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(38) Tiefe Wasser


Hicks

Wind fuhr unter die Nähte meiner Rüstung, riss mir an den Haaren und ließ mich frösteln. Tränen brannten in meinen Augen. Das Wetter fuhr tausend spitze Krallen aus, die uns weiterzerrten, vorwärtsstießen, Ausläufer der Ungeduld, dann wieder eine Barriere aus Böen, verdichteter Himmel, wir kämpften uns durch zähe Luftmassen.
Die Zeit schubste uns dorthin, wo sie uns gerade haben wollte. Und wir gehorchten, glichen die Schlagfrequenz ihrem Puls an, ließen uns von unsichtbaren Schnüren leiten, schwangen im allgegenwärtigen Reigen mit.

Salzwasserstaub von den Zacken des Überwilden brannte im Schnitt an meinem Ohr, sein Bild in meinen Gedanken. Schleichend war es in die Gegenwart gesengt worden, die Schneeflocken hatten sich flüsternd an mein Herz gelegt, hüllten es in kalte Angst.

Der Todsinger, ein ehemaliger Alpha- was war Sungirds nächster Trumpf? Blauer Oleander, giftige Gase und Schiffsattrappen hatte er bereits enthüllt. Vielleicht mochte das genügen, um uns zu schlagen. Vielleicht gab es keinen Grund, mehr aufzubieten, als unbedingt nötig war. Vielleicht vertraute er auf das, was uns seit Stunden verfolgte, vielleicht waren unsere Chancen so gering, dass sich die Mühe nicht lohnte.
So hatte Drago gehandelt.
Doch Sungird führte diesen Krieg schon länger. Es ging ihm nicht primär darum, uns zu unterdrücken. Dafür hatte er ausreichend Gelegenheit, wenn das Drachenfeuer verloschen war.
Das konnte nicht alles gewesen sein. Man gewann keine Kriege, indem man alles auf eine Karte setzte.
Er gewann so nicht. Das konnte ich bereits garantieren, obwohl ich sonst fast nichts über ihn wusste.

Sungird hielt eine Hinterhand in seiner Hinterhand. Und ein Ass in jeder Falte seiner Ärmel.
Er wusste, was er wollte. Wer ihm in den Weg trat, endete mit einem Pfeil im Gedärm und einem Nagel in der Stirn.

Die Frage war nicht, ob etwas auf uns wartete, sondern wann es zuschlagen würde.

Greifende Gründlinge webten einen Schwarm, nahmen uns in die Mitte. Ihre Flügel schirmten den aufkeimenden Sturm etwas ab, endlich lösten sich die Böen kaum noch zu Tränen auf, sobald sie meine Augen trafen. Ich hob die Lider ein Stück höher.
Sechs, sieben Gründlinge. Rot, grün, gelb. Eine weitere Gruppe stieß dazu, darunter blaue und violette. Blutige Striemen bildeten glänzende Muster über der Zeichnung ihrer Schuppen. Das Schicksal führte sie in dieselbe Richtung wie uns, demselben unbekannten Ziel entgegen.
Schicksal. Gestern hätte ich darüber gelacht.

Die nächste Böe lenkte uns im weiten Bogen nach rechts, Seile schliffen haltlos über Flügelspitzen, flatterten ins Meer. Jäger schimpften, als ihre Pfeile sich dazugesellten. Ohnezahn widmete ihnen nichtmal ein Ohrzucken.
Wie viele Schüsse hatten sich regeneriert? Reichten sie, um zu bezwingen, was uns erwartete?
Hoffentlich.

Noch immer keine Spur von den anderen. Das war nicht gut. Sie müssten herumfliegen und Segel in Brand stecken, doch da waren nur reiterlose Drachen und drachenlose Jäger, deren Gesichter wie Nebelbänke über dem Meer hingen, nah und fern zugleich, vorhanden, aber ungreifbar.

Und wenn sie- aber auch in den roten Wellen konnte ich meine Freunde nicht ausmachen. Egal, wie sehr ich versuchte, die Kruste aus leblosen Gesichtern aufzutrennen, meine Augen dazu zwang, einzelne Züge herauszuformen, keines wollte mir bekannt vorkommen.
Nicht, dass mich das irgendwie beruhigen würde. So viele, es waren so viele. Zu viele, obgleich sie nicht lang oben trieben. Zu viele, um sie nicht automatisch überall sehen zu glauben. Dümpelnde Pfeile wurden zu Haaren, Schaumblasen mimten einen Drachenkopf, immer wieder schwappte Wasser über vermeintliche Glieder und enthüllte nichts als Holz. Schatten und Wind bastelten beständig neue Illusionen, nährten den Trug und ließen meine Lungen schneller pumpen, den Atem flacher werden, schaukelten die Welt stärker auf. Sie züchteten Panik.

Ich wollte mir nicht vorstellen, einen von ihnen dort treiben zu sehen. Rotzbakke blutend auf einem Schiff zu finden, Fischbein aus einem Netz zu schneiden, Astrid-
Nein. Daran durfte ich nicht denken.
Zu spät. Die Pforte war geöffnet worden und nun kannte meine Fantasie keine Grenzen mehr. Da, das war Heidrun, ihr Gesicht kalkweiß und die Haare klebrig von der Lache unter ihrem Körper. Daneben-Brennende Planken, ein zweigeteilter, grüner Schweif lugte aus dem Rauch. War das dahinter nicht- Astrids Zopf hatte sich gelöst, das Licht in ihren Augen war endgültig verglüht. Ein Stück weiter Fischbein und Fleischklops, die einer Harpune auswichen und zwischen zwei Felsbrocken gerieten. Wieder Astrid, die Finger schlaff über dem Axtgriff. Moira und Nachtblitz, wie sie auf Sungird zuhielten, ein grauenvolles Knacken, als die Maske zerbrach. Sie fielen, jeder von ihnen. Wilfried und Wilfriede, zusammengeschlagen zwischen unbeweglichen Gründlingen.
Blasse Wangen, trübe Augen.

