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24. True Colours


♪ Don't stand so close to me - The Police


N i a l l


„W-William?"

Mein Puls beschleunigte, als ich ihn genauer anschaute, sein Gesicht einer gründlichen Musterung unterzog. Die blauen Augen, die hohen Wangenknochen, das Kinn, die Nase – all das erinnerte mich an meinen alten Freund aus der Jugendzeit. Aber wie konnte das sein? Und was sollte ihn ausgerechnet hierher verschlagen haben?

„Ja, Niall, ich bin es und das ist keine Lüge."

Seine Stimme klang tiefer, rauer, aber das war auch bei mir der Fall. Dennoch stach der typisch britische Akzent hervor. Damit hatte ich ihn immer aufgezogen. Die gesunde Skepsis, die ich mir im Laufe der letzten Jahre angeeignet hatte, verhinderte jedoch, dass ich ihm sofort glaubte. Ich wollte Beweise, oder zumindest einen stichhalten Beweis, der mich wissen ließ, dass es sich bei Louis Tomlinson um meinen Freund William Austin handelte.

Langsam trat ich näher an ihn heran, spürte förmlich die Nervosität, die von ihm ausging.

„Bitte, Niall, du musst mir das glauben. Ich bin es wirklich und es gibt eine Geschichte, warum ich meinen Namen geändert habe."

Darauf war ich wirklich gespannt, aber im Moment war ich eher darauf aus, einen Beweis für seine Aussage zu erlangen.

„Wenn du William Austin bist, dann sag mir bitte, welche Schule wir besuchten und wo du gewohnt hast."

Entschlossen kreuzte ich die Arme vor meiner Brust, zog eine Braue nach oben und wartete auf seine Antwort, die prompt erfolgte.

„Wir besuchten die Mill Hill School in London. Dort liebten wir vor allem den großen Park." In der Tat entsprach das der Wahrheit, aber ich richtete eine weitere Frage an ihn. „Was war damals mein Lieblingsessen? "

„Das Gulasch von meiner Mutter, mit Nudeln. Das ist ein deutsches Gericht."

Auch das stimmte, jedoch führte ich das Verhör weiter. „Wie hieß das erste Mädchen, in das ich verknallt war?

„Adelaide Briggs. Sie besuchte die Klasse über dir."

„Was habe ich bei deinen Eltern im Garten unter dem Ginsterbusch vergraben?"

„Deine Mathearbeit. Du hattest eine Sechs kassiert."

Tief atmete ich ein und wieder aus. All diese Dinge konnte kein Fremder wissen, nur mein bester Freund William Austin. Eine letzte Frage richtete ich dennoch an ihn.

„Warum verloren wir uns aus den Augen?" Ich schaute ihn an, beobachtete, wie er leicht zu zittern begann. So, als ob es ihm leidtäte, dass dies geschehen war.

„Du bist mit deinen Eltern zurück nach Irland gezogen. Wir schrieben noch einige Zeit E-Mails, doch dann änderte ich meine Mailadresse, da es MSN nicht mehr gab und ja, ich hatte deine plötzlich nicht mehr. Ich konnte dir nicht mehr schreiben, Niall. Deine Adresse in Irland wusste ich nicht, ich ging von zuhause fort, um zu studieren." Er holte tief Luft. „Ich bin Anwalt geworden."

„Das wolltest du schon mit vierzehn werden", brachte ich hervor. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass es sich bei diesem Mann, der sich Louis Tomlinson nannte, tatsächlich um William Austin handelte.

„William?"

Mit klopfendem Herzen trat ich noch einen Schritt näher an ihn heran, da erblickte ich das verräterische Glitzern in seinen Augen. Ein Glitzern, welches nun vermutlich auch bei mir einsetzte. Der Kloß in meinem Hals wurde dicker, als ich meine Hand ausstreckte, die ich auf seiner linken Schulter ablegte.

„Will", hauchte ich, gleichzeitig fuhr ein Zittern durch meinen Körper. „William, du bist es wirklich."

„Ja, Niall, ich bin es wirklich."

Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen, doch Sekunden später lagen wir uns in den Armen und ich ließ meinen Freudentränen vollen Lauf. Meine alten Jugendfreund wiederzufinden, daran hätte ich im Leben nicht mehr geglaubt, vor allem nicht auf dieser Insel.

