47. etwas Zeit
P.o.V.: Louis
Ich ließ mir Zeit, ehe ich mit den ersten Worten herausrückte.
Selbst als die ersten Worte fielen, wusste ich in meinem Kopf dennnoch nicht wirklich, was ich am Ende mit dem Gespräch erreichen wollte. Mein Bauch hatte da so eine Ahnung. In meinem Bauch tobte zwar noch immer das ungewohnte und unbequeme Gefühl, aber jetzt war ich mir mittlerweile fast sicher, dass es sich hierbei um Schmetterlinge und Glücksgefühle handelte. All zu erfreut von meiner Erkenntnis war ich zwar überhaupt nicht und daran gewöhnen wollte ich mich auch auf keinen Fall.
"Mama, kannst du mir mehr über die Veränderungen erzählen?", begann ich ein mehr als unangenehmes Gespräch.
Zuerst sah mich meine Mutter fragend und ein bisschen verwirrt an, ehe sie sich wahrscheinlich an unser Gespräch von vor ein paar Monaten zurück erinnerte.
Selbst wenn es jetzt schon wirklich echt lange her ist, erinnerte ich mich noch an jedes einzelne Detail. Ich bekam das Gespräch gar nicht mehr aus meinem Kopf raus, selbst wenn ich es versuchen würde. Es würde am nächsten Tag sofort wieder auftauchen.
Auch das Gespräch, was wir danach hatten, bei welchem ich meiner Mutter unterstellt hatte, dass sie denkt, dass ich schwul bin und so weiter und sofort. Selbst das hatte sich an meinen Gehirnzellen festgekrallt, welche dafür zuständig waren, sich an Dinge aus der Vergangenheit zu erinnern. Wenn es sowas überhaupt gibt.
"Was genau möchtest du denn, dass ich dir sage, Lou? Ich glaube es wäre einfacher, wenn du mir einfach erzählst, was in deinem Kopf und deinem Bauch vor sich geht", schlug meine Mum vor.
Ich überlegte einen Augenblick.
Was geht genau in meinem Kopf vor?
Und was, außer das neue Gefühl, geht in meinem Bauch vor?
Ich räusperte mich und zuckte leicht die Schultern. "Mein Kopf sagt mir, dass ich nicht auf mein Bauchgefühl hören soll. Vor allem, weil es bescheuert ist", meinte ich ehrlich. Ja, mein Kopf sagt mir sekündlich, dass ich mir nichts darauf einbilden soll, nur weil Josh mich als Freund mag und Harry sowieso. Außerdem will er, dass ich wie Zayn ein hübsches Mädchen aus meiner Klasse zum Ball einlade.
Mein Bauch auf der anderen Seite..
"Mein Bauch will von allem das Gegenteil"
Meine Mutter nickte leicht und strich mir sanft über den Rücken. "Weißt du, Louis.. Ich weiß, dass du nicht bescheuert bist und ich weiß deshalb genau, dass du eigentlich genau weißt, was du zu tun hast und was alle die Gefühle zu sagen haben. Ich denke, du möchtest einfach, dass ich dir irgendwie das Gegenteil von all dem beweisen kann. Aber Louis, das kann ich nicht. Das kann niemand. Nicht einmal dein Sturkopf. Denn selbst der wird irgendwann aufhören dir zu sagen, was du zu tun hast, wenn du eigentlich etwas anderes willst"
Ich schluckte und senkte den Kopf. "Ich weiß", flüsterte ich. Ja, ich weiß was all das zu bedeuten hat. Doch ich habe meine Chance schon lange verpasst. Ich habe alle meine Chancen achtlos zur Seite geschoben und nicht ein einziges Mal auf mein Herz gehört. Ich bin stur geblieben und wollte mir damit einreden, dass ich mich nicht auf das einlassen soll, was mir ein so schönes Erlebnis bieten könnte. Nein, es war kein Erlebnis. Erlebnisse sind kurzfristig. Hätte ich mich darauf eingelassen, als ich meine Chance hatte, hätte ich eine ganz andere Zukunft. Eine Zukunft mit ganz anderen Aussichten und vielleicht auch ein paar anderen Ansichten.
Aber jetzt.. jetzt sitze ich hier und weiß genau, dass ich verloren habe. Eigentlich bin ich kein guter Verlierer. Eigentlich würde ich sofort wieder aufstehen und meinen Gegner um eine Revanche anbetteln und all das würde ich eigentlich so lange wiederholen, bis ich gewinne. Aber hierbei geht es nicht um Fußball oder ein einfaches Brettspiel. Das hier ist was anderes. Das hier ist was ernstes. Etwas, wo es keine unzähligen Versuche gibt. Hier hat man nur eine Chance.