Ein Knall. Brüllen, laut und leidend.

Kopfschütteln.
Einbildungen. Das waren nur Einbildungen. Nichts Reales. Ich würde sie wieder nach Hause bringen, sie alle.

Die Unruhe blieb, wetzte mir durch die Adern bis in die Zehenspitzen, ebbte ab, wallte auf. Midgard schwankte weiter, der Schwindel kehrte zurück, langsam und schleichend und ich hätte mir am liebsten kräftig gegen den Kopf geschlagen, doch eine Beule würde uns wahrscheinlich nicht weiterhelfen. Daher beließ ich es bei einem Stöhnen, das hoffentlich jedem amtierenden Gott mitteilte, wie ramponiert mein Knotenknäul von Geduldsfaden inzwischen war.
Ohnezahn schnaubte als Antwort, sein Kopf zuckte gerade weit genug herum, um Blickkontakt aufnehmen zu können.
Schmale Pupillen, seine Muskeln spannten sich an.
Das war keine gewöhnliche Unruhe. Hier geschah gleich etwas.

Blickkontakt lösen, meine Augen huschten wieder zum- grüner Flügel. Ein Gründling war in mein Blickfeld geflogen, verdeckte das Meer und all den Schrecken, über den es leckte.
Aber was, wenn doch einer von ihnen dort trieb? Wenn wir ihn nur rechtzeitig herausziehen mussten, ehe er unterging? Wenn er noch zu retten war?
Und wenn nicht, sollten wir sie nicht... nicht... bergen?

Nein, flüsterte die Logik. Nicht, ehe dieser Kampf beendet war. Ich wusste es, wusste, dass es keine Alternative gab. Hier noch weniger als bei Sturmpfeil.
Wir konnten uns nicht um die Toten kümmern und gleichzeitig für die Lebenden kämpfen. So sehr ich mich dagegen sträuben wollte.
Das Stechen in meinem Herzen rührte nicht von der Angst.

Ich. Würde. Sie. Nach. Hause. Bringen.
Jeden.
Dafür war ich ihr Anführer.

Woher kamen diese Gedanken überhaupt? Warum heute? Wo waren sie in den vergangenen Schlachten gewesen? Und warum waren sie nicht gleich dort geblieben?!

Ich biss die Zähne zusammen. Das brachte doch alles nichts. Die Zeit zum Grübeln war vorbei, ich musste mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Hatte ich das nicht schon vorhin beschlossen?

Die nagenden Fragen verschwanden im Wind, als hätte ich ihren Anker gelöst. Spurlos davongeschwebt, nur das Brodeln in meinen Muskeln hielt sich, bereitete mich auf etwas vor, dessen Eintreffen nicht mehr als eine drängende Vorahnung war.

Der Vulkan donnerte, sein allgegenwärtiges Dröhnen peitschte zu neuen Extremen empor. Keine Frage, bald gab die Kuppe nach. Erste Sturmböen rissen bereits an den Qualmsäulen, graue Striche jagten über den Himmel, zerfetzten, ehe man ihre Botschaft deuten konnte, reihten sich zu neuen Bildern und wurden sofort wieder zersprengt.
Glühende Linien spannten sich über und durch Gestein wie Wurzelwerk. Dicke Stränge folgten ihren Pfaden, hauchfeine Linien schlängelten kreuz und quer zwischen ihnen, Trampelpfade neben Handelsstraßen.
Schlanke Bänder verwoben sich mit breiten Borten, das Geflecht legte sich gleich einer Krone um den Krater. Um das, was der Krater sein musste, wenn der Wind nicht wahre Massen an Staub und Schlack zu einem festen Vorhang knüpfen würde.

Staub?

Ja, doch, das musste- Oh, bei Odin!
Das war nicht gut, gar nicht gut. Staub, ja, aber nicht in den üblichen leichten Mengen, im Gegenteil. Eine mächtige, graue Masse schleuderte in den Himmel, wuchs und wuchs und wuchs, ohne Ende. Wolkensäule, Luftfelsen. Höher, als ich jemals geflogen war. Sturmklauen zerpflückten es, schlugen die fleischigen Bauchungen breit, schmetterten die Einzelteile dicht an dicht aneinander, dichter, stopften Lücken, flickten und steppten Gewitterwolken, groß genug, um den Horizont abzudecken.

Die Ahnen stehen uns bei.

Die- die Ahnen? Ach, meinetwegen. Und die Götter. Wir würden sie alle brauchen.

Wo war der Eruptodon? Hatte ihn die Wolke verschluckt? Verdammt, das durfte nicht sein!

„Ohnezahn, wir-"

Wir was?
Müssen zur Kuppe? Müssen nach ihm suchen? Und nach Astrid? Nach Fischbein und Moira? Nach ihnen allen?
Nein. Das ging nicht. Wir wurden hier gebraucht.
Erwartet.
Bald. Sehr bald.

