57. Against all odds
♪ What are you waiting for? - Nickelback
„Nein, bleib hier", flüsterte ich mit rauer Stimme, während meine Finger sanft über Els Haut streichelten. Sie wollte sich aus dem Bett erheben, aber ich ließ es nicht zu und schlang prompt den Arm um ihren schlanken Körper. Ein leises Seufzen erklang in meinen Ohren.
„Louis, wir müssen raus, deine Verhandlung wartet nicht."
Das wusste ich zwar, dennoch versuchte ich die kostbaren Minuten mit Eleanor so lange wie möglich zu genießen. Vielleicht waren sie bald vorbei, vielleicht würde ich nachher hinter Gittern sitzen.
Der Kloß in meinem Hals wurde dicker, als ich sie losließ und beobachtete, wie sie aus dem Schlafzimmer spazierte. Gerade noch hatten wir heißen, emotionalen Sex gehabt, vielleicht den letzten für lange Zeit.
Mit einem resignierten Stöhnen sackte ich ins Kissen zurück, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Was würde heute passieren? Wie schwer würde man mich verurteilen? War ich danach noch ein freier Mann?
Durch das geöffnete Fenster vernahm ich das Rauschen des Meeres, das sich mit der leichten Brise des Windes vermischte. Beides vermittelte mir das Gefühl von Freiheit, Abenteuerlust sowie dem Wunsch, auf ewig hier zu bleiben.
Letzteres würde ich auch tun, die Frage war nur, ob dies in einer Gefängniszelle oder weiterhin ein einem Haus vonstattengehen würde.
Da ich nicht alles ewig vor mir herschieben konnte, stand ich schließlich auf. Eleanor hatte die Dusche gerade verlassen und stand im Bad. Als sie mich erblickte, ging sie einen Schritt auf mich, nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich vorsichtig.
„Wir beide schaffen das, Louis. Immer positiv denken."
Der Himmel wusste, woher diese Frau ihre innere Stärke nahm. Sie konnte nichts erschüttern und ich war mir sicher, sie würde zu mir stehen, egal, wie der Urteilsspruch gegen mich ausfiel.
Schweigend nahmen wir später die Henkersmahlzeit ein, wie El sie nannte. Ich genoss jeden einzelnen Bissen. Bestimmt gab es im Gefängnis nur einen schlechten Fraß, von dem man Magendrücken bekam. Auch den Kaffee ließ ich mir schmecken, er war genauso wie ich ihn mochte; stark und schwarz.
Ohne Eile pellte ich mich in den Anzug, band die Krawatte um meinen Hals und schlüpfte in die Schuhe, bevor Eleanors Stimme ertönte: „Wir sollten dann los, Louis."
Wie auch Danielles Verhandlung war meine ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich und somit konnten alle meine Freunde daran teilnehmen. Dies ließen sie sich nicht nehmen, schon alleine, um mir eine moralische Stütze zu sein.
Harry, der heute Morgen kurz zur Uni gefahren war, fungierte dieses Mal nicht als Zeuge, sondern nur als Zuschauer. Für das Gericht spielte es keine Rolle, dass wir uns aus London kannten, dies hatte absolut nichts mit meiner Steuerhinterziehung zu tun.
Ich war froh, dass man Harry da raushielt. Außerdem hatte ich mit meinem Anwalt darüber gesprochen, Nialls Namen ebenfalls nicht zu erwähnen. Es war nicht von Belang, wer mir die falschen Papiere hier beschafft hatte. Ich würde aussagen, dass ich das selbst in die Hand genommen hatte, falls man mich danach fragen sollte Davon ging mein Anwalt jedoch nicht aus.
Mein Pulsschlag erhöhte ich automatisch, als ich den Wagen vor dem Gericht parkte. Inzwischen durfte ich wieder selbst fahren, und den Mustang noch einmal genießen zu können, bevor alles vorbei war, entsprach absolut meinen Wünschen.
Als ich mit El im Schlepptau das Gebäude betrat, kam Leighton uns entgegen. Sofort nahm sie mich in ihre Arme und flüsterte mir ins Ohr: „Du schaffst das, Louis. Alles wird gut."
Kurz schluckte ich, um dann zu fragen: „Wo sind die anderen?"
