16
Harrys POV:
Als ich wieder aufwachte, dröhnte mein Kopf und mein Mund war so trocken wie die Sahara, weshalb ich erst einmal husten musste, bevor ich mich aufrichtete. Zu meinem Erschrecken war ich auf Louis' Schoß eingeschlafen und er hatte nichts dagegen getan und stattdessen selbst die Augen geschlossen.
Blinzelnd sah ich mich im restlichen Restaurant um, was inzwischen komplett leer gefegt zu sein schien – nur die flüsternden Stimmen meiner Eltern aus der Küche verrieten, dass ich mit diesem Irren nicht komplett allein war.
„Ey, aufwachen." Ich warf ihn mit einer benutzten Serviette ab, woraufhin er zusammenzuckte und mich verwirrt anstarrte, so als sei ich ein Geist. „Mund zu, sonst kommen Fliegen rein", sagte ich noch, dann stand ich ächzend auf und lief zu meinen Eltern, um mir ein Glas Wasser zu holen.
„Harry? Gott sei Dank, du lebst wieder! Dann können Papa und ich ja Feierabend machen und du räumst zusammen mit Louis auf!", rief meine Mutter fröhlich, sobald sie mich bemerkte – wobei ich bezweifelte, dass bei meiner Verfassung von „leben" gesprochen werden konnte – mir war kotzübel und ich war wahrscheinlich wirklich kalkweiß wie ein Geist.
Dennoch brachte ich ein zustimmendes Nicken zustande, ehe ich das Wasser in mich kippte und bei jedem Zug spürte, wie ich innerlich aufatmen konnte. „Super, du bist ein Schatz." Sie drückte mir einen Abschiedskuss auf die Wange und verschwand danach von der Bildfläche, Papa im Schlepptau, der nur noch ein müdes Dankeschön für mich übrig hatte.
Nachdem ich aus dem Fenster über der Spüle beobachtet hatte, wie ihr Mercedes davon rollte, schleppte ich mich zu Louis, der mittlerweile ebenfalls aufgestanden war und durch die Gegend tigerte – sein Handy fest ans Ohr gepresst.
„Nein, Alec, ich werde nicht kündigen." Einige Sekunden Pause.
„Warum? Weil ich sonst zuhause eingehen und das Arbeitsamt wieder Stress schieben würde." Erneute Stille.
Mit einem Seufzen verdrehte er die Augen und blieb abrupt stehen.
„Nein, ich bin keine Schwuchtel. Und jetzt halt die Fresse und lass mich arbeiten."
Energisch stopfte er das Smartphone zurück in seine Hosentasche, während ich ihn angriffslustig scannte. „Allein schon für das Wort Schwuchtel müsste ich dich windelweich schlagen", knurrte ich, was ihn jedoch kalt ließ.
„Bitte, hast ja schon Übung drin", entgegnete er schnippisch und kam mir plötzlich unheimlich nah, die blauen Augen zusammen gekniffen. „Wer weiß, vielleicht bist du ja selber eine. Oder ne Tunte. Bei deinem Aussehen wäre das auch denkbar", fuhr er fort und wandte sich wieder ab, sodass ich nur gerade noch so am Handgelenk packen konnte.
„Noch ein Wort und ich werf dich mit so einer Kraft durch den Raum, dass dein Kopf in der Glaswand zertrümmert", drohte ich ihm und ließ anschließend wieder gehen, damit er sich nach draußen verpissen und eine Kippe rauchen konnte. Dabei traf sein Blick immer wieder meinen, weswegen ich bloß wütend die Fäuste ballte und mich irgendwann den Tischdecken widmete.
Eine Weile hatte ich Ruhe vor ihm, bis er schließlich wieder neben mir stand und missmutig das dreckige Besteck einsammelte. „Ich weiß nicht, warum meine Mutter dich nicht schon längst auf den Mond geschossen hat. Ich meine, wer stellt denn bitte so einen verdammten Nazi wie dich ein?", dachte ich laut nach, woraufhin er nur abfällig schnaubte.
"Ich weiß nicht, wenn ich so einen Anarchie-Arsch in meiner Familie hätte wie dich, wäre mir das ganz schön peinlich", feuerte er seelenruhig zurück und verzog sich in die Küche - mein "Wenigstens bin ich intelligent genug, das System zu hinterfragen!" ignorierend.
Erst dachte ich, er würde bloß schon mal die Geschirrspülmaschine einräumen, aber dann kehrte er doch tatsächlich mit einer Flasche Whisky zurück, die er mit einem Knacken des Deckels öffnete, um einen genüsslichen Schluck davon zu trinken.
"Mehr als saufen, pöbeln und Dresche bekommen kannst du auch nicht, oder?", quittierte ich ihn mit einem missbilligenden Kopfschütteln, wofür er mir allerdings nur einen Stinkefinger zeigte, ehe er einhändig mit dem Abräumen weiter machte.
Zwar war mir nach wie vor noch ein wenig flau im Magen, aber weil ich befürchtete, ihn sonst nicht länger auszuhalten, klaute ich mir die Flasche aus seinen Fingern und setzte ebenfalls an. Sobald die kühle Flüssigkeit in meiner Kehle brannte, setzte ich wieder ab und wischte mir mit dem Handrücken einmal über die Lippen.
