6 You're way too pretty to be out here all by yourself
Stiles saß am Steuer seines Jeeps und blickte verstohlen hinüber zu Malia auf dem Beifahrersitz. Das musste er erst einmal in seinen Kopf hineinbekommen: Seine beste Freundin war mit einem Mädchen zusammen? Stiles wusste schon sehr lange, was er selbst war, aber er hatte es noch nie laut gegenüber jemandem ausgesprochen, den er gern hatte, aber nachdem Malia sich vorhin vor ihm geoutet hatte, hatte er es ihr erzählt. Verschwiegen hatte er ihr allerdings, dass es ausgerechnet ihr Cousin Derek war, den er liebte und das eigentlich immer schon. Das war sein kleines, dunkles Geheimnis, viel zu lächerlich, um laut ausgesprochen zu werden, denn egal was früher einmal gewesen sein mochte, heute hasste ihn Derek und es einfach nur peinlich, dass Stiles dummes, albernes Herz dennoch weiter an ihm festhielt, so wie Derek ihn jetzt behandelte.
Dummerweise änderte diese Einsicht an seinen Gefühlen wenig!
Manchmal stellte Stiles sich sogar klammheimlich vor, wie er ganz allein und heldenhaft die Mörder von Dereks Familie entlarven und hinter Gitter bringen würde. Er malte sich aus, wie er Derek dann die guten Neuigkeiten überbringen würde und dieser ihn endlich wieder so ansehen würde wie früher, bevor das alles passiert war.
Wenn er sich selbst bei diesen erbärmlichen Kleinmädchenphantasien ertappte, dann hasste er sich ein wenig.
Sie hatten eine ganze Weile nichts gesagt, als Malia unerwartet die Stille durchbrach:
„Du verrätst doch keinem, was ich dir erzählt habe, oder Stiles? Kiras Eltern dürfen es nämlich nicht erfahren. Sie hat echt Angst, verstehst du?"
Stiles schüttelte heftig den Kopf:
„Natürlich nicht, von mir erfährt niemand etwas! Was denkst du denn von mir?"
Malia nickte und nach einer Weile fragte sie dann unsicher:
„Und denkst du, dass mein Dad wohl von mir enttäuscht sein wird, wenn er es erfährt?"
Stiles blickte sie verblüfft an und musste gegen seinen Willen ein wenig lachen:
„Sprechen wir vom selben Peter Hale? Dein Vater hat immer das Liebesleben eines Rockstars geführt. Der hat doch keine Probleme mit einer lesbischen Tochter. Er wird dich vermutlich eher dafür feiern, dass du jetzt mit so einem süßen Mädchen zusammen bist."
Malia blickte ihn zweifelnd an und Stiles langte herüber und drückte aufmunternd die Hand seiner Freundin. Dann hielt er den Wagen, denn sie waren am Pflegeheim angekommen. Er war gespannt, in welcher Verfassung sie Peter heute wohl antreffen würden und hoffte wirklich inständig, dass dieser eines Tages wenigstens wieder halbwegs der Alte werden konnte und nicht nur um Dereks und Malias Willen, nein Stiles spürte, dass auch er selbst das alte Schlitzohr ziemlich vermisste.
Als sie die Zimmertür öffneten, realisierte Stiles sogleich eine Sache: Der Blick des Patienten, der aufgrund des erhöhten Kopfteils wie ein nasser Sack in seinem Bett lag, richtete sich sogleich auf sie! Peter nahm also ihre Ankunft wahr.
Aber war da nicht sogar noch mehr? Stiles war nicht sicher, ob er sich das bloß einbildete, aber war da nicht kurz ein Ausdruck des Erkennens in Peters Blick gewesen?
„Hey Dad!" sagte Malia und zog sich einen Stuhl an die Bettseite.
Peter antwortete nicht, aber er drehte den Kopf leicht, so dass er seine Tochter betrachten konnte:
„Geht's dir gut, Daddy?" wollte Malia wissen: „Behandeln sie dich hier gut?"