„Schon im Gerichtssaal, ihr seid spät dran."
Das fand auch mein Anwalt, der mir einen fast schon strafenden Blick zuwarf, als er mich erblickte. „Sie tauchen in letzter Minute auf, Mr Austin. Ich hatte schon Angst, Sie seien abgehauen", scherzte er.
„Nein, dieses Mal nicht", erwiderte ich matt. „Und wo hätte ich überhaupt hingehen sollen? Alles was ich brauche, habe ich hier." Mit diesen Worten drückte ich Eleanors Hand, um ihr zu zeigen, wie viel sie mir bedeutete.
Wenige Minuten später rief man mich in den Gerichtssaal. Das Spektakel begann pünktlich. Als der Staatsanwalt die Anklageschrift vorlas, ertappte ich mich dabei, wie ich in Gedanken das Plädoyer verfasste. Nur würde mir niemals mehr eine Aufgabe wie diese zufallen. Ich wollte hoffen, dass mein Anwalt es nicht versaute, ansonsten diente er für Harry als abschreckendes Beispiel.
Die Liste war lang und ich knickte innerlich immer mehr in mich zusammen, äußerlich blieb ich jedoch cool. Das Verhör startete und ich leugnete nichts. Aufmerksam hörten der Richter und die Geschworenen zu, während der Staatsanwalt alles aus mir herauskitzelte. Zum Schluss kam ich mir vor, wie eine ausgepresste Zitrone, da sich kein Tropfen Flüssigkeit mehr in meiner Kehle befand.
Erholung tat Not und die bekam ich auch, da mein Anwalt nun den ersten Zeugen aufrief: Liam Payne.
Tränen glitzerten in meinen Augen, als er seine Aussage machte. „Ich hatte einen schweren Unfall beim Tauchen. Dabei wurde mein Bein so schwer verletzt, dass man beinahe hätte amputieren müssen. Eine Operation in einer Spezialklinik in den USA verhinderte dies jedoch."
„Mr Payne, würden Sie dem Gericht bitte erklären, wer für die Kosten ihrer Operation und der nachfolgenden Reha aufgekommen ist?", lautete die präzise Frage meines Anwalts.
„Das war Mr William Austin, der sich zu dieser Zeit als Louis Tomlinson ausgab."
„Hatten Sie ihn darum gebeten?"
„Nein, ich wusste nichts davon. Er tat das heimlich, hinter meinem Rücken und erzählte es mir erst, als er mir seine wahre Identität offenbarte."
„Wertes Gericht, Fakt ist, dass Mr Liam Payne ohne das Geldes meines Mandanten heute ohne den Unterschenkel seines rechten Beines herumlaufen, oder besser gesagt, an Krücken humpeln würde." Diesen Satz fand ich ja schon genial, er verschaffte mir Pluspunkte. Aber mein Anwalt war noch nicht fertig.
„Mr Payne würde ohne diese Operation, die mein Mandant bezahlt hat, seinen Beruf als Tauchlehrer und Mitglied des Tauchtrupps von Cayman Brac nicht mehr ausüben können. Somit kann man sagen, dass Mr Austin eine gute und vor allem völlig uneigennützige Tat vollbracht hat."
Wahre Worte, die hoffentlich von den Geschworenen anerkannt wurden. Da der Staatsanwalt keine Fragen an Liam hatte, wurde nun der nächste Zeuge aufgerufen. Es erstaunte mich, dass es noch jemand gab, der zu meinen Gunsten aussagen wollte, aber als ich George erblickte, musste ich Lächeln. Der ältere Mann berichtete zuerst über die Sache mit der Yacht und dann erzählte er, dass ich mich für den Wiederaufbau des Kindergartens auf Grand Cayman engagierte.
„Er hat sich dafür eingesetzt, dass das neue Gebäude aus Stein gemauert wird, damit es dem nächsten Sturm standhält. Und er bezahlte die Mehrkosten aus eigener Tasche. Das ist wirklich ein feiner Zug."
„Woher und wie lange kennen Sie Mr Austin?", richtete der Staatsanwalt seine Frage an George.
