Kapitel 1
Cara
Genervt blickte ich aus dem Fenster des schwarzen Audis und starrte die Bäume an, die an mir vorbeizogen und die ganze Straße säumten.
Schon seit über vier Stunden hockte ich neben meinem Zwillingsbruder Finn in diesem Auto und wartete darauf, dass wir endlich in St Louis ankamen.
Im vergangenen Sommer hatten Finn und ich beschlossen, in St Louis, einer für amerikanische Verhältnisse relativ kleinen Stadt im Bundesstaat Missouri zu studieren.
Ich wollte dorthin, weil es an der renomierten Washington University einen sehr guten Studiengang für Medizin gab, mein Bruder hatte sich dazu entschieden, da er es geschafft hatte, in die Eishockeymannschaft des Colleges, die Saint Louis Billikens zu kommen.
Auch gab es in Saint Louis die Saint Louis Whites, eine Eishockeymannschaft, die in der NHL spielte.
Mein Bruder hoffte natürlich, vom College dorthin zu kommen. Da er ziemlich gut war, hatte er ein Sportstipendium bekommen, allerdings musste auch er nebenbei noch studieren. Dass das für ihn natürlich nebensächlich war, war irgendwie klar, aber er hatte sich für einen Studiengang in Biochemie entschieden.
"Sind wir bald da?", fragte ich Finn und kam mir dabei vor wie ein nörgelnde Kleinkind. Von unserer Heimatsstadt Chicago nach Saint Louis dauerte es, glaube ich, ungefähr fünf oder sechs Stunden.
Ich starrte sein Profil an und musste wie so oft gestehen, dass wir uns kein bisschen ähnlich sahen. Abgesehen von den Augen. Die waren bei uns beiden nämlich grau.
Finn sah aus den Augen eines anderen Mädchens wahrscheinlich total heiß aus, ich konnte das jedoch mit den Augen der Schwester nicht so beurteilten.
Er war groß, dunkelhaarig und hatte Muskeln an den richtigen Stellen.
Außerdem trug er oft dieses flirtende Grinsen im Gesicht, das reihenweise Mädchen zum Schmelzen brachte.
Ich dagegen sah so aus, was man wahrscheinlich als Durchschnittsmädchen bezeichnen konnte.
Ich hatte dunkelblonde Haare und war 1,70m groß. Normal halt.
Meine Eltern arbeiteten in einer gut laufenden Firma und waren dort in höheren Positionen tätig, sodass wir eben gut leben konnten.
Viele Menschen dachten wohl, nur weil ich blond und meine Eltern mehr Geld als andere besaßen, wäre ich irgendwie dumm und abgehoben, die reiche High School-Zicke eben.
Dass ich Medizin studieren wollte, Taschen von Louis Vuitton verabscheute und eine ganz normale Clique in der High School hatte, ignorierten diese Leute geflissentlich.
In der Schule hatten mein Bruder und ich die gleichen Freunde, wir waren seit Beginn der High School zu fünft gewesen und auch geblieben.
Wahrscheinlich denkt ihr jetzt, irgendeiner von uns war eine arme Sau gewesen, wegen fünftes Rad am Wagen und so.
Das stimmte aber nicht.
Wir waren unzertrennlich gewesen, Nick, Finn, Lucas, Alycia und ich.
Bis eben unser High School Abschluss gekommen war und wir alle uns für andere Wege entschlossen hatten.
Lukas wollte ein Auslandsjahr in Frankreich machen, Alycia ging nach San Fransisco und Finn und ich eben nach Saint Louis.
Am meisten aber schmerzte mich der Abschied von Nick.
Ich war zwar mit allen sehr gut befreundet gewesen, aber er war irgendwie mein bester Freund gewesen.
Natürlich hatten wir alle jetzt noch Kontakt, aber es war nicht wie früher.
Das einzigst Gute war aber, dass Nick in Indianapolis studierte, was hieß, dass wir uns öfter mal besuchen konnten, da diese beiden Städte nicht gerade weit auseinander lagen. Es war sogar fast schon um die Ecke, wenn man die amerikanischen Entfernungen kannte.
"Ich glaube noch höchstens zwei Stunden. Willst du was essen?", tönte plötzlich die Stimme meines Bruders durch den Innenraum des Wagens.
