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48 (1) Außenwelt und Innenleben


Wilfriede

Menschen waren seltsam. Sehr seltsam. Merkwürdig. Denkwürdig.
Denk- würdig. Würdig zu denken. Was für ein tolles Wort. Denkwürdig.
Hicks war denkwürdig. Auf jeden Fall. Das war nur logisch, er dachte schließlich immer. Und überall. Und ununterbrochen. Aber das musste er auch, bei so vielen Menschen um ihn herum.
Bei Kriemhild, war das anstrengend. Die Menschen, die Stimmen. So viele Gesichter. Und alle sagten etwas anderes, alle redeten anders, alle dachten anders. Alle waren anders denkwürdig und alle waren meinungswürdig. Aber ich konnte mir nicht alle ihre Meinungen merken und anhören und dann redeten sie noch durcheinander. So groß war mein Kopf nicht! Wie machten die das bloß, so viele fremde Gedanken und Worte gleichzeitig in ihrem Kopf zu behalten? Und dann noch die eigenen?
Und dann wurden sie auch alle lauter, weil sie dachten, dass man sie besser verstehen würde.
Funktionierte nicht. Sie wurden nur lauter und alle wurden mit lauter und man verstand nichts und es war einfach laut. Und es waren so viele. Wo kamen so viele Menschen her? Wo wohnten die alle? Gab es überhaupt so viele Höhlen auf der Welt? Oder genug Wälder, die sie erkunden könnten?

Hoffentlich war Berk bald fertig aufgebaut. Dann könnten wir die ganzen Holzhöhlen wieder abbauen und die Menschen gingen auf ihre eigenen Inseln zurück und die Drachenreiter hatten ihr Berk wieder für sich.
Und mich. Für sich und für mich.

Häuser! So nannten sie die Holzhöhlen! Als wären das die Wohnungen von Schnecken. Das war unlogisch. Keiner von ihnen trug es auf dem Rücken mit sich rum und außerdem waren die Holzdinger nicht schnörkelig. Aber bunt. Manche. Waren es deshalb Häuser?

Aber bei den Schnecken wohnte nur eine in einem Haus.
Aber die hier auf Berk waren auch nur provisorisch. Und wenn alle wieder weg waren, zeigten die Reiter mir bestimmt ihre Höhlen. Die würden bei so vielen Menschen aber auch sehr voll sein.
Wohnten bei Schnecken auch übergangsweise mehrere in einem Haus?
Passten da überhaupt mehrere rein?

„Wilfriede? Ist alles gut?"

Das war... nicht Gudrun. Aber sie hieß so ähnlich. Und sie hatte sich von ihrer Erkältung erholt.
Nicht-Gudrun war freundlich, kam aber von einer anderen Insel. Obwohl sie auf einem Drachen ritt. Aber das taten hier die allermeisten. Sogar die Kinder, und mir hatte Wilfried immer gesagt, dass es gefährlich wäre.

„Wilfriede?"

Blöde Schnecken. Sollten sie halt allein in ihren Häusern wohnen. Dann kamen sie eben nicht in meine Sammlung.

„Willst du mit zu Gothi kommen?"

Gothi. Hatte ich schon gehört. Das war... jemand. Jemand, der ein Mensch war und einen Namen trug. Und ein Gesicht hatte. Und bei dem ich wahrscheinlich schon öfter gewesen war.

„Komm, lass uns gehen. Da vorne lang."

Nicht-Heidrun stand vom Mittagstisch auf und deutete durch die große Esshöhle, die niemand Esshöhle nannte, was total wenig Sinn ergab, weil es eben eine Esshöhle war, zu der Tür, die offen stand und Sonnenlicht hereinließ. Und noch mehr Menschen.
Heidrun. Nicht-nicht-Heidrun. Sie hieß Heidrun!

„Heidrun!"

„Ja?"

Sie sah zu mir hoch, die Augenbrauen zusammengezogen.

„Was ist?"

„Du heißt Heidrun!"

„Ja, ich... tue ich. Richtig."

„Nicht-Gudrun ist Heidrun. Und Nicht-Hinkebein mit Hinkebein ist Hicks. Astrid. Die Zwillinge. Warum heißen die eigentlich beide die Zwillinge? Woher wisst ihr dann, wer von beiden gemeint ist? Und dann der mit der Nase und der mit den vielen Beinen. Gehen wir den jetzt besuchen?"

