56. Lieber Harry
P.o.V.: Louis
"Ich hab das gesehen!", wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
Erschrocken fuhr ich herum und blickte in das strahlende Gesicht meiner Mutter. "Was gesehen?", fragte ich dümmlich und kratzte mich kurz am Hinterkopf. Schnell sah ich auf den Boden und dann wieder nach oben in ihr Gesicht.
"Harry. Er hat dich geküsst. Also war es doch ein Date", schlussfolgerte sie, da ich ihr heute morgen eventuell gesagt habe, dass Harry und ich uns nur unter Freunden treffen. Ich wollte einfach nicht über meine Gefühle sprechen. Das ist unangenehm. Vor allem, wenn ich noch nicht mal weiß, ob es überhaupt mehr zwischen uns wird.
"Wie hast du uns gesehen?", wich ich ihrer Frage aus.
"Ich war gerade dabei das Abendessen zu kochen" Sie grinste und wank mich dann rein. "Also, erzähl schon. Wie war es?"
Bevor ich ihr antwortete, zog ich mir in aller Ruhe meine Schuhe aus und stellte meinen Rucksack auf die erste Stufe der Treppe. Ich musste mir erstmal alle meine Worte in meinem Kopf zurechtlegen. Was soll ich denn erzählen? Dass ich in Harry verknallt bin? Ja und dann? Dann wird sie sagen, dass ich es ihm sagen soll, vor allem nach dem kleinen Kuss. Aber sie wird nicht meine anderen bedenken verstehen. Wieso sollte sie auch? Nichtmal die eine andere Hälfte von mir versteht mich. Aber trotzdem sind viele Zweifel da.
"Wir sind nicht zusammen", legte ich direkt von Anfang an klar. "Und ich glaube auch nicht, dass wir das so schnell sein werden. Harry mag mich vielleicht auch sehr zu mögen, aber er ist einfach- er ist- er ist perfekt, wie er ist, okay? Aber du hast zu mir gesagt, dass die erste Beziehung oder sogar die ersten Beziehungen nichts für die Ewigkeit sind und ich noch viele Erfahrungen sammeln werde, bevor ich die Liebe meines Lebens finde", plapperte ich drauf los.
Mit einem lauten Seufzen ließ ich mich auf einen Stuhl am Esstisch fallen und versteckte mein Gesicht in meinen Händen. "Das ist alles scheiße", flüsterte ich gegen meine Hände.
Meine Mum legte mir eine Hand auf den Rücken und streichelte mich sanft. "Louis.. Du sollst sowas doch nicht immer direkt wörtlich nehmen" Sie setzte sich neben mich und entfernte mir meine Hände von meinen Gesicht.
"Aber du hast es gesagt. Niemand ist mit 80 noch mit dem Menschen zusammen, mit dem man mit 18 zusammen kam"
Wieder seufzte sie leise. "Louis, so meinte ich das aber nicht. Natürlich kannst du mit 80 noch mit Harry glücklich sein. Es ist nur-" - "Es ist nur selten und unrealistisch", unterbrach ich sie.
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, du und Harry-"
"Mommy! Ich hab Hunger!", unterbrach uns Phoebe. Gleich darauf kam auch Daisy zu uns und beklagte sich über das gleiche Problem.
Ich sah meine Mum an und dann meine beiden Geschwister. "Sorry, Lou" Sie stand auf und küsste kurz meinen Kopf, ehe sie sich um meine Schwestern kümmert.
"Ruf mich, wenn das Essen fertig ist" Mit den Worten verschwand ich nach oben in mein Zimmer.
* * *
Es vergingen ganze zwei Wochen, in denen Harry und ich uns insgesamt fünf Mal sahen. Zwei Mal davon allerdings mit den anderen Jungs. Unser Verhältnis hat sich bisher noch immer nicht verändert und irgendwie stört es mich. Ich wartete auf Harry, der den ersten Schritt macht, aber es passiert nichts. Wir waren auf drei weiteren Dates, nach dem Date im Zoo. Wir haben Händchen gehalten, Harry hat mir ab und zu Küsse auf die Wange gegeben, aber über den Kuss auf die Lippen haben wir beide nicht mehr gesprochen.
Ich würde so gerne den ersten Schritt machen, vor allem, weil Zayn schon die ganze Zeit Druck macht. Er meint, dass wenn ich mir noch länger Zeit lasse, dann wird es irgendwann zu spät sein, genau wie mit ihm und Liam. Er hatte recht. Ja, wahrscheinlich wird es bald schon zu spät sein, aber aus irgendwelchen Gründen konnte ich mir nicht selbst in den Arsch treten und ihn einfach fragen, ob er mit mir zusammen sein will.