Auch der Mann, den ich bisher nur unter dem Namen Louis Tomlinson kannte, weinte schrecklich. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an mich, ich hielt ihn einfach nur fest. Es dauerte gut eine Minute, bis wir unsere Sprache wiederfanden. Ich war der Erste, der das Schweigen brach.

„Bitte erzähl' mir alles. Warum bist du hier? Warum nennst du dich Louis Tomlinson?"

Nur zögerlich kamen die Worte über seine Lippen. „Ich glaube, du wirst sehr enttäuscht von mir sein, aber ich konnte nicht anders."

Nachdenklich betrachtete ich sein Gesicht, welches so viel jünger wirkte, seit er diesen Bart abrasiert hatte. Auf wessen Seite die Enttäuschung wohl am Ende größer sein würde, das blieb abzuwarten. Im Moment wusste William alias Louis nur, dass ich Rum schmuggelte. Vermutlich fiel er aus allen Wolken, wenn ich ihm die Haupteinnahmequelle meiner Arbeit schilderte. Aber zunächst wollte ich hören, was er zu beichten hatte.

Um unsere Zungen zu lösen, holte ich eine Flasche Rum, zwei Gläser sowie eine Ladung Eiswürfel aus der Küche, während mein alter Freund auf der Terrasse Platz nahm.

„Darf ich dich etwas fragen?", meinte ich, bevor ich den Alkohol ausschenkte.

„Ja, sicher."

„Wie geht es deinem Vater? Lebt er noch?"

Seufzend schaute Louis alias William zu mir. „Nein, er ist tot und das ist schon ein Teil der Geschichte, also es spielt mit hinein."

„Das tut mir leid", war alles, was ich hervorbrachte, denn ich hatte seine Eltern immer sehr gemocht. Dass seine Mutter schon länger nicht mehr unter den Lebenden weilte, war mir aus unserem E-Mail Verkehr bekannt.

Wir stießen an, die Gläser klirrten und der Alkohol fand seinen Weg durch meine Kehle. Es würde eine Weile dauern, bis ich so etwas wie Trunkenheit spürte, denn im Laufe der Jahre hatte ich das Trinken wirklich gelernt. Liam machte spätestens nach vier Gläsern schlapp, da konnte ich noch locker zwei nachlegen. Manchmal auch drei, je nach Tagesform.

„Also", begann mein Gegenüber, „ich möchte nicht, dass du schlecht von mir denkst, Niall. Ich bin Anwalt geworden, weil ich für das Recht kämpfen wollte. Das tat ich mit Leib und Seele, aber da gibt es eine Sache, da kann ich unserem Staat nur die Kompetenz entziehen."

„Inwiefern?", erkundigte ich mich neugierig.

„In Bezug auf die Erbschaftssteuer. Ich sollte beinahe eine halbe Millionen Pfund bezahlen, da das Haus meiner Eltern inklusive das Ersparte in die Berechnung hineinfloss."

„Krasse Scheiße", entfuhr es mir. „Wir zahlen hier auf den Caymans gar keine Steuern."

„Das ist mir bekannt." Prüfend schaute ich in sein Gesicht, da redete er schon weiter. „Ich wollte das nicht bezahlen, es ist nicht rechtens, zumindest nicht in meinen Augen. Was geht den Staat meine Erbschaft an? Das Geld, für das meine Eltern ihr Leben lang geschuftet haben?"

Diesen Gedanken konnte ich sogar irgendwie nachvollziehen, wobei ich nun gespannt war, wie er diese Sache umgangen hatte. Meine Augen wurden groß und rund, als ich erfuhr, dass William das Haus verkauft und den Erlös anschließend bei einer Bank auf Grand Cayman unter falschem Namen gebunkert hatte. Den Rest konnte ich mir selbst zusammenreimen, dennoch hörte ich seinen Ausführungen gespannt zu. Erst als er geendet hatte, stieß ich ein lautes Atmen aus.

„Alter Schwede, du hast dir also eine neue Identität zugelegt und deinen Tod vorgetäuscht."

„Ja, Niall, das habe ich. Aber es ging etwas schief. Der Sturm hat mich überrascht, ich bin beinahe abgesoffen und wurde von Liam gerettet."