Sie klang so herzzerreißend jung, dachte Stiles bestürzt. Er hielt sich, weil nicht stören wollte, in der Nähe der Tür.
Peters Lippen öffneten sich ein wenig, doch da kam kein Wort.
Etwas verblüffte Stiles. Der Mann, der dort im Bett lag, hatte irgendwie wenig gemein mit jenem, den er von damals kannte und er überlegte, woran das lag?
Es waren die Augen, wurde ihm schließlich klar. Der Peter von früher hatte viel über seine Augen kommuniziert, hatte geflirtet, gezwinkert, sie zu ärgerlichen Schlitzen zusammengezogen. Er vermochte es, mit seinem Blick jeden zu fesseln, zu faszinieren, einzuschüchtern, oder zu verführen, je nachdem, was er von seinem Gegenüber wollte.
Der Blick des Peters von heute wirkte unschuldig, wie frisch gefallener Schnee, die Augen groß und staunend, wie bei einem Neugeborenen und irgendwie machte das auch Sinn, dachte Stiles bei sich, denn das, was Malias Vater hier gerade erlebte, war ja praktisch so etwas wie eine Wiedergeburt.
Malia war gerade dabei, auf ihren Vater ein zu plappern, ihm von ihrem Tag zu erzählen und von dem, was sie gerade bewegte, so wie sie es gemacht hatte, als Peter noch im Koma gelegen hatte, mit dem Unterschied, dass dieser sie nun hören konnte. Ob er sie allerdings auch verstand, war eine andere Frage. Dafür hatte es bislang noch keine Anhaltspunkte gegeben.
Nach einer Weile kam die rothaarige Krankenschwester, jene die sie bereits kannten, mit dem Essen für den Patienten herein. Das Gericht des Tages war irgendeine graugrünliche Pampe, die eher dafür geeignet schien, damit Löcher im Putz zu verspachteln, als für den menschlichen Verzehr und mit einem Mal kam Stiles die „Hähnchen-Überraschung" von heute Mittag gar nicht mehr so übel vor:
„Wollen sie ihren Vater selbst füttern, Miss Tate?" wollte die Schwester wissen.
Malia nickte und erkundigte sich:
„Was ist denn das für ein Schweinefraß?"
Die Krankenpflegerin warf ihr einen missbilligenden Blick zu und erwiderte in belehrendem Tonfall:
„Das ist Kartoffel-Spinat-Pürree und keine Sorge, es schmeckt wesentlich besser, als es aussieht. Der Patient muss erst langsam und vorsichtig wieder an richtige Nahrung gewöhnt werden, nachdem er so lange künstlich ernährt werden musste. Er kann nicht gleich wieder mit Entrecote und Gänsebraten loslegen, das versteht sich doch wohl von selbst, oder nicht?"
Malia steckte den kleinen Finger in den ekligen Matsch, kostete davon und verzog angewidert das Gesicht:
„Aber deswegen muss das Zeug doch nicht widerlich sein, oder?" fragte sie zurück. Sie nahm der Schwester das Tablett an sich:
„Entschuldige, Dad!" sagte sie, ehe sie sich daran machte, Peter zu füttern.
Sie machte das erstaunlich gut, stellte Stiles im Stillen überrascht fest. Sie nahm ein wenig Brei auf den Löffel, pustete, damit es nicht zu heiß wäre und hielt ihn Peter dann hin.
Es mochte nicht wie eine große intellektuelle Leistung wirken, dass dieser nun brav den Mund aufsperrte und schluckte, aber es machte dennoch Mut, bewies es doch, dass Peter sich durchaus der Vorgänge um ihn herum bewusst war.
Im Übrigen zeigte sich in Peters Miene keine Spur von Ablehnung gegen das derzeitige Nahrungsangebot. Es musste wohl an seinem entwöhnten Gaumen liegen.
Stiles schaute sich die Fütterung eine Weile an, als plötzlich die Tür aufging. Die Person, die eintrat war Derek, wieder einmal voll und ganz sein schlecht gelauntes Selbst:
„Was macht der denn hier?" fragte er als allererstes und starrte Stiles an, als sei er bloß ein widerliches Insekt.
