Gefangen
Tristan POV
Harry und Louis rannten los und ich folgte ihnen, so schnell ich konnte. Ich kannte James schon sehr lange und sein Verhalten hatte mich die ganze Zeit schon immer wieder irritiert. Manchmal war er vollkommen normal, so wie ich ihn kannte und mochte und dann wieder, war er aggressiv, machthungrig und unfair.
„Ich habe Thomas gelinkt, dass er sich ganz viel Zeit lassen soll und um jeden Preis ein Einsteigen verhindern.", hörte ich Harry rufen, der vor mir lief.
„Ist er ein Kämpfer?", fragte ich und war bereits leicht außer Atem. Als Mensch merkte ich mein Alter von Ende 50 wesentlich deutlicher als in meiner Wolfsgestalt.
„Nein. Er ist ein Gamma. Aber er ist clever, kann gut reden. Ich hoffe, er hält ihn auf.", kam es von dem jungen Alpha zurück und als wir die Straße fast herunter gelaufen waren, die Startbahn ins Blickfeld rückte, waren bereits auch Harrys Beta Liam und Lukas, so wie mein Beta Griffith auf dem Weg.
Die anderen Alphas waren nicht informiert und das war sicher auch gut so. Diese Auseinandersetzung sollte nicht gleich vor allen stattfinden, solange wir nicht wussten, was hier los war. Erstmal mussten wir James gesichert wissen, um dann eine Lösung für das Problem finden zu können.
„Du hältst Dich im Hintergrund.", hörte ich Harry zu Louis sagen, als wir schon fast am Flugzeug angekommen waren, vor dem James wild gestikulierend den Gamma dazu bringen wollte, schneller zu arbeiten.
„James. Wo willst du denn so schnell hin?", fragte ich, ein wenig außer Atem, sah Griffith an meiner Seite. Mein Beta, und gleichzeitig mein Gefährte stand neben mir, fixierte den anderen Alpha, genauso wie es Harry und Liam taten.
„Ich verlasse diesen Haufen an nichtsnutzigen Lykantrophen.", spuckte er uns entgegen und sah Louis im Augenwinkel, der sich an Harry vorbei mogeln wollte, doch der Arm des jungen Alphas bekam ihn zu packen, schob ihn wieder zurück.
„Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Wir sind hier noch nicht fertig. Außerdem willst du doch sicher nicht ohne deine Gefährtin abreisen, oder?", fragte ich und kurz konnte man in den Augen des Jüngeren etwas aufblitzen sehen. Etwas, was zeigte, dass James noch da drin war.
„Sie brauche ich genau so wenig, wie einen von euch.", spuckte er uns entgegen, schubste Thomas zur Seite, der langsam den Schlauch aus dem Tank zog, unsicher zu Harry sah, der ihm zuzwinkerte.
Vermutlich hatte Harry ihm gelinkt, dass er einfach das Betanken einstellen sollte und sagen, dass das Flugzeug bereits gefüllt sei.
„Ich denke schon, dass sie dich braucht. Genauso wie wir dich.", Harry drehte irritiert seinen Kopf zu mir, doch mein Blick zurück schien ihn zu beruhigen und so konzentrierte er sich wieder nach vorn.
Wir würden schnell sein müssen, denn James war ein sehr guter Kämpfer und ich wollte nicht, dass hier jemand ernsthafte Verletzungen davon tragen würde.
„Ihr mich? Ich denke sie haben jetzt dich, Tristian?", James lachte und es klang so gar nicht nach dem eigentlich so warmherzigen, zugewandten Alpha.
„Sie haben mich neben dir zusätzlich. Ich helfe, wo ich kann. Das weißt du doch. Aber das können wir auch zusammen. Komm schon. Wir müssen Harry gemeinsam helfen, seinen Sohn und seinen Omega in den Griff zu bekommen."
Ich wusste, dass Louis klar war, dass ich das nur aus Taktikgründen sagte, und doch drehte er den Kopf zu mir, knurrte mich an.
