21. Injection
♪ Jealous Lover - Rainbow
Mein Schädel brummte, als hätte ich ihn gegen die Wand geschlagen, während ich gemeinsam mit Niall zu Ted Fosters Anwesen fuhr. Bei jeder Unebenheit (und die Straßen auf Cayman Brac besaßen davon reichlich), hatte ich das Gefühl, mein Gehirn würde durchgeschüttelt werden.
Mein Freund aus der Jugendzeit steuerte einen roten Ford Pick-Up, dessen heftiger Sound noch zusätzlich in meinen Ohren dröhnte, sicher durch die Schlaglöcher. Normalerweise wäre ich davon hellauf begeistert, aber in Anbetracht der Tatsache, dass das Geräusch das Brummen meines Schädels verschlimmerte, fand ich dies nicht ganz so prickelnd. Allerdings erwähnte ich das nicht, sondern ließ mich über den kräftigen V8 Motor aus, mit welchem das Fahrzeug ausgestattet war.
„Die Kiste ist super, was frisst der so an Sprit?", erkundigte ich mich beiläufig.
Niall grinste. „Er schluckt ordentlich, aber da ich nicht so häufig damit fahre, interessiert es mich nicht. Ich brauche ihn meistens nur, um Waren zum Schiff zu transportieren, oder wenn ich zu Ted fahre. Den Rest erledige ich zu Fuß oder mit Eleanors Roller."
Da war er wieder, der Stich in meinem Herzen.
Erstens hatte ich noch gar nicht gewusst, dass El ein solches Gefährt besaß und zweitens war ich nicht begeistert davon, dass Niall diesen ausleihen durfte. Aber da die beiden eine Beziehung führten, erschien mir dieser Umstand als normal.
„Wir können dann gleich den Müll, der durch die geschnittenen Büsche anfällt, wegfahren. Hier auf der Insel gibt es einen Platz, da kippt jeder seine pflanzlichen Überreste hin", erklärte Niall.
„Irgendwo muss das Zeug ja hin, es kann wohl schlecht bei Ted im Garten liegen blieben", erwiderte ich mit einem matten Grinsen.
„Du sagst es."
Es fühlte sich noch immer komisch an, Niall als jemand gegenüber zu treten, den er nicht kannte. Das war fast so, als ob man sich für ein Kostümfest verkleidet, komplett durch die Welt schmuggelte. Gott sei Dank konnte niemand hinter meine Fassade blicken.
Da Niall die Scheiben des Wagens hinuntergelassen hatte, fuhr der Wind durch mein Haar, welches inzwischen sogar meine Ohren überdeckte. Von meiner ansonsten so normalen Seriosität fehlte jegliche Spur, aber diese benötigte ich auch auf der Insel nicht.
Der Name Crusoe war inzwischen jedem ein Begriff.
„Gleich sind wir da", hörte ich Niall sagen, da tauchte auch schon Ted Fosters Haus in meinem Blickfeld auf. Hoffentlich ließ der alte Grießgram mich überhaupt auf sein Grundstück. So unfreundlich wie er sich bei unserer ersten Begegnung verhalten hatte, bezweifelte ich das stark.
Niall fuhr rückwärts, sodass die Ladefläche in Richtung des Gartens stand, stellte das Automatikgetriebe in die Parkposition und stieg aus.
„Auf was wartest du, Louis?", rief er, als ich nicht gleich aus dem Auto kletterte. „Wir haben hier einiges zu erledigen."
Innerlich stöhnend kletterte ich aus dem Pick-Up, hoffend, dass der alte Foster nicht gleich verbal über mich herfallen würde, wenn er mich erblickte. Keine fünf Sekunden später kam er aus dem Haus gelaufen und begrüßte Niall überschwänglich.
„Hey, mein Junge, es ist schön, dass du wieder hier bist. Es gibt 'ne Menge Arbeit für dich."