Leicht lehnte ich mich gegen meine Mum und nickte leicht. "Ich weiß, was ich möchte. Aber ich kann es nicht mehr haben", flüsterte ich.
Meine Mutter legte mir ihre Arme um meinen Oberkörper und schüttelte ihren Kopf. "Manchmal, da glaubt man gar nicht, was für Türen einem noch alles offen stehen", meinte sie.
"Diese ist aber geschlossen. Ganz sicher"
"Dann tut es mir wirklich leid. Ich würde nur das beste für dich wünschen, aber ich weiß, dass deshalb noch lange nicht die Welt untergeht. Du wirst schon noch eine offene Türe finden", versprach sie mir.
Ich nickte leicht und seufzte schwer.
"Willst du noch was loswerden?", fragte sie.
Ich blieb wieder für einen Augenblick still, ehe ich leicht nickte.
"Aber ich will nicht darüber reden", nuschelte ich.
"Das musst du nicht, wenn du nicht bereit dazu bist. Du kannst darüber schweigen, du kannst aber auch einfach darüber nachdenken. Ich hab nur das Gefühl, dass du wirklich sehr dringend darüber reden möchtest und das auch brauchst. Du weißt, dass du von mir und keinem anderen hier in diesem Haushalt verurteilt wirst"
Leise seufzte ich. "Ich weiß.. Es ist nur so schwer..", murmelte ich.
"Willst du über ihn reden?", fragte meine Mum urplötzlich.
Perplex sah ich sie an. "I-ihn..?"
"Louis ich bin deine Mutter. Ich kenne dich besser, als du denkst"
Wirklich mehr als überrascht blickte ich nach unten auf den Boden. Sie weiß von Harry. Natürlich weiß sie von Harry. Alles hier schreit nach Harry. Ich muss aber auch immer so offensichtlich reden. Wieso kann ich nicht einfach normal über meine Gefühle reden, ohne, dass jeder sofort weiß, dass es um Harry geht?
"Louis, weißt du, was deine Gefühle dir sagen wollen?", fragte meine Mutter weiter.
Ich nickte.
Ja, sie wollen eindeutig, dass ich mehr Zeit mit Harry verbringe. Sie wollen, dass ich mich bei ihm entschuldige, für was auch immer. Sie haben- da sind Gefühle. Gefühle für Harry, in welche ich nichts hineininterpretieren will.
Oh Gott. Wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass ich für jemanden, den ich eigentlich nie gemocht habe plötzlich Gefühle entwickel? Nein, wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass ich überhaupt Gefühle für einen Jungen entwickelt habe?
Seit wann bin ich so?
Seit wann bin ich so sensibel und so emotional?
Seit wann überdenke ich alles mehrere Male?
Seit wann rede ich eigentlich so offen mit meiner Mutter über Dinge, die mir verdammt unangenehm sein sollten.
"Und weißt du, was das beste ist?", fragte sie weiter.
Ich schüttelte ehrlich den Kopf. Vielleicht ins Koma fallen? Nie wieder aufwachen?
"Lass dich darauf ein. Willst du mir etwas über den Jungen erzählen?"
"Er.. Zayn würde sagen, dass wir zusammen passen wie Yin und Yang und das ist vielleicht sogar wirklich wahr. Aber wie schon gesagt. Ich habe alle meine Chancen verpasst und nicht genutzt"
"Die Bilder und Songtexte. Die waren von ihm?", fragte sie plötzlich.
Ich nickte, auch wenn ich schon wieder überrascht war, wie sie wieder darauf kommt. Wie sie das überhaupt schlussfolgerte.
"Dann hat er dich auch sitzen gelassen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Das war keine Absicht. An seiner Stelle wäre ich auch einfach weiter gegangen und hätte mich nicht getraut. Er hat sich dafür schon entschuldigt aber ich hab mir nicht viel aus der Entschuldigung gemacht..", gab ich ehrlich zu.
Spätestens jetzt war ich mir mehr als sicher, dass sie weiß, dass es Harry ist. Allein schon, weil sie genauso gut wie ich wusste, dass Harry mit den Bilder in Verbindung stand. Schon von Anfang an.
"Mach dich deshalb bitte nicht selbst runter", flüsterte sie und im nächsten Moment platzierte sie mir einen liebevollen Kuss auf meinen Haaransatz.