Dabei zwinkerte er mir jedoch kurz zu, zeigte damit, dass er verstanden hatte, dass Spiel aber mitspielte, um James nicht misstrauisch zu machen.
„Sicher?", fragte der etwas korpulentere Alpha noch einmal und ich nickte.
„Ist doch so, oder Harry?", wandte ich mich jetzt an den Schwarzhaarigen.
„Absolut. Du bist doch mein Stiefvater. Ich, ich habe eben überreagiert. Es tut mir leid.", schaffte er zu sagen und ich war stolz auf den Jungen.
„Na gut. Na gut.", gönnerhaft kam James wieder auf uns zu. „Wenn ihr mich braucht, dann, dann will ich mal nicht so sein.", er lachte und wieder wurde klar, dass irgendwas an ihm manipuliert war, denn er hörte sich gruselig an.
„Dann komm. Lass uns zurück zu Harrys Haus gehen, uns im Büro zusammen setzten.", forderte ich und er nickte.
Während er auf mich zu kam, ließ sich Griffith, Liam und Harry nach hinten fallen. Ähnlich wie bei unserer Jagd letztens, würde ich den Lockvogel spielen, dass Opfer ablenken, während die anderen sich von hinten auf ihn stürzen würden.
Ein Glück, dass sein Hirn scheinbar so vernebelt schien, dass er diese Taktik gerade nicht registrierte.
XXX
Harry POV
Es war eine stille Absprache und ich war froh, dass Tristian James hatte überzeugen können, in Richtung Haus zurück zu gehen. Wenn wir gleich angriffen, musste es schnell gehen. Er dürfte nicht die Chance bekommen, sich zu wandeln. Wir mussten ihn in Menschengestalt zu packen bekommen.
Louis hatte, Mondgöttin sei dank, meinen Befehl Abstand zu halten, angenommen und so verständigte ich mich ein letztes Mal mit den Betas, bevor wir eine Sekunde später auf James Rücken sprangen, ihn auf den Boden drückten und somit überwältigten.
Er schrie, er brüllte, während ich mit aller Kraft seine Arme auf den Rücken drehte.
„Hier!", Thomas kam angelaufen, hielt einen Kabelbinder in der Hand, den er nach meinem Nicken um die Handgelenke des alten Alphas band.
„Lasst mich los. Was fällt euch ein? Ihr Missgeburten!", schimpfte James nun und Tristian sah uns alle dankbar und mit einem Lächeln an, bevor wir meinen Stiefvater auf die Beine hievten.
„Tut uns leid, aber du bist nicht du selbst. Wir müssen herausfinden, was mit dir los ist. Dann werden wir dir helfen und du wirst wieder frei sein. Aber bis dahin, müssen wir dich und uns vor dir schützen.", die hellgrauen Augen sahen James intensiv an, doch dieser spuckte dem Ratsobersten nur entgegen.
„Lass das.", Griffith, der sich das nicht anschauen konnte, wie sein Gefährte und Alpha behandelt wurde, wollte James bereits an die Gurgel, doch ein leises. „Ist gut.", ließ ihn innehalten.
„Er weiß nicht, was er redet. Bringen wir ihn zu dieser Hütte, von der ihr gesprochen habt und dann sprechen wir mit den anderen Ratsmitgliedern."
Der Weg zur Hütte war beschwerlich, denn James wehrte sich permanent, versuchte zu beißen, zu treten und mehrfach auch abzuhauen. Durch sein nicht unbeträchtliches Gewicht gelang es ihm tatsächlich ein paar Mal, die Betas, die ihn führten, aus dem Gleichgewicht zu bringen.
„Da ist sie.", ich zeigte auf die kleine Hütte und Tristan sah mich überrascht an.
„Das ist eine Hütte, wie sie früher für Gefangene genutzt wurde.", stellte er fest. „Ich wusste gar nicht, dass dein Vater eine solche je gebaut hat."
Ich runzelte die Stirn. „Du kanntest meinen Vater?"
„Ja, allerdings. Wir hatten die Jahre, in denen Du Kind warst, nicht mehr oft miteinander zu tun. Ich hatte andere Dinge zu regeln, deshalb kanntest du mich auch nicht. Aber ja, wir kannten uns von Rudeltreffen und haben uns immer gut verstanden."
Ich ging vor, öffnete die Tür, die den dunklen Raum freigab.
„Ich will da nicht rein. Auf keinen Fall!", brüllte James, aktivierte noch einmal seine Kräfte und entwischte den Betas für einen Moment. Doch da Louis ein Stück dahinter ging, James ihn nicht wirklich beachtet hatte, konnte dieser ihn mit einem einfachen Fußhaken zu Fall bringen.
Auf Grund der auf den Rücken gebundenen Hände, hatte der Alpha keine Chance das Gleichgewicht zu halten und fiel wie ein nasser Sack auf den Waldboden.
„Wenn wir sagen, du gehst da rein, dann gehst du da rein.", knurrte ich, packte ihn und zog ihn, gemeinsam mit Liam zum Haus.
„Ich löse gleich den Kabelbinder. Dann müssen wir schnell sein, klar?", ich sah meinen Beta an, der nickte.
Zum Glück ging alles ganz schnell, ich hatte den Kabelbinder gelockert, Liam den Alpha nach vorn geschubst und mit einem beherzten Sprung hatten wir uns aus der Gefahrenzone gebracht, ehe die Tür laut krachend ins Schloss fiel und Tristan diese verschloss.
„Puh...", er wischte sich einmal den imaginären Schweiß von der Stirn, lächelte aber. „Gutes Teamwork. Danke Jungs.", sagte er, sah alle an und wir erwiderten das Lächeln.
„Das war wirklich gruselig.", Louis, der sich nun zu uns gesellte, blickte auf die Tür, die unter den Schlägen von innen leicht bebte. Die Flüche, die uns entgegen geschmettert wurden waren alles andere als fein und ich schluckte, wenn ich daran dachte, wie ich das meiner Mom erklären sollte.
XXX
Wir waren zurück im Dorf und Tristan hatte direkt alle Alphas zusammengerufen. Eigentlich wollten sie heute Nachmittag zu ihren eigenen Rudeln zurückkehren, aber diese Situation verlangte danach, dass sie ihren Aufenthalt zumindest ein wenig verlängerten.
„Also, ich weiß nicht, ob es euch anderen aufgefallen ist, aber Alpha James hat sich zuletzt massiv verändert. Wir kennen ihn alle eigentlich als fröhlichen, netten und fairen Alpha, auch mal einen Scherz auf den Lippen, aber genauso zielorientiert. In den letzten Monaten hat sich das aber zunehmend verändert und gipfelte jetzt in einem Verhalten, was ich als absolut inakzeptabel bezeichnen muss.", er sah in die Runde und die Gesichter waren für mich schwer zu lesen.
„Da ich weiß, dass dieses Verhalten für ihn nicht typisch ist, bin ich ziemlich sicher, dass eine Manipulation vorliegt. Er war zuletzt in Weis Rudel, hat sich mit ihm ausgesprochen gut verstanden und allein die Tatsache, dass er Harry und seine Gefolgschaft aus dem Rudel hatte gehen lassen und geblieben ist, zeigt, dass etwas ganz und gar nicht mit ihm stimmt."
„Und was willst du jetzt tun?", ein Alpha, mit dem ich bisher nur ein paar Worte gewechselte hatte, sah Tristan fragend an und dieser seufzte.
„Na ja, wir müssen testen, woran es liegt. Es gibt ja durchaus mögliche Erklärungen. Er kann vergiftet worden sein, durch einen Trank. Er kann hypnotisiert worden sein, sein Wolf manipuliert..."
„Und wer soll das getan haben, und warum?", der deutsche Alpha hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sah den Ratsobersten direkt an.
„Es wäre möglich, dass Wei seine Finger im Spiel hatte. Er war ja sehr an Louis und Akai interessiert. Möglicherweise hat er versucht, dass James ihm die beiden zuspielt, um seine Machtverhältnisse auszubauen. Wir wissen alle um die Stärke, die der junge Alpha und der spezielle Omega haben. Sie wären in der Lage mit ihren Kräften alle anderen zu unterjochen. Vielleicht wollte er sich das, mit seinem Machthunger, zu seinen Gunsten nutzen."
Es wurde noch lange hin und her diskutiert. Viele Theorien ausgetauscht und schlussendlich besprochen, dass Lukas James körperlich untersuchen solle und einer der asiatisch stämmigen Alphas über Hypnose in sein Unterbewusstsein eindringen.
„Mir ist da ehrlich gesagt nicht ganz wohl dabei.", nachdem sich die Versammlung aufgelöst hatte. „Und erst recht nicht, dass ich Mom gleich sagen muss, dass ihr Gefährte..."
„Harry!", meine Mom kam auf der Straße auf uns zu gelaufen, sah sich zwischen den ganzen Männern, die ebenfalls nach draußen getreten waren, nach James um.
„Wo ist denn James?", fragte sie direkt und ich sah Tristans Blick, der so viel zeigte wie. „Wenn du mich brauchst, sag einfach Bescheid."
Ich räusperte mich einmal, ging auf sie zu und legte den Arm um ihre Schulter.
„Komm mal mit. Ich erkläre es dir.", sagte ich, wollte sie los führen, doch sie schüttelte den Kopf.
„Wohin mitkommen? Sag mir doch, wo er ist. Ich habe für uns Abendessen gekocht, in unserem alten Haus.", sie verschränkte die Arme und sah mich mit diesem Blick an, den nur eine Mutter haben konnte.
„Mom. Hör zu.", wollte ich gerade ansetzten, als ich Louis im Augenwinkel sah, der sich neben seine Schwiegermutter stellte, eine Hand auf ihren Rücken legte, die sofort aufleuchtete. Er würde sie beruhigen. Das war gut!
„Dein Gefährte scheint von irgendjemanden manipuliert worden zu sein. Wir mussten ihn in der Hütte einsperren. Du weißt schon. Wir haben eben getagt, um eine Strategie zu entwickeln herauszufinden, was mit ihm los ist."
„Er ist wo?", auch wenn Louis scheinbar sein Möglichstes versuchte, meine Mutter mit seiner Kraft zu beruhigen, überschlug sich dennoch ihre Stimme.
„Er ist in der Hütte. Wir mussten ihn einsperren.", sagte ich kleinlaut und das Gesicht von ihr wurde wütend und rot, doch bevor sie etwas sagen konnte, trat Tristan zu uns.
„Anne, hör mir bitte zu.", sagte er und erstaunlicherweise atmete sie nur einmal durch, sah dann den älteren Alpha an. „Deinem Mann wurde übel mitgespielt und wir müssen nun versuchen, ihn in seiner Güte zurückzuholen. So wie er war, war er nicht James. Nicht unser James. Wir mussten ihn wegsperren, zu seinem und zu unserem Schutz. Er hat deinen Sohn und deinen Schwiegersohn bedroht.", klärte er sie auf und sie schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund.
„Wirklich?", in ihren Augen waren erste Tränen zu sehen und Louis reagierte sofort, legte seinen Arm um sie, drückte sie an sich.
„Ja. Er ist nicht er selbst. Wir werden aber herausfinden, wer ihm das angetan hat und es rückgängig machen. Das versprechen wir dir.", die hellgrauen Augen sahen meine Mutter fest an und sie nickte.
„Bitte. Ich will nicht noch einen Gefährten verlieren.", sagte sie und ihre Stimme brach.
„Das wirst du nicht, Mom. Ich bringe ihn dir zurück. So wie wir ihn kennen und lieben. Das verspreche ich dir!"
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