„Die Geschichte kenne ich ja schon, Crusoe." Mit diesen Worten schenkte ich den Rum nach und zwinkerte ihm zu. Der Alkohol machte uns ein wenig lockerer, was das Sprechen anging und brachte gleichermaßen einige Gefühlswallungen hervor.

„Dass ich dich wiederhabe, das ist mein schönstes Geschenk, Niall. Dafür bin ich unendlich dankbar, auch wenn du mich jetzt für einen Schwerverbrecher halten solltest."

Mein Freund hatte keinen blassen Schimmer von was er da sprach, denn die Dinge, die ich auf dem Kerbholz hatte, waren beileibe nicht ohne. Auspacken machte durchaus Sinn, denn dass er einen Verdacht hegte, war mir klar. Zu deutlich waren seine Anspielungen beim gestrigen Treffen gewesen.

In einem Zug kippte ich den Rum hinunter, goss gleich nach und sagte: „William, ähm ich meine, wie soll ich dich eigentlich anreden?"

Seine blauen Augen schienen sich zu verdunkeln, als er antwortete. „Bitte nicht mit William, du musst diesen Namen vergessen. Sag' Louis oder Crusoe zu mir, auch wenn wir alleine sind. Man weiß nie, ob vielleicht nicht doch jemand zuhört."

Beinahe schon flehend erklang seine Stimme und ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich seine Aussage absolut verstanden hatte.

„Es ist okay, Louis."

Seltsamerweise hörte sich der Name nicht falsch an, denn darunter hatte ich ihn schließlich kennengelernt und somit würde ich es auf die Reihe kriegen.

„Wie sehen deine weiteren Pläne aus?", erkundigte ich mich neugierig, worauf mein Freund ein tiefes Seufzen hören ließ.

„Das ist eine gute Frage. Ich muss irgendwie zu Geld kommen, denn mein gefälschter Ausweis, sowie meine eiserne Reserve und der Schlüssel zu meinem Bankfach sind im Meer verschwunden. Ich hatte einen wasserdichten Gürtel an, aber diesen muss ich verloren haben, als ich mich an den Klippen verletzte."

„Du hast verdammtes Glück gehabt, in doppelter Hinsicht. Dass ausgerechnet Liam dich gefunden und gerettet hat, grenzt an ein Wunder. Er ist der beste Taucher, Schwimmer und Surfer, den es hier gibt. Liam ist quasi mit dem Ozean verheiratet, er kennt die Tücken und wusste vermutlich haargenau, wie er dich am besten aus dem Wasser zieht."

Alles, was Louis erwiderte, war: „Dafür bin ich mehr als dankbar, Liam ist zu einem guten Freund geworden."

Das konnte ich durchaus nachvollziehen, denn unser Tauchlehrer war auch ein guter Freund für mich, obwohl wir sehr unterschiedliche Leben führten.

„Ich muss dir auch etwas beichten", sprach ich ein wenig schuldbewusst, „du fragtest danach, was ich transportieren würde."

Wieder leerte ich mein Glas und da Louis seines ebenfalls ausgetrunken hatte, schenkte ich erneut eine Ladung nach. Kubanischer Rum, der Geschmack, der auf meiner Zunge zerging, katapultierte mich automatisch in diese Welt, mit all ihren Annehmlichkeiten, aber auch mit den Risiken.

„Es sind keine normalen Waren nehme ich an?", hörte ich Louis' Stimme.

„Teils, teils. Ich transportiere tatsächlich Waren aller Art aber meist sind welche dabei, die nicht" – ich druckste ein wenig herum und suchte nach der passenden Ausdrucksweise -, „die nicht ehrenhaft erworben wurden."

„Du meinst geklaute Ware?"

„Auch. Geklaut und illegal."

Mein Herz klopfte so laut, dass ich befürchtete, Louis alias William würde es hören und meine Wangen nahmen eine verräterische Röte an. Normalerweise war es mir egal, was die Leute von mir dachten, aber meinem alten Freund gegenüber zu offenbaren, dass ich krumme Geschäfte betrieb, das fiel mir wirklich schwer.

„Was verstehst du denn unter illegal?", mischte sich seine Stimme in meine Gedanken.

