken.
"Nun gut..", murmelte Harry und krabbelte in die Mitte um nach der Flasche zu greifen.
"Hast du denn schonmal geküsst?", fragte Jan plötzlich.
Harry sah auf. "Natürlich. Wie alt bin ich denn? Zehn?"
Ich schluckte leicht und war wirklich froh, dass man bei dem Licht nicht all zu viel sehen konnte, denn in dem Moment war ich wirklich sehr verunsichert.
Ich bin vor etwas mehr als einem Monat 13 geworden und ich habe noch nie jemanden geküsst, außer vielleicht meine Mama, wenn ich einen Gute Nacht Kuss bekomme. Aber ich habe noch nie ein Mädchen auf den Mund geküsst. Ich weiß gar nicht, wie man das macht und wenn wir mit Flasche spielen, dann ist es auch noch zufällig, wen man küssen muss, was ist, wenn ich einen Jungen küssen muss?
Nervös knetet ich meine Hände in meinem Schoß. Ich wusste ganz genau, dass ich nicht verschont blieb. Ich würde heute jemanden küssen müssen.
Schon den ganzen Tag bis jetzt war ich nie wirklich an den Gesprächen von Harrys Freunden beteiligt. Ich hielt mich sehr im Hintergrund und hoffte einfach, dass es sehr schnell wieder vorbei sein wird. Dieser Geburtstag zog sich ewig und eigentlich kommt es mir so vor als wäre ich hier schon seit mehr als fünf Stunden.
"Wer hat denn bitte noch nie geküsst?", fragte Benjamin - wobei ihn alle Benni nannten - lachend in die Runde. Ich hielt mich zurück und log. Ich hob nicht meine Hand. Niemand hob seine Hand. Also entweder haben hier wirklich schon alle mal jemanden geküsst oder es gab auch noch andere, die wie ich logen um nicht wie ein Außenseiter dazustehen.
"Na dann sollte das ja halb so schlimm sein, oder?"
Harry zuckte die Schultern. "Also ich hab kein Problem. Ist doch witzig, oder?"
"Wir können es ja noch witziger machen!", rief Jan plötzlich rein, bevor Harry die Flasche drehen konnte.
Genervt stöhnten die Mädchen auf. Wahrscheinlich warten sie nur sehnsüchtig darauf einen Kuss von Harry zu bekommen.
"Was hast du wieder für Ideen?" Tina schnaufte und lehnte sich zurück ans Sofa.
"Wir spielen mit verbundenen Augen. Der, der dreht bekommt die Augen verbunden und weiß gar nicht, von wem er geküsst wird", schlug Jan vor.
"Das ist doch blöd. Wieso sollte man nicht wissen, von wem man geküsst wird?", fragte Harry und setzte sich ohne die Flasche überhaupt berührt zu haben wieder normal hin.
Ich fand die Idee eigentlich ganz gut. So werde ich niemals erfahren, wen ich küssen musste. Das einzige Problem wird nur kommen, wenn ich der bin, der gedreht wird. Dann muss ich wohl oder übel sehen, wen ich küsse..
Am liebsten würde ich gehen oder sagen, dass es mir nicht gut geht, damit mich mein Papa abholen kann.
Wieso bin ich eigentlich so? Sogar Harry hat schonmal geküsst! Bin ich vielleicht ein Spätzünder..?
Ob Zayn oder Toni schonmal geküsst haben? Nein. Mit Sicherheit nicht. Wen sollten die denn bitte küssen? Die hatten genauso wenige Mädchen als Freunde wie ich. Nämlich keine.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht mitbekam, dass wir doch normal spielen und Harry bereits die leere Flasche Robby Bubbles gedreht hat. Ich betete, das es nicht ich sein werde, der gleich von ihm geküsst wird und anscheinend wurde mein Gebet sogar erhört aber auch wirklich nur Haarscharf. Harry muss Tina küssen.
Sofort rutschte ich noch ein bisschen mehr zu Josh, damit es auch wirklich eindeutig war, dass die Flasche auf Tinas Knie und nicht meins zeigte.
"Na du willst ja wirklich alles dafür tun, dass Harry dich nicht küsst", murmelte Josh, weshalb ich leicht zusammenzuckte. Ich drehte mich zu ihm und zuckte die Schultern. "Wieso sollte ich von ihm geküsst werden wollen? Ich will von niemandem hier freiwillig geküsst werden", zischte ich leise zurück.
Harry allerdings war bei dem Thema anscheinend genauso frühreif wie jeder andere - außer ich natürlich - in der Runde auch.
Ohne zu diskutieren setzte er sich vor Tina und küsste sie kurz.
