27. The Bluff
♪ Crazy Little Thing Called Love - Queen
Am Sonntag klingelte mich der Wecker aus den Träumen. Ich hatte ihn extra gestellt, um ja nicht zu verschlafen. Gut gelaunt und mit klopfendem Herzen begann ich den Tag; den Tag, den ich mit Eleanor verbringen würde.
Ein starker Kaffee sowie zwei Scheiben Brot, beschmiert mit meiner geliebten Bananenpampe, reichten vorerst, um meinen Magen zufrieden zu stellen. Nach dem Frühstück packte ich Essen und Getränke in den Rucksack, den Liam mir auslieh und machte mich pünktlich mit Nialls Wagen auf den Weg zu Eleanor. Sie stand bereits vor dem Haus, als ich dort eintraf und winkte mir fröhlich zu.
Gestern hatte ich noch am Rande erwähnt, dass sie sich festes Schuhwerk anziehen und genügend Sonnencreme mitnehmen sollte. Dass El meinen Rat befolgt hatte, konnte ich deutlich an ihren blauen Sneakers erkennen, deren pinke Schnürsenkel mir sofort ins Auge stachen. Dazu passten ihr pinkes Top, die blaue Shorts sowie ihr blaues Snapback. Auf ihrem Rücken trug sie einen kleinen blauen Rucksack und ihr hübsches Gesicht wurde durch eine große Sonnenbrille halb verdeckt.
Aber ich sah ihr Lächeln, ein Lächeln, das mein Herz stets zum Flattern brachte.
„Hey, Louis, hast du gut geschlafen?", plapperte sie drauflos. „Ich soll dich von meinen Großeltern grüßen, sie wünschen uns einen schönen Tag."
„Danke, und ja, ich habe gut geschlafen."
Inzwischen war ich aus dem Pick-Up geklettert und nahm El den kleinen Rucksack ab, bevor ich ihr die Tür zur Beifahrerseite aufhielt.
„Bitteschön, steig' ein, damit wir loskommen." Um ehrlich zu sein konnte ich es nicht erwarten, mit ihr diese Klippe zu erklimmen und einige ruhige Stunden alleine mit ihr zu verbringen.
Liam hatte mir gestern erklärt, dass ich zum Leuchtturm fahren müsse, um dort den Wagen abzustellen. Weiter kam man mit einem Auto nicht voran, der Rest ging nur zu Fuß.
Ich hatte keine Ahnung, ob El ahnte, was ich vorhatte, jedenfalls sprach sie dahingehend keinen Ton, sondern eher darüber, wie sehr sie sich freute, etwas alleine mit mir unternehmen zu können.
Am Leuchtturm angekommen, begann sie allerdings breit zu grinsen und sprach: „Ich glaube, ich weiß, wohin es geht und weißt du was? Das finde ich spitze!"
Ihre Euphorie war nicht zu bremsen, sie lief mir anfangs fast davon, als wir den Pfad einschlugen, der direkt zu der Klippe führte. The Bluff stand auf dem Wegweiser, unverkennbar für alle.
Da ich ein strammes Tempo an den Tag legte, hatte ich El schon sehr bald eingeholt und wir marschierten auf gleicher Höhe auf dem Geröll. Es fühlte sich anstrengend aber gleichzeitig befreiend an. Die Luft war warm, doch die Brise, die uns um die Nase wehte, machte das wieder wett.
Je höher wir nach oben kamen, desto windiger wurde es und obwohl die Entfernung vom Leuchtturm bis zum Plateau der Klippe keine Meile betrug, so war es doch anstrengend genug, den Pfad nach oben zu erklimmen. Allerdings entschädigte mich die Aussicht vollkommen für die Strapazen.
„Oh wow, ist das toll hier", entfuhr es mir total verblüfft.
Als ich zu El schaute, zeigte sich auf dem Gesicht der Brünetten ein seliges Lächeln.
„Ich finde es schön, dass es dir hier gefällt, Louis. Wer hat dir verraten, dass das mein Lieblingsplatz ist?"
