•Kapitel 33•
Taehyung
Ich konnte nicht fassen, was ich da tat. Ich konnte nicht fassen, dass ich gleich wieder den Teufeln gegenüberstehen würde.
„Kommt Lee denn auch?"
„Dein Bruder?", fragte mich Kookie von der Seite her, während ich nur nach vorne sah.
„Mh.", nickte ich.
„I-ich weiß nicht..."
Seufzend nahm ich seine Hand in meine, als wir einen Zebrastreifen überquerten. Er sollte sich nicht unwohl fühlen, weil ich in so eine miese Stimmung geraten war.
Doch Kookie schien es anders aufzunehmen und stoppte auf der richtigen Straßenseite. Er nahm seine Hand aus meiner und knetete sie nervös.
„Vergiss es, das war eine blöde Idee. Lass uns gehen.", sagte er hastig und wollte sich schon umdrehen, da zog ich ihn zu mir heran.
„Bunny, nur weil ich so schlecht drauf bin, heißt das noch lange nicht, dass ich es nicht tun werde." Sein Blick verriet mir wie er mich studierte, weswegen ich schnell eine Notlüge aus dem Hut zog. „Ich bin sowieso irgendwie neugierig."
„Neugierig?"
Desinteressiert zuckte ich mit den Schultern. „Scheint so."
Damit nahm ich ihn wieder bei der Hand und lief mit ihm Richtung Natural History Museum of London. Das Museum, in dem unbedingt meine Schwester arbeiten musste.
Als wir sie dann an einer Ecke sahen, versteifte ich mich ein wenig.
Diese Ziege...
Sie bemerkte uns und kam auf uns zugelaufen, dabei schwang ihr viel zu kurzes blaues Kleid an ihren Beinen herum. Sie sah aus, als würde sie den nächst besten Anwalt aufreißen wollen.
Vermutlich fand sie Kookie einfach nur hübsch und freundlich. Das aber war sein kleiner Fehler, den ich jedoch perfekt fand. Er war zu gutgläubig und liebenswert.
„Jungs, da seid ihr ja! Ich dachte, ihr kommt gar nicht mehr!", strahlte sie, auch wenn ich hinter diese Fakefassade sehen konnte.
Kuh.
Als sie unsere verschränkten Hände bemerkte, sah sie schnell hinter sich und dann mit großen Augen in unsere.
„Nehmt eure Hände voneinander, sonst wissen sie gleich, dass ihr zusammen seid!", meinte sie im gehetzten Ton und wollte unsere Hände doch tatsächlich auseinander falten!
Ich aber schlug sie weg.
„Spinnst du?!"
Tiana verdrehte kurz die Augen. „Du darfst ihnen Jungkook nicht vorstellen. Nicht mal als Freund, sonst kommen sie dahinter."
HAT DIE SIE NOCH ALLE?!
„Was soll das heißen ich darf ihnen Kookie nicht vorstellen?!", fragte ich aufgebracht.
„Sie werden es noch nicht verstehen, also sag es ihnen später."
„Nein mit ihm oder ohne mich!"
Schnaubend wandte ich mich ab. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Brust und hielt inne.
„Tae..."
Ich sah zu Kookie, der mich sanft anlächelte und mir einen kurzen Kuss auf die Lippen gab.
„Das ist nicht fair.", flüsterte ich ihm zu. Er wusste was ich meinte.
Er wusste, dass ich von ihm beeinflusst wurde, ob er es nun wollte oder nicht. Ein Lächeln hätte genügt und ich hätte ihm die Krone der Queen höchstpersönlich geklaut!
„Ist schon gut.", versuchte er mich zu beruhigen und strich mir über die Wange.
„Du wusstest du davon?"
„Ja..."
Traurigkeit spiegelte sich in meinen Augen wieder. Er hatte es mir vergessen zu erzählen und dennoch war er bereit uns im Schatten zu lassen, damit meine Eltern versuchen konnten für mich zu glänzen.
„Und du hast trotzdem eingewilligt."