Augenblick, wenn ich den Vulkan im Ganzen sehen konnte- wo waren die Gründlinge hin?

Abgetaucht. In einer bunten Spirale drehten sie nach unten, verschmolzen mit dem Getümmel. Ein Streif aus Farben über dem blutig silberbraunen Abgrund. Wir folgten, ließen Schwarz das Bunt beenden wie die Nacht das Dämmerungsspektakel.

Keine Landung, weshalb auch? Das war nicht unser Ziel. Überfüllte Planken, Menschen und Drachen, Handgemenge. Nur selten klebten weiße Weben an Holz und Kleidung, die zackigen Schweife der Qualmdrachen zeichneten sich nur in Einzelfällen vor leuchtend roten, gelben, grünen Schuppen ab.
Hier war der Bereich der Gründlinge.

Klirren, ein Schwert, nun nicht mehr in der Hand seines Besitzers. Er nutzte beide in dem Versuch, den ihn umschlingenden Körper wegzudrücken. Erfolglos. Der Gründling legte eine letzte Schlaufe, zog sich zusammen, verharrte einige Sekunden. Sprang weiter, umwickelte den Nächsten, noch bevor der Verlierer zu Boden gesunken war. Finger kratzten über violette Schuppen, rissen an Rückenstacheln, stemmten, prügelten, verlangsamten, verloren.

Bodenkämpfer. Gänsehaut kroch mir über die Arme.
Die wichtigste Waffe dieser Drachen war nicht ihr Feuer. Blendung, das war alles.

„He, Wilfried, ist das nicht der Nachtschatten? Doch, doch, doch! Das ist er, ich bin mir ganz doll sicher! Zahnlos, Hinkebein, wir sind hier! Hier! Ja, fast, ein Stückchen weiter unten und dann rechts- links- Hä? Also, mein Rechts, dann euer Links- neinneinnein, mein Links, euer Rechts- so schräg unten vor euch! Ich winke euch, seht ihr? Hier, hier! Ich wiiiiiinke!- Oh, Entschuldigung, ich wollte dich nicht- Moment, bist du nicht ein Drachenjäger? Entschuldigung zurückgezogen. Pfff. Ganz schön fies von dir, einfach nichts zu sagen! Du- du große- blöde- du blöde- du... du blöde Hohlbirne du, jawohl! Und das nehme ich nicht zurück, hörst du?"

Derjenige, dem sie beim Winken mit voller Wucht den Ellbogen über den Schädel gezogen hatte, lag bereits bewusstlos zu ihren Füßen. Eher unwahrscheinlich, dass er sich über die Beleidigung ärgern würde.

„Hier, hier! Hinkehicks!"

Die Wucht ihrer Gesten schleuderte irgendwas aus ihrer rechten Hand- einen Stein? Was auch immer es war, es knallte einem anderen Jäger zwischen die Beine, dieser krümmte sich, hatte den Gründling ihm gegenüber für wenige Sekunden vergessen. Jemand anderem stach sie mit ihrer Steinschleuder beinahe ein Auge aus und die unbeabsichtigten Kinnhaken konnte niemand mehr zählen. Was wirklich beeindruckend war, wenn man beachtete, dass sie alle um mindestens anderthalb Kopflängen überragte.
Nein, das Winken hätte sie sich sparen können, man konnte sie nicht übersehen.

„Na, was meinst du, Kumpel?"

Ohnezahn gurrte amüsiert, seine Ohren zuckten.

„Hast recht. Ehe sie aus Versehen ihre Steinschleuder wegwirft."

Seine Antwort bestand aus einem empörten Schütteln, das mich früher regelmäßig vom Sattel geschubst hatte. Heute griff ich reflexartig nach den Griffen und verlagerte das Gewicht auf die Füße, bis der Schreck vorbei war.
Ganz sicher, die Geräusche aus seinem Maul zählten als Lachen.

„Wilfried! Guck mal! Guck doch mal, wer hier ist! Da oben, genau daaaaa!"
Wilfriedes Zeigefinger folgte uns.

Und wo war nun- Nachbardeck. Er hatte beide Hände voll zu tun, prügelte drei gleichzeitig nieder, der dunkle Gründling in seinem Rücken wehrte Verstärkung ab. Und dennoch, trotz des viel zu knappen Abstands, mit dem ein Messer seinen Hals verfehlte, des abgebrochenen Pfeils im Schulterpanzer, des fast zugeschwollenen Auges, trotz all dem sah er seine Schwester an, lächelte, nutzte eine wertvolle Sekunde für den Blick nach oben.
Nicken, stiller Gruß, dann schickte sein rechter Haken jemanden über Bord.

„He, Wilfried, warte kurz, ich helfe dir! Ich muss nur irgendwo- aha! Jetzt muss ich hier nur noch einen Stein rausholen- Dass die immer weghüpfen müssen, ehrlich! Aber ätsch, ich hab' dich trotzdem. Ok, so, einspann-"

„Was hast du vor?"

Er schien zu schreien, die geplatzte Lippe dämpfte die Töne.

„Ich schieße sie mit meiner Steinschleuder ab, was sonst?"

Kurz flackerte Angst durch Wilfrieds Gesicht, mehr, als der Anblick einer nahenden Faust hervorbringen könnte.

„Wilfriede, nein!"