Stiles ignorierte ihn ganz einfach und wandte sich stattdessen an Malia:
„Wollte eh' gerade gehen. Habe heute noch eine Menge zu tun. Wir sehen uns morgen, Süße." sagte er und hauchte der Freundin einen kleinen Kuss auf die Wange. Dann blickte er hinab auf den Patienten in seinem Bett, machte es bei ihm genauso und sagte:
„Lass es dir schmecken, Peter! Ciao, mein Lieber."
Selbstverständlich antwortete der Liegende ihm nicht, doch er blickte Stiles immerhin einen Moment lang aufmerksam an, so als würde er scharf über etwas nachdenken.
Als Stiles gegangen war, fragte Derek mürrisch:
„Was geht denn da vor sich? Ist der kleine Arsch jetzt etwa dein Lover, oder wie? Das kommt nämlich überhaupt nicht in Frage!"
Malia fiel die Kinnlade herunter:
„Sag' mal hast du sie noch alle? Es geht dich einen Scheiß an, mit wem ich zusammen bin. Und du bist gefälligst netter zu Stiles, sonst bekommen wir Zwei nämlich echt Probleme miteinander!" knurrte sie.
„Interessiert mich doch gar nicht, mit wem du es treibst, solange es nur nicht der ist." schnappte Derek:
„Ach was? Und wieso nicht Stiles?" fragte Malia und kniff angriffslustig die Augen zusammen.
Derek schien nicht zu wissen, was er darauf antworten sollte, also gab er schulterzuckend zurück:
„Is' halt so!"
„Du tickst doch nicht richtig! Ich mache was ich will, also halt die Fresse!" antwortete Malia wütend und wendete sich wieder voll und ganz ihrem Vater zu.
Um bloß nicht über Derek nachdenken zu müssen, dachte Stiles auf dem Weg ins Büro seines Dads stattdessen lieber über dessen Onkel nach. Auch wenn Peter Hale nach seinem Erwachen noch nicht ein einziges sinnvolles Wort von sich gegeben hatte, so hatte Stiles nachdem er ihn heute gesehen hatte dennoch ein sehr gutes Gefühl. Er würde seinen Weg ins Leben zurückfinden; das war Stiles fester Glaube, der sich im Grunde eher wie eine Gewissheit anfühlte.
Stiles erster Halt war das Büro seines Vaters. Er musste dort heute Präsenz zeigen, weil Noah Stilinski gerade mal wieder wegen eines Falles außerhalb der Stadt war und erst am nächsten Tag wieder da wäre.
Und weil sie noch so frisch im Geschäft waren, wollte sein Vater, dass das Büro an jedem Wochentag wenigstens für einige Stunden besetzt sein sollte.
Stiles hatte mittlerweile wirklich Routine in seinem Tätigkeitsgebiet und ging ganz systematisch vor. Er nahm ein Bild eines weiteren Kautionsflüchtlings aus dem Faxgerät, welchen sein Dad für den Staat Kalifornien wieder einfangen sollte und legte es in den Posteingangskorb.
Dann ging er die Mails durch, doch es war nichts Dringendes dabei.
Die halb verdursteten Pflanzen im Büro schrien nach Wasser und Stiles erbarmte sich ihrer.
Das Lämpchen am Anrufbeantworter war aus, was bedeutete, dass es keine neuen Nachrichten gab und im Briefkasten lagen bloß ein paar Prospekte.
Nun musste Stiles nur noch auf jenen Klienten warten, welcher um fünf kommen sollte. Stiles Auftrag lautete, sich Notizen zum Fall zu machen und einen Vertrag aufzusetzen. Dumm nur, dass Stiles den Namen im Kalender nicht entziffern, denn sein Vater hatte eine echte Sauklaue.