„Was tut man nicht alles für die Leute die man liebt?", fragte er mich sanft und mein Herz schlug höher.
Das Wort ‚Liebe' war schon ein paar Male gefallen, jedoch nicht dieser eine Satz.
Ich hätte nichts von alle dem gemacht, wenn es nicht Kookie gewesen wäre, der mich darum bat. Er mit seinen großen Rehaugen. Das Bambi mit dem Bunny-Lächeln.
Ich wollte ihn glücklich sehen und ich wusste, dass wenn ich es versuchte, ich dem ganzen schon näher kam.
Außerdem konnte ich es ihm nicht antun ‚nein' zu sagen, weil ich genau wusste was es ihm bedeutete. Wegen seiner eigenen Familiengeschichte...
Kookie hätte nie von mir verlangt, dass ich das hier tuen sollte, aber im tiefsten Herzen hoffte er, dass ich es wenigstens versuchte.
Und diesen verdammten Bambiaugen konnte ich nicht widerstehen!
Ich schluckte und presste meine Lippen fest aufeinander, meine Augen zusammengekniffen, bevor ich sie wieder öffnete und meine böse Schwester sah.
„Wehe das ist es nicht wert.", murmelte ich gefährlich.
„Ruf mich an, wenn ihr fertig seid.", sagte mein Freund leise, weswegen ich wieder hellhörig wurde.
„Was? Nein! Du wirst nicht alleine gehen!"
Aber Kookie schmunzelte nur. „Ich werde es wohl zum Souvenirladen noch schaffen, mein Held, danke."
Schluckend sah ich zu, wie er weglief und mich mit meiner Schwester allein ließ. Dieses Biest wollte es doch nur so!
„Kommst du?", fragte sie, immer noch mit ihrem perfekten Lächeln.
Ich verdrehte die Augen, nickte aber und ging ihr nach, meine Hände in den Hosentaschen vergraben. Um die nächste Ecke fanden wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein kleines Café. Und wäre ich nicht da gewesen, hätte ich mir nicht geglaubt.
Dort saßen meine Eltern!
Meine schwarzhaarige Mutter, wie immer die Haare streng nach oben zu einem Zopf gebunden, mein Vater mit seinem grauen Haaransatz.
Mir fröstelte es, bei dem Gedanken an unsere letzte Begegnung. Wie sie mich verstoßen hatten, mit diesem kalten Blick in den Augen.
Als sie mich erblickten, sahen sie mich seltsam an. Es war kein freudiges Lächeln, eher zurückhaltend. Aber auch nervös und starr?
„Taehyung!", sagte meine Mutter, während ich mich zwischen sie und Vater ließ.
Ich nickte ihr nur stumm zu.
„Hast du deine Manieren verlernt, Sohn?", fragte mich der Mann zu meiner Rechten.
Wie gerne ich ihm seine Fresse polieren würde.
„Nein, nur sehe ich bei euch keinen Sinn dahinter. Ihr habt mich verstoßen, also warum sollte ich euch noch irgendwelche Manieren schuldig sein?"
Spöttisch blickte ich in die Runde. Doch keiner war wirklich am ausrasten. Ich sah, dass Mum und Dad beleidigt waren, aber sie ließen es an sich abprallen.
„Zwei Jahre haben wir uns nicht gesehen und das erzählst du uns als erstes?", hielt mir die Schwarzhaarige vor, weswegen ich die Fäuste ballte.
„Oh nein! Du wirst mir hier keinen Vortrag halten und mich schlecht machen, wenn du die Furie warst, die ihren fünfzehn jährigen Jungen aus dem Haus geworfen hat!", zischte ich sie an und bekam die gewünschte Reaktion.
Dieses Funkeln in ihren Augen, wenn ihr etwas nicht recht war.
Ich starrte stumm zurück, lieferte mir einen Wettkampf der unausgesprochenen Worte.
Doch Dads Räuspern unterbrach mich und Mum lächelte wieder scheinheilig.