Sie atmete tief durch.
„Ja.", sagte sie und vergaß dabei völlig, dass alle immer lauter werden mussten, je mehr Menschen anwesend waren.

„Dann muss ich vorher in den Wald. Schnecken holen, damit er mit ihnen spielen kann. Ist bestimmt langweilig, den ganzen Tag im Bett zu liegen. Und die Nacht auch noch."

„Ich glaube, er hat noch die Schnecken vom letzten Mal."

„Das waren aber nicht viele. Wenn sie sich ausruhen, hat er nichts mehr."

„Dann sind da noch die vom vorletzten Mal."

„Aber wenn die müde werden?"

„Die von davor."

„Aber wenn-"

„Wir können ihm ein Buch mitbringen. Er liest gerne."

„Aber du hast ihm schon letztes Mal Bücher mitgebracht."

„Die hat er bestimmt schon durchgelesen."

„Aber du hast ihm auch davor schon Bücher mitgebracht und Bücher werden nicht müde und müssen sich nicht ausruhen. Also braucht er nicht so viele Bücher."

Jetzt sagte sie nichts mehr, zog mich aber hinter sich durch die Tür und die Treppen herunter. Dann seufzte sie.

„Wenn du das so sagst, hast du recht."

„Also gehen wir in den Wald?"

„Ich, ähm... Weißt du, ich glaube, er hat wirklich genug Schnecken. Er mag sie nicht so sehr."

„Jeder mag Schnecken."

„Nicht wirklich."

„Aber ich mag Schnecken und Wilfried mag Schnecken. Jeder mag Schnecken."

Sie seufzte wieder. Beim Essen waren alle laut und draußen seufzten alle. Warum?

„Das ist so ähnlich wie beim Tee.", sagte sie.

Ach so. Beim Tee verhielt es sich folgendermaßen:
„Manche mögen es, andere nicht, aber ich kannte bisher nur Menschen, die es mögen."

„Genau.", lächelte sie. Gerade hatte sie noch geseufzt. Konnte sie sich nicht entscheiden, ob sie glücklich oder traurig war?
Nicht-Gudrun hatte einfach ein großes Herz, in das ganz viele Gefühle gleichzeitig hineinpassten. Meins konnte das früher auch, aber jetzt hatte es so viel mit Meinungen und Stimmen zu tun, dass ihm der Platz ausging.

Ich runzelte die Stirn. Das war ein lustiges Gefühl, so als würde das Gesicht mitsprechen. Es war sowieso lustig, das Gesicht mitreden zu lassen. Bei Hicks sprach es manchmal sogar deutlicher als seine Stimme.
„Stattdessen mögen manche diesen ekligen, brennenden Suff auf Fässern. Schmeckt man überhaupt noch was, wenn man das getrunken hat?"

Und jetzt lachte sie.
Menschen waren seltsam.


Der Weg wurde jedesmal kürzer, wenn wir ihn gingen. Das war auch unlogisch, denn die Anzahl der Treppenstufen hatte sich nicht verändert. Aber die Menschen unten wurden lauter und die Stimmen der Vögel leiser. Wir kamen jedesmal ein Stück weiter, bis es endlich ruhig wurde und deshalb war der restliche, stille Weg kürzer. Zum Glück war es bei Gotha immer relativ leise.

„Gothi? Ich habe dir etwas Weidenrinde mitgebracht."

Nicht-Gertrud klopfte an die Tür der Holzhöhle, die jemand auf den Gipfel gebaut hatte. Dabei wäre es viel sicherer, wenn man sie einfach in den Berg gehauen hätte. Dafür waren Berge da.
Vielleicht war der, der sie gebaut hatte, nicht besonders schlau gewesen.
Oder Gabi wollte so weit wie möglich über dem Dorf wohnen, weil es weiter oben einfach schöner war.

Die Tür ging auf und die alte Frau stand vor uns. Ich stieß mir wie immer den Kopf an ihrem Türrahmen. Holzhütten waren extrem unpraktisch. Viel zu klein und zu instabil. Die gingen ständig kaputt und ständig bauten sie sie wieder neu auf.
Aber zum Glück müsste bald alles fertig sein, dann gingen die ganzen Menschen wieder und die Holzhütten waren nicht mehr nötig. Nur schade um die schönen Muster und Figuren.

