Mord am Meer 5/15
Als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist es totenstill im Haus. Nicht mal Tessas kleine Schwester ist wach, obwohl sie immer super früh aufwacht, und auch Miss Marple und Sherlock sind mucksmäuschenstill. Tessa schielt im Halbschlaf zur Uhr. Es ist sieben Uhr. Tessa dreht sich genervt um. Sie könnte so lange ausschlafen, wie sie wollte, aber klar: Sie musste ja unbedingt super früh aufwachen. Tessas müder Blick gleitet die Wand entlang. Ihr Blick fällt auf das Klassenfoto. Da Tessa nichts zu tun hat, spielt sie ein kleines Spiel: Sie muss von jedem den Namen, das Alter und den persönlichen Beziehungsstatus sagen. Bei Max zum Beispiel: Max, elf, Nervensäge. Und bei Martha: Martha, elf, beste und einzige Freundin. Dann kommen Anastasia, Marlene, Michael und... Nick. Als Tessa Nick sieht, muss sie sofort lächeln. Nick ist einer der besten im Sportunterricht, hat in Mathe viele Einsen, und das süßeste Lächeln überhaupt. Findet Tessa jedenfalls. Martha sieht das ganz anders: Nick ruft rein, macht quatsch, hat nur Flausen im Kopf und die schlimmste Handschrift überhaupt. Alles, was Martha so sieht stimmt irgendwie, muss sich Tessa eingestehen. Aber das Martha übertreibt, das stimmt schon. Dann liegt Tessa nur noch still im Bett und denkt an nichts. Doch als plötzlich eine vertraute, quakende Stimme „Mama!", ruft, schreckt Tessa für einen kurzen Moment zusammen. Ihre kleine Schwester Lilly, wer sonst. Dann hört Tessa ein Seufzen. Manchmal tut ihre Mutter ihr leid. Martin, Tessas Vater, ist oft auf Geschäftsreisen, weshalb Susanne oft von ihrer Schwester Samantha besucht wird. Doch Samantha ist gerade mit ihren anstrengenden Zwillingssöhnen auf Mallorca. Ja, Samantha ist ganz schön reich. Deshalb sind ihre Söhne auch so anstrengend: Die beiden sind total verwöhnt. Kurz darauf klopft es an Tessas Zimmertür. „Frühstück ist fertig...", gähnt Susanne dumpf durch die Zimmertür, „Und diesmal besonders früh..." Tessa muss grinsen. „ich komme gleich!", ruft sie, springt auf und zieht sich an. Als sie ins Badezimmer geht, um sich die Haare zu kämmen, fällt ihr etwas ein. Die Klassenfahrt ist schon am Montag. Das heißt, es sind nur noch zwei Tage. Und sie hat noch nichts vorbereitet und geplant. Sie muss sich unbedingt mit Martha verabreden. Am besten heute bei Martha und Morgen bei ihr. Dann können beide zusammen packen. Tessa greift nach ihren Handy. Das muss sie Martha sofort erzählen.
Guten Morgen Martha, wie geht's dir? Ich habe eine Idee, wie wir perfekt für die anstehende Klassenfahrt am Montag packen können: Wir besuchen uns gegenseitig, einmal du zu mir, einmal ich zu dir, dann können wir gemeinsam entscheiden, was wir alles brauchen. Tessa
Schon nach einer Minute meldet Martha sich zurück:
Guten Morgen Tessa! Na, schon wach? Deine Idee klingt super! Ich frage nur noch meine Mutter, aber ich denke, sie hat nichts dagegen. Und deine Mutter? Hast du sie schon gefragt? Martha
Tessa liest die Nachricht mehre Male. Sie kann nicht glauben, dass alles reibungslos klappt. Die Klassenfahrt, ein neuer Schüler, das mit Anastasia und Marlene, und jetzt der Besuch! Aber noch ist es nicht vorbei. Als es an der Haustür klingelt, stürmt Tessa in den Flur, macht die Tür auf, ruft: „Hallo Martha!", und steht dann wie versteinert vor dem Postboten, der ein Paket abgibt. Verwirrt schaut er Tessa an, die sofort knallrot wird. Zum Glück kommt Susanne in diesem Augenblick, nimmt das Paket entgegen, bedankt sich und schiebt Tessa dabei unauffällig zur Seite. Tessa ist froh darum, den das war richtig peinlich. Doch vorbei ist das Theater noch nicht. Denn nun erscheint Lilly auf der Bildfläche. „Was ist drin, was ist drin?", ruft sie aufgeregt mit ihrer piepsig hohen Stimme. Susanne drängt genervt Lilly ins Wohnzimmer, stolpert über eine Puppe, wankt über einen Stapel Bauklötze und fällt hin. Direkt auf Lilly. Die kreischt so laut, dass sich ihre Stimme beinahe überschlägt, springt zur Seite und rammt mit ihrem Arm den Schrank. Tessa muss sich das Lachen verkneifen. Eine Zirkusnummer ist nichts gegen das Spektakel, das sie hier geboten bekommt. Dann klingelt es erneut. Lilly, die trotz des Unfalls aufsteht und in ihrer Neugierde die Tür öffnen will, tut das auch, und rennt dann mit einem ordentlichen „Rums!" gegen Martha, die Tessa besuchen wollte. Susanne rappelt sich auf, geht auf Martha zu – und macht denselben Fehler wie vorhin: Stolpert über Lillys Puppe. „Meine liebe", sagt sie vorwurfsvoll zu Lilly, „wir beide müssen reden!" Dann schielt sie zu Martha. Und begrüßt sie, als sei nichts passiert. Dann gehen Tessa und Martha in Tessas Zimmer, durchwühlen Schränke und Schubladen, stöbern in alten Kisten. Sie finden Klamotten, Spielzeuge und sogar Süßigkeiten. Nur fehlt ihnen noch eins: Platzt. Jedes Kind darf maximal einen Koffer und eine Tasche mitnehmen, damit alles in den Bus passt. Blöd nur, dass Tessa und Martha schon zwei Koffer und drei Taschen befüllt haben. Sie packen alles noch einmal aus, und nur das nötigste wieder ein. Sooft, bis es endlich passt. Das sind ganze fünf male. Als sie endlich fertig sind, ist es sogar schon Zeit für das Abendessen. Als das Abendessen vorbei ist, bringt Susanne Martha nach Hause. Dann fällt Tessa erschöpft in ihr Bett, und bevor sie einschläft betrachtet sie lange das Gruppenfoto.
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