Ich
Triggerwarnung: Mord an einem Kind
bitte. wirklich nichts für schwache Nerven.
Ich weiß, dass ich nicht mehr viel Zeit habe.
Ich muss mich beeilen.
Kathleen, falls du das liest, es tut mir leid. Du hast das nicht verdient.
Es war ein Freitagmittag, der 13. September 2019.
Ich wünschte, ich könnte sagen, ich hatte nichts Böses im Sinn gehabt. Aber ich hatte das Messer nicht ohne Grund mitgenommen. Ich machte mich auf den Weg zur Schule. Das Messer war in meiner Jackentasche. Die Leute haben mich nicht beachtet, es hat geschüttet wie aus Eimern. Die meisten Eltern holten ihre Kinder mit dem Auto ab, da wegen des Regens die Busse nicht fuhren. Das hatten sie im Radio gesagt. Aber nicht alle hatten die Möglichkeit dazu. Der kleine Christoph sah traurig aus. Seine hellblonden Haare klebten nass an seiner Stirn. Er stand ganz allein an der Bushaltestelle. Ich fragte ihn, was los sei, aber er schwieg. Ich bot ihm an, ihn mit zu nehmen. Er nickte stumm und folgte mir. Den blauen Regenschirm gab ich ihm. Mein Wagen stand auf dem Elternparkplatz. Er sah ängstlich aus, als er einstieg, und das machte mich sauer. Ich hatte ihm noch gar nichts getan! Ich startete den Motor. Natürlich dachte er, ich würde ihn nach Hause bringen. Er wohnte im Haus direkt gegenüber.
Aber dort kam er an dem Tag nicht hin und auch an sonst keinem.
Christoph war leise. Er hat nicht geschrien. Seine blassgrünen Augen sehe ich immer noch vor mir. Wie hell und klar sie mich anstarrten, mir in die Seele starrten, bis ich seinen panischen Puls nicht mehr spüren konnte.
Danach habe ich ihn untersucht, aber ich wollte nicht, dass er mir dabei zusieht. Ich habe ihm die Augen verbunden.
Das Messer habe ich in den Fluss geworfen. Bin dafür sogar extra in die andere Stadt gefahren. Das Tuch habe ich verbrannt.
Ich wusste nicht, was ich mit dem Jungen machen sollte. Am Anfang ging es noch; der Geruch wie Desinfektionsmittel. Dann süßlich. Doch nach einer oder zwei Wochen hat es schrecklich gestunken. Ich habe an der Tanke diese scheußlichen Duftbäume gekauft, aber es hat nicht geholfen.
An Halloween habe ich das Meiste von ihm im Garten verbuddelt. Es war höllisch anstrengend, bei diesen Temperaturen in der Erde zu wühlen. Wenigsten war der Boden noch nicht gefroren.
Ich wollte gucken, ob ich irgendwo Säure herbekommen könnte. Für seinen Kopf. Aber überall hingen noch die Plakate von ihm, und das, obwohl ohnehin jeder dachte, dass er tot sei. Ich habe den Anblick seiner funkelnden Augen nicht ertragen. Die lagen bei mir zuhause in ein Küchentuch eingewickelt in der Schublade. Sein goldblondes Haar wollte ich an Ostern ins Osterfeuer werfen, damit der Gestank und das Feuer nicht auffällt. Hat gut funktioniert.
Für die Reste von ihm habe ich eine kleine Kiste gebaut. Die habe ich im Juni im Garten vergraben. Als schon ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist. Hab den Nachbarn gesagt, es ist meine Katze. Da hat schon niemand mehr über den Christoph geredet, weil alle es verdrängen wollten. Im Fernsehen habe ich gesehen, wie seine Eltern mit verheulten Augen und metertiefen Augenringen gestikuliert haben. Er war wohl taubstumm, der Junge.
Niemand hat mich verdächtigt. Niemand hat mich mit dem Jungen gesehen. Friede von nebenan meinte, das kommt davon, wenn man sein Kind an einem Freitag den Dreizehnten bei Regen nicht von der Schule abholt. Ich kann ihr nicht widersprechen.
Entschuldigen möchte ich mich nur bei einer Person, meiner Tochter Kathleen. Ich denke, es ist traurig, dass diese Notiz der letzte Eindruck sein wird, den sie von ihrem Vater haben wird.
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