Um fünf nach fünf öffnete sich die Bürotür und Stiles traute seinen Augen kaum, als er erkannte, wen er da vor sich hatte: Es war sein Coach, der Typ, der in heute beim Lacrosse so unnötig gepiesackt hatte und natürlich sah dieser überhaupt nicht glücklich aus, seinen Schüler hier anzutreffen. Stiles betete also zu Loki, dem Gott des Schabernacks, dass es sich bitte, bitte um etwas wirklich Peinliches handeln möge und sich sein Trainer tüchtig winden würde, während er ihm davon berichtete:
„Ist dieser Privatschnüffler im Haus? Ich habe einen Termin!" Finstocks Stimme war ein unbehagliches Murmeln:
„Mein Dad ist heute nicht da, aber er hat mir gesagt, dass sie kommen würden." erklärte Stiles feixend und nahm ein Klemmbrett zur Hand: „Sie müssen leider mit mir vorlieb nehmen. Ich werde den Fall aufnehmen und mein Vater kümmert sich dann darum."
Der Coach begann sich hektisch umzusehen:
„Ist denn wirklich kein Erwachsener im Haus? Ich meine, wie alt bist du, Stiles? Zwölf oder dreizehn vielleicht?"
Stiles rollte mit den Augen:
„Ich bin sechzehn! Ich bin in der High School wie sie sich vielleicht erinnern. Ich bin alt genug für diesen Job. Dürfte ich nun vielleicht erfahren, was wir für sie tun können?"
„Vielleicht komme ich besser noch mal wieder, wenn dein Vater da ist." murmelte Finstock unschlüssig.
Stiles gab ein genervtes Schnauben von sich:
„Sir, sie verschwenden meine Zeit! Ich kann ihnen versichern, dass wir diskret arbeiten. Sie können mir alles sagen und wir gewähren ihnen Verschwiegenheit."
Der Coach schien kurz zu überlegen. Schließlich sagte er:
„Also meine Exfrau..."
Stiles notierte also das Wort „Exfrau".
Dann wartete er ab.
Als weiter nichts kam, fragte er aufmunternd: „Und? Was war denn nun mit ihrer Ex-Frau?"
Da gab der Coach sich einen Ruck und begann zu erzählen.
Unter dem Strich ging es um folgendes: Finstock zahlte seiner Ex-Frau Unterhalt, weil sie angeblich nicht arbeitsfähig sei, dafür auch ein Attest von ihrem Arzt habe und schon ewig mit Halskrause und Krücken herumlaufe. Der Coach habe allerdings große Zweifel an ihrer Erkrankung und er bräuchte ein paar stichhaltige Beweise für das Familiengericht, am besten mit Foto- oder Videomaterial, dass sie kerngesund und durchaus in der Lage sei, sich selbst zu versorgen.
Stiles ließ sich ein paar Eckdaten geben, versicherte dass „Stilinski P.I." sich um die Angelegenheit kümmern werde und setzte den Vertrag auf.
Dies war genau die Art Fälle, die sein Dad immer wieder gern an Stiles übergab: zeitaufwendig, aber nicht gefährlich, doch das verriet er Finstock selbstverständlich nicht, denn der würde dann wohl befürchten, kein zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten, wenn bloß so ein dummes Schulkind die Observation durchführte.
Stiles nahm die Anzahlung entgegen und als der Coach sich verabschiedete, war Stiles heilfroh, denn er hatte heute ja noch anderes zu tun, immerhin hatte er ja heute seinen ersten ganz und gar eigenen Fall angenommen. Er sammelte im Büro ein wenig Spionagezeugs zusammen, dass sie dort vorrätig hatten, dann schloss er das Büro für heute und machte sich auf den Weg.
In der Eissporthalle herrschte reger Betrieb, dennoch war es nicht weiter schwierig, Garrett Douglas nach Boyds Beschreibung ausfindig zu machen. Er hockte in dem kleinen Büro im hinteren Bereich der Eissporthalle und war mit irgendwelchen Schreibarbeiten beschäftigt. Stiles setzte sich auf einen der windigen Stahlrohrstühle vor dem Kiosk, trank eine Cola und beobachtete den Mann unauffällig durch die Glasscheibe.