„Aber-"

„Bitte,", er blockte einen Schlag, „bitte tu das", nächster Block, Knie anziehen, während der Gegner nicht drauf achtete, das spitze Gelenk grub sich in dessen Bauchraum, „nicht."
Der Jäger stolperte, verlor das Gleichgewicht. Wilfried war schneller als der Fall, wieder schoss sein Knie vor, diesmal traf er mit dem Fuß. Die Nase war gebrochen, dafür würde ich garantieren.

„Aber-"

„Weißt du noch, wie oft du mich getroffen hast?"

„Ja, aber-"

„Und wie oft die Zielscheiben?"

„Nie, aber-"

„Das ist gerade ein ganz schlechter Zeitpunkt für- aah!"

Ich sog scharf die Luft ein. Hoffentlich war der Schnitt oberflächlich. Wenn wir nicht ständig diesen Pfeilen- oha, das wäre fast schief gegangen- und Gründlingeeeee- „AAAH!" Ohnezahn reagierte in letzter Sekunde, wirbelte in eine Pirouette, dass die Mechanismen der Prothese ächzten. Flügel ausbreiten, abrupte Bremsung, ein Schwarm Pfeile rauschte keine Handbreit unter uns hinfort.
Knapp war eine Untertreibung.

In meinem Augenwinkel nahm Wilfried die Hand vom Oberarm und warf sich mit dem Kopf voran auf sein Gegenüber. Sie krachten gegen den Mast, verschwanden hinter der Reling.

„Aber- Was grinst ihr so dämlich?"
Schwups, Blondschopf Nummer zwei versank ebenfalls in einem Meer aus Fäusten und Klingen.

Ratschen. Odin, bitte lass das nicht- verdammt, es war doch die Prothese. Ein schmales Loch, gerade so breit wie der Pfeil, der es geschlagen hatte.

„Alles klar, wenn wir vorsichtig- ruhig, Ohnezahn!"
Ging nicht, wie auch, wenn keiner von uns als Perle auf dem Harpunenschaft enden wollte.
Das Leder hielt. Noch.
Haken nach rechts, der Feuerball blendete, Schleife,  plötzlich war das Meer über uns, unter uns, Kurve-
Ratsch! - schon wieder ein Pfeil, fünf, sieben- Warum zum Geier zählte ich?- Harpune, Netz, Gründling, Feuerbälle, Harpune- Schon wieder?- Pfeile, Ratschen. Ganz leise, flüsterndes Versprechen.

„Ohnezahn, wir müssen-"

Keule, Wurf zur Seite.
Keule?

Tatsächlich. Ernsthaft, wer warf eine Keule nach uns?

Rrrrrratsch.
Klappern. Kaum Widerstand beim Schalten. Das war's.

Wir drifteten seitwärts, Ohnezahn brummte fragend, warf selbst einen Blick zurück. Knurren.
Jap, das traf es perfekt.

Sein Plasmablitz sprengte eine Schneise aufs Deck, der Qualm wurde keine Sekunde später von unseren Körpern fortgeschleudert. Inferno zischte, Funken und Flammen mischten sich, leckten über das Axtblatt des ersten Angreifers. Ohnezahn peitschte ihm den Schweif über den Kopf, die Prothese hing endgültig in Fetzen.

Ersatzstück. In der Satteltasche.
Von der mich sämtliche Drachenjäger offenbar fernhalten wollten.

Nächster Schuss. Ich spurtete los, durch die kurzweilige Lücke, ja, ja, geschafft! Knopf lös- Schatten über mir. Funken, Schmerz im linken Oberarm. Infernos Flammen tanzten seltsam- Delle. Mitten in der Klinge, dort, wo der Schlag sie getroffen hatte.

„Sieh an, Hinkebein, der Reiter des flugunfähigen Nachtschattens. Furchteinflößend."

Ein zweites Mal wetzte der Morgenstern nieder, meine Armmuskeln spannten bis zum Zerreißen und dieser Knopf wehrte sich vehement gegen jeden Öffnungsversuch.
Vielleicht könnte-
Sprung beiseite, der Jäger schmetterte die Eisenkugel nieder, durch Luft, auf Holz, Splitter spritzten.
Leise klappernd rollte der Knopf neben mir aus, an seiner Stelle klaffte ein dicker Riss im Taschenleder.
Hoffentlich reichte er nicht tiefer, als er aus diesem Winkel aussah.

Der Jäger zerrte an seiner Waffe, mein Fußstumpf hinterließ einen hässlichen Abdruck auf seiner Schläfe.
Gruß vom Hinkebein, es wünscht süße Träume.

Grünlich leckte Flammenlicht über den Morgenstern. Drachensicheres Eisen. Kein Wunder, dass Inferno den Kürzeren gezogen hatte. Die einfahrbare Klinge konnte ich- alles an der Klinge konnte ich erstmal vergessen.

Gurren. Er hatte ja Recht, uns fehlte die Zeit.
Griff in die Tasche, sofort schmiegten sich kühl-weich umspannte Streben in meine Hand.
Sah heile aus.

Ohnezahn schwenkte seine Schwanzflosse zu mir. Schnell jetzt.
Fünf Handgriffe und das kaputte Gebilde klapperte auf die Planken. Plasmablitz, jemand krachte in die Reling. Ohnezahn fauchte inbrünstig. Zwei Gründlinge um uns bildeten einen Schutzkreis. Der Alpha hatte sie gerufen.
Eine letzte- das sollte halten.