„Das dachte ich mir bereits und ich habe es auch schon gehört." Niall streckte seine Hand in meine Richtung. „Ich glaube, du hast Louis bereits kennengelernt. Er wird mir zur Hand gehen, denn ich brauche jemanden, der mir hilft. Außerdem sind wir zu zweit schneller."
Als Ted Fosters und meine Augen sich trafen, sah ich das leichte Glimmen in seinem Blick, doch wie durch ein Wunder blieb er fast handzahm.
„Wenn es sein muss", knurrte er. „Aber da du dabei bist, wird das schon klar gehen. Er soll nur keine Dummheiten machen."
„Keine Sorge, ich weise ihn schon richtig ein", erklärte Niall grinsend, bevor er zu dem Schuppen lief, welcher direkt neben dem Haus stand. Mit einer riesigen Heckenschere in der linken, sowie mit einer Axt in seiner rechten Hand, kehrte er zurück nach draußen.
„So, Louis, du kannst mit den Büschen an der rechten Seite beginnen." Mit diesen Worten hielt er mir die Heckenschere entgegen, welche ich sofort annahm. Es konnte ja nicht so schwer sein, ein paar Büsche in Form zu schneiden. Dennoch hatte Ted Foster sogleich einen Spruch parat, der mich fast vor Wut kochen ließ.
„Pass auf, dass er alles richtig macht, nicht dass die Büsche eingehen, weil er zu viel davon weggeschnitten hat."
„Mach dir keine Sorgen, Ted, wir haben alles im Griff", vernahm ich Nialls Aussage. Aufgrund dieser zog Ted sich endlich wieder in das Haus zurück. Mir war das nur Recht, denn ich hasste es, beim Arbeiten beobachtet zu werden.
Während ich mich mit der Heckenschere vergnügte, hörte ich wie Niall mit der Axt auf die abgeknickten Palmwedel einer großen Kokospalme einschlug. Da reichte die Heckenschere bei weitem nicht, denn die Äste waren viel zu dick um damit durchzukommen.
Eine Weile arbeiteten wir schweigend, bis ich außer Puste geriet und mir kurz den Schweiß von der Stirn wischte.
„Ist heiß heute, hm?", rief Niall mir zu. Er hatte sein Werkzeug ebenfalls sinken lassen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn, doch er lächelte mir zu. „Ted wird gleich etwas zu trinken bringen."
Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, erschien der Hausherr auf der Bildfläche, der uns nun mit Getränken versorgte. Ein großer Krug, gefüllt mit frischem Wasser, sowie zwei Becher standen auf dem Tablett, welches der ältere Mann in unsere Richtung trug, um dieses kurz darauf auf einem Baumstumpf zu platzieren. Ebenso hatte er einige Sandwiches hergerichtet, welche wir sogleich verspeisten.
Eine Pause tat richtig gut, wir legten diese gerade zur richtigen Zeit ein. Da ich ziemlich durstig war, trank ich den ersten Becher in einem Zug leer.
„Da ist hat jemand einen ordentlichen Brand", kommentierte Niall grinsend. Er kaute den letzten Bissen seines Sandwiches, trank seinen Becher leer und griff wieder nach der Axt, die neben ihm in Gras lag.
„Auf geht's, Runde Nummer zwei, Louis", feuerte er mich an.
„Ai, ai, Käpt'n", erwiderte ich zum Spaß, was Niall mit einem Lachen reagieren ließ.
„Der bin ich nur auf meinem Schiff, das wir uns nachher ansehen. Ich glaube, du wirst Coco lieben."
„Ich bin echt auf sie gespannt." Erneut setzte ich die Heckenschere an, um den nächsten Busch zu stutzen, da hörte ich Niall plötzlich fluchen.
„Autsch, verdammter Mist!"
