
Entscheidungen
Liam POV
Ich starrte noch immer vollkommen schockiert auf die Szene, die sich mir bot. Harry hatte sich keine Sekunde nach Wei verwandelt, der sich im Arm des Jungen festgebissen hatte. Dieser hatte keine Gelegenheit gehabt, sich zu wandeln und schrie vor Schmerzen wie am Spieß.
Harry, der wie von hinten im Fell gepackt hatte, versuchte, diesen von dem Jungen wegzuziehen, doch der alte chinesesiche Alpha schien mehr Kraft zu haben, als man erahnen konnte.
„Trennt sie!", brüllte Tristan und ich wollte mich schon verwandeln, als mich einer der Betas der asiatischen Delegation packte.
„Er soll es zu Ende bringen. Mian hat Leben nicht verdient!", knurrte er mir ins Ohr. „Genau wie dein Alpha!"
Das war der Moment, in dem es auch mir zu viel wurde. Ich verwandelte mich unter den Händen des anderen und stürzte mich in den Kampf.
Überall wurde geknurrt, man hörte Jaulen und Schreien und ich war blind vor Wut. Wollte einfach nur meinen Job machen, meinen Alpha beschützen und kämpfte nun mit diesem Seite an Seite gegen Wei und seine Schergen.
Mein Blick ging immer mal kurz zu den anderen Schauplätzen und erstaunlicherweise war es tatsächlich zu einem Kampf Ost gegen West gekommen, an dem sogar die Mitglieder des Rates teilnahmen.
XXX
Louis POV
Ich hatte ein ganz komisches Gefühl im Bauch und als ich die Schreie von Mian hörte, die aus dem Saal zu uns rüber drangen, hielt es mich nicht mehr auf meinem Stuhl.
Akai, der schon eine Sekunde früher als ich reagiert hatte, stürzte bereits zur Tür, verwandelte sich in dem Moment, als er hinaus stürmte.
„Scheiße, Louis. Nein!", rief mir Zayn noch hinterher, doch mein innerer Wolf kannte nur ein Ziel. Ich musste meinen Gefährten, Mian und unser Rudel schützen. Ich war die Luna. Ich hatte versprochen auf alle aufzupassen.
Ich rannte, so schnell ich konnte und schlüpfte direkt hinter Akai, den ich sowieso nicht würde aufhalten können, in den Saal, in der ein Kampf herrschte, wie ich ihn noch nicht gesehen hatte.
Wölfe ineinander verbissen, knurrten. Fiepen und Jaulen war zu hören und immer wieder Mians furchtbare Schreie.
Mein Blick suchte Harry, der im Nacken von dem großen silbernen Wolf hing, der vermutlich Wei war.
Ich atmete einmal durch und dann durchströmte mich diese Macht, dieses dunkele, was ich bereits einmal so gefühlt hatte.
„Aufhören!", hörte ich mich selbst unwahrscheinlich laut und kraftvoll durch den Saal brüllen und tatsächlich hielten alle für einen Augenblick inne. Die Wolfsaugen der Kämpfer waren auf mich gerichtet und auch Harry sah schockiert zu mir herüber. Panik war kurz in seinen Augen zu sehen.
„Wie könnt ihr es wagen? Wie könnt ihr es wagen?", brüllte ich, merkte, wie die Anspannung in mir immer größer wurde. Meine Hände brannten plötzlich und es war, als wenn mich eine Macht durchfloss, die ich so noch nie gefühlt hatte.
Ich drehte mich zu dem Wolf, den ich als Wei vermutete, fixierte diesen. „Lass sofort Mian los.", knurrte ich und dieser zog die Lefzen nur hoch, zeigte seine langen scharfen Zähne, die er noch einmal extra in den Arm des Jungen rammte, der in dem Moment die Augen verdrehte und ohnmächtig in sich zusammen sackte.
Das war scheinbar der Moment, in dem Akai eingriff. Niemand von uns hätte es ahnen können, niemand von uns wäre je auf die Idee gekommen und mit einer erschreckenden Faszination sahen wir, wie der kleine Wolf auf Mians Schoss und von dort an die Kehle von Wei sprang.
Sein Maul aufgerissen packte er die Kehle des chinesischen Alphas und mit einem widerlichen Geräusch biss er zu.
Es war still, totenstill im Saal, als der große Alpha aufjaulte, bevor sich sein Maul öffnete, der halb zerbissene Arm aus seinem Maul fiel und der Alte nach hinten kippte.