Aufstehen, zum Sattel. Mit einem Klicken rastete mein Metallbein ein. 

Knacken, Brechen. Wie von berstenden Rudern. Leiser als die Schreie, das Klirren. Legte sich unter den Lärm.

Die Angst packte zu, ihre Fratze schwoll, verdickte zu Gewissheit.
Zeit verlor an Bedeutung, an Bewegung, stand still, jeder Schatten sprang mir in die Augen. Schwarz. Einer der beiden Gründlinge zeigte schwarze Schuppen.
Wilfried.

Ich fand ihn, sah seinen Körper, er starrte zurück. Blinzellos.
Wurde losgelassen, fiel.
Niemand konnte seinen Kopf soweit drehen.

Der Drachenjäger wischte seine Hände an den Hosenbeinen ab.
Schneidender Knall, bellend kurz.
Der Jäger stand, war eine unbewegte Wachsfigur, die Sekunden dehnten zu Stunden. Er kippte der Länge nach um, rücklings auf die Planken.

Langsam löste sich meine Prothese aus der Schaltvorrichtung. Die Welt war in Watte gefallen, alles dumpf, gedämpft, unwirklich.
Schritt, Schritt, mechanische Beine trugen mich voran, schwebten weiter, glitten durch das Gewirr aus Leibern, Eisen, Feuer. Hielten, knieten nieder. Hände griffen nach dem blassen Jungen, umklammerten die weiten Falten seines Hemdes, versuchten zu halten, was nicht zu halten war.
Meine Hände.

Wilfried schwieg, leere Augen blickten in eine Welt, die sie nie kennengelernt hatten.
Wilfried schwieg, vertraute diesem fremden Wind nicht das kleinste Geheimnis an.
Wilfried schwieg, wie er es getan hatte, wenn Worte ihn verunsicherten.
Aber dem Schweigen fehlte das Beobachten, das Lächeln, die Geduld für die Reden seiner Schwester, das Atmen.

Die Hände ließen los.

Aufrichten. Meine Muskeln folgten ihrem eigenen Willen.
Der Jäger lag direkt hinter ihm. Hinter dem, was von ihm übrig war.
Ich kannte dieses Gesicht. Zumindest vage, Nebel klebte an der Erinnerung, hüllte Ort und Zeit in seine Schwingen. Nur Wellenraunen und Holzsplitter zeichneten sich unter den Federn ab.
Holzsplitter. Splitterndes Holz.
Die Ruder! Einer von Tovens Männern hatte sie in einer Tour zerbrochen.
Mir stellten sich die Nackenhaare auf, Wahrheit rann in kalten Schauern durch die Täler zwischen ihnen. Dieser Mann war nicht zum Rudern ausgebildet worden.

Jetzt prangte ein dunkler Fleck auf seiner Stirn, mittig über dem Nasenbein. Ein dünnes Blutrinnsal löste sich vom Rand.

Ich drehte mich um.

Sie stand dort, direkt auf der anderen Seite der Schlucht zwischen den Rümpfen, den Arm noch vorgestreckt, die Steinschleuder fest im Griff. Sturmböen rissen an Zottellocken, rot-weiße Gischt sprühte um ihre Ärmel.
Wilfriede sah mich an, durch mich hindurch. Fokussierte noch ein Ziel, dass sie bereits getroffen hatte.

Die Zeit machte einen Satz, stürmte weiter. Ich rannte schon, sprang in den Sattel, wir hoben ab, just als Wilfriede zusammenbrach.

„Wilfriede!"

Keine Antwort.
Vielleicht hatte der Wind meine Worte verschluckt. Hoffentlich hatte er es.

Kein Pfeil in ihrem Körper, niemand von Sungirds Leuten in Reichweite.
Das war nicht nötig, hätte doch keiner ihrer Schläge die Wucht des Schocks überbieten können.

Sanft hob Ohnezahn sie hoch. Wir mussten sie hier weg bringen. Erstmal aus dem Treffbereich der Pfeile und Harpunen, danach... was danach? Der brodelnde Vulkan war bis zum Horizont die einzige Insel. Sollte ich sie in Glut ertrinken lassen? Ganz sicher nicht.

Ihr Drache! Wo- Erdrosselte gerade jemanden.
Wilfriede hatte uns gesagt, wie er hieß. Wie war das noch? Ida? Nein.
Es endete auf A, das stand fest. Wenn ich mich richtig erinnerte. Und irgendwas mit I.

Alita? Definitiv nicht.

I-a. ... ita.
-ida. Besser.

Der Sattel vibrierte leicht, als ein Ruf aus Ohnezahns Brust in den Sturm stieß. Unten hob der graue Gründling den Kopf, fand uns und schwang sich in die Luft.

Okay, so konnten wir das auch lösen.

Waren das Schnallen an dem Sattel? Eindeutig. Und ein breiter Gürtel, wütende Lederschlangen in dem pfeifenden Wind.

Es dauert ewig, doch schließlich schlüpfte der letzte Dorn durch das entsprechende Loch. Wilfriedes Augen waren nach wie vor geschlossen, ihr Oberkörper hing schief über dem Drachenhals. Lautes Schnarchen ließ mich immer wieder den Kampflärm vergessen.
Sie würde wieder aufwachen. Bis dahin machten all die Riemen es ihr unmöglich, aus dem Sattel zu fallen. Oder geworfen zu werden. Oder von einem anderen Drachen herausgehoben zu werden.
Ehrlich, solange die Schnallen zu waren, würde sie nichts und niemand aus diesem Sattel holen.