Sofort drehte ich mich zu ihm. „Was ist passiert?" Als ich das Blut laufen sah, beantwortet sich die Frage von selbst. Niall hatte sich mit der Axt an der rechten Hand verletzt und so wie es blutete, nicht gerade unerheblich. Für eine Sekunde trat meine Schadenfreude hervor, aber dann kam der gesunde Menschenverstand in mir durch. Schnell rannte ich zu ihm, um die Wunde genauer in Augenschein zu nehmen.
„Zeig' mal her. Das sieht nicht gut aus. Du solltest zu einem Arzt gehen."
„Ach was, da klebe ich ein Pflaster drauf und alles ist ok. Ich bin doch kein Weichei", lachte er mir mit schmerzverzerrtem Gesicht entgegen.
Gleich darauf ging er in Richtung Haus, um nach Ted zu rufen, der sogleich herbeigeeilt kam.
„Junge, was ist los?"
Als Niall ihm seinen lädierten Finger entgegenstreckte und ein Pflaster verlangte, schüttelte Ted energisch den Kopf. „Du solltest zu Leighton gehen, sie hat jetzt Dienst. Meine Enkelin ist die beste Ärztin, die man sich vorstellen kann."
Stolz drang aus seiner Stimme und zum ersten Mal empfand ich so etwas wie einen Hauch Sympathie für Ted Foster. Leighton war wirklich eine verdammt gute Ärztin, die jegliche Anerkennung verdiente. Niall würde bei ihr in den besten Händen sein.
Nach wie vor war der Ire jedoch der Ansicht, dass es ein Pflaster tun würde. Schließlich brachte er Ted soweit, dass dieser ihm eines auf den Finger klebte, was ich mit einem Kopfschütteln sowie den Worten „Du hast sie ja nicht mehr alle", kommentierte.
Anstatt auf mich einzugehen, griff Niall wieder nach der Axt und arbeitete einfach weiter, als sei nichts gewesen. Er war ja früher schon stur, aber das schlug wirklich dem Fass den Boden aus. Am liebsten hätte ich ihn durchgeschüttelt und an den Haaren zu Leighton geschleift, damit sie sich die Verletzung gründlich anschaute.
Grübelnd verpasste ich dem nächsten Busch einen neuen Schnitt, es dauerte nicht lange, da klebte der Schweiß erneut auf meiner Stirn und rann auch meinen Rücken hinab. Wie sehr ich mich auf die spätere Dusche freute, konnte ich in diesem Moment gar nicht beschreiben.
Ein Ächzen drang in meine Ohren, welches mich sofort aufschauen ließ. Niall hockte im Gras, das Pflaster hatte sich rot verfärbt und Blut tropfte auf den Boden. Da sein Gesicht zudem etwas blass wirkte, beschloss ich nun zu handeln.
„Wenn du nicht gleich mit mir zum Arzt gehst, dann lege ich auf der Stelle meine Arbeit nieder und hole Liam. Zu zweit schaffen wir es locker, dich bewusstlos zu schlagen und in den Wagen zu verfrachten. Und Ted wird uns sicher dabei helfen."
Von Niall kam zuerst ein lautes Schnaufen, dann hielt er seine Hand in die Höhe.
„Also gut, ich werde mitkommen, dann kann sie mir wenigstens einen gescheiten Verband anlegen, mit dem ich weiter arbeiten kann."
Die Bemerkung, dass er komplett verrückt sei, verkniff ich mir tunlichst. Ich hatte ihn soweit, dass er einen Arzt aufsuchen würde und wollte nicht riskieren, dass er es sich vielleicht doch noch anders überlegte.
Ohne Aufforderung drückte Niall mir seinen Autoschlüssel in die Hand.
„Ich sag' Ted schnell Bescheid, du kannst schon mal den Motor starten."
Eine Minute später fuhr ich die holprige Straße entlang, welche zu dem kleinen Hospital führte, das eher einer Versorgungsstation ähnelte. Leightons Wagen stand auf dem Parkplatz, was mich erleichtert aufatmen ließ.
