
Werkzeugkoffer
Ich beobachtete, wie Harry mich schüchtern ansah und an seiner Unterlippe knabberte. „Darf ich dich dann heute Abend abholen?", fragte er. Konnte er überhaupt noch liebenswerter werden, als er ohnehin schon war? „Ich würde mich freuen", erwiderte ich lächelnd.
Ich strich mit meinem Daumen über seinen Handrücken und versuchte ihm mit meiner Mimik zu zeigen, dass mir diese Sache hier ernst war und ich nicht über ihn lachen würde.
„Ab wann können dich deine Teamkollegen entbehren?", fragte er. „Wir haben nichts mehr vor, du kannst mich abholen, wann immer du willst." Harrys Mundwinkel zuckten nach oben. „Dann würde ich dich so gegen sieben abholen." Als ich sein Grinsen sah, konnte ich nicht verhindern, dass meine Mundwinkel auch nach oben wanderten und dort festgetackert schienen, so ansteckend war sein freudiges Lächeln.
„Ich würde dann vielleicht etwas zu essen vorbereiten. Wäre es okay für dich, wenn wir nicht in ein Restaurant oder so gehen, sondern einfach nur Zeit zu zweit verbringen?" Er schien wirklich unsicher zu sein. „Ich bin mir sicher, dass ich alles toll finden werde, egal was du für uns planst."
Harrys Lächeln erschien weit weniger schüchtern, als er nun aufstand und die Schubkarre holte, die neben der Tür an der Wand lehnte. „Willst du mich jetzt mit der Schubkarre zur Jugendherberge zurückbringen?", lachte ich. Harry schüttelte den Kopf, schob einen Arm unter meine Knie, einen an meinen Rücken und hob mich hoch.
„Harry, ich bin doch viel zu schwer", rief ich und hielt mich mit einer Hand am Träger seiner Latzhose fest. „Vorhin hast du dich auch nicht beschwert. Und sowieso bist du nicht zu schwer. Du bist perfekt." Harry setzte mich in die Schubkarre und legte eine Hand an meine Wange.
Dann plötzlich schreckte er zurück, als hätte er sich verbrannt. Er eilte schnell um die Schubkarre herum und schob mich vorsichtig von der Veranda herunter, bis er vor einem Pick-up zum Stehen kam.
„Einen Moment bitte", sagte er und öffnete die Beifahrertür. Ich hatte aus meine Schubkarre heraus eine wunderbare Aussicht auf seine starken Arme, die breiten Schultern und seinen knackigen Hintern, der sogar in dieser ölbeschmierten Arbeitshose wundervoll zur Geltung kam.
Ich befeuchtete meine Lippen und fragte mich, wie ich es geschafft hatte, einem solchen Traummann irgendwo im Nirgendwo zu begegnen. Ich beobachtete, wie Harry im Fußraum des Beifahrersitzes kramte und dann einen Werkzeugkoffer aus dem Wagen hob, den er auf die Ladefläche stellte. Dann kam er wieder zu mir, hob mich erneut hoch und setzte mich dann auf dem Beifahrersitz ab.
Er eilte einmal um das Fahrzeug herum und sprang dann gekonnt auf den Beifahrersitz. „Hast du noch schlimme Schmerzen, Louis?", fragte er. Doch alles was ich hörte war, wie mein Name sich anhörte, wenn er ihn aussprach. „Louis?", riss er mich aus meinen Gedanken. „Oh ähm, nein, es geht schon wieder ein bisschen besser. Aber ich glaube, das Trainingslager ist für mich jetzt trotzdem gelaufen."
„Tut mir leid für dich. Ich meine, ihr seid ja extra hergefahren, um zu trainieren und jetzt kannst du gar nicht mitmachen." Ich rümpfte die Nase, als ich daran dachte, dass ich morgen wahrscheinlich den ganzen Tag alleine in der Jugendherberge würde verbringen müssen.
„Zum Glück ist es nicht allzu weit bis nach Hause. Knappe zwanzig Minuten mit dem Auto." Ich musterte Harry von der Seite und bemerkte so auch, wie seine Mundwinkel kurz nach oben zuckten und seine Augen freudig funkelten.