Also entschied ich mich für eine einfachere Variante. Ich würde Harry einen Brief schreiben. So musste ich ihm weder in die Augen sehen, noch mit ihm reden. Ich bin einfach nicht gut in Worten. Das war schon immer so.
Damit mich niemand stören würde, sperrte ich meine Zimmertüre ab und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich knipste das kleine Licht an und nahm mir meinen karierten Block hervor. Auf weißen Papier gerade zu schreiben, kann ich gleich vergessen. Das würde in einer Katastrophe enden.
Aber wie soll ich anfangen? Und was soll ich schreiben? Und wie soll es enden?
Ich schüttelte meinen Kugelschreiber zwischen Zeigefinger und Daumen und wippte mit meinem rechten Bein auf und ab. Hi, Harry? Hallo, Harry? Ein einfaches Hey oder Hi oder Hallo?
Ich schrieb ein H auf das Papier.
Hi, Hii, Hallo, Hey oder Heyy?
Ich zerknüllte das Papier und nahm mir ein neues.
Lieber Harry,
Das ist alles, was ich schrieb. Bevor ich wieder nachdachte. Okay, ich brauche Musik. Vielleicht bringt mich das auf Ideen.
Ich nahm mir mein Handy und spielte meine Queen Playlist auf shuffle. Die ersten Töne von Under Pressure begannen zu spielen, was mich kurz ironisch grinsen ließ. Ja, ich stehe hier unter sehr viel Druck!
Ich übersprang das Lied. Don't Stop Me Now. Viel besser.
Mein Fuß wippte im Takt der Töne mit und meine Hand bewegte den Kugelschreiber wieder wie von selbst mit.
Okay, okay, nein! Musik bringt nichts. Das lenkt mich viel zu sehr ab.
Ich machte die Musik aus und seufzte. Wieso sind Gefühle so kompliziert?!
Ich setzte meinen Kugelschreiber auf das Papier und sah an die Wand gegenüber. Kurz schloss ich meine Augen und stellte mir Harry vor, wie er vor mir stand. Was würde ich ihm sagen, wenn er vor mir stehen würde und ich keine Angst hätte über Gefühle zu sprechen? Ich muss sie hier nur auf das Papier bringen. Das ist alles. Mehr ist es nicht.
Langsam öffnete ich meine Augen wieder und sah auf meine rechte Hand. "Lieber Harry", las ich die erste Zeile vor. "Lieber Harry, ich liebe- ich mag dich sehr?", flüsterte ich vor mich hin.
Ich schüttelte meinen Kopf und schrieb dann einfach darauf los. Am Ende würde ich ihm den Brief doch wahrscheinlich sowieso nicht geben.
ich muss dir etwas sagen, was ich dir nicht persönlich sagen kann, weshalb ich mich für Stift und Papier entschieden habe. Es wäre nett von dir, wenn du dir die folgenden Zeilen durchlesen würdest, wenn du alleine bist und vielleicht Zeit hast.
Wo soll ich anfangen? Vielleicht gestehe ich dir erst einmal etwas, was mir schon seit mehr als 5 Jahren auf dem Herzen liegt. Erinnerst du dich an deinen 13. Geburtstag? Wir haben Flaschendrehen gespielt und ich habe jede Runde gebetet, dass ich dich nicht küssen muss, aber wie es das Schicksal so wollte, kam es früher oder später doch dazu, dass ich dich küssen musste. Oder du mich, so genau weiß ich es tatsächlich gar nicht mehr. Ich glaube, du musstest mich küssen.. Jedenfalls habe ich dir gesagt, dass ich schon meinen ersten Kuss hatte. Das war gelogen. Ich hatte meinen ersten Kuss mit 13. Um genauer zu sein am 01. Februar 2004. An deinem Geburtstag. Mit dir. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was meine Gedanken waren. Davor habe ich den anderen zugeguckt, wie sie geküsst haben, weil ich nicht wusste, wie es geht. Ich glaube bis heute, dass ich ein verdammt schlechter Kuss war. Unser Kuss zählte wahrscheinlich nicht einmal als echter Kuss. Wir hatten lediglich unsere Lippen aufeinander gepresst.
Aber um direkt mit dem nächsten Geständnis anzufangen: Ich habe seit dem niemanden mehr geküsst. Ich bin eigentlich noch komplett unberührt und dafür schäme ich mich. Wahrscheinlich schämst du dich für mich auch, weil ich immer so tue, als wäre ich der volle Draufgänger, aber dabei hatte ich bisher nur dich geküsst, wegen Flaschendrehen. Eine Jungfrau bin ich offensichtlich auch..