"Die Scheiße ist echt lecker", meinte ich beeindruckt, während der Alkohol abermals meine Sinne zu benebeln schien. "Wenn du wieder auf meinem Schoß einschläfst, schubs ich dich", warnte Louis mich seufzend, selbst einen erneuten Schluck nehmend.
Nachdem wir die Flasche geleert hatten, wanderten wir mit wankenden Schritten in die Küche, wo mich das Chaos fast zu erschlagen schien. Wie zum Teufel sollte ich, so betrunken, wie ich war, die ganzen Teller einräumen, möglichst ohne jeden zweiten davon hinunter zu schmeißen?
Ein prüfender Blick in Louis' Richtung verriet, dass auch von ihm wenig zu erwarten war, denn er hatte sich an den Herd gelehnt und versuchte krampfhaft, nicht das Gleichgewicht zu halten. Dementsprechend gab ich mir einen Ruck und versenkte in Zeitlupe einen Teller nach dem anderen in der Maschine, bedacht darauf, in die richtigen Zwischenräume zwischen den Stäben zu treffen.
"Das ist fast so wie betrunken Sex haben", gluckste ich irgendwann vor mich hin, was Louis augenblicklich hellhörig werden ließ. "Stimmt", kicherte er von der anderen Seite der Küche und schlurfte zu mir hinüber.
"Nur dass du bei deiner Perle garantiert kein einziges Mal treffen würdest", lachte er, was ich normalerweise mit einer Drohung erwidert hätte - nun jedoch verdrehte ich bloß die Augen. "Du triffst bei deinem Blondchen wahrscheinlich nicht mal, wenn du nüchtern bist."
Endlich war der Geschirrstapel weg geräumt und ich konnte mich wieder aufrichten. Da sich um mich herum allerdings sofort alles zu drehen begann, sank ich wieder in die Knie und lehnte mich gegen den geschlossenen Spüler. Louis tat es mir gleich und musterte mich eindringlich, weswegen ich schließlich eine Augenbraue hob.
"Was?"
"Deine Augen sind so grün. Niemand hat so leuchtende Augen. Was ist falsch bei dir?"
"War das gerade ein Kompliment?" Verwundert sah ich, wie er rot wurde.
"Nein", nuschelte er abwehrend und gab sich Mühe, nicht zu gähnen. "Ich würde dir nie ein Kompliment machen."
"Natürlich." Auf meinen sarkastischen Kommentar hin streckte er mir tatsächlich die Zunge raus, wodurch ich lauthals prusten musste. Etwas widerwillig stieg er mit ein, bis wir uns beide vor Lachen bogen.
Japsend hielt ich mir den Bauch, in dem der Alkohol mittlerweile gefährlich waberte, und mich kräftig schlucken ließ - den Geschmack von Erbrochenem hinterlassend.
"Scheiße", entwich mir gerade noch, danach schnellte ich nach oben und beugte mich röchelnd über die Spüle. Kaum dass der Druck in meinem Magen nachließ und ich allmählich wieder Luft bekam, spürte ich, wie Louis meinen Kopf hielt.
"Wenigstens hast du nicht das Geschirr vollgekotzt", scherzte er, sobald ich mich wieder aufgerichtet hatte und tief durchatmete. "Ich hätte dich vollkotzen sollen", schnaufte ich und ging langsam wieder in die Hocke.
"Das hättest du nicht getan", hörte ich murmeln, während er das Waschbecken auswusch, und obwohl ich wissen wollte, was er damit meinte, war ich zu schwach zum Reden. Stattdessen schloss ich die Augen und versuchte, zumindest ein bisschen zu entspannen - wenn nicht auf einmal erneutes Röcheln ertönt wäre - jetzt war Louis derjenige, der seinem Mageninhalt freien Lauf ließ.
"Verdammt", fluchte er zwischendurch, weshalb ich meine Hand an seine Wade platzierte. Ich hasste ihn zwar, aber wenn man sich besoffen gegenseitig beim Kotzen zuhörte, war die Reizschwelle irgendwie erstaunlich hoch.
Letztendlich saß er wieder neben mir, mit flatternden Lidern und schwerem Atem.
"Du hast Lachfalten", stellte ich fest, wofür er einen Mundwinkel hob.
"Und du Grübchen."
"Deine Tattoos. Was bedeuten die?", fragte ich und deutete auf seine Arme, die er vorhin schon von seiner hässlichen Anzugjacke befreit hatte. Entgegen meiner Erwartung waren es aus näherer Betrachtung nämlich keine faschistischen Sprüche, wie ich sie bei seinen Brüdern ausgemacht hatte, sondern Motive wie ein Vogel, ein Dolch oder ein Kompass.
"Weiß nicht", log er - ich hörte es deutlich in seiner Stimme, dass er flunkerte, doch ich sagte nichts.
"Ich hasse dich", durchbrach er nach einigen Minuten die Stille, ehe er zur Seite weg auf meinen Schoß kippte. Erst wollte ich ihn protestierend von mir schieben, doch dann ließ ich resigniert meine Hände auf seine Schulter sinken und beugte mich nach vorne, sodass ich meinen Kopf auf seinem Rücken legen konnte.
"Ich hasse dich auch."
ayyyyy, da müssen die beiden sich erst betrinken, um zu kuscheln, was? anyway, meinungen? alles liebe. xx
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