Gothi konnte wirklich gut schreiben und ich konnte wirklich nicht gut lesen, was sie da schrieb.

„Neinnein, ich habe mit ihr gesprochen. Sie hat keine Schnecken dabei."

Die Alte mit dem Stock und den langen grauen Zöpfen sah erst Heidrun an, dann mich und die Falten in ihrem Gesicht vermehrten sich plötzlich.

„Keine Schnecken für den Patienten, Frau Heilerin.", erklärte ich feierlich und klatschte mit ihrem Stock ab.
Deshalb hatte sie ihn doch hochgehoben. Damit ich abklatschen konnte.
Warum sah sie jetzt verwirrt aus? Und grummelig?
Und warum fand Heidrun das lustig?

Gothilde schüttelte den Kopf und malte wieder etwas in den Sand. Heidrun las und übersetzte:

„Wenn ich noch ein einziges Mal erlebe, wie du Schnecken herbringst, wirst du die nächsten Wochen über im ganzen Archipel Kräuter sammeln. Meine Vorräte neigen sich dem Ende zu und deine schleimigen Spielzeuge schlagen sich damit den Magen voll."

„Naja, die Schnecken müssen auch gesund bleiben. Also brauchen sie auch- Au!"

Der Stock war böse. Jetzt brauchte ich auch





Ich lag entweder auf dem echten Boden oder auf dem falschen Boden, den sie hier Bett nannten. Dabei war das kein Bett, das war ein Stück Holzboden auf Stöcken. Ein falscher Boden zum drauf Schlafen.

Schnecken! Da lagen ganz viele bunte Schneckenhäuser! Die sahen fast so aus wie die, die ich Fischfuß mitgebracht hatte. Fast genauso. Sehr ähnlich.
Das eine hatte sogar den kleinen Kratzer. Wie die, die mir aus Versehen auf einen Stein gefallen war.

„Dann nenne ich dich Holzraser zwei, dich Steingrau zwei und dich Streifen zwei. Du bist Rosaroter Ziegel zwei und du bist kleines weißes Wölkchen zwei. Weil ihr fast so ausseht wie die echten, aber die zweiten seid, versteht ihr?"

Sie hatten es verstanden, denn sie nickten nicht und Wilfried hatte gesagt, dass Schnecken nicht nicken, wenn sie etwas verstehen. Das taten nur Menschen und Drachen. Wann Schnecken dann wohl nickten?
Aber das war eigentlich nicht wichtig, denn jetzt hatten sie nicht genickt und damit genau verstanden, was ich gesagt hatte.

„Du bist wieder wach?"

Rosaroter Ziegel zwei hatte tatsächlich mit mir gesprochen! Wenn ich das Wilfried erzählte-

Aber ich war auf Berk. Und er nicht.
Und Rosaroter Ziegel zwei hatte nichtmal den Kopf herausgestreckt.

„Wilfriede?"
Die Bretter der öden Holzhöhle knarrten bei jedem Schritt. Aber ich wollte nicht wissen, wer tatsächlich gesprochen hatte und auf mich zukam. Auch, wenn er wenigstens leise sprach.

„Bist du wieder eingeschlafen?"

„Nei-hen, bin ich nicht!", verteidigte ich mich und setzte mich mit verschränkten Armen auf. Versuch das mal, wenn du schläfst!

Nicht-Astrid mit den schwarzen Haaren blieb stehen.

„Tut dir noch der Kopf weh?"

Ich schüttelte ihn energisch, sodass meine Haare flogen. Ganz wild flogen. Wie Blätter im Herbst. Okay, ein bisschen tat er schon weh. Aber dann würde Gilde mir nur wieder so ein seltsames, ekliges Zeug geben. Keinen Tee. Und das Zeug wollte ich nicht. Außerdem hieß sie gar nicht Gilde. Konnten die nicht alle einen einfacheren Namen haben? Und warum so viele verschiedene?

Heidrun lächelte.

„Wie wär's dann, wenn du mit zu Fischbein kommst? Er freut sich darauf, dich zu sehen."

„Muss ich wieder vorlesen?"

„Nein.", sagte sie. Das Lächeln wurde noch breiter. „Gothi muss sich gerade um andere Sachen kümmern."