„Zum Beispiel Bauteile für Waffen, also auch zerlegte Waffen. Das ist allerdings selten, bringt jedoch eine Menge Geld für mich ein. Weißt du, Louis, ich schaue nicht in die Kisten, das ist nicht meine Aufgabe. Als Käpt'n meines Schiffes muss man mir die ausgefüllten Zollpapiere übergeben, eine Unterschrift leisten und die Fracht bezahlen. Wenn ich mehr als den üblichen Satz unter der Hand ausgezahlt bekomme, dann weiß ich, das was faul ist."

Kurz holte ich Luft, um die finale Aussage herauszuhauen. „Ich transportiere alles außer Drogen und Menschen. So lautet der Deal."

„Fuck", entfuhr es meinem Gegenüber, der erschrocken seine Augen aufriss, „du bist ja genauso kriminell wie ich!"

Für eine Sekunde starrten wir uns an, dann begannen wir synchron zu grinsen und schließlich brachen wir in schallendes Gelächter aus. Es wollte gar nicht mehr aufhören und zum Schluss wischten wir uns die Lachtränen aus den Augen.

„Du bist- du bist ein gottverdammter Schmuggler", japste Louis. „Und ich dachte, ich könnte dir nicht mehr in die Augen schauen."

„Und du bist ein gottverdammter Schwindler und Steuerhinterzieher", schoss ich zurück. „Aber du bist mein Freund und das wirst du immer sein."

Schlagartig kehrte Stille ein, jedoch keine bedrückende, sondern eher eine emotionsgeladene. Ich sah die Tränen in seinen Augen schimmern, als er sprach.

„Ich bin so froh, dass ich dich wiederhabe, Niall, so unendlich froh."

„Das bin ich auch."

Unser Abend endete damit, dass Louis bei mir übernachtete. Weder er noch ich waren in der Lage ein Auto zu steuern, gelinde gesagt, beschrieb man unseren Zustand am besten mit sternhagelvoll.

Als ich am nächsten Tag erwachte, hörte ich Louis in der Küche rumoren. Er hatte im Gästezimmer geschlafen, das ansonsten durch El belegt wurde, wenn sie keinen Bock hatte, zu ihren Großeltern zu fahren.

„Hey, Niall, ich hab' schon mal den Kaffee aufgestellt", begrüßte mich mein Freund.

„Das ist super, dann gibt es gleich Frühstück."

„Hast du keinen dicken Kopf?"

Verwundert blickte ich ihn an. „Nein, du?"

„Na ja, ein bisschen", gestand er ehrlich, mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.

Während der Morgenmahlzeit führten wir unser Gespräch vom gestrigen Abend weiter.

„Was gedenkst du jetzt zu tun, Will- ähm Louis?"

Ein wenig zögerlich erfolgte seine Antwort: „Ich brauche Geld damit ich einen neuen gefälschten Ausweis auftreiben kann, und ich habe keinen blassen Schimmer, woher ich den kriegen soll."

Das Grinsen auf meinem Gesicht verbreiterte sich enorm, als ich antwortete: „Das mein Lieber, lass nur meine Sorge sein. Ich weiß, woher wir den kriegen."

„Echt jetzt? Oh mein Gott, du bist meine Rettung, Niall." Im nächsten Moment verflog seine Euphorie jedoch so plötzlich, wie sie gekommen war. „Aber die Kohle, ich werde ewig brauche, um so viel Geld zusammen zu kratzen." Louis klang sehr geknickt, aber für mich gab es darauf nur eine Erwiderung: „Ich lege sie dir vor, wo ist das Problem?"

Ein Anruf unterbrach unsere Konversation. Es handelte sich um einen meiner Kunden, der Waren von Cayman Brac nach Grand Cayman transportiert haben wollte. Einer der rechtschaffenen Typen, dem ich versprach, gleich zurückzurufen.

Louis nahm das zum Anlass, sich zu verabschieden. „Ich muss jetzt gehen, Liam macht sich bestimmt schon Sorgen."

„Weil du über Nacht weg warst? Du bist kein Kleinkind, er nicht deine Mama und auf dieser Insel kann man sich auch nicht verlaufen", entgegnete ich lachend.

„Da hast du wohl Recht."

„Ich rufe dich nachher an, okay?"