Harry, der auf seinem Rücken hing, fiel mit, landete jedoch auf seinen vier Pfoten, während Akai nicht los ließ, seinen Kopf hin und her schüttelte, um sicher zu gehen, den Alpha wirklich erledigt zu haben.
Harry schien sich als erster wieder gefangen zu haben, verwandelte sich zurück, packte Akai und zog ihn mit aller Macht von Wei weg, der nur noch ein paar Mal röchelte bevor der Kopf endgültig zur Seite fiel. Blut lief aus der Bisswunde am Hals und der Körper zuckte ein letztes Mal, ehe Ruhe einkehrte.
Der Schock jedoch hielt nur ein paar Sekunden, denn nun fixierte sich die östliche Seite auf Akai und mich.
„Raus!", schrie Harry mir zu, doch ich schüttelte nur den Kopf.
„Nein!", rief ich zurück und überließ meinem inneren Wolf die Kontrolle.
XXX
Es sah aus wie ein Schlachtfeld und als ich schwer atmend wieder zu mir kam, mich umsah, überall Blut und Verwundete, die sich in Menschen zurückverwandelt hatten, wurde mir schlecht.
„Alles ist gut. Ruhig.", Lukas stand neben mir, untersuchte mich scheinbar.
„Akai? Harry?", fragte ich zusammenhangslos und er lächelte nur, streichelte mir über die Wange.
„Ihnen geht es gut. Sie heilen bereits. Beruhige dich bitte.", sprach er und ich drehte meinen Kopf langsam, sah, wie Niall zwischen den Verletzten herum lief, Wasser verteilte.
„James?", fragte ich, suchte panisch nach meine Schwiegervater.
„Ihn hat es etwas mehr erwischt. Aber er schafft es. Mach dir bitte keine Gedanken. Du musst jetzt ruhig bleiben, damit dein Körper die Bauchwunde heilen kann. Der eine Beta hat dich ziemlich heftig erwischt."
Erst da merkte ich, dass mein Shirt nass war und als ich mit der Hand danach griff sah ich, dass ich voller Blut war.
„Ist er o.k?", als ich Harrys Stimme hörte, hinter mir und kurze Zeit später sein vollkommen verschrammtes Gesicht vor meinen Augen auftauchte, genauso wie Akai, der sich an ihn klammerte, begann ich zu weinen.
„Psst. Alles ist gut. Alles ist gut.", flüsterte mir mein Gefährte zu, küsste mich auf den Kopf.
„Es ist vorbei. Alles ist vorbei.", Akai krabbelte zu mir, sah mich kurz an, ehe er seine kleinen Händchen über meinen Bauch hielt.
Sofort leuchteten sie und ich konnte spüren, wie sich die Wunde schloss, ich wieder besser durchatmen konnte und mich von Sekunde zu Sekunde besser fühlte.
„Danke!", flüsterte ich meinem Sohn zu, der lächelte.
„Dad hab ich auch schon heile gemacht.", sagte er stolz. „Und Mian halb.", er deutete zu dem Jungen, der einen Verband trug, auf dem Boden lag, ein Kissen unter dem Kopf.
„Du bist toll.", sagte ich nur, schniefte, bevor ich Harry ansah. „Was, was ist jetzt?"
„Wei ist tot. Zwei weitere von den östlichen Alphas ebenfalls. Von den Westlichen haben alle überlebt. Aber viele von ihnen müssen erst noch heilen. Lukas und Niall haben schon alle versorgt. Akai hat beim Heilen geholfen.", erklärte er stolz, strich unserem Sohn über den Kopf.
„Und der Rat? Das Urteil?", fragte ich und spürte wieder Angst.
„Das hat Zeit und ich bin mir sicher, dass ich mir keine Sorgen mehr machen brauche, nach Mians Aussage. Beruhig dich bitte, Kickuwi.", er zog mich an sich, streichelte über meine Wange und kurz danach wurde es schwarz um mich.
XXX
„Lass ihn, er braucht seine Ruhe.", hörte ich Harry schimpfen, doch die kleinen Hände lagen schon auf meinem Körper und die wohlige Wärme strömte in mich hinein. Sofort wurden meine Lebensgeister munterer und ich öffnete die Augen.
„Ich bin im Bett?", fragte ich irritiert, sah an mir herunter. Ich war sauber, trug ein T-Shirt und eine frische Shorts.
„Ja. So wie du aussahst, hättest du nur die Bettwäsche versaut.", scherzte Harry und küsste mich auf die Stirn.