„Warum kann sie eigentlich schreiben, aber nicht lesen? Warum schreibt sie Sachen, die man nicht lesen kann? Warum kannst du das lesen? Und warum liest du ihr das dann nicht vor?"

„Das erkläre ich dir ein andermal, ok?"

„Hmpf."

Ich verschränkte die Arme andersherum.
„Ich hätte ihr Selmas Buch nie zeigen sollen."

„Doch, natürlich." Nicht-Gudrun kam wieder auf mich zu und setzte sich auf den falschen Boden, der nicht nur nicht echt, aber echt hart, sondern auch viel zu kurz für mich war.
„Einige der Heilmittel haben den Leuten von Berk geholfen. Ihnen geht es jetzt besser, weil du ihr das Buch gezeigt hast."

„Aber Hicks' Gesicht hat sie trotzdem nicht heile machen können."

Die, die keine Schnecken mochte, ballte ihre Hände zu Fäusten.
„Es kann nicht alles geheilt werden.", sagte sie und legte mir die Hand auf die Schulter. Das war in etwa so, als würde sie sich auf den Kopf fassen.
Noch etwas, was hier seltsam war: Die vielen Menschen waren recht klein. Das war ja nicht schlimm, aber wirklich alle waren kleiner als ich. Und manchmal flüsterten sie seltsame Worte, die ich nicht kannte. Wenn jemand von den Drachenreitern das mitbekam, wurde derjenige ziemlich wütend. Aber warum war jemand so blöd und beleidigte die Drachenreiter? Sonst schien doch jeder sie zu mögen.

Also meinten sie nicht die Drachenreiter, sondern mich. Musste doch so sein.

Niemand sah so aus wie ich. Oder so ähnlich wie ich. Niemand konnte so lesen wie ich und niemand schrieb so wie ich. Sie mochten keine Schnecken und kochten keinen Haferbrei. Es gab keine Bretter für den Abwasch. Niemand schlief in einer Höhle. Niemand sang Lieder, die ich kannte. Niemand machte mir den Tee oder erzählte Geschichten von Kriemhild. Stattdessen redeten sie über diese Götter. Von denen hatte ich auch schon gehört. Aber sie redeten wirklich ständig davon.

Und auch die Drachenreiter waren nicht immer da. Sie mussten andere Dinge machen, aber sie kümmerten sich trotzdem um mich. Und der Schmied war auch sehr nett. Ich durfte ihm oft helfen, obwohl ich ständig irgendwas umriss. Er lachte dann und meinte, dass er sich gleich zehn Jahre jünger fühle, weil nicht-Hinkebein-mit-dem-Hinkebein Hicks früher auch alles kaputt gemacht hatte.

Und wenn irgendwo ein Dach gebaut wurde, durfte ich auch helfen. Immerhin kam ich als einzige ohne Leiter an höhere Stellen.
Aber auf eine Leiter durfte ich nicht. Das war den Drachenreitern nach ein paar Tagen zu gefährlich erschienen, dabei waren Leitern nicht gefährlich. Sie hatten nichtmal Zähne.

„Wollen wir zu Fischbein gehen?"

Ach ja, stimmt. Deshalb waren wir eigentlich hier.
Ich nickte.












Siebzehn. Siebzehn Striche hatte ich schon an die Holzwand gemalt. Einen für jeden Morgen, von dem ich den Vögeln in den Bergen erzählen musste, weil ich ihn nicht bei ihnen verbracht hatte.

Aber das Gebirge war leer gewesen, deshalb war ich gegangen. Die Höhlen hatten geschwiegen und das Überraschungsgerät baute sich nicht weiter.
Die Steine hatten keine Geschichten erzählen wollen, die Wolken waren einfach weitergezogen. Sie hatten die Drachen zurückgebracht, aber es waren nicht so viele gewesen, wie losgeflogen waren. Ich hatte den Abwasch gemacht. Immer.
Doch Wilfried war nicht aufgestanden. Er war auch nicht einige Nächte später zusammen mit den Reitern angekommen.
Konnte er gar nicht, Keyun war schließlich gemeinsam mit den anderen Gründlingen aufgetaucht.