„Der gleiche Kerl, der mir gesagt hat, dass du auf Picknicks stehst", bekannte ich mich schuldig. Im selben Atemzug ließ ich den Rucksack von meinem Rücken gleiten und begann als erstes die Decke herauszuholen, die ich mitgenommen hatte. Eine Decke gehörte für mich zu jedem guten Picknick dazu. Schließlich wollten wir gemütlich sitzen.
„Ich hätte mir denken können, dass Niall dahintersteckt", kicherte sie.
Als ich das bunte Teil ausbreitete, zeigte El erneut ihre Begeisterung, indem sie in die Hände klatschte.
„Wir machen ein Picknick, das ist toll!"
Zu zweit holten wir all das Essen sowie die Getränke aus dem Rucksack. Liam besaß jede Menge Plastikbehälter, welche durch dichte Deckel verschlossen waren, sodass man ohne Probleme auch Dinge wie Pudding oder Salate transportieren konnte.
Den Vanillepudding hatte ich gestern Abend eigenhändig gekocht und mit Vanilleschoten versetzt, um den Geschmack noch zu verfeinern. Für El war gerade das Beste gut genug und ich wollte ihr zeigen, wie viel mir dieser Ausflug bedeutete.
„Sind das Roastbeef Sandwiches?", erkundigte sie sich, nachdem sie einer der Brotdosen geöffnet hatte. Als ich nickte, holte sie eines der Sandwiches hervor und biss herzhaft hinein. Auch ich bediente mich am Essen sowie an den Getränken. Die Wanderung hatte mich durstig werden lassen, außerdem war mir danach, die Glieder auszustrecken und einfach zu gammeln.
Nachdem El den Vanillepudding entdeckt hatte, kostete sie davon und sparte nicht mit Lob. „Du hast den echt selbst gekocht? Er ist der Hammer und ich finde es total lieb von dir, mich so zu verwöhnen."
Der Dank, in Form eines Kusses, den sie mir auf die Wange hauchte, brachte mein Blut derart in Wallung, dass ich zu schwitzen begann. Wie anders war es immer mit Danielle gewesen, in ihrer Gegenwart hatte ich all diese Dinge nie gefühlt. El nahe sein zu können, ihr Lachen zu hören, ihre Stimme zu vernehmen, das hatte auf mich eine Wirkung, wie ich sie mir nie hätte bei einer Frau vorstellen können.
Ich wollte möglichst alles über sie erfahren, sodass ich nun langsam ein Gespräch einleitete.
„Sag mal, darf ich dich etwas fragen?"
„Klar." El rückte ihre Sonnenbrille zurecht und räkelte sich in der Sonne. „Was möchtest du denn wissen?"
„Du hast Journalismus studiert und arbeitest für eine Zeitschrift, die auf Grand Cayman ansässig ist, habe ich gehört. Warum wohnst du ausgerechnet auf Cayman Brac? Wegen deinen Großeltern?", leitete ich die Fragestunde ein und schob mir genüsslich ein kleines Mangostück in den Mund.
„Ja, das stimmt." El trank einen Schluck Kokosnussmilch direkt aus einer frischen Kokosnuss. Ich hatte extra zwei davon in den Rucksack gepackt, um ihren Gaumen zu verwöhnen. „Die ehrliche Antwort ist, ich wollte möglichst weit weg von meinen Eltern wohnen, da mein Vater mich sehr unter Druck gesetzt hat. Eigentlich tut er das noch immer, bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit. Und deshalb habe ich beschlossen, Grand Cayman zu verlassen."
Da sie inzwischen ihre Sonnenbrille abgenommen hatte, konnte ich einen Blick in ihre braunen Augen erhaschen, welche ein wenig traurig wirkten. Natürlich fragte ich mich, inwiefern ihr Vater sie unter Druck setzte, doch die Frage danach brauchte ich nicht zu stellen, da El von sich aus darauf antwortete.
„Mein Vater ist mit meiner Berufswahl nicht einverstanden. Er wollte immer, dass im Bereich Finanzwesen tätig sein sollte, in einer Bank oder Investmentgesellschaft. Aber für mich sind Zahlen nichts, ich habe es lieber mit Buchstaben zu tun. Schon als kleines Mädchen habe ich viel gelesen und geschrieben. Ich schrieb eine Geschichte über Elfen und Trolle, die ich Leighton zum Lesen gab. Sie hatte echt Gefallen daran."