Als wir das Gebäude betraten, orientierte ich mich an den Schildern, welche zu dem Wartezimmer des diensthabenden Arztes führten. Gähnende Leere empfing uns, das konnte nur von Vorteil sein. Eine Frau in einem grünen Kittel betrat den Raum und fragte nach unseren Wünschen. Als Niall seine Hand präsentierte, nickte sie und sagte: „Das ist ein Fall für Dr. Foster. Ich werde ihr gleich Bescheid sagen."
Es dauerte nur wenige Minuten, ehe Leighton auf der Bildfläche erschien. In ihrem weißen Kittel und mit dem Stethoskop um den Hals wirkte sie durchaus kompetent.
„Hallo Louis, was führt dich denn hierher?"
„Ich begleite meinen Freund, der deine Hilfe braucht", erwiderte ich, bevor Niall den Mund aufmachen konnte. „Er hat sich mit einer Axt verletzt."
„Oh." Sie zog ihre Augenbrauen in die Höhe. „Ein Axtmörder also. Das hatte ich hier noch nicht. Zeig mal her."
Außer einem blutgetränkten Pflaster gab es für Leighton nicht viel zu sehen und sie bat uns, ihr in das Untersuchungszimmer zu folgen.
„Wie ist das passiert?", erkundigte sie sich, während sie das Pflaster vorsichtig löste.
Während Niall ihr erklärte, dass er sich aus Versehen mit der Axt auf den Finger geschlagen habe, säuberte sie die Wunde mit einem Desinfektionsspray. Bestimmt brannte das fürchterlich, denn er verzog kurz sein Gesicht.
„Das muss genäht werden", sprach sie, „und du brauchst eine Tetanusspritze."
„Was?" Niall wurde kreidebleich. „Ich habe eine Nadelphobie, ich will keine Spritze, egal welcher Art", keifte er ungehalten.
Erneut hob Leighton ihre Augenbraue an. „Eine Nadelphobie, aha."
Anschließend wandte sie sich an mich. „Würdest du mir einen Gefallen tun, Louis?"
„Klar, jeden, den du willst."
„Gut, dann schließe bitte die Tür ab und steck den Schüssel ein."
Gehorsam und mit einem fiesen Lächeln auf den Lippen kam ich Leightons Befehl nach. Somit konnte Niall nicht einfach abhauen, ein wirklich genialer Plan von ihr.
„Was soll das?", blökte der Ire, doch Leighton ließ nicht mit sich diskutieren.
„Ich gebe dir zuerst eine Lokalanästhesie. Während diese einwirkt, nehme ich deine Daten im Computer auf, dann nähe ich die Wunde und anschließend gibt es einen kleinen Piecks in den Po."
„Und wenn ich mich weigere?"
„Dann hast du ein verdammtes Problem", ließ ich mich vernehmen. Mit gekreuzten Armen vor der Brust stand ich vor der Tür, um deutlich zu machen, dass ich auf Leightons Seite stand. „Du kommst hier nicht raus, Niall, erst wenn Leighton dich verarztet hat."
Als Leighton die Spritze, gefüllt mit einem Betäubungsmittel in die Hand nahm, sah ich wie Niall noch blasser wurde. Allerdings blieb ihm nicht viel Zeit, um über sein Schicksal nachzudenken, denn die Ärztin setzte die Nadel an, um seine Hand zu betäuben. Schmerzhaft verzog er das Gesicht, doch das war nur von kurzer Dauer. Sekunden später fragte Leighton ihn nämlich bezüglich seiner Daten aus.
„Wie ist dein Name?"
„Niall Horan."
„Geburtsdatum und Geburtsort?"
Ich biss mir auf die Zunge, denn ich hätte ihr dieses ebenso gut mitteilen können.
„13. September 1993 in Mullingar. Das liegt in Irland."
Sollten sich bis zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel in mir aufgetan haben, was Niall betraf, so waren diese nun komplett erloschen. Er war es wirklich; mein alter Freund.
