Kapitel 5
Aurora
Nach einer weiteren Stunde lichtet sich der Wald und ich bin auf der anderen Seite des Campingplatzes. Ich blicke jetzt zum ersten Mal wieder zurück. Das war mehr als seltsam. Und warum zum Teufel hatte ich keine Angst?
Ich schüttle meinen Kopf und verbuche es unter 'Denk nicht mehr drüber nach'. Da es durch den Zwischenstopp schon recht spät ist, gehe ich zu meinem Bus.
Dort angekommen trinke ich erst mal etwas. Da ich irgendwie Lust habe, beschließe ich der Einladung von Mr. Willson zu befolgen. Ich tausche nur wieder meine Wanderschuhe gegen meine Sneaker und verschließe dann meinen Bus. Ich mache mich jetzt schon auf den Weg, da ich auch noch nichts zu Abend gegessen hatte.
Bei der Hütte angekommen sehe ich schon ein Lagerfeuer draußen brennen. Um dieses stehen einige bereits herum und unterhalten sich. In der Hütte werde ich direkt von Mr. Willson empfangen. „Ms. Lys, schön dass sie auch kommen. Ich nehme mal an, sie haben noch nichts gegessen? In der Küche steht ein Eintopf, aus dem sie sich bedienen können. Kommen sie dann ruhig raus mit dem Essen." und schon ist er wieder verschwunden. Da mir mein Magen knurrt, folge ich wie eigentlich immer heute seinem Vorschlag. Auf dem Herd steht ein großer Topf, mit einem lecker riechendem Eintopf. Ich nehme mir einen Teller und probiere erst mal. Mhm, himmlisch. Also fülle ich mir dieses Mal den Teller voll und nehme mir auch etwas vom Brot. Da ich mich aber doch in größeren Gesellschaften in denen geredet wird, unwohl fühle, setze ich mich in der Hütte an die Bar. Wow, dieser Eintopf schmeckt einfach nur fantastisch. Mr. Willson kommt hinter die Bar. „Und schmeckt ihnen der Eintopf?" Da ich mal wieder einen vollen Mund habe, nicke ich nur begeistert. „Schön, das ist auch das einzige, was ich gut kann. Wollen Sie nicht mit raus?" Ich schaue nach draußen durch die Fenster und fühle mich schon bei dem Gedanken daran unwohl. Mr. Wilson scheint es wohl bemerkt zu haben „Keine Sorge, so bald es etwas später ist, verteilt sich das mehr. Wollen Sie jetzt vielleicht etwas trinken?" Ich überlege kurz. „Haben Sie Maracuja-Saft hier?" Mr. Willsons dreht sich um und schaut im Kühlschrank nach. „Wusste ich es doch. Mr. Cane trinkt auch nur Säfte, da er nie etwas alkoholisches trinkt. Diese Woche hat er sich Maracuja gewünscht." „Oh, wenn es schon reserviert ist, ich kann auch etwas anderes trinken." Mr. Wilson winkt ab und greift nach einem Glas. „Quatsch, ich habe mehr als genug. Meistens werden aus den gewünschten Säften dann echt leckere Cocktails gemischt. So hier bitte, das geht aufs Haus." Ich lächle ihn an und bedanke mich. Schon ist er wieder verschwunden. Anscheinend um die Lichter an zu machen. Denn überall gehen Lichterketten an und das große Hauptlicht geht aus. Die gesamte Bar leuchtet hier und da, da sie im Schwarzlicht steht. Mir fallen meine Haare wieder ein, wodurch ich nach hinten greife und mir die Strähne vors Gesicht hallte. Ernsthaft jetzt? Ich halte eine leuchtende Strähne in der Hand. Wenn ich den Jungen erwischen, dann ziele ich das nächste Mal nicht auf seine Schutzkleidung. Missmutig lege ich meine Haare zurück und esse den Eintopf auf.
„Schmeckt der Eintopf nicht?" fragt eine tiefe Stimme hinter mir. Verwundert drehe ich mich zu der Stimme hin. Vor mir steht ein großer muskulöser Mann. Er hat eine einfache Jeans und ein Holzfällerhemd an, welches er an den Armen hochgekrempelt hat, sodass man seine muskulösen Unterarme sieht. Mein Blick wandert weiter nach oben. Er hat ein markantes Gesicht. Seine Augenfarbe ist in dem Licht schwer zu erkennen. Da ich bei seinen Augen angekommen bin, erkenne ich die Belustigung in ihnen. Kurz schüttle ich meinen Kopf „Entschuldigung, was meinten sie?" Er deutet auf den nun leeren Teller. „So wie sie ihn angeschaut haben, dachte ich, ihnen schmeckt der Eintopf nicht. Dabei ist Harry richtig gut darin, Eintöpfe zu machen." Ich blicke auf den Teller, bevor ich ihn wieder anschaue „Nein, der Eintopf war fantastisch." Er setzt sich neben mich auf einen Barhocker. „Und warum haben sie dann so ein Gesicht gezogen?" fragt er ehrlich interessiert. Ich hole also wieder die leuchtende Haarsträhne hervor. „Deswegen. Ich habe einen blauen Fleck in den Haaren und zu allem übel leuchtet er auch noch, was bedeutet er ist noch schwerer herauszuwaschen." seufze ich. „Also ich finde, es hat etwas." spricht er und versucht sich das Lachen zu verkneifen. Ich ziehe nur meine Augenbraue hoch und er bricht in Lachen aus. Es ist ein schönes Lachen, sehr tief und wohlklingend. Wohlklingend? Wann habe ich je gedacht, das ein Lachen wohlklingend ist oder schön?