Ihm musste ich auch von den ganzen Tagen hier erzählen. Er wusste bestimmt nicht, dass es so viele Menschen gab! Dass die Welt so groß war! Es war ein Wunder, dass all diese Menschen auf dieser Insel hierher gefunden hatten, bei so viel Platz und so vielen Wegen!
Und die Schmiede! Oh, Wilfried würde sie lieben. Dann würde er die ganze Zeit an irgendwas bauen und ich konnte mich um die Schießübungen drücken! Oder noch besser, heimlich üben, bis ich besser mit der Steinschleuder umgehen konnte als er!

Am besten fing ich gleich an. Zack und- wo war denn meine Schleuder hin?

Nicht unterm Bett, das diesen Namen gar nicht verdient hatte. Nicht auf dem Tisch und auch nicht bei dem Loch in der Wand, das ein Fenster war. Fenster waren toll. Sowas sollte es ihn Höhlen auch geben.
Allerdings hatte es keine Ahnung, wo die Schleuder war. Neben der Tür auch nicht. Wenn ich eine Steinschleuder wäre, wo würde ich mich hinlegen? Hmmmmmm... Ach, da!
Ganz weit oben auf dem Regal in der Ecke, als hätte sie etwas verbrochen.

Weich nachgedacht...
Das klang komisch. Scharf nachgedacht allerdings auch, trotzdem benutzten die Menschen es manchmal. Warum nur? Scharf nachdenken tat doch weh, denn scharfe Sachen taten einem nunmal weh. Außerdem dachte man im Kopf nach und da wollte ich wirklich nichts Scharfes haben. Mir reichten schon diese Betten. Wobei die Kissen schön weich waren. Mit Wolle gefüttert! Und natürlich auch mit Stroh. Sonst wäre es wahrscheinlich so weich, dass man doch auf dem harten Brett lag.

Vielleicht war das das Problem. Wenn ich weich nachdachte, waren die Gedanken zu nachgiebig und ich konnte sie nicht festhalten.

Mittelweich nachgedacht.
Das war es. Klang gut.

Mittelweich nachgedacht. Warum hatte ich die Schleuder da oben hingelegt?

Weil ich die Hühner verscheucht hatte? Oder wegen der Sache mit den Schafen? Ach ja, und dann war da noch dieser Vorfall auf der Yakweide gewesen... dabei hatte ich die Schleuder gar nicht benutzt.

Oh.

Sie lag dort, weil sie mir wehtat. Sie tat mir in der Brust weh, wenn ich sie hielt. Schnell packte ich sie zurück. Nicht schnell genug, um den Erinnerungen zu entkommen.

Er war einfach umgekippt. Einfach so. Er hatte zu mir gesehen und dann war er umgekippt. Der Mann hinter ihm hatte ihn besiegt. Ich hatte ihn abgelenkt.
Der andere war auch umgefallen. Es hatte geknallt und ich... ich hatte getroffen.

Danach waren wir hoch über den Wolken gewesen. Kaida hatte mich nach Hause gebracht. Nur mich. So, wie sie nur mich nach Berk gebracht hatte.
Alles war anders. Die Welt war groß, schön groß, mit vielen kleinen Menschen. Nur ich war für die Welt zu klein und für die Menschen zu groß.

Aber genau richtig groß für den Sattel und die Luft.
Der Himmel war noch derselbe.






Ich lief nur dreimal an der Schmiede vorbei, bis ich den Stall gefunden hatte. Es roch nach Holz, Fisch und Drachen, Brummen und Schnauben erfüllte die Luft, Bretter knarrten, Krallen klapperten und irgendwo schnatterten Schreckliche Schnecken.
Hier war es toll. Die Fackeln warfen Schatten an die Wände, wo sie sich gegenseitig Geschichten erzählten. Drachen redeten nicht so viel und tranken keine scharfen Getränke aus Hörnern. Sie waren nicht so merkwürdig wie Menschen.

Kaida schlief meistens ziemlich weit hinten in einer hohen Ecke, wo sie sich zu einer Spirale zusammenrollte und auf den Sattel sabberte. Kuyen hing neben ihr auf einem Balken, auch zusammengerollt, aber er lugte links und rechts über den Holzstamm hinaus. Das lud regelrecht dazu ein, ihn von unten zu kitzeln.
Vor Schreck verlor er das Gleichgewicht, fiel vom Balken und- ohoh. Genau auf mich rauf. Wir knallten in den Gang, rollten zappelnd ein Stück weit und eigentlich war es ganz lustig, über den Boden zu rollen. Tat nur etwas an den Schultern weh.
Sah Kuyen anders. Er fauchte und versuchte, seinen Schuppenkamm aus meinen Haaren zu befreien.