"Hä?", machte ich und drehte meinen Kopf nach links zu ihm.
Genervt setzte er den Blinker und fuhr von der Interstate ab, um bei einem einsamen McDonald's in den McDrive zu fahren.
"Du hast mich gefragt, wie lange wir noch brauchen, ich hab dir geantwortet und dich dann noch gefragt, ob du was essen willst. Was willst du?", wiederholte er seine Worte von vorher.
"Achso. Einen Big Mac und eine Sprite. Ah, und Pommes mit Süß-sauer- Soße."
Ich liebte McDonald's.
Und ganz ehrlich, Leute.
Ich scheiß drauf wie ungesund das Zeug ist. Es schmeckt einfach zu gut, um darauf zu verzichten, auch wenn es als Kind irgendwie besser geschmeckt hatte. Vielleicht, weil es da noch etwas besonderes war, da man als Siebenjährige ja nicht einfach zu McDonalds spazieren konnte.
Finn orderte die Bestellung und wenige Minuten später biss ich genüsslich in meinen Burger und kleckerte wahrscheinlich ein Kilo Soße auf mein Shirt.
Mein Bruder fuhr derweil einhändig das Auto, in der anderen Hand hielt er seinen Cheesburger, von dem er regelmäßig abbiss. Multitasking vom Feinsten.
Nachdem ich meinen Burger, natürlich ohne es geschafft zu haben, die drei Brötchenteile gleichmäßig zu essen - wer bekam das schon hin - und die Pommes verspeist hatte, lehnte ich meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen.
○●○
Laute Musik drang durch meine vernebelten Gedanken und ich fuhr mit einem Ruck hoch, als mir plötzlich jemand ins Ohr pustete.
"Bist du komplett gestört?", schrie ich Finn an, der grinsend auf seinem Fahrersitz lümmelte und mir wie ein kleines Kind Luft ins Ohr gepustet hatte.
"Nö", er zuckte mit den Achseln und grinste mich an.
"Ich hab mir nur überlegt wie ich dich wecken könnte. Du hast Glück, dass ich dir keine Flasche Wasser über den Kopf geschüttet habe. Oder, dass ich die Musik so laut gemacht hätte, dass..."
"Ja, okay, ich hab's verstanden."
Ich unterbrach seinen Redeschwall und wandte mich kopfschüttelnd ab, um meinen Gurt zu lösen. Ich stieg aus und lehnte mich gegen den schwarzen Wagen.
Staunend sah ich mich um.
Am Horizont konnte ich den berühmten Brückenbogen von Saint Louis sehen, davor ragte das altehrwürdige Gebäude der Washinton University auf.
Nachdem Finn das Auto auf einem Parkplatz, der regelkonform war - er hatte zuerst auf dem Parkplatz für die Professoren geparkt - abgestellt hatte, gingen wir durch ein Tor, das uns zu einem wunderschönen Park führte, der von lauter Studenten bevölkert wurde.
Wir folgten den Wegweisern, die den Weg zum Hauptgebäude des Colleges zeigten, als wir an einer Gruppe Jungs vorbeikamen, die sich angeregt unterhielten.
Beim Vorbeigehen, konnte ich einen Blick auf den Typ erhaschen, der auf die anderen fünf einredete.
Zugegebenermaßen sah er wirklich gut aus.
Er hatte dunkelbraune, fast schwarze Haare, die ihm wirr in die Stirn hingen und einen äußerst schönen Mund. Seine Lippen waren einfach göttlich. Keine Ahnung, wie ich sie sonst beschreiben könnte.
Kurz hob er den Blick und sah in meine Richtung. Er hatte grüne Augen, fast schon in einer smaragdgrünen Farbe. Es sah etwas unwirklich aus, so, als würde er Kontaktlinsen tragen.
Eben diese Augen folgten meinen Schritten. Als ich den Kopf wieder nach vorne wandte, bildete ich mir jedoch immer noch ein, seinen Blick auf mir zu spüren.
Ich drehte mich aber nicht mehr zu Grünauge um.
"Mann, Cara, schau mal nach vorne, wenn du wohin läufst", schnauzte Finn mich an, als ich ihm versehentlich in die Hacken lief.
"Sorry", murmelte ich und zuckte entschuldigend mit den Achseln.
Mein Bruder schnaubte nur und wir setzten unseren Weg fort.