Der alte Mann antwortete wahrheitsgetreu. „Ich kenne ihn nicht als Mr Austin, für mich heißt er schon immer Louis Tomlinson. Er mag eine anderen Namen angenommen haben, aber seine gute Tat spricht für ihn."
„Dies festzustellen obliegt dem Gericht", sprach der Staatsanwalt nüchtern. Ich kannte das Procedere zur Genüge. Für Gefühle oder Meinungen war hier kein Platz, es zählten nur die Fakten, sprich, Beweise.
Eigentlich hätte ich unter der Beweislast zusammenbrechen sollen, aber das Gegenteil war der Fall. Ich war nicht stolz darauf, die Steuern hinterzogen zu haben, wohl aber darauf, was ich mit einem Teil des Geldes Gutes getan hatte.
Ohne Probleme ließ es sich feststellen, dass das bei dem Geld, welches ich auf die Cayman Inseln geschafft hatte, um mein eigenes und zudem ehrlich erworbenes Vermögen handelte. Der Geldwäsche konnte man mich also nicht wirklich bezichtigen, wohl aber der Steuerhinterziehung.
Ich wusste genau, was ich zu sagen hatte, als man mich zu den letzte Worten aufforderte, die dem Angeklagten zustanden: „Ich bereue meine Tat, bin aber froh, etwas Gutes und Nützliches mit einem Teil des Geldes vollbracht zu haben. Auch wenn Teile meines Vermögens dem Staat zustehen, so habe ich das Geld nicht zu meinem reinen Vergnügen verschwendet."
Mein Anwalt nickte mir zu, dann fielen die bekannten Worte: „Das Gericht wird sich nun zur Beratung zurückziehen."
Seufzend erhob ich mich, gemeinsam mit meinem Anwalt, der mir zuflüsterte: „Die beiden Zeugenaussagen waren enorm wichtig, damit haben wir Pluspunkte gesammelt."
Dennoch hatte ich die Hosen voll, betete stumm für ein mildes Urteil.
Während der Pause rutschte ich unruhig auf meinem Stuhl hin und her, während Eleanor unentwegt meine Hand hielt. Tränen glitzerten in ihren Augen, als sie zu reden begann. „Du hast wirklich Liams Arztkosten und die Reha bezahlt und ich wusste nichts davon. Niemand hat so ein gutes Herz wie du, Louis."
Sie küsste mich sanft auf die Lippen. Nun war mein Geheimnis draußen, aber es ging nicht anders. Wir brauchten Liam als Zeugen, um eine eventuelle Strafmilderung zu erlangen.
Wie ein Wirbelsturm ergriff die Aufregung von mir Besitz, als man mich aufrief.
„Jetzt geht es zur Schlachtbank", murmelte ich zerknirscht. Aber wie immer war auf meine Freunde Verlass. Sie munterten mich in den letzten Sekunden durch ihre dummen Sprüche auf.
„Sicherheitshalber haben wir schon mal einen wöchentlichen Plan erstellt, wer dich wann im Knast besuchen kommt." Niall grinste breit, als er diesen Satz von sich gab.
„Ja und dabei gleich dazugeschrieben, wer welche Geschenke mitbringt, damit du nicht alles doppelt hast", warf Liam ein.
Den Vogel schoss jedoch Leighton ab. „In meiner Eigenschaft als Ärztin, darf ich mit einer Arzttasche hinein, dort werde ich eine Feile hineinschmuggeln, die dir sicher beim Ausbruch helfen wird."
Trocken erwiderte ich: „Keinen Blasenkatheder?" Damit hatte ich alle Lacher auf meiner Seite, jedoch nur kurz, dann betraten wir den Gerichtssaal. Der Kragen meines Hemdes fühlte sich plötzlich schrecklich eng an, meine Hände begannen zu schwitzen und meine Kehle war staubtrocken und rau.
„Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil." Es war so still im Saal, dass man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
„Der Angeklagte, William Austin, wird zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt. Außerdem verpflichtet er sich, zweihundert Arbeitsstunden in einer gemeinnützigen Institution zu absolvieren. Die Steuerschulden in Höhe von vierhundertfünfzigtausend Pfund müssen inklusive Verzugszinsen umgehend an den englischen Staat überwiesen werden."