Hatte Wilfried sichergehen wollen, dass sie nicht abgeworfen werden konnte? Oder... Hatte er gewusst, dass dies passieren würde? Es geahnt?

Ohnmachten konnte man nicht vorhersehen. Allerdings war das keine Ohnmacht, sondern Schlaf. Tief und fest, von einem Moment auf den anderen, schon. Keine Ohnmacht und doch kein gewöhnlicher Schlummer.
Eher... ein Schlafanfall. Unvorhersehbar und kräftig wie ein Krampf.
War er durch den Schock ausgelöst worden? Durch Übermüdung? Hatte sie vor Aufregung kein Auge zubekommen?

Die Antworten schwiegen, hoben sich für später auf. Später. Gab es das noch?

Das Jetzt forderte meine Gedanken zurück, rammte seine Existenz mit voller Wucht in den Mantel des Moments, dass die Nähte spannten.
Brüllen schäumte über den Ozean, drang mir in die Knochen, schwang in meinem Puls mit, blätterte nahe und fernere Erinnerungen auf. Ohnezahn antwortete, tiefes Knurren vertonte die ersten blauen Lichtpunkte, ließ sie aufblühen, über den Rückenkamm fließen. Alpha.

Wilfriede verschwand aus dem Blickwinkel, wir bretterten los, im Gleichtakt mit der Vorahnung, der Unruhe. Einem Ziel entgegen, dass seine Unbekanntheit gegen Macht getauscht hatte.

Zwei. Sungird befehligte zwei Überwilde. Er hatte gewollt, dass wir Dragos fanden, gewusst, dass es ein kurzer Kampf war.
Ablenkung. Nichts als Ablenkung.
Wir waren ihm völlig auf den Leim gegangen.

Schiffe klapperten aneinander, der Sturm peitschte pfeifend durch Takelage, grub seine Klauen in herabgelassene Segel, plantschte freudig im vorbereiteten Chaos. Rauchschwaden wurden in unsere Richtung gedrückt, heiße Asche stob mir um die Wangen. Die Bäume der Insel ächzten, flehten, fluchten.
Ohnezahn schob uns voran, hielt den Kurs mit eiserner Strenge.
Dann bohrten weiß-graue Zacken Pfeiler in das Rot, glichen blau betupften Wellenbrechern. Die Stachelmähne eines Überwilden.

„Hicks! Thor sei dank, das wurde aber auch mal Zeit!"

War das-

„Rotzbakke?"

„Wen hast du erwartet? Ein fliegendes Yak?"

„Was machst du hier?"

„Angestrengt versuchen, nicht durchzudrehen. Falls es dir entfallen sein sollte: DAS DA IST EIN ÜBERWILDER und DAS DA IST MOIRA und zuuufällig steuert sie geradewegs auf den VERDAMMTEN VULKAN ZU und sieht so aus, als würde er DEMNÄCHST AUSBRECHEN und- ach ja, den gibt's auch noch- Rate mal, wer diesen übergroßen Fisch trainiert hat!"

„Ich sehe, dass das ein Überwilder- Moira?!"

„Nein, unser alter Freund Toven."

„Was?! Toven?!"

„Wie wär's mit: Was, Moira fliegt in den Vulkan?! Was, ein großer Überwilder? Was, die Drachen sind noch nicht völlig durchgedreht?!"

Bei Odin.

„Wir fordern den Überwilden heraus. Ihr holt Moira ein."

Ohnezahn nahm an Geschwindigkeit auf und bremste sofort wieder ab, als Hakenzahn den Weg versperrte. Rotzbakke fuchtelte aufgebracht mit der Hand durch die Luft.

„Moira einholen? Wie stellst du dir das vor? Hast du ihren Vorsprung gesehen? Weißt du, was für ein Tempo sie drauf hat? Wie ein geladener Skrill! Inklusive der Blitze, übrigens."

„Rotzbakke!"

„Kannst du mir mal erklären, wie Toven einen Überwilden trainieren konnte? Guck nicht so, du bist Hicks! Die Wunderbohnenstange! Wenn du so einen nicht zähmen kannst, kann das niemand!"

„Rotzba-"

„Und wieso sind Nachtblitz und Moira plötzlich von Blitzen umgeben? Wie geht das? Wieso tobt da in dieser gigantischen Aschewolke ein Gewitter? Was ist hier los?!"

Ich hörte die Blitze, die ganze Luft war erfüllt von ihrem elektrischen Knistern. Ich sah, wie sie über Wellen und Schiffe wucherten, aus dem nichts hervorzackten und vereinzelt in den hellen Schuppenpanzer des Überwilden bissen. Irgendwo zwischen Rotzbakke, Männergrölen und Meeresrauschen verschmolz Nachtblitz' Knurren mit dem übrigen Drachengeschrei und ich wusste, dass sie das Zentrum der Lichtspeere war.
Vielleicht sollte er mich eher damit konfrontieren, dass ich nichts davon hinterfragte.

„Ist dir schon aufgefallen, wie absurd das alles ist? ROTES MEER! Eine Mauer aus Asche! Nachtblitz speit Blitze! Blitze, kapiert? Dahinten, siehst du dieses eine Schiff? Und Moira-"

Ich legte alles, was mir nicht über die Zunge ging, in diesen Blick. All das genervte, verzweifelte, überzeugte, heillos überforderte und doch ruhige Gefühlswirrwarr. Die uns längst ausgegangene Zeit. Wir lebten in Leihsekunden, die jeden Wimpernschlag zurückgefordert werden könnten.