An der Haustür umarmten wir uns sehr lange und da spürte ich diese besondere Freundschaft, die schon immer zwischen uns Bestand hatte. Er hatte mir unendlich gefehlt.

Nachdem ich mit meinem Kunden gesprochen hatte, machte ich mich auf den Weg in den Ort. Das Laufen tat mir gut und der laue Wind blies meinen Kopf frei. Mein Freund brauchte Hilfe und die würde ich ihm geben, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln, auch wenn es sich mal wieder um eine illegale Sache handelte. Doch das juckte mich nicht. Niemand kam dabei zu schaden, das war die Hauptsache.

Kurz kehrte ich im Supermarkt ein, um einige Kleinigkeiten zu kaufen, da erblickte ich eine Frau, die versuchte, etwas aus einem der Regale zu erreichen. Obwohl sie sich auf die Zehenspitzen stellte, gelang es ihr nicht. Vorsichtig schlich ich mich von hinten an sie heran, langte mit dem Arm zu der Packung Reis und sprach: „Na, Frau Doktor, alles klar?"

Leighton fuhr erschrocken herum, dann lachte sie jedoch. „Hallo, Niall, schön dich zu sehen. Was macht dein Finger?"

Als ich ihr das Teil vor die Nase hielt, begutachtete sie alles sofort.

„Du bist immer im Dienst, oder?" Ohne Umstände packte ich den Reis in ihren Einkaufskorb.

„Sagen wir es so, ich habe immer ein Auge auf meine Patienten und wenn wir schon dabei sind, hättest du heute Nachmittag Zeit, in der Sprechstunde vorbeizuschauen?"

Stirnrunzelnd blickte ich die Ärztin an. „Warum denn das? Die Fäden werden doch noch nicht gezogen, oder?"

„Nein, aber dein jährlicher Check-Up ist schon lange überfällig. Mein Vorgänger hat in dieser Hinsicht wohl etwas geschludert."

„Mein jährlicher Check-Up? Ich war noch nie bei einem", entfuhr es mir erstaunt.

„Dann ist es umso wichtiger, dass du das angehst."

Gemeinsam liefen wir zur Kasse. „Und was wird da gemacht? Kriege ich wieder eine Spritze?"

„Nein." Leighton räumte die Sachen aus ihrem Korb auf das winzige Laufband. „Ich werde dich abhören, deine Reflexe testen, sowas in der Art."

Das klang nicht weiter schlimm und da ich nichts Besonderes vorhatte, sagte ich zu. „Wann soll ich denn da sein?"

„Um zwei, da fängt die Sprechstunde an und ich trage dich gleich ein, dann hast du keine Wartezeit. Es sei denn, es kommt jemand vorbei, der sich mit einer Axt massakriert hat."

Auf diesen Seitenhieb hatte ich förmlich gewartet, aber eigenartigerweise mochte ich ihren Sarkasmus sowie ihren Humor, der sich ziemlich trocken präsentierte.

„Also, bis später", verabschiedete sie sich, nachdem sie bezahlt und alles in ihrem Einkaufskorb verstaut hatte. Selbstverständlich hatte ich ihr an der Kasse den Vortritt gelassen und schaute ihr nun nach. Definitiv handelte es sich bei Leighton um eine interessante Persönlichkeit, eine Frau, die jedoch in einer völlig anderen Welt lebte, als ich das tat.

Pünktlich um zwei saß ich etwas nervös im Wartezimmer und Leighton ließ mich volle zwei Minuten schmoren, was meine innere Unruhe vergrößerte. Als endlich die Tür aufging, brach mir beinahe der Angstschweiß aus. Auf was hatte ich mich hier wieder eingelassen? Ich hasste Ärzte, Krankenhäuser und Medikamente. Bisher hatte ich alles alleine geschafft, mich selbst kuriert und auch die Verletzung in meinem Gesicht heilte damals von alleine ab. Zwar hinterließ diese eine hässliche Narbe, aber da ich keine Modelkarriere anstrebte, war mir das schnuppe. Den Nutten war es egal und meiner besten Freundin erst recht.

„Mach bitte den Oberkörper frei, Niall."

„Hier geht es also gleich richtig zur Sache", schmunzelte ich, bevor ich das Shirt über den Kopf streifte und dieses ordentlich über die Stuhllehne dekorierte. Sekunden später spürte ich das kalte Stethoskop auf meiner Brust.

