Mord am Meer 3/15
Als der Schulgong ertönt, rennen alle wie normal aus der Klasse. Alle außer Tessa und Martha – und diesmal auch Felix. Tessa hat eine vage Ahnung, was hier vor sich geht. Sie bekommt den Gedanken nicht aus dem Kopf. Falls ihre Theorie stimmen sollte, tut sie ihrer Freundin einen Gefallen. Wenn nicht, dann muss sie gleich nach ihrer Aktion zu Martha gehen und ihr das Ganze beichten – das wird dann ganz schön peinlich... Doch Tessa zögert keine Sekunde länger – und geht prompt auf Frau Winterdorf zu, die gerade Arbeitsblätter stapelt. „Äh, Frau Winterdorf, ich wollte sie noch fragen, was mit Arbeitsblatt A, Nummer drei, Aufgabe e) in Mathe ist. Ich habe das nicht so ganz verstanden..." Tessa lockt Frau Winterdorf geschickt aus dem Zimmer, sodass Felix und Martha zurück bleiben. Martha ahnt, was Tessa ahnt, und wirft ihr einen störrischen Blick zu. Doch Tessa grinst zurück und zwinkert.
Nachdem Tessa Frau Winterdorf geschickt aus dem Gebäude gelotst hat, überlegt sie flüchtig, ob sie in das Klassenzimmer zurück gehen soll, doch dann wischt sie symbolisch vor ihren Augen in der Luft herum – und geht nach Hause.
Als Tessa zu Hause angekommen ist, wartet sie ein bisschen, so ungefähr bis dreizehn Uhr, dann ruft sie Martha an. Es dauert eine Weile. „Tut... tut...", macht das uralte „Familienerbstück". Nach einer gefühlten Ewigkeit wird der Hörer abgehoben. Ja, auch Martha hat ein uraltes Telefon. Doch statt Marthas vertrauter Stimme hört Tessa die von Marthas Mutter... Ist Martha noch nicht Zuhause? „Ja? Oh, hallo Tessa, wie geht ist dir? Ist Martha bei dir, sie ist nicht Zuhause... Oder musste sie etwa nachsitzen?" Plötzlich wird ihre Stimme besorgt – typisch Eltern eben... „Also", sagt Tessa mit fester Stimme, damit sie überzeugend rüber kommt: „Martha ist nichts passiert, und nachsitzen muss sie schon gar nicht." „Aber... Warum ist Martha nicht Zuhause?", fragt ihre Mutter, und Tessa kann sich ihre großen Augen und ihr blasses Gesicht gut vorstellen. „Sie... Also wir haben auf unserer Schule einen neuen Schüler, der neben Martha sitzt, und deshalb hat sie die Aufgabe, ihm die Schule zu zeigen. Da die Lehrer wissen, dass Martha und ich Freunde sind, haben sie mir gesagt, dass ich Ihnen Bescheid sagen soll, wenn es etwas länger dauern sollte... Martha wird bestimmt gleich kommen, machen Sie sich da mal keine Sorgen, Okay?", sagt Tessa bestimmt. Sie findet ihren Auftritt geglückt. Doch nun muss sie schnell in die Schule, um Martha zu holen. Oder nach ihr zu gucken. Tessa geht heimlich aus dem Haus. Es muss doch niemand wissen, was sie wirklich vorhat. Vor allem ihre Mutter muss nicht mit bekommen, dass Martha und Felix dank Tessa alleine in der Schule waren. Oder es noch sind...
Tessa hat ziemliches Pech. Es ist kurz nach eins, und dernächste Bus kommt erst in einer knappen halben Stunde. Tessa seufzt. Dann hatsie nur eine Wahl – das Fahrrad. Zum Glück macht der Bus viele Umwege, und dieHügel sind nicht so steil – dann braucht Tessa auch nicht so lang. Als sie ihrFahrrad endlich vor der Schule parkt, murmelt sie leise vor sich hin: MissionMartha..." Doch dann schüttelt sie ihren Kopf. Wie kindisch... Tessa fühlt sichseltsam. Niemand der Schüler oder Lehrer an ihrer Schule kommt nachSchulschluss zur Schule. Außer... Tessa hört ein giggeln. „Wenn man von denTeufelinnen spricht...", seufzt Tessa schwer und gut hörbar. Doch zum Glück sindAnastasia und Marlene viel zu sehr davon abgelenkt, in einen kleinenSchminkspiegel zu lächeln und Selfies zu machen. Tessa hat dafür allerdingskeine Zeit. Obwohl... Vielleicht kann sie immerhin sich selbst beweisen, dass diebeiden die hohlsten Hohlköpfe sind, die Tessa persönlich kennt. Und da Tessa ehnicht weiß, wo Felix und Martha sind, kann sie die beiden auch gleich ein paarFragen stellen – und die beiden dadurch komplett überfordern. Das sollte nichtallzu schwierig werden. Dann geht Tessa auf Anastasia und Marlene zu – und dasmit einem für Tessa untypischen lächeln auf den Lippen. „Hi ihr beiden!",begrüßt Tessa die zwei, als wären es ihr besten Freunde. Tessa kann dieVerdutztheit der beiden leicht erkennen, lässt sich davon aber nicht ablenken.„Ich wollte mit euch über die Klassenfahrt reden. Ich bin ja so aufgeregt! Aberehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst... Ich kann kein Chinesisch, undjeder, der auch nur ein bisschen Ahnung von Chemie hat, weiß, dass Wangeroogedie zweitgrößte Bundesrepublik von Japan ist, und Japan die Hauptstadt vonChina, richtig? Folglich spricht man auf Wangerooge chinesisch." Tessa musssich das Lachen verkneifen. „Aber zum Glück habe ich ein „Chinesisch lernen fürAnfänger" Buch von meiner Großmutter geerbt. Seltsamerweise steht „Arabisch"darauf, aber meine Großmutter war schon immer ein Spaßvogel. Hier, ich leihe eseuch gerne. Verdattert nimmt Marlene das Buch an sich. „Danke...", stottert siezur Antwort, und Anastasia nickt dankbar. Tessa dreht sich um und geht auf ihrFahrrad zu. Dann geht sie schnell auf die andere Seite des Schulgebäudes, umlos zu prusten. Die beiden Dummies sind tatsächlich auf ihren Streichhereingefallen. Ob sie bis zur Klassenfahrt Arabisch können, ohne es zu wissen?Tessa wundert es nicht, dass sie ein Arabisch Buch dabei hat, immerhin spieltLilly, ihre kleine Schwester, oft, dass sie eine Lehrerin ist und mit demFahrrad zur Schule fährt. Mit Tessas Fahrrad, weil das angeblich „Viel besserist als meins!", wie Lilly immer behauptet.
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