Auch wenn ich nicht gut sehen konnte, erkannte ich trotzdem, wie Harry seinen Kopf etwas schief legen musste - vielleicht damit sich ihre Nasen nicht berührten - und sich dann ihre Lippen kurz berührten. Aber sie blieben zu, das muss ich mir also merken. Man küsst nicht mit offenem Mund und meine Hände müssen anscheinend auch nichts machen. Zumindest hatte Harry seine Hände einfach bei sich gelassen. Aber was ich noch gesehen habe.. Harry hat die Augen zugemacht. Aber wieso macht er die Augen zu? Wenn ich die Augen zu mache, dann sehe ich doch gar nicht, wo ich hin küsse.
Ich schluckte leicht. Das ist mir viel zu kompliziert..
Vielleicht muss ich einfach beten, dass ich gar nie drankommen werde und am Ende einfach vergessen werde. Wir können das schließlich jetzt keine Stunde lang spielen. Ein paar Runden würden doch reichen.
Aber was ist, wenn wir danach Wahrheit oder Pflicht spielen? Was ist, wenn es erwachsenes Wahrheit oder Pflicht ist?
Seit wann bin ich denn bitte so ein Feigling?
Naja.. Liegt vielleicht daran, dass ich mit Zayn und Toni nur Fußball spiele. Selbst bei schlechtem Wetter waren wir draußen und spielten auf dem Bolzplatz.
"Louis!"
Sofort schüttelte ich meinen Kopf von meinen Gedanken frei, setze mich aufrecht hin und sah meinen Gegenüber an. Jan. Ich mochte ihn nicht. Er ist der einzige in der Runde, der schon 14 ist und meiner Meinung nach ist er ein totaler Nichtskönner. Er ist zwar älter als wir alle anderen, aber er benimmt sich wie ein Baby manchmal. Er ist im Unterricht immer sofort eingeschnappt, wenn etwas nicht so geht, wie er will. Auf der anderen Seite aber ist er total Frühreif. Ich könnte mir bei ihm gut vorstellen, dass er schon seit Jahren seinen ersten Kuss hatte.
Aber wieso sagte er eigentlich etwas zu mir?
Die Flasche zeigte nicht einmal auf mich, also wieso wollte er meine Aufmerksamkeit?
"Wir haben in die Runde gefragt, wer der erste Kuss war und wann", klärte Harry mich kichernd auf.
"Oh-" Ich schluckte und sah kurz in die Runde.
"Ehm.. Und jetzt bin ich dran mit erzählen?", fragte ich.
Harry nickte und lächelte breit.
"Und das Spiel?", lenkte ich weiter ab. "Spielen wir gleich weiter, wenn jeder geantwortet hat. Aber ich war halt neugierig und wollte es von allen gerne jetzt wissen", klärte mich Harry auf.
"Ah.." Ich nickte leicht. "Und wann hattest du deinen ersten Kuss und mit wem? Tut mir leid, ich war in Gedanken" Aber eigentlich wollte ich nur eine Antwort, weil ich wissen musste, was ich antworten sollte. Wenn Harry seinen ersten Kuss erst vor ein paar Wochen hatte, dann wäre es für mich nicht so peinlich, wenn ich sagen würde, dass ich ihn auf meiner Geburtstagsparty hatte. Zum Glück hatte ich da keine Zeugen, denn keiner der Anwesenden war auf meinem Geburtstag.
"In der dritten Klasse", meinte Harry gelassen. In der dritten Klasse?!
Doch jetzt, wo ich so zurück dachte fiel es mir wieder ein. Toni und ich waren einmal live dabei, als Harry Josh geküsst hat oder andersrum. Also war sein erster Kuss Josh?
"Und mit wem?", wollte ich weiter wissen.
"Joshi" Harry lächelte breit. Er nannte Josh immer Joshi..
Ich nickte leicht. Es war immer noch etwas komisch, dass Harrys erster Kuss mit seinem besten Freund war. Ich meine, wieso? Ich würde niemals Zayn küssen wollen. Ich würde niemals irgendeinen Jungen küssen wollen. Niemals würde ich irgendwen küssen wollen!
"Also, wann hattest du deinen ersten Kuss?", fragte er.
"Auf meiner Geburtstagsparty" Ich zuckte die Schultern.
"Hattest du nicht an Heilig Abend Geburtstag?", fragte eine der Mädchen.
Ich nickte. "Aber letztes Jahr an meinem Geburtstag", redete ich mich raus. Am Ende war es doch zu spät, wenn ich meinen ersten Kuss an meinem 13. Geburtstag hatte. "Also mit 12?", fragte Lola. Erneut nickte ich.
"Und mit wem?", fragte Harry weiter.
"Einer Freundin von meiner Cousine", log ich. Ich hatte keine Cousine. Und es gab auch keine Mädchen auf meinem Geburtstag. Aber ich wollte definitiv nicht sagen, dass ein Junge mein erster Kuss war. Selbst wenn auch das gelogen war.
