Schokoladeneintritt
"Lässt du mich nicht rein?", fragte er schon fast bettelnd und sie lehnte sich noch mehr in den Türrahmen. "Warum sollte ich?", lächelte sie mehr. Er hielt ihr eine große Tafel Schokolade unter die Nase und sie öffnete die Tür. "Dankeschön." Brav schlüpfte er aus seinen Schuhen und rannte mit ihr nach oben. "Ich dachte, morgen wäre die Verabredung?", fragte sie und überholte ihn. "Ich dachte, ich hätte von gestern eine von morgen übrig." "Jaja, du und Ausreden." Er kletterte über die Leiter und durch das Dachfenster ins Freie und zog sie dann nach oben. "Danke." Sie setzten sich und er entdeckte die zwei Tassen, die an der Kante standen. "Aber du hast mich erwartet", lachte er und gab ihr eine. "Aber ohne Schokolade kein Eintritt."
Sie saßen noch eine Weile lang da und genossen einfach nur die Ruhe, als langsam kleine Regentropfen auf sie herunterprasselten. "Komm, lass uns nach drinnen gehen", starrte er in den Himmel und zog sie auf. "Bist du aus Zucker?" "Nein", lachte er, "Aber nach diesen Wolken kommen nicht nur ein paar Regentropfen." "Das hat dir sicher Michi beigebracht", er zog sie auf. "Ja, das Betriebssystem des EC's sicher nicht."
Mit den Tassen in der Hand und der Schokolade unterm Arm gingen sie in Annabell's Zimmer. "Wow. Gemütlich", reagierte Rudi und ließ sich auf den unechten Eisbärfellteppich nieder. Er streichelte ihm über den Kopf und lehnte sich mit dem Rücken zur Bettkante. Er musterte das Zimmer. Bilder an der Wand, Regale mit Büchern, ein großer Wandschrank, große Fenster mit Blick auf den Dachstein, Bett und Nachtkästchen und ein Plattenspieler. "Dean Martin, Harry James, Modern Talking, Beatles, Elvis, Dirty Dancing, Top Gun, Milli Vanilli oder Coldplay", strich sie mit dem Finger über dem Stapel am Boden. "Die ersten zwei sind mir zu alt. Top Gun und Dirty Dancing auch nicht. Elvis ist mir zu tief. Coldplay auch nein und Milli Vanilli kenn ich nicht." "Wie? Die, die nie selbst gesungen haben? Du kennst die nicht?", fragte sie überrascht. Er zuckte mit den Schulter: "Such was schönes von den Beatles aus." "Abbey Road", lächelte sie und legte die Platte auf. Nachdem sie langsam zu spielen begann, warf sie sich hinter ihm auf das Bett. Er reichte ihr ein Stück Schokolade nach hinten, während sie begann, eine der roten Haare aufzufädeln, die sich durch die Regentropfen teilweise gekreusekt haben.
"Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun würde. Du fehlst mir schon nach mehreren Minuten", begann er langsam. "Mir geht es nicht anders. Wann werden wir es sagen?", ließ sie ihre kurzen roten Haare über die Bettkante baumeln. "Was meinst du?" "Na was wohl. Uns." "Achso. Ja, wann du willst." "Von mir aus, immer. Aber ich richte mich nach dir. Du willst noch warten." Er nickte. "Gut, dann warten wir noch. Solange du bei mir bleibst, schweige ich Jahrhunderte."
Am nächsten Morgen war die Platte abgespielt und Annabell wurde wach. Der Wecker surmte die Lieder, die der Radiosender auswarf, vor sich hin. Rudi scheint von all dem nichts mitzubekommen. Annabell rollte sich aus dem Bett und ließ den Wecker noch laufen, der sich ohnehin nach einer Stunde abschaltete. Sie drückte Rudi noch einen Kuss auf die Wange, worauf er sich genüsslich noch zur Seite drehte und weiterschlief. Kofler stapfte derweil nach unten und richtete Frühstück her. Falls es der Herr Techniker mal im Sinn hatte, aufzustehen. Wecken wollte sie ihn nicht.
Nach der Schale voll Müsli, der großen Tasse Kaffee und der Dusche, war sie auch schon fertig angezogen. Eine helle, ausgewaschene, etwas weitere Jeans und ein weißes Top. Dazu die rote Jacke. Ein Blick galt noch der Uhr. 5 vor 8. Ja, sie musste Frühschicht bei Toni schieben und Rudi eigentlich heute später anfangen. Sie schrieb noch einen Zettel, den sie mit dem Schlüssel in einen seiner Schuhe warf und dann war die Tür auch schon zugezogen.
Das Klacken des Türschlosses hat ihn aus dem Schlaf gerissen. Der Wecker hackte das gerade angespielte Lied ab und zeigte 8. Zeit, um sich fertigzumachen. Er stand auf und sah um sich. Annabell war weg und er allein im Haus. Warum hat sie ihn nicht geweckt? Naja, so gut kannte er sie jetzt schon, dass sie das nicht konnte.
Streckend tapste er die Stufen nach unten und wollte schon gehen, als er in seinen Schuhen etwas spürte. Ein Schlüssel und ein Zettel.
Lieber Rudi!
Aufwecken wollte ich dich nicht, also schreibe ich es dir. Frühstück steht auf dem Tisch. Wäre nett, wenn du das Haus absperren könntest. Bis später, Bell Velvet
Schmunzelnd sah er vom Zettel auf und lugte in die Küche, wo noch der Brotkorb, Butter und ein Glas Marmelade auf dem Tisch stand. Ein Frühstück ließ er sich nicht entgehen und setzte sich.
Auch dann machte er sich auf den Weg und sah nochmal kurz zuhause vorbei. Seine Mutter wusste derweil schon von ihm und Annabell und hat es recht locker aufgenommen. Annabell und sie haben sich auf Anhieb verstanden. Natürlich perfekt. Das erste, was gefragt wurde, als er durch die Tür ging: "Hey, Rudi, wie war's bei Annabell? Wie geht's ihr?" "Morgen. Recht gut, wird immer besser. Sie darf ja noch nicht viel machen. Du weißt ja, wegen erneutem Bruch und so." "Jaja." "Warum glaubst du eigentlich immer, wenn ich so spät nach Hause kommen, dass ich bei Annabell war.", stand er immer noch im Flur und rief es ins Wohnzimmer. "Das ist doch klare Sache." Er schnaubte kurz und rannte nach oben, um sich was frisches anzuziehen, bevor er den Weg zum Heliport antrat.
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