Mir entgingen die Blicke der vorbeikommenden Studentinnen nicht, die an Finn haften blieben.
Hatten die nichts anderes zu tun?
Dass ich vor ein paar Sekunden noch selbst Grünauge abgecheckt hatte, ignorierte ich natürlich gekonnt.
Das war etwas vollkommen anderes.
Wenige Minuten später erreichten wir das Hauptgebäude und somit auch ein Sekretariat, das Auskunft und Schlüssel für die Studentenwohnheime ausgab.
"Hi.", lächelte Finn die Sekretärin um die dreißig an.
"Name?", fragte diese ihn mürrisch und ich musste kichern.
Dass er eine Abfuhr von einem weiblichen Wesen kassiert hatte kam natürlich nicht oft vor. Und das ging an seinem Ego nicht spurlos vorbei.
" Finn und Cara Davis", antwortete ich für Finn, der plötzlich einer langbeinigen Brünetten hinterherglotzte, die gerade an uns vorbeistolzierte.
Ein Tag hier und schon suchte er sich eine, die für ihn das Bett wärmte, oder was?
Konnte er es nicht langsam angehen lassen? Was war das mit Kennenlernen, Daten, erster Kuss und erst dann kam die ganze Sache mit dem Bett.
"Hier eure Schlüssel", die Sekretärin wedelte mit den beiden Schlüsseln vor meiner Nase rum und ich schnappte mir einen.
"Danke", zwitscherte ich, " schönen Tag Ihnen noch."
Schwungvoll drehte ich mich um und lief plötzlich gegen eine Wand.
Oder auch nicht.
"Nicht so stürmisch, Süße. Halt dir das lieber für später auf", grinste mich ein Typ an, den ich als einen der Jungs erkannte, die vorher mit Grünauge diskutiert hatten. Ha, war er ein lustiges Kerlchen.
"Nein, danke, kein Interesse", ich lächelte ihn kurz süßlich an und stolzierte dann an ihm vorbei zum Ausgang, drehte mich dann doch aber noch einmal kurz zu dem Witzbold um.
"Und nenn mich nicht Süße."
Ich wirbelte herum und wollte gerade die Tür aufstoßen, als sie schon bereits geöffnet wurde und ich mit voller Wucht in einen anderen Jungen lief.
Wow, toll Cara. Einen Tag hier und schon räumst du den ganzen Campus ab. Klasse Leistung, wirklich.
"Ähm, sorry", murmelte ich und wollte mich vorbei drücken, bis ich einen Blick nach oben wagte und sah, mit wem ich da zusammengestoßen war. Natürlich war es Grünauge.
Peinlicher ging es wohl nicht, oder?
"Nichts passiert, Süße"
Grünauge grinste mich an und lief dann an mir und Finn vorbei ins Sekretariat.
"Ich hab auch einen Namen", rief ich ihm hinterher. Was hatten die alle mit ihrem bescheuerten Süße. Ich nannte sie doch auch nicht einfach so Süßer. Oder Honey.
Verwundert drehte Grünauge sich um und sah mir dann in die Augen.
"Und der wäre?"
"Cara", antwortete ich, drehte mich um und stolzierte - ich hoffte, dass es ein Stolzieren war - mit hoch erhobenen Kopf nach draußen.
Hi, hier bin ich wieder. ✌🏼
Nach bestimmt mehr als einem Jahr habe ich beschlossen, eine neue Geschichte anzufangen.
Diese Story ist ziemlich was anderes, als meine erste Geschichte, die ja mit dem normalen Leben nicht so viel zu tun hatte. Ich weiß noch nicht, ob ich die alte Geschichte jemals beenden werde, da ich einfach mal Lust auf was Neues hatte.
Ich hoffe ihr könnt mir das verzeihen.😁
Ich versuche, jede Woche - vielleicht finde ich auch einen bestimmten Wochentag - ein neues Kapitel rauszubringen, kann euch aber nichts versprechen.
Wenn ihr Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik habt, dann könnt ihr mir das natürlich gerne in die Kommentare schreiben.
Ich will auch nicht jedes Kapitel um Votes oder so betteln, aber es würd mich natürlich freuen, wenn ihr mir was dalasst.😄
Was denkt ihr über Cara?
Irgendjemand hier, der Eishockey ansieht oder selbst spielt?
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