Als sich der Fremde wieder ein bekommen hat, stellt er sich doch noch vor. „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Nathan Cane." Er reicht mir seine Hand. Vorsichtig gebe ich ihm meine und antworte „Aurora Lys." Als sich unsere Hände berühren, kribbelt es überall in meiner Hand. Sofort ziehe ich sie wieder zurück und reibe mir unauffällig darüber, auch wenn es ein schönes Kribbeln war. Nathan Cane scheint es nicht zu bemerken oder ignoriert es „Lys, bedeutet das nicht Licht im Norwegischen?" Erstaunt schaue ich ihn an. „Das hat noch nie jemand bemerkt. Wie kommen Sie darauf?" "Ich bin einige Jahre viel herumgereist." Verstehend nicke ich. „Nenne mich doch bitte Nathan, dass Sie fühlt sich so unpersönlich an." Lächelnd nicke ich wieder und sage „Dann aber auch bitte Aurora." Dieses mal nickt er lächelnd.
Den ganzen Abend über reden wir. Wir verstanden uns echt super. Als es spät wurde und ich tatsächlich müde wurde, erschrak ich, dass wir soo lange geredet hatten. „Ich bring dich noch zu deinem Bus." spricht Nathan. Die Nacht ist kühl und keine Wolke verdeckt den Himmel. Hoffend schaue ich in diesen, doch kann ich keine Polarlichter sehen. Aber die Sterne sind es ebenfalls wert. So viele habe ich nicht mal in den USA gesehen.
„Wunderschön nicht wahr?" fragt mich Nathan. Sprachlos nicke ich. „Kann ich dich fragen, was dich hier in diese Gegend verschlägt?" kommt es von Nathan. Ich lächle ihn an, so oft wie ich in letzter Zeit lächle habe ich lange nicht mehr. „Ich wollte die Polarlichter anschauen. Bei meiner kleinen Recherche bin ich darauf gekommen, dass die beste Option dafür in Yellowknife ist. Ich mache hier also nur einen Zwischenstopp." „Und wie lange bleibst du hier?" fragt Nathan nun ernst und angespannt. Ich zucke meine Schultern „Vielleicht bis morgen, vielleicht auch einige Tage. Mir ist meine Freiheit sehr wichtig. Würde man mich einsperren, könnte ich das nicht überleben." sage ich scherzhaft, wobei ein Funke Wahrheit in meinen Worten enthalten ist. Mir ist meine Freiheit unglaublich wichtig.
„Verstehe. Ich... Ich muss jetzt los. Auf Wiedersehen." Abwesend und gepresst klang seine Verabschiedung, ehe er in den Wald lief. Den Wald? Was will er da? Aber gut, er wohnt hier, er wird es schon wissen. Verwirrt von seinem plötzlichen Abgang, gehe ich die letzten Meter zu meinem Bus. Hoffentlich kann ich heute schlafen.
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Müde wache ich um 6 Uhr morgens auf. Ich konnte erstaunlicherweise mal schlafen. Ich warf mir die Klamotten von gestern wieder über und ging Duschen. Nachdem ich alles erledigt hatte, frühstücke ich noch schnell, ehe ich alles in meinem Bus verpackte und mit ihm zur Hütte fahre. Der Boden ist ganz schön matschig, anscheinend hat es in der Nacht noch geregnet. Inzwischen war es schon 7 Uhr und ich hoffe Mr. Willson ist schon wach, sodass ich bezahlen und weiter fahren kann. Kaum betrete ich den großen Raum, taucht auch schon Mr. Willson auf. „Ah, Guten Morgen Ms. Lys. Was kann ich für sie tun?" „Ich würde gerne bezahlen." Aber natürlich. Kommen Sie mit und dann können wir das gleich erledigen."
Als alles geregelt ist verabschiedet sich Mr. Willson „Schade, dass sie nicht länger bleiben. Viel Spaß noch unterwegs." „Danke. Vielleicht komme ich auf dem Rückweg nochmal hier vorbei." Eifrig nickt Mr. Willson „Machen Sie das. Ich würde mich freuen. Auf Wiedersehen." „Auf Wiedersehen." Mit den Worten steige ich wieder in meinen Bus und fahre los.
Gerade mal eine halbe Stunde später passiert es. Der schwarz-weiße Wolf von gestern, springt plötzlich auf die Fahrbahn und bleibt mitten auf der Spur stehen. Erschrocken und nicht darüber nachdenkend reiße ich das Steuer herum, sodass ich ihn nicht treffe. Ich versuche auch zu bremsen, aber habt ihr schon mal bei feuchter Straße mit Blättern versucht zu bremsen? Da kann man auch nicht mehr gescheit bremsen. Durch die ruckartige Bewegung der Lenkung gerate ich ins schleudern. Ich versuche es mit der Stotterbremsung, aber zu spät. Ich pralle gegen einen Baum und schlage mit meinem Kopf wo gegen. Fast augenblicklich wird mir schwarz vor Augen.
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