El kicherte und ich stimmte mit ein, während ich meinen Blick über ihr Gesicht gleiten ließ. Hübsch und gleichzeitig markant, diese Ausdrücke beschrieben ihr Antlitz am besten. Sie hatte das Herz auf dem rechten Fleck, den perfekten Humor und war nie um eine Antwort verlegen.
„Ich hatte keinen Bock, mir mindestens einmal pro Woche anzuhören, dass es doch viel besser sei, sein Geld in der Finanzwelt zu verdienen, anstatt dem Journalismus zu frönen", fuhr die Brünette fort. „Schließlich wurde mir bewusst, dass egal wo ich auf Grand Cayman wohnen würde, es meinen Vater nicht davon anhielt, mich regelmäßig daraufhin zu weisen. Denn eine Insel bleibt eine Insel, Louis, da gibt es keine weiten Wege."
Kurz seufzte sie auf. „Schließlich hatte ich die Idee, nach Cayman Brac zu gehen. Meine Großeltern, die ich früher in den Ferien immer besuchte, sahen kein Problem darin, mich bei sich wohnen zu lassen. Sie haben Platz genug und ich zahle keine Miete. Dafür helfe ich ihnen soweit es geht. Du hast gesehen, dass meine Großmutter im Rollstuhl sitzt, und obwohl die beiden ziemlich gut damit klarkommen, gibt es trotzdem genügend zu tun."
Ich fand diese Geste wundervoll, es zeugte davon, wie wichtig ihr die Menschen waren, die ihr am Herzen lagen.
„Darf ich fragen, warum deine Granny im Rollstuhl sitzt, oder ist das zu persönlich"?
„Nein, es ist nicht zu persönlich. Sie hatte eine Operation an der Wirbelsäule, dabei ging etwas schief und sie blieb Querschnittsgelähmt. Ich glaube, das war für Leighton mit ein Anstoß, Ärztin zu werden."
Überrascht schaute ich auf. „Dann ist das also schon länger her."
„Ja, es passierte als wir Teenager waren. Leighton und ich sahen uns immer in den Sommerferien und zu Weihnachten, auch nachdem sie mit ihren Eltern nach Denver gezogen war. Die Insel war immer unser Ort, verstehst du?"
Als ich nickte, streichelte El ohne Vorwarnung plötzlich über meine Hand. Ein elektrisierender Schlag, ähnlich einem Blitz, durchfuhr meinen Körper. Dieser hinterließ eine Spur in meinem Herzen, ein Gefühl, welches ich kaum zu beschreiben vermochte. Ruhe, Verbundenheit, Glück, Aufregung und Hoffnung zugleich stürzten auf mich ein. Es war eine enorme Gefühlslawine, die in meinem Innersten losgetreten wurde, nur durch diese kleine Berührung.
„Wie lange bist du schon hier?" Automatisch sprach ich leiser.
„Drei Jahre, so lange wie Niall. Es ist witzig, wir kamen mit dem gleichen Schiff hierher und freundeten uns quasi auf der Fahrt schon an."
„Echt? Das ist ja cool."
„Das war es wirklich. Wir mochten uns sofort, also als Freunde, und das ist bis zum heutigen Tag so geblieben. Ich kann mir ein Leben ohne Niall nur sehr schwer vorstellen. Er hört mir zu, wenn ich jemanden zum Reden brauche, er trinkt mit mir, wenn ich jemandem zum Saufen brauche und er kuschelt mit mir, wenn ich eine Schulter zum Anlehnen benötige. Wie ein bester Freund das eben tut, ganz ohne Hintergedanken." Sie lachte fröhlich auf und ich stimmte mit ein.
Ich verstand genau, wovon sie sprach, denn Niall war auch mein bester Freund. Nur durfte ich ihr das nicht erzählen. Es würde mein Geheimnis bleiben.
„Und was ist mit einem anderen Freund, also mit einer Beziehung?", erkundigte ich mich.