Douglas war auch wieder so ein regelmäßiger Fitnessstudiobesucher. Wo kamen die nur neuerdings alle her? Er war wirklich ein gutaussehender Typ, genau wie Boyd gesagt hatte, aber irgendetwas störte Stiles an ihm. Da war so ein gemeiner Zug um seinen Mundwinkel, der ihn ein wenig frösteln ließ.
Es dauerte nicht lange, bis Douglas sich von seinem Schreibtisch erhob, seine Jacke nahm und sich zum Gehen bereit machte.
Showtime!
Stiles heftete sich an die Fersen des Mannes, und als dieser draußen in einen Sportwagen stieg, nahm Stiles den Jeep und folgte ihm. Dass es draußen bereits dunkel geworden war, machte es ihm leicht, unerkannt zu bleiben, denn ein mintfarbener Jeep war im Grunde kein besonders geeignetes Überwachungsfahrzeug: Viel zu auffällig!
Über eine Stunde verfolgte er das andere Auto über die einsamen, von Nadelwald gesäumten Landstraßen Beacon Countys. Dann plötzlich hielt Douglas an einem einsam stehenden Gebäude und ging hinein. Stiles kannte das Haus nicht, doch er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was das für ein Ort sein mochte. Er hatte in einiger Entfernung im Schatten der Bäume geparkt und hatte sein Nachtsichtgerät hervorgeholt. Das Haus war groß und einstöckig. Alle Fenster waren mit schwarzer Folie beklebt, so dass man nirgend von außen hineinsehen konnte.
Sehr verdächtig!
Davor parkten diverse unterschiedliche Autos.
Stiles wartete. Gelegentlich kam ein weiteres Auto angefahren, jemand stieg aus und verschwand rasch im Gebäude, während andere Leute herauskamen und rasch wieder verschwanden.
Nachdem Douglas schon eine ganze Weile im Haus war, traute Stiles sich auszusteigen und er brachte an einem der Bäume unauffällig eine der winzigen mitgebrachten Kameras an, die er auf den Eingang des Gebäudes richtete und mit seinem Handy verband. Am Hintereingang machte er es genauso. Dann befestigte er an Douglas Auto noch einen Peilsender und setzte sich wieder in seinen Jeep.
Keine Sekunde zu früh, denn nun ging die Tür auf und Douglas kam wieder heraus, blickte sich um, stieg in sein Auto und trat den Rückweg nach Beacon Hills an. Stiles folgte ihm erneut und ihr Weg führte sie zu Douglas Heim. Stiles hielt nicht, denn das wäre zu auffällig gewesen. Stattdessen fuhr er weiter, einmal um den Block und weil Douglas mittlerweile im Inneren des Hauses verschwunden war, hielt er den Wagen und wartete. Als wenig später drinnen das Licht ausging, schlich sich Stiles in den Vorgarten und installierte auch hier eine der Überwachungskameras, ehe er wieder ins Auto stieg und losfuhr.
Das reichte für heute, entschied er.
Da Stiles sturmfreie Bude hatte fand er, dass nichts dagegen spräche, noch auf einen O-Saft im „Jungle" vorbeizuschauen. Er rollte mit seinem Jeep also auf den Parkplatz und wollte soeben aussteigen, als er auf einen Tumult ganz in der Nähe aufmerksam wurde. Er hörte wütende Männerstimmen und dann noch eine weitere, die eher ängstlich klang. Um besser sehen zu können, nahm er ein weiteres Mal sein Nachtsichtgerät zur Hand und schaute nach, was da vor sich ging. Zwei Typen hatten einen weiteren eingekreist und stießen ihn mit boshaften Lachen zwischen sich hin und her. Der Dritte hatte seine Hose halb heruntergelassen und stolperte hilflos herum. Da richtete Stiles sein Fernglas au das Gesicht des Gepeinigten und staunte nicht schlecht:
„Na sowas! Das ist ja mal interessant!" murmelte er zu sich selbst und grinste amüsiert in sich hinein.
Dem Halbnackten war es mittlerweile gelungen, sich aus den Fängen der beiden anderen zu befreien und er bemühte sich im Rennen, die Hose wieder hochzuziehen. Bei dem Versuch schlug er der Länge nach hin, rappelte sich wieder auf und lief weiter, seine Verfolger dicht auf den Fersen.