"Ich wünschte das wäre so einfach. Aber ich fühle mich so schlecht. Ich habe nicht nur mich selbst die ganze Zeit belogen, sondern vor allem auch meinen besten Freund. Ich hab Zayn belogen, mich selbst und ihn. Und das schlimmste an all dem ist, dass ich gestern noch nichtmal damit gerechnet habe, dass ich heute so denke. Gestern war ich noch nicht mal ansatzweise so weit, dass ich darüber reden kann, was mit meinen Gefühlen ab geht" Ich löste mich aus der Umarmung von sah meine Mutter überfordert an. "Mama, das geht mir zu schnell. Das überrumpelt mich", nuschelte ich.
Ich will viel lieber der Alte sein. Ich will der sein, der sich keine Gedanken darüber macht, was andere und vor allem Harry über mich denkt. Ich will wieder einfach nur an Fußball denken und nicht über irgendwelche Gefühle, die jetzt alles zerstören.
"Lou.. Schatz, du musst doch überhaupt nichts machen. Du bist zu überhaupt nichts verpflichtet. Lass es einfach auf dich zukommen"
Ich schüttelte meinen Kopf. "Das geht nicht, wenn alles in mir schreit, dass ich ein Versager bin und ein Arschloch für das, was ich gemacht habe. Ich kann nichts auf mich zukommen lassen, weil nichts auf mich zukommen wird"
Meine Mun seufzte und strich mir über den Rücken. "Du bist kein Versager", flüsterte sie. "Du wusstest es einfach nicht besser"
Ich nickte leicht, selbst wenn ich ihren Worten keinen Glauben schenkte. Natürlich wusste ich es besser. Ich wollte es nur nicht glauben. Ich wollte mich nicht verändern. Vor allem nicht, weil ich niemanden meiner Freunde deshalb verlieren wollte. Auch wenn ich Toni deshalb verloren habe. Aber was wäre denn gewesen, wenn ich auch Zayn verloren hätte? Vielleicht mochte er mich dann am Ende doch nicht, wenn ich mich vor ihm oute und dann ein ganz anderer Typ sein werde? Obwohl ich doch immer noch Louis bin..
"Wie wäre es, wenn du dich bei ihm aufrichtig entschuldigen könntest? Vielleicht hat er auch noch niemanden für euren Abschlussball. Fragen kostet nichts, Louis"
"Würdet ihr euch nicht für mich schämen, wenn ich anstatt einem hübschen Mädchen in einem hübschen Kleid mit einem Typen auf den Ball gehe?"
Unerwartet spürte ich plötzlich, wie mir meine Mutter einen Klaps auf den Hinterkopf gab. "Louis William Tomlinson!"
Ich sah sie perplex an.
"Noch mal solche Worte aus deinem Mund und es wird fester, haben wir uns verstanden?"
Überfordert blickte ich sie an, schwieg jedoch weiter.
"Gott, Louis. Wer hat dir sowas bitte in deinen Kopf gepflanzt? Nein. Nein wir würden uns nicht für dich schämen. Du bist unser Baby. Louis du bist unser Sohn und wir stehen immer hinter dir. Mir ist es scheiß egal, mit wem du auf den Ball gehst, hauptsache du fühlst dich wohl und bist glücklich"
Leicht nickte ich.
"Aber ich- ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut", hauchte ich.
"Boo.." Meine Mutter zog mich wieder in ihre Arme und drückte mich feste an sich.
"Gib dir selbst etwas Zeit, Baby. Es tut mir leid, dass ich deine Gefühle nicht direkt nachvollziehen kann, aber ich will nicht, dass du denkst, du müsstest da alleine durch. Vergiss einfach nie, dass dein Dad und ich dich immer lieben werden und auch Zayn mit Sicherheit noch immer dein bester Freund sein wird, selbst wenn du ihm gestehen musst, dass du ein bisschen gelogen hast"
Ich schniefte leise, nickte und genoss die Stille zwischen uns. Wir redeten nicht mehr, sondern hielten uns einfach in den Armen des jeweils anderen.
Das war jetzt genau das richtige, was ich an dem Abend brauchte. Einfach ein bisschen Zuneigung und Reden.
Und vielleicht hatte meine Mutter mal wieder Recht.
Alles was ich für mich selbst brauchte, um mich selbst zu akzeptieren, war Zeit.
Zeit und ein ernstes Gespräch mit Harry.
[1873 Wörter]
Good luck, Louis!
~D 💙💚
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