„Atme, Niall, tief ein und aus."

Das Ganze tat ich drei Mal, dann nickte Leighton zufrieden. Sie unterzog meinen Körper einer kurzen Musterung und sprach dann: „Stell' dich auf die Waage."

Nachdem sie Gewicht und Größe in der Datei im Computer eingetragen hatte, testete sie meine Reflexe mittels eines kleinen medizinischen Hammers. Alles schien einwandfrei zu sein und ich freute mich, als Leighton meinte, ich solle das Shirt wieder anziehen.

„Sind wir fertig?"

„Nicht ganz, ich muss dir noch Blut abnehmen."

„Was? Du hast gesagt, es gäbe keine Spritze", blökte ich los.

Schelmisch grinsend blickte sie mich an. „Ich habe nicht gelogen, ich nehme dir nur Blut ab."

„Du stichst eine Nadel in mein Fleisch!", fauchte ich ungehalten. Ich hatte echt Schiss vor Nadeln, das würde sich wohl niemals ändern, doch Leighton ließ nicht mit sich verhandeln.

„Stell' dich nicht an, wie ein Fünfjähriger, Niall. Ich werde dich ablenken. Du wirst den Einstich nicht spüren, das verspreche ich dir."

„Pah, willst du einen Striptease hinlegen, damit ich nicht umkippe?", zog ich sie auf, obwohl mir nicht nach Scherzen zumute war. Die Angst saß mir förmlich im Nacken.

Und wieder bewies Leighton, dass sie nicht auf den Mund gefallen war. „Nein, das will ich nicht riskieren, dann könntest du erst recht schlapp machen."

Seufzend schloss ich meine Augen, da hörte ich sie sagen: „Ich will dein Blut, Niall."

„Du klingst wie ein Vampir auf Essensentzug", brachte ich hervor, streckte ihr jedoch meinen Arm entgegen. Sie hatte gewonnen, denn die Bemerkung, dass ich mich wie ein Fünfjähriger verhielt, die konnte ich keineswegs auf mir sitzen lassen.

Noch immer mit geschlossenen Augen wartete ich auf die spitze Nadel, die gleich meine empfindliche Haut durchbohren würde, stattdessen hörte ich Leighton reden.

„Wie lange bist du schon auf dieser Insel?"

„Drei Jahre, zwei Monate, sechs Wochen und fünf Tage."

„Ich dachte immer, Louis sei Robinson Crusoe, der Buch darüber führt", meinte sie.

„Ich führe nicht Buch, ich weiß es einfach", entgegnete ich.

„Und was hat dich hierher verschlagen?"

„Ich dachte, es wäre Zeit für einen Tapetenwechsel. Asien wurde langsam langweilig."

Das war nur die halbe Wahrheit, aber darauf kam es im Moment nicht an. Ich wollte nur diese verdammte Blutentnahme hinter mich bringen, aber Leighton überraschte mich aufs Neue.

„Wir sind fertig, Niall, du kannst die Augen wieder öffnen."

„Was?" Tatsächlich hatte ich den Einstich nicht gespürt, dafür jedoch etwas anderes.

Leighton hatte mit ihren Fragen unbewusst eine alte Narbe in meinem Herzen berührt.

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Hallo meinen kleinen Submerger, ich dachte, ich mache euch eine Freude mit einem neuen Kapitel, welches Fragen beantwort aber gleichzeitig neue aufwirft. So sollte es sein ^^.

Ich hoffe, ihr habt die Nouis-Momente genossen und seid nun ein bisschen besser im Bilde was Nialls Geldeinnahmequellen angeht. :) Louis und er sind also zu Semi-Kriminellen mutiert, die Protagonisten können ja nicht immer brav sein.

Wie findet ihr es, dass Niall Louis helfen möchte?

Und wie hat euch die Szene mit Leighton gefallen? Ich musste so lachen beim Schreiben.

Da ich nicht weiß, ob ich es vor dem Jahreswechsel noch schaffe, ein neues Kapitel hochzuladen, wünsche ich euch sicherheitshalber einen guten Rutsch und guten Start ins neue Jahr.

Danke für eure Treue :)

LG, Ambi xxx

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