Ich wollte es mir selbst kaum eingestehen, aber der Gedanke, Harry in Zukunft vielleicht häufiger zu sehen, ließ meinen Körper Unmengen an Endorphinen ausschütten. Zudem machte sich noch Vorfreude auf unser Date heute Abend in mir breit.
„Wenn du sogar im selben Landkreis wohnst wie ich, kann es dann sein, dass du der Louis Tomlinson bist, der letztes Jahr über die Auswirkungen von 'Rettet die Bienen' für die Landwirtschaft geschrieben hat?" Überrascht musterte ich den Mann neben mir. „Ja, genau der bin ich. Das war einer meiner größeren Artikel letztes Jahr. Das war für mich eine Menge Arbeit, da ich am Anfang keine Ahnung von den Vorgehensweisen in der Landwirtschaft hatte."
Natürlich hatte Harry den Artikel gelesen. Es betraf ihn ja schließlich selbst. „Das merkt man überhaupt nicht. Du hast damals alles treffend auf den Punkt gebracht. Ich habe den Artikel sogar aufgehoben, weil ich ihn so gut fand."
Ich wollte gerade etwas erwidern, da parkte Harry sein Auto vor der Jugendherberge. Noch bevor ich ihm aber sagen konnte, dass ich den restlichen Weg alleine schaffen würde, war er ausgestiegen und hatte die Beifahrertür geöffnet.
Er streckte mir seine Hände entgegen, die er an meine Seiten legte. Ich stützte mich an seinen Schultern ab und hüpfte einbeinig aus dem Fahrzeug. Wobei Hüpfen das falsche Wort war. Harry hatte mich hochgehoben und vorsichtig auf dem Boden abgesetzt.
Doch auch als mein rechter Fuß schon den Boden berührte ließ er nicht los. Im Gegenteil, sein Griff schien nur noch fester zu werden und ich spürte auch, wie er sanft mit seinem Daumen kleine Kreise formte. Ich ließ meine rechte Hand von seiner Schulter zu seinem Hals gleiten und reckte mich ihm leicht entgegen. Ich sah, wie Harrys Blick von meinen Augen zu seinen Lippen wanderte, bevor er die seinen mit seiner Zunge befeuchtete.
Ich kam ihm noch etwas entgegen und auch Harry schien mir vorsichtig näher zu kommen. Aufregung und Vorfreude machte sich in mir breit, ich konnte es kaum erwarten, seine Lippen auf meinen zu spüren. Mein Blick war auf seine Lippen fixiert, während ich langsam meinen rechten Fuß durchstreckte, sodass ich auf Zehenspitzen stand. Meine Hände hatte ich mittlerweile beide an seinem Hals liegen.
Ruckartig richtete Harry sich wieder auf, räusperte sich kurz. „Äh ja. Ich helfe dir noch schnell rein", sagte Harry mit belegter Stimme. Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen und lächelte leicht. Harry hatte ja gesagt, dass er noch nie einen Freund gehabt hat und war deshalb wahrscheinlich einfach nur etwas unsicher.
Ich ließ meine Hände fallen, doch Harry schnappte gleich einen meiner Arme und legte ihn über seine Schultern. Sein Arm wanderte über meinen Rücken, bis seine Hand sich an meine Seite schmiegte und ich mich nun an Harry abstützen konnte.
Gemeinsam mit ihm humpelte ich in die Herberge hinein. An der Treppe wollte ich schon nach dem Geländer greifen, da hob Harry mich einfach hoch. Ich hielt mich an den Trägern seiner Latzhose fest, während er gemütlich die Treppe nach lief. Merkte er denn nicht, wie schwer ich war?
„Welches Stockwerk?", fragte er, als er seinen Kopf etwas vorbeugte, um mich lächelnd anzusehen. „Dieses. Zimmer 19." Harry machte keine Anstalten, mich runterzulassen. Er lief einfach weiter, bis er mich vor der Zimmertür mit der Nummer 19 vorsichtig auf den Boden stellte. Sogleich legte er wieder einen Arm um meinen Rücken, ich wusste jedoch nicht, ob er mich einfach nur stützen wollte, oder die Nähe zu mir suchte.
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Was könnte Harry für das Date geplant haben?
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