"Wie alt?", fragte Josh und wackelte mit den Augenbrauen.
"Ach" Ich zuckte die Schultern. "Ein paar Jahre älter. Sie war 15", log ich. Ich wollte einfach cool rüber kommen.
"Wow. Louis hat eine 15 jährige geküsst", staunte Jan. "Ich überreiche dir die Ehre jetzt die Flasche zu drehen"
Mit großen Augen sah ich ihn an. "Was? Wieso ich? Tina ist doch eigentlich dran!"
Ich wollte mich doch eigentlich so lange wie möglich zurückhalten. Wieso muss ich denn jetzt die Flasche drehen? Nur weil sie dachten, dass ich eine 15-jährige geküsst habe?!
"Schiss, oder was?", lachte Benjamin.
Ich sah ihn aus kleinen Augen an. Sowas lass ich nicht auf mir sitzen. Wenn Harry küssen kann, dann kann ich das schon lange!
Energisch nahm ich Jan die Flasche ab und drehte sie mit viel Schwung.
Wer auch immer es sein mag, du hast die Ehre mein erster Kuss zu sein.
Innerlich sprach ich mehrere Gebete. Ich wollte am liebsten ein Mädchen küssen. Wenn ich schon jemanden küssen musste, dann immerhin keinen Kerl.
"Tja. Du musst wohl nochmal", lachte Harry.
Ich sah runter. Scheiße, die Flasche zeigte auf mich.
"Oder ich küsse einfach mich selbst", scherzte ich.
Eigentlich war es nicht einmal ernst gemeint, aber Harry musste trotzdem laut loslachen. Es lachte kein anderer. Nur er. Trottel.
Diesmal drehte ich die Flasche mit weniger Schwung und beobachtete sie dabei genau.
Doch anscheinend stand das Glück diesmal nicht auf meiner Seite. Meine Gebete wurden nicht gehört. Keins. Ich musste einen Jungen küssten. Und ich musste nicht nur irgendeinen Jungen küssen. Ich musste Harry küssen. Mehr als eindeutig zeigte die Flasche auf Harry und leider nicht auf Zoey, die neben ihm saß. Das wäre zwar nicht mein Wusch gewesen, aber besser als er.
"Na dann. Komm rüber", lachte Harry.
Wie kann er da so locker bleiben?! Wir sind Erzfeinde! Wir können uns nicht einfach küssen!
Oh Gott.. Wenn Zayn oder Toni das erfahren würden.. Ich würde gekreuzigt werden und in die Hölle kommen!
Dennoch ließ ich mir meine Unsicherheit nicht anmerken.
Ich krabbelte zu Harry rüber und setzte mich vor ihn. Meine Hände ließ ich in meinem Schoß, genau wie er es bei Tina gemacht hatte.
Unsere Knie berührten sich leicht, was mich etwas aus dem Konzept brachte. Ich wollte ihn am liebsten gar nicht berühren. Nie würde ich ihn freiwillig berühren wollen.
Aber ich durfte jetzt nicht weiter darüber nachdenken, ob wir uns berühren oder nicht. Ich durfte es nicht zu auffällig machen.
So wie Harry es bei Tina machte, legte ich meinen Kopf leicht nach rechts und kam ihm etwas näher. Natürlich ließ ich meine Augen offen. Ich wollte nicht daneben küssen.
Muss man küssen eigentlich üben, oder kann man das einfach so? Ist sowas angeboren? Mit Sicherheit, oder? Ich hab noch nie davon gehört, dass es dafür Kurse gibt und in der Schule wird es auch nicht beigebracht.
Ohne weiter darüber nachzudenken überbrückte ich die letzten Millimeter und legte meine Lippen auf die von Harry.
Es fühlte sich komisch an. Ich mochte den Körperkontakt überhaupt nicht und in dem Moment fragte ich mich, wieso meine Eltern sowas öfter machten.
Bevor es noch zu lange dauerte, zog ich meinen Kopf wieder zurück.
Ich hatte mich keinen Millimeter bewegt. Unsere Lippen haben sich einfach berührt und weiter nichts. Aber war das richtig? Es hat sich definitiv falsch angefühlt. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass es Harry war.
Schnell wischte ich mir über die Lippen und setzte mich wieder zurück. Sofort waren wieder alle Mädchen gespannt darauf, wen Harry als nächstes küssen musste.
Doch das einzige was in meinem Kopf schwirrte, war der Gedanke, dass mein erster Kuss jetzt für immer von Harry sein wird.
[3898 Wörter]
Wann hattet ihr euren ersten Kuss? 👀
Meine Antwort: 15✌🏻
~D 💙💚
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro