Text - Das Mädchen
Letztens in der Stadt sah ich ein Mädchen.
Sie hatte wild umherfliegende, kurze, lockige Haare, die in einem schreienden Pink gefärbt waren. Ihr Gesicht war mit Sommersprossen bedeckt und sie hatte einen Lippen-und Augenbrauen Piercing. Ihre Kleidung war bunt zusammengewürfelt und schien nur in einem anderen Universum zusammenzupassen. Sie lachte über etwas, was das Mädchen neben ihr gesagt hatte und küsste es dann auf den Mund. Die stechenden Blicke der vorbeieilenden Passanten schien sie nicht zu bemerken. Oder es war ihr einfach egal.
Ich ging nach Hause und in der U-Bahn, die vollgestopft war mit den immer gleichen Menschen, und nahm mir vor wie sie zu sein.
Genau so stark, genauso mutig.
Doch ich konnte nicht.
Ich hatte nicht den Mut, mir meine Haare nach belieben zu schneiden.
Ich hatte nicht den Mut, etwas anderes außer das immer gleiche T-Shirt zu tragen. Ich hatte nicht den Mut, laut und selbstbewusst durchs Leben zu gehen. Irgendwann war mir klar: Wir alle versuchen uns nach einer Person zu orientieren.
Die einen nach großen Fußballstars, die anderen nach mageren Models in Magazinen. Ich wollte so sein wie dieses völlig fremde Mädchen. Doch warum?
Sie kannte mich nicht mal und sie war auch nicht ich. Ich musste nicht sein wie sie um glücklich zu werden. Ich musste so sein wie ich eben war.
Und ich wette das Mädchen hätte genau das selbe gesagt.
Heute bin ich glücklich, denn ich bin ganz ich selbst. Kein Fußballstar, kein Model, nicht das lachende Mädchen. Doch das ist okay, schließlich sind sie ja auch nicht ich.
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