Auf die Frage, ob er eine Krankenversicherungskarte vorweisen könnte, meinte er lässig: „Die habe ich irgendwo in meinem Haus. Dachte nicht, dass ich sie mal brauchen würde."
„So kann man sich täuschen aber du kannst sie nachreichen, das ist kein Problem."
Interessiert schaute ich zu, wie Leighton die Wunde am Daumen nähte. Niall spürte keinen Schmerz, er wirkte jetzt wieder ziemlich ruhig, im Gegensatz zu vorher.
„So, das hätten wir geschafft. Die Fäden müssen in zehn Tagen gezogen werden. Bis dahin solltest du gut auf deinen Daumen aufpassen. Ich werde dir eine Krankmeldung ausstellen."
Schallend begann Niall zu lachen. „Ich bin selbstständig, das nützt mir nichts."
Und wieder stellte Leighton eine Frage. „Was genau machst du denn?"
„Ich bin im Transportsektor tätig, allerdings hast du Glück, dass ich in der nächsten Zeit nicht mit meinem Schiff unterwegs sein werde."
Wie aus der Pistole geschossen antwortete die Ärztin: „Ich würde eher sagen, du hast Glück."
Geschäftig stand sie auf, ging zu dem Schrank, der links an der Wand stand, um eine neue Spritze herauszuholen.
„Kommen wir nun zu der Tetanusimpfung. Diese ist dringend notwendig, vor allem, da ich nicht einsehen kann, wann deine Letzte erfolgt ist."
„Vielleicht vor zwanzig Jahren", erklärte der Ire. „Ich hab' so ein Zeug nie gebraucht und wie man sieht, lebe ich immer noch, obwohl ich schon einige Verletzungen hatte."
Unweigerlich starrte ich auf die Narbe in seinem Antlitz. Was mochte da wohl passiert sein? Während ich noch darüber nachdachte, hörte ich wie Leighton sprach.
„Louis, du solltest Niall ein wenig ablenken, wenn ich ihm die Spritze verpasse."
Ablenken? Wie sollte ich das um Himmels Willen tun? Zum Glück kam mir eine spontane Idee.
„Denke an etwas Schönes, Niall", sagte ich.
„An etwas Schönes?"
„Ja." Für eine Sekunde blitzte der Gedanke in meinem Kopf auf, den ich nicht mehr zurückhalten konnte. „Ja, an etwas Schönes. Denk' an die Nutten auf Kuba."
Für einen Moment herrschte Totenstille im Raum, ich sah dass Niall rot wie eine Tomate wurde. Dann fasste er sich jedoch wieder.
„Die Nutten dort sind nicht unbedingt schön aber auf jeden Fall preiswert."
„Na siehst du, durch die ganze Diskussion mit den Nutten hast du gar nicht gemerkt, dass ich dir eine Spritze verpasst habe. Du kannst deine Hose wieder hochziehen", ließ Leighton sich vernehmen.
Ich hatte keine Ahnung, was sie in diesem Moment dachte und ehrlich gesagt war es mir auch egal.
„Ich sehe dich morgen früh um zehn hier, um die Naht zu kontrollieren", gab Leighton Niall mit auf den Weg. Außerdem bekam er ein Schmerzmittel in die Hand gedrückt, welches er mit den Worten: „Das brauche ich sowieso nicht, ich hab' meinen Rum", in die Hosentasche steckte.
Ihre einzige Antwort war ein Lächeln, dann zwinkerte sie mir zu.
„Bis dann, ihr zwei und bis morgen, Niall."
„Du hast echt nicht alle Tassen im Schrank! Denk' an die Nutten auf Kuba", äffte Niall mich nach, als wir zum Wagen schlenderten.
„Ach, war dir das etwa peinlich?", zog ich ihn auf.
„Nicht im Mindesten, aber ich würde mir gerne selbst aussuchen, wem ich das erzähle."