Alles in mir drehte sich, achtzehn verdammte Monate, eineinhalb Jahre im Knast. Was tat ich El nur damit an? In meinen Ohren rauschte es, doch plötzlich nahm ich noch etwas anderes wahr. Die letzten Worte des Richters.
„Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, da der Angeklagte Reue gezeigt hat, nicht vorbestraft ist und zudem einen Teil seines Vermögens dafür aufwendete, um anderen zu helfen."
Ein Stein der Größe des Himalaya Gebirges fiel gerade von meinem Herzen. Die Tränen, die sich in meine Augen sammelten, waren echt und entsprangen der großen Erleichterung, die ich in diesem Moment empfand. Ich würde frei sein.
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Die Party, die wir am übernächsten Tag, einem Samstag, auf Cayman Brac feierten, hatte sich gewaschen. Nialls Rum gab mir den Rest und ich schlich am nächsten Morgen fast auf allen Vieren durch Nialls Haus. Dort hatten wir gefeiert und El und ich sogar genächtigt. Da Niall ein Gästezimmer sowie ein Gästebad in seiner bescheidenen Behausung besaß, stellte dies auch kein Problem dar.
Zu viert nahmen wir das Frühstück ein, alle mit mehr oder weniger dickem Kopf. Am besten war noch Niall drauf, der ohnehin viel mehr vertrug als ich.
„Was sind eure Pläne für die Zukunft?", fragte er.
„Meinst du jetzt Louis und mich?", murmelte El und ließ ihren Kopf langsam auf die Tischplatte sinken, wobei ihr die Augen zufielen. „Horan, ich bringe dich um", flüsterte sie.
„Gegen diesen Plan habe ich allerdings etwas einzuwenden", meldete sich Leighton zu Wort. „Ich brauche Niall noch."
Kurz zwinkerte ich ihr zu. „Wofür?"
Mein bester Freund antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Als Versuchskaninchen für ihre Kochkünste."
„Wie langweilig", entfuhr es mir, „ich dachte fürs Bett." Gleich sprach ich jedoch weiter: „Jetzt mal im ernst, ich habe überlegt, wirklich den Namen Louis Tomlinson anzunehmen, also auf legale Art und Weise."
Mit großen Augen schaute El mich an. „Du meinst, eine Namensänderung, für die man bezahlen muss?"
„Ja, an sowas dachte ich. Jeder hier kennt mich unter diesem Namen, ihr glaubt doch nicht wirklich, dass die Leute mich in Zukunft mit William anreden, oder?"
Alle drei gaben mir Recht und somit nahm die Idee Gestalt an.
Um den Namen zu ändern bedurfte es der Antragstellung bei der Inselbehörde. Ich musste etliche Formulare ausfüllen und begründen, weshalb ich meine Namen ändern wollte. („Ihr Namen klingt nicht anstößig und lässt sich zudem leicht buchstabieren"). Diskussionen mit dem zuständigen Sachbearbeiter raubten mir den letzten Nerv, aber ich gab nicht auf. Schließlich schlug man mir vor, einen Teil meines alten Namens zu behalten und da ich keinen Doppelnamen führen wollte, entschied ich mich für Louis William Tomlinson. Fortan lautete mein neuer Name so, dessen Unterschrift ich nicht wirklich üben musste.
Da meine Konten inzwischen wieder durch die Staatsanwaltschaft freigegeben wurden, weil sich der Verdacht der Geldwäsche nicht bestätigt hatte, durfte ich wieder frei über das verbliebene Geld verfügen. Meine Schulden hatte ich inzwischen bezahlt und verrichtete die aufgedrückten Arbeitsstunden beim Bau des Kindergartens.
Dort traf ich beinahe täglich auf George, der sehr viel organisierte und sich jedes Mal freute, mich zu sehen. Für den alten Mann schien es nicht relevant zu sein, dass ich Steuern hinterzogen hatte, er sah mein gutes Herz.
„Weißt du, Louis, du hilfst hier so viel, das ist alles was zählt", lauteten seine aufmunternden Worte, als ich versuchte, eine Entschuldigung hervorzubringen.