„Geht es dir besser?", fragte er und ich nickte, gähnte einmal und Akai kuschelte sich direkt an mich.
„Du warst schwerer verletzt, als wir gedacht haben. Deshalb bist du auch noch einmal weggekippt, obwohl Akai dich bereits geheilt hatte. Hatten wir zumindest gedacht. Aber jetzt sollte alles gut sein, sagte Lukas.", Harry nahm ein Glas Wasser, hielt es mir hin und ich trank gierig.
„Und die anderen? Alle wieder...", mein Gefährte nickte.
„Ja, alle wieder fit. Zayn und die anderen haben den Saal gereinigt und James organsiert die Überführung der Leichen zu den einzelnen Rudeln.
Alpha Tristan hat mit dem Rat bereits getagt und die Anklage wurde fallen gelassen. Weiterhin wurde Alpha Wei im Nachgang schuldig der Misshandlung Schutzbefohlener gesprochen. Die östlichen Alphas haben sich nach dem Kampf geschlagen erklärt und versprochen, mit den westlichen Rudeln zusammen Reformen zu erarbeiten, um eine zeitgemäße Rudelführung herzustellen."
Eigentlich waren das alles zu viele Informationen, aber das was ich rausgehört hatte war, dass Harry frei gesprochen war. Alles was für mich zählte.
„Mian.", die Tür war aufgegangen und der Junge chinesische Beta kam mit einem schiefen Lächeln und noch immer verbundenem Arm ins Zimmer.
„Luna Louis.", er lächelte, trat langsam näher.
„Ihr, ihr habt mir mit Akai das Leben gerettet. Ich...", der junge Chinese fiel vor dem Bett auf die Knie verbeugte sich und mir schossen die Tränen in die Augen.
„Harry.", sagte ich nur panisch und dieser reagierte zum Glück so, wie ich es mir wünschte.
Er packte den Jungen, zog ihn nach oben und fest in seine Arme. Er drückte ihn an sich, wiegte ihn sanft hin und her.
„Du musst dich nicht bedanken. Du bist Teil unseres Rudels, Mian. Wir sind für dich da. Wir haben es dir versprochen und wir stehen zu unserem Wort. Und niemand, niemand meines Rudels muss vor einem von uns knien. Niemals. Verstehst du?"
Der Junge blickte auf, die Augen schwammen und er nickte leicht.
„Du bist mein Beta und mein Freund.", Akai krabbelte von mir zu Mian, stellte sich aufs Bett und drückte sich von dort an ihn.
„Wir passen immer auf dich auf.", wiederholte er Harrys Worte und dieses war einer der Momente, die ich in meinem Leben wohl nie wieder vergessen würde.
XXX
Am nächsten Tag trafen wir uns mit der gesamten Delegation noch einmal im Saal. Alle sahen wieder hergerichtet aus. Nur hier und da zeugte eine kleine Schramme, die noch nicht vollständig verheilt war, von dem harten Kampf, der vor Kurzem stattgefunden hat.
„Ich als Ratsführer möchte die Sitzung für offiziell eröffnet erklären.", sagte Tristan, nickte den anderen zu, die in die Runde sahen und ebenfalls nickten.
Harry und ich saßen im Zuschauerraum und waren dankbar, zuhören zu dürfen. Zuhören, wie nun weiter verfahren werden sollte, im Umgang mit den aktuellen Ereignissen.
„Alpha Li, sprechen sie.", Tristan gab einem der östlichen Alphas das Wort und dieser bedankte sich, begann dann zu sprechen.
„In Vertretung des Ostbündnisses möchten wir uns heute offiziell vor dem Rat noch einmal für die falsche Unterstützung von Alpha Wei entschuldigen. Wir sind lediglich unserer Allianzaufgabe nachgekommen und haben erst im Nachhinein begriffen, welch niederträchtigem Alpha wir Unterstützung haben zukommen lassen. Wir möchten in aller Form diesbezüglich um Verzeihung bitten.", er sah in die Runde, lächelnde Alphas, die ihm zunickten.
„Wir werden das Angebot annehmen, mit Alpha James über mögliche Reformen in unseren Rudeln zu sprechen. Die Führung, die wir seit Jahrhunderten praktizieren, ist scheinbar tatsächlich nicht mehr zeitgemäß und gerade auch im Bezug auf die politischen Beziehung dringend zu überdenken. Wir möchten Frieden zwischen den Rudeln, zwischen Ost und West. Wir haben kein Interesse daran, Krieg zu führen, weder aktiv noch unterschwellig. Eine Zusammenarbeit ist viel mehr das, was wir anstreben."