Rotzbakke warf schnaubend die Hände in die Luft.

„Schön! Wenn sie uns grillt, mache ich dich dafür verantwortlich!"

Woher kamen die Striemen, die sein Gesicht zerschnitten?
Zu spät, der Riesenhafte Alptraum war bereits abgedreht.

„Auf geht's, Kumpel."




Plasmafunken regneten in die kleinen Augen. Der Überwilde neigte grummelnd den Kopf, schüttelte Qualm aus seinem Schuppenkranz.
Und entschied sich, uns weiterhin zu ignorieren und seinen Blick stattdessen wieder an die Silhouette eines geflügelten Menschens zu heften.

Das war ungewöhnlich. Als Alphatier sollte er auf unsere Provokation anspringen, das verlangte seine Natur.

Ohnezahn brüllte herausfordernd. Sein nächster Schuss explodierte mitten auf der hellen Stirn.
Pupillen zischten zu uns- und zurück zu Moira. Wir waren nicht mehr als einen kurzen Seitenblick wert, wie eine störende Fliege.
Großartige Vorstellung.

„Dann lass uns mal herausfinden, wie nervig wir sein können."

Meine Hand strich über Ohnezahns Kopf. Nicht, dass er eine weitere Aufforderung gebraucht hätte.

Im nächsten Moment zog die große schwarze Fliege wenige Handbreit am Auge des Überwilden vorbei, dann am anderen, von vorn. Wir kreisten vor seinem Gesicht, als würden wir jede Sekunde auf seiner Nase landen.
Als Ohnezahn genau das tat, schnappten beide Auge zu uns. Aus der Ferne gab das sicherlich einen einmaligen Anblick ab, aus der Nähe... nicht zu empfehlen.
Immerhin konnte er uns nicht mehr ausblenden.

Blut sickerte aus den Löchern, die die Nachtschattenkrallen in die Oberlippe bohrten.
Diesmal war sein Brüllen nicht halbherzig. Schneeflocken stoben unter Ohnezahns Flügeln, während wir hektisch dem Kopfschlagen auswichen.
Jetzt konnten wir uns der ungeteilten Aufmerksamkeit sicher sein.

Eisdornen zerfleischten Schiffe, ein Gletscher aus Trümmern und Kälte reckte seine Speere gegen die Insel. Frostmuster malten Blumen auf meine Rüstung.
Wir vollendeten den Haken, begegneten ihm auf Augenhöhe.
Schneestürme tobten vor dem geöffneten Maul, die Zacken standen zornig gesträubt ab.

„Alles klar, jetzt ist er wütend."

Jap, auf jeden Fall. Tiefes Röhren kündigte die nächste Eissalve an.

Bis ein schriller Pfiff sie und einen Teil der Aggression schmelzen ließ. Zweiter Pfiff, der Überwilde knurrte uns an, wandte sich um, das Knurren wurde zu einem... seufzähnlichen... Etwas.

Toven. Zwei Finger im Mund, die andere Hand verärgert zur Faust geballt, stand er auf dem holzigen Gebilde, das Astrids Ausgleichversuche übrig gelassen hatten.

Die Faust öffnete sich, ausgestreckte Finger wiesen Hakenzahn hinterher. Der Überwilde nickte vielsagende Tsunamis in unsere Richtung, mit dem Ergebnis, dass Toven seine Geste nachdrücklicher wiederholte. Brummen, der Gigant warf uns einen... anklagenden? Blick zu, ehe Hakenzahns dunkle Silhouette aufleuchtete, ein wahnwitziges Manöver schlug und größer wurde.

Yakmist.

„Sehr gut, Kleiner."

Das kam von Toven. Der Überwilde brummte zufrieden.

Doppelter Yakmist.

Trainiert, ja. Hatte Rotzbakke gesagt.
Trainiert hatte Drago seine Armee ebenfalls. Krogan die Feuerschweife. Ihnen einen fremden Willen aufgezwungen und dafür gesorgt, dass sie ihn ausführten.
Das hier war mehr. Anders.
Toven hatte ihn gezähmt. Ein Band aufgebaut.

Sollten wir einen Drachen angreifen, der seinen Freund verteidigte- für ihn kämpfte?
Durften wir das? Als Drachenreiter?

Ohnezahn wusste es ebensowenig.

Familie, wie Toven sagen würde.

„Erfreuliches Wiedersehen, Hicks Haddock!"

„Du hast eine seltsame Vorstellung von 'erfreulich'."

Er lachte herzlich, sein Drache musterte ihn im Augenwinkel skeptisch.

„Dem wage ich nicht zu widersprechen. Nun denn, enger Zeitplan, wie du weißt. Fahrt nur fort, in wenigen Minuten hat er die Kapazität, euch zu antworten."
Sein Wink scheuchte Aschepartikel zum Überwilden.

Das war der Funke, der die Wut in mir entflammte.

„Was hast du mit ihm angestellt?!"

„Ich?! Gar nichts! Was soll ich mit ihm angestellt haben?"

Hohe Töne, verzweifelt-überrumpelte Unschuldsmine. Große, hektisch abwehrende Gesten. Er stolperte sogar einige Schritte rückwärts und begann, seine Daumen umeinander zu drehen.