Als wir nebeneinander saßen, verpasste er mir mit der linken Hand eine Kopfnuss.
„Hey, werd' bloß nicht frech", lachte ich ihm entgegen. Fast fühlte es sich wie früher an, als wir Kinder und Jugendliche waren, doch Niall hatte keine Ahnung, wer da eigentlich neben ihm saß.
„Lass uns zu Coco fahren", wies er mich an. „Da ich heute sowieso nichts mehr arbeiten kann, bietet es sich an, wenn ich dir meine Schönheit zeige."
Dass er sein Schiff liebte, merkte man total und ich konnte das verstehen. Wie gerne hätte ich selbst eine Yacht besessen, mit welcher ich die Meere unsicher machte.
„Ist sie nicht eine Augenweide?" Mit stolz geschwellter Brust führte Niall mich auf den Frachter, dessen schlanke Form mir gut gefiel. Sofort begann ich zu schwärmen.
„Sie hat eine tolle Figur, wie schnell ist sie denn?"
„Wenn es gut läuft, zwanzig Knoten."
„Wow, das ist der Hammer!"
Wie ein kleines Kind erkundete ich das Schiff. Niall zeigte mir jeden Winkel, jeden Raum, jedes winzig kleine Detail. Und aus jedem Satz den er sprach, konnte ich die Liebe eines Kapitäns heraushören, dem sein Schiff alles bedeutete.
Auf meine Frage, wie groß seine Besatzung sei, zählte Niall die Mannschaft auf.
„Mein wichtigster Mann ist jedoch Shawn. Er ist sozusagen mein erster Offizier. Obwohl er erst zweiundzwanzig ist, hat er reichlich Erfahrung auf See. Und er kennt Coco in- und auswendig, denn sie gehörte früher seinem Vater. Ich hab' sie ihm abgekauft."
„Oh, dann fährt sein Dad also auch zur See. Warum ist Shawn nicht bei ihm?"
Für einen Moment wirkte Niall traurig. „Seine Eltern sind tot, sie kamen bei einem Sturm auf See ums Leben. Shawn befand sich zu dieser Zeit hier auf Cayman Brac und naja, er hat hier keine weiteren Verwandten, also hab' ich mich seiner angenommen."
Und wieder erstaunte er mich.
Niall besaß so viele Seiten. Der Schmuggler, der Kapitän, der Mann, der seine Freundin betrog, der Kerl, der Angst vor Spritzen hatte, der Typ, der mir Arbeit bei Ted verschaffte und der Mann, dem es peinlich war, als ich vor Leighton über die Nutten sprach. Und jetzt offenbarte er mir noch eine Neue. Er war ein Mensch, der sich um andere sorgte.
Ich wollte alles über sein Leben wissen und dafür würde ich zum zweiten Mal in meinem Leben eine Freundschaft mit ihm eingehen, auch wenn es mir jedes Mal die Kehle zuschnürte, wenn er über Eleanor sprach.
Vielleicht würde ich es eines Tages lernen zu akzeptieren, dass die beiden ein Paar waren. Vielleicht würden die beiden auch nicht auf ewig zusammen bleiben.
Und erneut reifte ein Plan in meinem Kopf heran.
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Was mag Louis da wohl wieder für einen Plan aushecken?
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen und ihr fandet es einigermaßen unterhaltsam. Ich musste auf jeden Fall bei einigen Szenen herzlich lachen und hoffe, dass es euch genauso ging.
Ihr wisst bestimmt, welcher Shawn auf Nialls Schiff arbeitet, oder? ;)
Danke für die super tollen Kommentare, die ihr immer hinterlasst - ich liebe es total zu lesen, wie sehr ihr Anteil an dieser Geschichte nehmt. Hab' euch lieb und bitte vergesst das kleine Sternchen nicht, wenn es euch gefallen hat.
LG, Ambi xxx
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