„Au, ist ja gut! Ich mach das schon, warte! Warte, hab ich gesagt! Autsch, du! Sei nicht so ungeduldig!"
Meine Haare wollten aber auch nicht so recht nachgeben. Tja, da hatten sie die Rechnung ohne mich gemacht! Ich hatte genug Kämme zerbrochen und aus meinen Locken befreit, da hielten mich ein paar Drachenzacken auch nicht auf!

Und tadaaaa!
„Siehst du! Ich hab's geschafft! Wie ich's gesagt habe! Ich hatte recht, ätsch!"

Ich streckte ihm die Zunge heraus. Recht geschehen! Da konnte er so viel brummeln, wie er wollte! Und er wollte wirklich eine ganze Menge brummeln. Gut, dann brummelte ich zurück.

„Grrrrr-brrrrrmmmmmm!", hielt ich ihm entgegen, setzte mich auf und stemmte die Hände in die Hüfte. Da sollte er erstmal gegen ankommen!

Kuyen schüttelte seinen dunklen Kopf, schnaubte verwirrt und grollte. Dabei streckte er den Hals wie eine Schlange.

Das konnte ich auch.
„Brrr-brrrrrrrummm! Schrrrrschrrrschrr!"
Hah, und ich konnte sogar mit den Armen wackeln!

Er grummelte lauter und ließ die gespreizten Flügel tanzen. Das war schwierig. Ich hatte keine Flügel... Aber ich konnte schielen!

Und er konnte mit seinem Schweif peitschen.

Ich konnte ganz wild hopsen!

Ok, er auch.
„Nachmacher! Nachmacher! Nachmacher!", krähte ich und hopste zu ihm hin. Kuyen hopste weg. He, das wurde eine Hops-Jagd! Und was für eine! Wir hopsten quer durch den Flur, schlugen versehentlich mehrfach mit Flügeln und Händen gegen die Wände, jagten die Schrecklichen Schrecken auf, ignorierten ihr Schimpfen und hopsten weiter, über den Eimer mit frischem Fisch, am offenen Tor vorbei, wieder zu Kaida, die nicht mehr auf den Sattel sabberte, sondern ihren Bruder nachahmte und mit gestreckten Flügeln mir hinterherhopste, eine neue Runde durch den Stall, vorbei an den Fackeln, wieder über den nun halb leeren Eimer mit Fisch, um den Todsinger herum, wieder am Tor vorbei, nochmal mitten durch die Schrecklichen Schrecken, ein weiteres Mal über den Eimer, über den sich plötzlich jemand beugte und- uh-oh.
Kuyen zog die Hackenbremse, ich landete auf seiner Rückseite und Kaida bremste wiederum an meinem Rücken.
Hehe. Drachenstapel mit Mensch in der Mitte.

Allerdings war Kaida ziemlich schwer. Ein Wunder, dass der Himmel sie tragen konnte, wenn wir folgen.
Andererseits trug der auch Wolkenschlösser und die Sonne.
Aber ich war nicht der Himmel und auch kein Drachenkissen.

„Uff, Kaida, du bist schwer!"

Sie brummte und- „Iiiiiih! Igitt, lass das! Iih! Kaida!"
Nichts da, sie schlabberte mir trotzdem den Nacken ab. Als Entschuldigung. So machte sie das immer und es war immer eklig.

„Kaida! Aus! Pfui! Das ist eklig! Hör auf, stopp! Igittigitt! Du bist doch erzogen! Maaaaan, Kaida!"
Sie hatte schon wieder vergessen, dass ich sie erzogen hatte. Das tat sie ständig.
Immerhin hielt sie ihre Entschuldigung für gelungen und hörte auf. Na endlich.
Ich ließ mich seitlich von Kuyen runterrollplumpsen, denn nach dem ganzen Hopsen taten die Beine weh. Jetzt lagen wir ja doch wieder auf dem Boden.

Ein Schatten fiel auf mein Gesicht.

„Oh, hallo Astrid."

„Hallo Wilfriede.", antwortete der Schatten. „Hast du dir wehgetan?"

„Nö. Geht's dem Eimer gut?"