Stetig schritt der Bau voran, an drei Tagen in der Woche war ich dort zugegen, sodass die zweihundert Arbeitsstunden in gut acht Wochen vollbracht waren. Dennoch half ich weiterhin mit, sofern es meine Zeit als Privatdetektiv erlaubte, denn ich wollte sehen, wie der Kindergarten entstand und bis zur letzten Sekunde der Fertigstellung dabei sein. Währenddessen lernte ich viele Dinge, die mir beim Bau meines eigenen Hauses nützlich sein würden. Diesen Traum hatte ich nämlich keineswegs aufgegeben.
Soweit verlief mein Leben in geordneten Bahnen. Neben meiner Detektivarbeit besuchte ich einmal wöchentlich meinen Bewährungshelfer. Diese Pflichtbesuche wurden sogar dokumentiert, dennoch erachtete ich diese nicht als lästig. Meist fachsimpelten wir über Boote, nachdem ich ihm erzählt hatte, wie meine Woche gelaufen war und als er herausfand, dass ich eine Yacht besaß, wurden wir sowas wie Kumpels.
Eine einzige Sache lag mir jedoch schwer im Magen. Ted Foster hatte uns alle zu seinem Geburtstag eingeladen und dort würde ich Eleanors Vater zum ersten Mal über den Weg laufen. Leider wusste der gute Mann über meine Vergangenheit Bescheid. Als Vorstand einer Bank wurde er über die Konten, die man vorübergehend wegen des Verdachts der Geldwäsche gesperrt hatte, informiert. Dass seine Tochter mit einem semi-kriminellen, noch dazu vorbestraften Mann liiert war, ließ ihn vermutlich im Strahl kotzen.
Somit blickte ich diesem Treffen, das zum Glück in Ted Fosters Haus stattfand, mit gemischten Gefühlen entgegen. Der alte Foster hatte verlauten lassen, dass sein Schwiegersohn sich mir gegenüber zu benehmen hätte („Wenn er dich dumm anmacht, dann werfe ich ihn raus."), ansonsten würde er für nichts garantieren. Inzwischen hatte ich auch Eleanors Großeltern die Wahrheit erzählt, welche diese jedoch gut aufnahmen.
„Du behandelst unsere Enkelin gut, trägst sie auf Händen und es war doch nur Geld. Du hast doch keinen umgebracht, Junge", lautete Theresas Aussage. Das Thema kam niemals mehr zur Sprache, aber heute war ich mir nicht so sicher, ob Els Vater es nicht aufgreifen würde.
Zum Glück bekam ich Verstärkung, denn auch Leighton und Niall waren eingeladen. Leider schafften es Leightons Eltern nicht von Denver hierher, was ich sehr bedauerte. Ich hätte die beiden gerne kennengelernt.
Das Kaffeetrinken verlief ruhig und friedlich, wobei mich Eleanors Vater immer wieder von der Seite musterte. Allerdings sprach er kein Wort, außer „danke", als ich ihm den Kuchen reichte.
„Wenn alle fertig sind, dann würde ich jetzt den Tisch abräumen", ließ Leighton verlauten, nachdem El das letzte Stück Kuchen verputzt hatte. Zum wiederholten Male fragte ich mich, wo sie das alles hin aß, denn ihre gertenschlanke Figur behielt sie stets bei.
„Warte, ich helfe dir", bot ich an, um möglichst wenig Zeit mit Eleanors Vater verbringen zu müssen. Womöglich würde er mich vielleicht doch noch aushorchen wollen, ein Gedanke, der mir gar nicht behagte.
Gemeinsam mit Leighton trug ich das Geschirr in die offene Küche und während wir zusammen die Spülmaschine einräumten, lauschten wir der Unterhaltung der anderen.
„Einen Absacker gefällig?", hörte ich Ted fragen und konnte mir vorstellen, wie alle nickten.
„Niall, das ist meine letzte Flasche Rum, ich warte auf Nachschub", fuhr Ted fort und sogleich ertönte Els Stimme in meinen Ohren.
„Hast du gehört, du musst wieder schmuggeln, Niall."
Sekundenlang hielten Leighton und ich den Atem an, in der Hoffnung, dass dies kein böses Nachspiel haben würde. Meine Freundin spielte nur allzu gerne mit dem Feuer.
„Eleanor", maßregelte ihr Vater sie jedoch sofort, „deine Witze gingen schon immer unter die Gürtellinie. So kannst du doch nicht über Niall sprechen! Entschuldige dich sofort bei ihm."