„Also im Moment habe ich keine, aber das kann sich schnell ändern." Sie zwinkerte mir schelmisch zu und lange gleichzeitig nach den Mangostückchen. „Allerdings hatte ich eine Beziehung, als ich noch auf Grand Cayman lebte. Aber das ging in die Brüche, kurz nachdem ich hierher zog. Wir haben uns einfach in gegensätzliche Richtungen entwickelt."
Ein verstehendes Nicken unterstrich meine Antwort. „Das passiert bestimm öfter als man denkt."
Das Thema Beziehungen schien vorerst abgehakt, denn El lenkte das Gespräch wieder in eine andere Richtung. „Weißt du, Louis, ich habe einen Teilzeitjob als Journalistin, den Rest meiner Zeit verbringe ich mit kleinen Studien an Kriminalgeschichten und alles was damit in Zusammenhang steht. Das ist furchtbar interessant."
„Du meinst, ungeklärte Morde oder sowas?", ging ich auf die Thematik ein.
„Ja, sowas auch." El griff nach einer Banane, schälte diese und sprach: „Auch Kriminaltechniken, wie man Leichen auseinandernimmt, Spurensicherung und vieles mehr. Auch über den illegalen Handel mit Waffen, Drogen und geklaute Kreditkarten. Einfach alles was mit Kriminalität zu tun hat."
„Und wo liest du das alles nach? Bestimmte Sachen werden nämlich aus Sicherheitsgründen nicht im Internet veröffentlicht und stehen auch nicht in Büchern", erklärte ich siegessicher. Als Anwalt waren mir diese Dinge durchaus geläufig, aber als El ihre Antwort brachte, da blieb mir glatt die Spucke weg.
„Ich stöbere ab und zu im Darknet."
„So eine bist du also, eine kleine Spionin, die sich ins Darknet einloggt." Verschwörerisch zwinkerte ich ihr zu und El lachte laut.
„Ach komm schon, jeder von uns hat seine Leichen im Keller. Niall schmuggelt Rum und transportiert Gegenstände, deren Herkunft manchmal zweifelhaft ist, aber ich mag ihn trotzdem als Freund. Und ich bin eben manchmal im Darknet unterwegs. Deswegen bin ich aber kein schlechter Mensch. Außerdem darfst du nicht vergessen, dass ich als Journalistin Zugang zum Darknet habe. Das ist Teil unserer Absicherung. Manche Informationen können wir nicht auf normalem Weg weitergeben oder einholen."
Mein Herz pochte so laut, dass ich Angst bekam, El könnte dies vielleicht bemerken. Im Darknet unterwegs zu sein war keineswegs vergleichbar mit den Dingen, die ich auf dem Kerbholz hatte. Dagegen mutete die Nutzung des Darknets wie eine kleine Notlüge an oder wie das Stehlen einer einzigen Erdbeere aus einem vollen Korb. Zudem tat El dies eigentlich aufgrund ihres Berufes legal.
Kurz schluckte ich, um den Gedanken an meine Unehrlichkeit zu verdrängen. Ich musste es lernen, William Austin zu vergessen und komplett in die Rolle des Louis Tomlinson zu schlüpfen. Es konnte nur einen Menschen geben, nicht beide. William war gestorben aber Louis lebte.
In diesem Moment versuchte ich mich selbst von allem freizusprechen. Ich hatte mich für diesen Weg entschieden, niemand war dabei zu Schaden gekommen, also sollte ich einfach, sinnbildlich gesprochen, die Akte William Austin schließen.
„Es wäre schön, wenn ich dir auch so viel über mich erzählen könnte", seufzte ich laut.
„Ach was, das wird schon irgendwann. Auf jeden Fall weiß ich schon Dinge, die dich sympathisch machen. Du liebst das Wasser und Schiffe, beides Sachen, die ich ebenfalls mag. Du bist witzig, hast Humor und du hast dich nicht gescheut, auf den Bluff zu steigen und hier mit mir ein Picknick zu veranstalten."
„Das stimmt wohl", erwiderte ich, „auch wenn ich diesbezüglich einen Tipp bekommen habe."