Astrid reichte mir ihre Hand- die gesunde. Der Arm heilte zwar, ließ sich dafür aber ziemlich Zeit.
Ich ergriff sie und sie half mir auf, sodass ich den Staub von meinem Hemd klopfen konnte.
Dem Eimer ging es nicht wirklich gut. Armer Eimer. Er war unter Kuyens Tatze geraten und hatte eine neue, nicht sehr zweckmäßige Form angenommen. Mit vielen Splittern.

„Ich kann einen neuen bauen.", schlug ich vor. Das hatte ich lange nicht mehr gemacht.

„Nicht nötig. Wir haben noch eine ganze Menge davon."

Astrids Stimme sprach von einem kleinen Lächeln, doch jeden Tag wurde ihr Mund schwacher und bekam die Winkel nicht mehr so hoch. Mit Ausnahme der Abende, an denen sie lächelnd in den Himmel starrte. Nur hatte ich weder den Mond noch die Sterne je zurücklächeln sehen.

Sie sammelte die Fische zusammen, die sich der Todsinger in der Zwischenzeit noch nicht einverleibt hatte. Es waren genau zwei. Flinker großer Drache.
Ich beugte mich über den kaputten Eimer, schob die Bruchstücke zusammen, ehe noch ein Drache drauftrat und nichts als Holzmehl blieb. Das ließ sich ziemlich schlecht wegräumen.

„Habt ihr einen Ausflug gemacht?", fragte Astrid und warf dem bunten Drachen auch die beiden letzten Bissen zu. Für einen Drachen war ein ganzer Fisch schließlich nicht viel mehr als das.

„Nee, ich wollte erst noch einen machen. Also habe ich Kuyen geweckt, der ist auf mich raufgefallen, meine Haare haben sich in seinen Stacheln verheddert, wir haben uns geärgert, sind durch den Stall gehopst und haben gerade eben eine neue Bremstechnik ausprobiert, die wir offenbar noch verfeinern müssen."

Sie schnaubte belustigt und ich grinste. Das war besser als die vielen Menschen in der großen Halle.
Große Halle! Ja, genau so nannten sie das Ding im Berg!
Das hier war sogar besser als die Besuche bei der Heilerin. Ein bisschen mehr wie zu Hause. Wir hatten die Drachen und ich hatte einen Menschen, den ich angrinsen konnte. Der nicht wütend aufschrie, wenn etwas kaputtging. Dinge gingen eben kaputt. Deshalb gab es Werkzeug. Würde nichts kaputt gehen, bräuchte man nicht so viel Werkzeug.

Dann war der Moment vorbei. Astrid betrachtete den Todsinger mit schief gelegtem Kopf, drehte sich um, klopfte mir auf die Schulter und schlüpfte mit einem „Viel Spaß euch dreien!" durch das Tor.

Ich hatte noch nie gesehen, dass sie den Todsinger gesattelt hatte. Manchmal streichelte sie ihn. Sie kam jeden Tag, um ihn zu füttern, ließ ihn tagsüber raus und richtete ihm Abends eine Schlafstelle her. Im Stall. Die anderen Reiter hatten ihre Drachen in ihren Holzhöhlen.
Astrid hatte nichtmal eine Figur des Todsingers über ihrer Eingangstür. Dort saß ein Nadder, der neugierig auf alle Besucher herabsah. Immerhin stimmten die Farben.

Der Todsinger sah ihr hinterher. Er hätte gern mit ihr gekuschelt und würde garantiert Freudenschleifen fliegen, wenn er mal mit ihr einen Ausritt machen könnte. Die Reiter trainierten ihn schon, so, wie sie mir Dinge zeigten. Jeder ein bisschen, aber keiner ganz und keiner gar nicht.

„Na du, komm her."
Sofort kam er an und ließ sich die Stirn kraulen.
„Ich würde dich ja gern mitnehmen, wirklich. Aber ich habe Kaida versprochen, dass wir mal über ein paar andere Inseln fliegen und nach einem Slalomwald suchen. Außerdem lässt du niemanden außer Astrid auf dir reiten, stimmt's?"

Er brummelte zufrieden und schmiegte sich an meine Hände. Herrje, hatte der einen schweren Kopf!

„Ganz genau. So, Großer, jetzt muss ich aber wirklich Kaida satteln!"




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3928 Wörter

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