Nur mit allergrößter Mühe gelang es Leighton und meiner Wenigkeit nicht in Gelächter auszubrechen. Verzweifelt hielten wir uns die Hände vor den Mund, doch Nialls nächste Sätze erheiterten uns nur noch mehr.
„Damit kann ich leben, Sir. Ich kenne den Humor Ihrer Tochter und seien Sie versichert, dass jede Flasche Rum, die ich an Land bringe, durch die Hände von Preston Mahone, dem Chef der Zollbehörde hier auf Cayman Brac wandert."
Jetzt war es aus und vorbei. Leighton zerrte mich durch die Hintertür nach draußen, in den Garten, wo wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen.
„Ich kann nicht mehr", japste sie und hielt sich die Seiten. „Niall ist genial und genau deshalb liebe ich ihn so."
Diese Worte aus ihrem Munde zu hören zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. Niall hatte eine wundervolle Frau verdient, eine Frau wie Leighton.
„Er lügt wie gedruckt und sagt trotzdem die Wahrheit, das muss man erstmal können", bemerkte ich grinsend.
„Gut, dass mein Onkel das nicht weiß." Leighton grinste und dann klatschten wir ab.
Ich war heilfroh, als Els Vater sich am Abend verabschiedete, um mit seinem Privatjet nach Grand Cayman zu fliegen. Dort würde ich morgen früh ebenfalls hinreisen, zu einem sehr wichtigen Anlass: Die Eröffnung des neuen Gebäudes für die Kinder.
Es war ein überwältigender Augenblick, als der Kindergarten eingeweiht und wiedereröffnet wurde. Ich durfte das Band durchschneiden, welches man vor der Tür angebracht hatte und mein Bewährungshelfer platzte fast vor Stolz, als der Bürgermeister mir die Hand schüttelte, um sich für meine Hilfe zu bedanken.
Auch Eleanor und Harry waren zu diesem Anlass zugegen, wobei Harry mit den Kindern im Sandkasten spielte. Das sah ziemlich drollig aus, vor allem, als er mit Feuereifer eine riesige Sandburg baute.
„Bist du dir sicher, dass er ein guter Anwalt werden wird?", stellte El mir die Frage, als sie das Treiben im Sandkasten beobachtete.
„Ja, warum?"
„Na, ich könnte ihn mir auch als Erzieher vorstellen."
Ihre Antwort reizte mich zum Lachen und ich legte meinen Arm um ihre Taille, um sie näher an mich heranzuziehen. „Ich habe gerade eine hervorragende Idee, was wir machen werden, wenn meine restliche Bewährungszeit um ist", flüsterte ich ihr ins Ohr.
„Was denn?"
Als ich meine Antwort erteilte, da reagierte El vollkommen überschwänglich. „Das ist eine klasse Idee, Louis."
In ungefähr sechzehn Monaten würden wir diesen Plan in die Tat umsetzen.
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Hallo meine Lieben, sicher wart ihr sehr gespannt auf das Kapitel, auf Louis' Strafe und deshalb habe ich euch nicht allezu lange warten lassen und mir die Finger wund geschrieben (Scherz, es ist noch alles heil).
Es gibt ein unterschiedliches Strafmaß, was Steuerhinterziehung betrifft, dieses splittet sich nach den Beträgen, die hinterzogen wurden. Wenn sie in die Millionen gehen, gibt es keine Bewährung mehr, Louis hatte Glück. Ab einem Betrag von 100.000,-- werden Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren verhängt, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden können. In seinem Fall gab es mehrere positive Dinge, die sich strafmildernd auswirkten.
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen und ihr seid nun gespannt darauf, was Louis mit El in sechzehn Monaten so vorhat. Das könnt ihr dann im nächsten Kapitel lesen...
Wie fandet ihr die Szene beim Kaffeetrinken bei Ted im Haus? Ich musste beim Schreiben so lachen.
Danke für all die lieben Kommentare zum letzten Kapitel, sie haben mich beflügelt, schnellstmöglich weiter zu schreiben. Kommentare sind wie ein Motor, der einen antreibt, vergesst das niemals.
LG, Ambi xxx
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