Langsam erhob ich mich und ging zum Rand der riesigen Klippe. Die Aussicht von hier oben war wundervoll. Das Meer, die unendliche Weite dieses riesigen Ozeans, die Schiffe, die teilweise wie winzige Punkte wirkten, der Wind, der mir um die Nase blies, all das nahm ich in mir auf.
In diesem Moment realisierte ich, dass ich mich nicht nur in Eleanor, sondern auch in Cayman Brac verliebt hatte.
Die Insel mit den zwei Seiten faszinierte mich ungemein. Eine Raue und eine sanfte, je nach Laune konnte man sie nutzen. Cayman Brac war wie mein eigenes Leben. Aufregend, ein wenig geheimnisvoll aber auch ruhig und gleichzeitig wunderschön.
Eine Weile blieben wir noch oben, lachten, scherzten, El schoss Fotos mit ihrem Handy und immer, wenn wir uns mehr oder weniger zufällig berührten, fuhr mein Puls in die Höhe.
Einmal liefen wir die Klippe ab, um dann alles zusammenzupacken und wieder nach unten zu steigen. Vorsichtig ging ich voran, immer darauf bedacht, nicht unbedingt auf die spitzen Steine zu treten, die den Weg bevölkerten, als gehörte er ihnen.
„Pass auf, hier kommt ein Loch", warnte ich, um im nächsten Moment ins Straucheln zu gelangen. Ehe ich mich versah, stand ich mit dem Fuß darin und mein „Autsch" ließ El sogleich zu Hilfe eilen
„Hast du dir wehgetan? Zeig mal her", forderte sie mich auf.
Sogleich steckte ich ihr mein linkes Bein entgegen, das es wohl erwischt hatte. Jedenfalls tat der Knöchel höllisch weh.
„Oh weh, das wird dick, komm stütz' dich bei mir ab", meinte sie und legte ihren Arm fürsorglich um meine Taille. Unsere Nähe zueinander fühlte sich aufregend und angenehm zugleich an und als wir uns kurz in die Augen schauten, tauchte erneut das Flattern in meinem Magen auf.
Kurzzeitig waren die Schmerzen vergessen, ich wollte sie am liebsten küssen, doch das war nicht der passende Zeitpunkt. Vielmehr sollte ich mich darauf konzentrieren, sicher zum Wagen zu gelangen. Insgeheim verfluchte ich mich selbst, wie hatte mir nur solch ein Missgeschick passieren können?
Auf einem Bein humpelnd versuchte ich vorwärts zu kommen, doch dies gestaltete sich auf dem abschüssigen steinigen Weg relativ schwierig. Wir kamen nur ganz langsam voran, wobei El mich nicht losließ. Ihr Arm umfasste noch immer meine Taille.
Kurz bevor wir das Ende des Pfades erreichten, stolperte die Brünette jedoch über eine Stein und ich fing uns gerade noch ab. Dabei belastete ich meinen lädierten Knöchel, welcher daraufhin kräftig zu hämmern begann, um seinen Unmut zu demonstrieren.
„Oh Gott, Louis, das tut mir so leid", brachte El bestürzt hervor. „Ich bin so ein Schussel, beinahe wären wir gestürzt."
„Ist ja nichts passiert", erwiderte ich mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Lass uns weitergehen, ich sehe schon den Wagen." Humpelnd erreichte ich den Pick-Up und erst da lockerte El ihren Griff.
„Am besten wir fahren zum Arzt", schlug sie vor. „Leighton hat Dienst, also wirst du perfekt versorgt."
Seufzend kletterte ich in das Auto und bekam prompt von El die Frage gestellt, ob ich wirklich fahren könnte.
„Hör mal, es hat den linken Fuß erwischt und den brauche ich beim Automatikgetriebe nicht." Damit war die Sache geklärt.
Nach diesen Worten ließ ich den Motor aufheulen und bretterte die Straße entlang. Der Weg zu der Notfallstation war schnell zurückgelegt und kaum betraten wir diese (El hatte wieder ihren Arm um meine Taille gelegt), kam Leighton uns auch schon entgegen. Während der Fahrt hatte die Brünette mit ihrer Cousine telefoniert, sodass die Ärztin über die Geschehnisse genauestens informiert war.
