Imaginary Friend
Eine kleine Kurzgeschichte, die ich heute geschrieben hab.
Falls ich etwas unlogisch beschrieben hab, weist mich bitte darauf hin. :)
"Willst du auch Tee?", fragte James aufgeregt auf und ab hüpfend, während er auf den Plastikbecher vor mir zeigte.
"Unbedingt", erwiderte ich, nicht weniger fröhlich.
James liebte es, mit mir und seinem Teddy Picknicks in seinem Zimmer zu machen, genau wie ich.
Grinsend beobachtete ich den Jungen, als er die Spielzeugkanne über dem Becher neigte und sie dann wieder auf die Decke stellte.
Er setzte sich mir gegenüber und stieß mit mir an.
"Mmh...", machte ich. "Der Tee schmeckt super!"
"Hab ich selber gemacht!", erklärte er.
Diesen Moment nutzte James' Mutter natürlich, um die Tür zu öffnen.
Sie kam immer dann herein, wenn wir am meisten Spaß hatten.
"Mit wem redest du, Schätzchen?", fragte sie, leichte Besorgnis in ihrer Stimme.
Er merkte nichts, aber ich spürte wieder schlechte Laune in mir aufsteigen.
"Mit Tom!"
Er stand auf und lief auf und zog an ihrer Hand.
"Willst du auch Tee? Tom sagt, dass mein Tee super ist!"
Sie bemühte sich um ein Lächeln und wollte sich auf meinen Platz setzen.
"Da kannst du dich hinsetzen, da ist doch Tom!", protestierte James auch sofort.
"Oh, entschuldige", meinte sie daraufhin zu mir und setzte sich daneben.
Ich wusste, dass sie mich nicht sehen konnte.
Keiner außer James konnte mich sehen.
Ich fragte mich, wann er es wohl merken würde.
Überhaupt hörte ich oft seine Eltern reden, wenn James schon schlief.
Sehr oft redeten sie dabei über mich.
Als ich das erste Mal mitgekriegt hatte, dass sie mich für eine Einbildung ihres Sohnes hielten, hatte ich mich drei Tage nicht getraut, mit James zu reden, falls er mich auch für eine Einbildung hielt, was ihn wiederum sehr besorgt hatte.
Inzwischen hatte ich es verstanden. Es tat manchmal trotzdem noch weh.
Jedoch war das all die Jahre nie ein Thema gewesen, wir hatten einfach Spaß zusammen.
James spielte gerne mit mir, und ich spielte gerne mit ihm, sodass es total unwichtig wurde, dass nur er mich sehen konnte.
Nein, ich fand mein Leben großartig und ich liebte James, als wäre er mein kleiner Bruder.
Die Nachmittage, an denen wir gemeinsam etwas unternahmen, waren die allerbesten.
Doch die Zeit verging und James wurde älter, und obwohl er immer noch derselbe war, ähnelte er mehr und mehr den Erwachsenen.
Er begann, mich zu ignorieren und öfter mit anderen Kindern zu spielen als mit mir.
"Echten" Kindern, wie seine Eltern sich ausdrückten.
Ich redete mir ein, dass ich glücklich war, wenn er glücklich war; dass es mir nichts ausmachte.
Immer öfter schien er mich überhaupt nicht zu bemerken, selbst, wenn ich direkt neben ihm stand.
Als James in der zweiten Klasse war, hörte er irgendwann ganz auf, mit mir zu spielen, und begrüßte mich kaum noch, und auch das hörte bald auf.
Ich war so am Boden zerstört, dass mir erst nach einigen Monaten auffiel, dass ich zu verblassen schien, aber auch dann versuchte ich nicht so viel darüber nachzudenken.
James war so lange mein bester Freund gewesen, und ich seiner, und nun beachtete er mich nicht mehr.
Hatte ich etwas falsch gemacht?
Normalerweise blieb ich nur bei James, wenn seine Familie nicht da war, damit sie ihn nicht für verrückt hielten, doch heute beschloss ich, mich beim Abendessen dazuzusetzen.
Ich wollte wissen, was mit ihm los war.
Keiner bemerkte mich, auch James schien durch mich hindurchzusehen.
Tränen traten in meine Augen. Ich blinzelte sie zurück.
Vielleicht versuchte er nur, sich nichts anmerken zu lassen.
"Weißt du noch, als du diesen unsichtbaren Freund hattest?", fragte James' Vater plötzlich lachend.
Seine Mutter fiel ein. "Wir waren schon ganz besorgt, aber zum Glück hat sich das ja endlich gelegt. Wie war sein Name noch mal? Tim?"
Redeten sie von mir?
"Tom", verbesserte James.
"Ich hatte ihn eigentlich schon fast vergessen. Wir haben richtig oft Picknicks gemacht..."
Wie konnte er mich vergessen? Vielleicht tat er nur so, vor seinen Eltern.
"Du hattest aber auch schon immer eine sehr lebhafte Fantasie", meinte der Vater.
James nickte zustimmend. "Stimmt. Stellt euch mal vor, ich würde immer noch an Tom glauben."
Er meinte es ernst.
Er meinte es tatsächlich ernst.
Ich war wie erstarrt.
"Was?", presste ich leise heraus.
James... glaubte nicht mehr an mich?
Es war, als hätte sich ein schwarzes Loch aufgetan und würde mich verschlingen.
Nein. Nein, nein, nein, nein.
Energisch sprang ich auf und versuchte, James am Arm zu packen, doch meine Hand glitt durch ihn hindurch.
Sie war durscheinend.
Panisch starrte ich an mir hinab.
Ich löse mich auf.
"Nein, James! James, vergiss mich nicht! Ich bin doch direkt hier, James!", rief ich panisch durch die Tränen, die nun doch flossen und auf den Boden tropften, "JAMES!"
Das konnte nicht sein, bitte nicht. Das konnte nicht sein.
Dann verblasste ich gänzlich, wie Asche, die vom Wind verweht wird.
Leere umfing mich.
Mein bester Freund glaubt nicht mehr an mich.
James starrte verwirrt auf die Wassertropfen auf dem Boden.
Er konnte sich nicht erinnern, etwas verschüttet zu haben.
Schulterzuckend wischte er mit einem Socken darüber.
War eigentlich egal.
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