„Ach was soll's?" sagte Stiles zu sich selbst, fuhr dem Flüchtenden entgegen, öffnete die Beifahrertür und rief:
„Yo Jackson! Du bist doch viel zu hübsch, um hier draußen ganz allein unterwegs zu sein. Spring schon rein!"
Seinem Mitschüler war es mittlerweile gelungen, sich wieder halbwegs manierlich anzuziehen. Verblüfft starrte er Stiles an, ehe er auf dessen Beifahrersitz hechtete und schrie:
„Worauf wartest du noch? Fahr los, Mann! Bring' mich nachhause!"
„Aber sicher doch! Ich führe ja auch neuerdings ein Taxiunternehmen." brummte Stiles sarkastisch und hatte keine große Eile, den Motor wieder anzulassen, einfach um noch ein wenig länger Jacksons Panik zu genießen. Erst als die beiden Typen fast bei ihnen waren, startete er den Jeep mit quietschenden Reifen.
„Die kamen aus dem Nichts und wollten mich vergewaltigen, oder so!" erklärte Jackson, nachdem sie eine Weile schweigend unterwegs gewesen waren, auch wenn Stiles überhaupt nicht danach gefragt hatte.
'Nee, is'klar, Kumpel!', dachte er bei sich, denn für ihn hatte diese Sache vollkommen anders ausgesehen. Es war wohl eher so gewesen: Entweder hatte ein gewisser jemand auf der Suche nach einem Blow-Job plötzlich kalte Füße bekommen, oder die Sache war ganz einfach aus dem Ruder gelaufen, nachdem noch ein zweiter Typ dazu gekommen war.
Jedenfalls konnte Stiles nicht daran glauben, dass Jackson rein zufällig auf dem Parkplatz hinter dem einzigen Schwulenclub der Stadt gelandet war, einem Ort, an dem ein Junge spielend leicht anonymen Sex finden konnte, ohne die geringste Ahnung, wie ihm eigentlich geschah.
Keine Chance!
„Versuchte Vergewaltigung, huh?" fragte Stiles also gehässig: „Sollte ich dich dann nicht lieber ins Sheriffsdepartment fahren, damit du eine Anzeige erstatten kannst?"
Jackson wurde bleich:
„WAS? Nichts da! Bring' mich einfach nur zum Beacon Hills Inn, kapiert? Da wohne ich ja jetzt, wie du weißt. Und wehe, du erzählst irgendwem in der Schule, was hier heute passiert ist! Dann kille ich dich!"
Stiles grinste boshaft in sich hinein:
„Keine Sorge, werde ich nicht, aber... was ist dir mein Schweigen denn eigentlich wert, Kumpel?"
„Was ist los? Du willst Geld von mir, du kleine Ratte?" fragte Jackson entsetzt:
„Nö, kein Geld." stellte Stiles richtig: „Wir fangen für's Erste damit an, dass du mich in der Schule in Frieden lässt. Außerdem schuldest du mir jetzt einen Gefallen. Ich komme bei Bedarf auf dich zurück."
Sie waren angekommen. Stiles hielt seinen Wagen vor dem besten Hotel der Stadt und fügte noch hinzu:
„Und nun husch-husch ins Bettchen, Jacko. Nicht vergessen, morgen ist ein Schultag!"
Jackson schenkte ihm einen giftigen Blick. Man konnte ihm praktisch dabei zuschauen, wie er über eine schlagfertige Erwiderung nachdachte, doch da ihm scheinbar keine einfiel, rief er einfach bloß:
„Man sieht sich, Arschloch!" ehe er ausstieg und die Wagentür donnernd hinter sich zuwarf.
Ein Dankeschön für die heldenhafte Rettung hätte aber wirklich drin sein können, dachte Stiles als er den Wagen wieder anließ, immerhin waren Jackson und er ja alles andere als Freunde.
Er war eben einfach zu gut für diese Welt!
Stiles fuhr nachhause, um in dieser Nacht nun endlich auch ein wenig Schlaf zu finden.
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