„Lass mal sehen, was hast du angestellt?" Vorsichtig tastete sie Bein und Knöchel ab und verabreichte mir sogleich eine schmerzlindernde Salbe.
„Gebrochen ist nichts, aber ordentlich verstaucht. Du wirst es einige Tage spüren, meine Lieber."
Erleichterung machte sich in mir breit, ich war froh, dass es so glimpflich abgelaufen war. Alles andere hätte mich verrückt gemacht, zumal ich am Dienstag mit Niall in Richtung Grand Cayman aufbrechen wollte.
„Das ist gut", seufzte ich, „dann kann ich wohl morgen trotzdem mit Ed aufs Meer hinaus und am Dienstag mit Niall nach Grand Cayman schippern. Wir wollen zum Konsulat, damit ich meine Papiere beantragen kann."
Dass meine Denkweise äußerst blauäugig war, bekam ich nun durch Leighton mitgeteilt. „Das kannst du dir abschminken. Heute und morgen legst du das Bein schön nach oben, damit der Knöchel abschwillt. Außerdem trägst du die Salbe drei Mal täglich auf. Ich sehe dich dann am Dienstag um viertel nach neun in der Sprechstunde."
„Was?" Die Enttäuschung stand mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn El sagte bedauernd: „Das tut mir so leid, Louis, ich weiß, wie sehr du dich auf die Fahrt mit Ed gefreut hattest."
„Er kann nur eines machen, entweder am Montag in See stechen und riskieren, dass der Knöchel noch dicker wird oder brav meine Anweisungen befolgen, um dann am Dienstag mit Niall nach Cayman Brac zu schippern, was ich als weitaus wichtiger erachte. Schließlich geht es da um deine Papiere."
Als Leighton mich anschaute, nickte ich leicht. Der Trip zu der großen Insel war wirklich wichtiger, denn dabei ging es um meine Existenz. Also fügte ich mich innerlich knurrend dem Schicksal.
„Dann rufe ich Ed wohl man an und sage ihm, dass es mit morgen nichts wird", erklärte ich, während Leighton sich die Hände wusch.
„Besser ist das", lautete ihre Aussage.
Natürlich zog der Rotschopf mich auf, aber er drückte ebenfalls sein Bedauern aus.
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", teilte er mit. „Wir holen das nach, wenn du wieder fit bist."
Es verstand sich von selbst, dass ich Eleanor, trotz meines Handicaps, nach Hause brachte. Ich stieg sogar aus dem Wagen (obwohl El protestierte) und humpelte mit ihr in Richtung Eingang, um mich dort von ihr zu verabschieden.
„Ach herrje, es tut mir so leid, aber normalerweise passieren mir ständig solche Dinge. Schon als Kind hatte ich immer aufgeschlagene Knie oder Ellbogen", meinte El, als wir vor der Haustür standen.
„Na ja, wie du siehst, kann ich da gut mithalten", grinste ich, die Schmerzen ignorierend, da Els Lächeln mich erneut gefangen nahm. „Wie fandst du unseren Ausflug? Hat er dir gefallen?", richtete ich meine Frage zum Abschluss an sie.
Was dann passierte glich einer Kettenreaktion, die nicht mehr zu stoppen war. El streichelte mit ihrer Hand über meine Wange und hauchte: „Es war toll mit dir, Louis."
Und dann nahm ich all meinen Mut zusammen und küsste sie.
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Hach, mal wieder ein schöner Cliffhanger. Ich konnte nicht widerstehen, es passte super. :) Acuh wenn ihr mich vermutlich jetzt gerne schlagen würdet.
Was glaubt ihr, wie El reagiert?
Wie hat euch der Ausflug auf die Klippe gefallen?
Ihr wisst nun ein bisschen mehr über Eleanor und warum sie auf Cayman Brac lebt.
Tja, Louis' Plan, Eds Kutter zu fahren, ist erstmal dahin, dafür darf er mit Niall nach Grand Cayman. Ich hoffe, ihr freut euch schon drauf.
Danke für die tollen Kommentare, die Votes und eure Treue.
LG, Ambi xxx
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