Ich sah überrascht zu Harry, der meine Hand nahm, sanft über die Finger streichelte und grinste.
„James wird zu uns in die Rudel kommen, sein Konzept vorstellen. Ebenso würden wir uns sehr freuen, auch mit Alpha Harry in den Austausch gehen zu können.", er sah zu meinem Gefährten und dieser ruckte erstaunt mit dem Kopf hoch.
„Alpha Harry.", Tristan wandte sich direkt an ihn. „Hätten sie Interesse den Rudeln bei der Entwicklung zur Seite zu stehen?"
Ich spürte wie der Stolz in meiner Brust wuchs. „Sehr gern helfe ich, Alpha Li. Allerdings von hier. Ich empfange sie alle sehr gern bei mir im Rudel. Hier können sie sehen, wie unser Leben funktioniert, gegenseitiger Respekt, aber auch viel Zuneigung und Liebe.", antwortete er und ich strahlte, genauso wie es Alpha Tristan tat.
„Sehr schön. Das hört sich doch sehr gut an.", er nickte den Beteiligten zu.
„Weiterhin bleibt festzuhalten, dass sowohl Omega Louis, als auch der Jungalpha Akai bewiesen haben, dass diese zwar über gewaltige Kräfte verfügen, diese aber gezielt und nicht gegen Unschuldige einsetzten. Diesbezüglich werden alle weiteren Untersuchungen, die noch von der Ostseite beantragt waren, zurückgewiesen."
Nun nickte die Ostdelegation und ich war überrascht, dass das überhaupt noch zur Debatte gestanden hatte. Aber vielleicht war es auch besser, dass ich davon nichts gewusst hatte.
„Was den jungen Alpha, und seine Kräfte angeht, weshalb Alpha Harry überhaupt im Rudel von wie gewesen sind gilt Folgendes. Wir gehen davon aus, dass Akai bereits auf einem guten Weg ist. Dennoch ist unser Vorschlag, dass wir alle uns an der Erziehung des Jungen beteiligen.", ich runzelte die Stirn, schüttelte mit dem Kopf und Tristan sah mit einem warmen Lächeln zu mir.
„Keine Angst, Louis.", er zwinkerte mir zu. „Wir werden ihn euch nicht wegnehmen. Was ich damit meine ist, dass wir alle nach Möglichkeiten suchen werden, wie es ihm leichter sein wird, seinen immer stärker werdenden inneren Wolf in den Griff zu bekommen. Vermutlich werden ein paar asiatische Mediationsübungen genauso dazu beitragen können, wie ein gezieltes Kampftraining, dass die westlichen Rudel beherrschen. Ich bin dafür, dass wir uns regelmäßig online zusammentreffen, um über die aktuellen Entwicklung und über Ideen und Anregungen zu diskutieren. Sobald Akai älter ist, kann er, natürlich mit Zustimmung von Alpha Harry und Omega Louis auch zu Besuch zu anderen Rudeln fahren, die ihm entsprechende Skills beibringen können. Aber darüber wird zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen sein."
Ich atmete erleichtert auf und auch Harry neben mir, schien sich wieder zu entspannen.
„Was Beta Mian angeht. Dieser wird in Alpha Harrys Rudel verbleiben. Akai hat ihn bereits als seinen persönlichen Beta erwählt und ich denke, es wird ihm gut tun, nach allem, was er bei Wei durchgemacht hat.", ich nickte, drückte erneut Harrys Hand.
„Sind sonst noch Wünsche oder Fragen?", er sah in die Runde, die den Kopf schüttelte, doch dann stand James auf.
„Doch, ich möchte noch etwas sagen.", alle Augen waren auf ihn gerichtet und ich biss mir unruhig auf die Lippe.
„Ich möchte, dass der Rat noch einmal extra würdigt, wie mutig, wie unerschrocken und wie tapfer Alpha Harry für seinen Sohn, sein Rudel und auch für einen Jungen, den er nicht mal kannte, eingetreten ist. Er hat sein Leben für den Jungen riskiert, hat sein Rudel riskiert, um das von Mian zu retten. Ich möchte vorschlagen, dass Alpha Harry, trotz seines jungen Alters, einen der Sitze im Rat erhält. Ich möchte, dass er Weis Platz einnimmt."
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