Alles falsche Leute.
Aber ich musste an Kookie denken und was er für mich wollte. Ich musste auf ihn hören und diesen Unmenschen eine Chance geben.
Es stimmte, wenn ich sagte, dass wir uns gar nicht miteinander verstanden hatten. Aber jede Differenz kann man umwandeln und sich besser kennen lernen. Vielleicht war das ja mein Ziel.
„Wo wohnst du?", fragte mein Erzeuger interessiert.
Ihm kaufte ich es tatsächlich noch am meisten ab.
„In Deutschland. Wo habt ihr Lee gelassen?" Ich wollte einfach irgendetwas fragen. Ich wollte nicht über meine wahre Familie reden.
„Er arbeitet zur Zeit in Norwegen."
Ich schnalzte mit der Zunge. „Großer Fisch."
„Ja, wir sind sehr stolz."
War ja klar. Die Situation allgemein.
„Und was wollt ihr von mir? Meine zwei Wochen Urlaub sind fast rum, also kommt auf den Punkt, ich würde gerne wieder gehen. Mein Freu-"
Ich stieß einen leisen Schrei aus, als mich Tiana unterm Tisch getreten hatte. Ich funkelte sie an, doch sie schüttelte nur den Kopf und gab mir damit stumm zu verstehen, dass ich die Klappe halten sollte.
Blödes Miststück.
„Wir wollen Einiges wieder einrenken mit dir. Wenn du magst, dann können wir dich besuchen kommen und es eine Zeit lang probieren.", versuchte mein Vater an mich zu appellieren, doch ich schüttelte sofort den Kopf und lachte leise.
„Nein, nein, nein. Das könnt ihr vergessen. Ihr werdet nicht meine Familie kennenlernen, die ohne euch besser dran sind!"
„Familie?", fragte nun Tiana wieder hellhörig.
„Ja, Familie. Das Wort kennst du wohl nicht, oder? Loyalität ist ein Synonym davon. Ist schwer zu verstehen, hab aber auch nie behauptet, dass dein Erbsenhirn das aufnehmen könnte."
„Du kleiner Wicht!"
„Hört auf!", sagte Mutter missbilligend, mit zusammengezogenen Augenbrauen.
Ich rollte mit den Augen. „Was auch immer."
Sie räusperte sich. „Es mag zwar nicht den Anschein erwecken, wir würden uns gerne mit dir vertragen-"
„Ach was!"
„-aber..." - sie sah mich mahnend an, dass ich sie nicht nochmal unterbrechen sollte. Ganz die alte. „Wir wollen es versuchen. Jeder hat eine zweite Chance verdient."
Der letzte Satz ließ mich zusammenzucken, weil er mich so sehr an mein Bunny erinnerte. Und an die unserer Freunde. Wir hatten einander nicht nur eine zweite Chance gegeben, sondern mehrere. Wir hatten geweint und gelacht, alles was ich auch mal mit meinen Eltern gemacht hatte.
Wir hatten so viel Scheiße zusammen erlebt und Kookie selbst ist durch so viel Dreck gezogen worden...
Ich konnte nicht anders als an ihn zu denken, wenn es doch eigentlich um meine freie Entscheidung ging.
Würde es irgendwann besser sein?
„Wie lange?", fragte ich seufzend und fuhr mir genervt über mein Gesicht.
„Was ‚wie lange'?", fragte mein Vater hoffnungsvoll.
„Wie lange müsst ihr unbedingt bei uns bleiben?"
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3 Kapitel - ca. 3500 Wörter heute insgesamt.
Hope u liked it ;) vor einem Jahr habe ich mal 12 an einem Tag geschafft... die Rechtschreibung usw. ließ auch grüßen ;) das war der erste Band zu Stigma XD upsi der Unterschied ist zu bemerken
Ich finde mir ist es ganz gut gelungen, dass dieses Familiengespräch so einigermaßen realistisch lief, oder was meint ihr?
Hope u enjoy🙏🏻
~safemenow
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