Käme der Wandel nicht auf Knopfdruck, hätte ich es ihm abgekauft. Erneut.
Wie viel Wahrheit hatte hinter seiner Reaktion auf Astrids Arm gesteckt? Welche Version hatte seine Tochter durchlebt- seine oder Moiras?

Die Schauspielerei wurde zugunsten eines lauten, halb verächtlichen Lachens abgelegt. Der Jäger umschrieb meinen Gesichtsausdruck mit einem Kreis aus dem Handgelenk.

„Ist es nicht sonderbar, wie uns manche Situationen einholen? Diese Mine hast du getragen, als ich euch auf diesem Schiff begrüßte. Und wieder wählst du zwischen zwei Wegen, von denen einer nicht gehbar und der andere eine Illusion ist. Was gedenkst du zu tun, Hicks der Hüne?"

Niemand wusste es. Selbst der Himmel hatte seine Gewissheit hinter Schleiern aus Machtlosigkeit verborgen.

Griffen wir an, folgten wir den Taten derer, denen wir genau dafür in den Weg traten.
Griffen wir nicht an, verloren wir nicht nur eine Schlacht, sondern alles, wofür wir kämpften.

Toven nickte wissend.

„Manchmal, Drachenbezwinger, geht es vielmehr um die Dinge, die man nicht getan hat.
Ich habe ihn nicht zum Alpha trainiert. Er ist kein Anführer. Ihr kämpft gegen eine Einbildung und habt somit jeden eurer Schläge zum Verfehlen bestimmt."

Lüge. Es musste eine sein.
Man konnte einem Drachen seine grundlegenden Züge nicht abtrainieren, ohne ihn krank zu machen. Und so unglaublich es sein mochte, diese beiden schienen eine gesunde Verbindung zu teilen.

Es sei denn-
Wenn diese Verbindung bereits bestanden hatte, ehe der Überwilde seine natürliche Position gefunden hatte... vielleicht...

Selbst wenn, was nutzte mir dieses Wissen?

Pfiff, Hakenzahn jagte auf den Strand zu, Rotzbakkes Stimme wurde vom Wind zerpflückt und bruchstückhaft zu uns getragen.
Wenigstens saß er noch im Sattel.
Sand flog um ihre Bruchlandungsschneise, der Sattel war leer.

Ich hatte eine Idee.

„He, Toven!"

Keine Ahnung, wie lange meine Stimme diese Schreikonversation noch unterstützte.

Er sah auf.

„Kennst du auch die größte Schwäche eines gezähmten Drachens?"

Ohnezahn verlagerte das Gewicht, wir trieben auf den blonden Jäger zu.

Ich ließ ihm nicht die Zeit, eine Antwort zu bilden.

„Sein Reiter."

Er hatte keine Chance. Ohnezahn packte ihn an den Schultern, ehe nur ans Ausweichen zu denken war.

Diesmal stammte der Pfiff von mir. Es brauchte drei schrille Töne, bis der Überwilde brüllend die Verfolgung aufnahm.

„Lust auf einen Wettflug?"

Wahrscheinlich kam keines der Worte durch den Sturmgesang, doch Ohnezahn zog das Tempo an. Schiffe verschwammen, Wind verdichtete zu einer zähen Masse.

Zu schnell. Er sollte uns folgen, nicht abgehängt werden.

Ich betätigte die Prothese und Ohnezahn verstand.

„Zugegeben", rief Toven, als wir die letzten Schiffe hinter uns ließen und übers offene Meer steuerten, „das war brillant. Man merkt, dass du Zeit mit der Schwarzen Kriegerin verbracht hast."

Das konnte er vergessen. Darauf fiel ich nicht herein, nicht nochmal.

Wann war der Abstand groß genug? Blick zurü-

Bei der Liebe Thors.

Keine Sekunde später wunderte mich meine Verwunderung. Natürlich, wer einen Großen Überwilden mitten durch eine Flotte lotste, hinterließ eine sehr breite Spur sehr kaputter Schiffe.

Wow, dahinten flog ein Feuerball ganz schön hoch. Und noch höher und noch höher- müsste er nicht langsam verlöschen?
Stattdessen flog er weiter- zur Spitze des Vulkans, wenn ich mich nicht irrte. Wie-
Hakenzahn.

„Und trotzdem fehlt dir der Weitblick.", fuhr Toven fort, als hätte es die Stille nie gegeben.

Das Salz in meinem Mund schmeckte bitter.

„Du hast den Riesenhaften Alptraum gesehen, nicht wahr?"

Woher konnte er das wissen?
Es sei denn-

„Dein Schweigen verrät dich. Du hast es erkannt, nun sprich es aus und lass mich deine These prüfen."

Ich konnte sein schadenfrohes Grinsen hören.

„Macht nur, werft mich ins Meer, lasst ihn nach mir tauchen. Nichts davon wird Sungird aufhalten. Euer treuer Drache trägt ihn gerade persönlich zum Ort des Geschehens, während sein Reiter im nassen Sand auf ihn wartet. Für die beiden sicherlich Normalzustand."

Er wusste genau, was ihm blühte. Und er lachte, jetzt laut und unverhohlen, weil es egal war. Es änderte nichts. Wir waren zu weit vom Vulkan entfernt, Hakenzahn irgendwie noch immer unter fremder Kontrolle.

Nichtmal ein Nachtschatten konnte es rechtzeitig zurück schaffen.


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5144 Wörter

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