Ich weiß nicht genau, wieso ich dir all das erzähle, aber ich habe das Gefühl, dass du es wissen musst. Vor zwei Wochen, als wir zusammen im Zoo waren, da hatte ich echt verdammt Spaß, aber der schönste Teil, war der Kuss, den du mir gegeben hast. Der weniger schöne Teil: Meine Mum hat mich gesehen. Besser gesagt uns. Dann musste ich mich erklären und das war verdammt unangenehm.
Gibt es einen Grund, warum wir darüber nicht mehr geredet haben? Bereust du es, dass du es getan hast?
Ein anderer Teil, den ich sehr mag: Wenn du meine Hand hältst. Ich weiß nicht wieso, aber es fühlt sich verdammt schön an, jemanden in der Hand zu halten. Vielleicht bin ich auch einfach gestört, aber ich meine es eigentlich ernst.
Weißt du, was ich noch mag? Deine grünen Augen. Auch wenn du sagst, dass sie nicht so besonders sind, finde ich schon. Weißt du, was besonders daran ist? Grün ist so selten. Ich habe jedem Mädchen aus unserer Klasse wegen deiner Bemerkung mindestens einmal in die Augen sehen müssen und keine von ihnen hatte grüne Augen. Sie waren entweder blau oder braun. Blau ist nichts besonderes, selbst wenn blau eine schöne Farbe ist. Aber blaue Augen haben viele. Du bist deshalb besonders.
Ich wollte dir auch noch etwas anderes sagen.. Ich will, dass du weißt, dass mir alles leid tut. Alles aus der Vergangenheit, egal wie lange es her ist, aber ich will dass du es hier schwarz auf weiß hast (okay, eigentlich ist es blau. Aber egal). Ich bereue alle meine Taten, alle meine Worte und alle meine Gedanken über dich. Ich hätte dich schon viel früher wertschätzen sollen. Ich hätte früher die Augen öffnen sollen und nicht so blind durch die Welt laufen. Ich hätte dir schon in der dritten Klasse die Hand reichen sollen und dir zeigen sollen, dass du hier willkommen bist. Hier in Donny.
Und apropos Doncaster: Durch unsere Gespräche habe ich das Gefühl, dass London so ein kleiner Traum von dir ist und das verstehe ich. Ich wünschte, ich hätte Träume wie du. Aber alles, was ich will, ist Fußballer zu werden und das ist verdammt unrealistisch. Stattdessen fange ich an im Krankenhaus zu arbeiten. Nicht mein Traum, aber ein cooler Job. Es macht mir Spaß, selbst wenn es so überhaupt nicht zu mir passt. Ich will, dass du deine Träume verfolgt und ich will dich bei deinen Träumen unterstützen. Ich stand so lange nicht hinter dir und habe dir so oft das Bein gestellt. Ich will das nicht mehr. London scheint dich glücklich zu machen, und ganz ehrlich? Wenn du ein Lächeln auf den Lippen trägst, dann kann ich nicht anders als auch zu lächeln. Auch wenn das bedeutet, dass du (warte, ich muss googeln) ungefähr 3h und 15min von mir weg wohnen würdest. Mit dem Zug sind es aus welchen Gründen auch immer sogar nur 2h, das ist nicht zu viel.
Harry, ich hoffe, dass ich nicht zu spät bin. Ich will wirklich nicht zu spät sein, aber ich muss nochmal ehrlich sein.
Meine Mum hat mal zu mir gesagt, dass ich noch viele Erfahrungen mit der Liebe sammeln muss, bevor ich die wahre Liebe finde. Vor zwei Wochen, nach dem Tag im Zoo, da hat sie mir gesagt, dass es durchaus Paare gibt, die noch mit 80 mit der Person zusammen sind, die sie mit 18 kennen gelernt haben.
Ich wollte dich an dem Dienstag eigentlich schon fragen, ob du vielleicht.. naja, du weißt schon.. Aber dann hatte ich Angst, dass es sowieso kaputt geht, weil du mein erster Freund wärst.
Ich bin so unerfahren. Ich weiß doch selbst erst seit ein paar Wochen, dass ich auch auf Typen stehe. Ich hatte einfach Zweifel, dass es unnötig ist.. Ich wollte nicht wieder Liebeskummer haben, weil ich weiß, wie scheiße es sich anfühlt, selbst wenn das erste mal Liebeskummer bei mir schon echt bescheuert war.
Jedenfalls.. Ich will dich jetzt das fragen, was ich dich eigentlich schon vor zwei Wochen hätte fragen können.
Harry?
Willst du mit mir zusammen sein?
In Liebe,
Louis ♡
[2001 Wörter]
Fun Fact: Meine Notizen haben ergeben, dass in der Fan Fiction heute der 28. Juli ist.
Und ich schwöre, das war absolut nicht geplant 😂 Aber good to know. 28 is everywhere!
~D 💙💚
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