9|Zwischen Beifahrersitz, Gefühlschaos und meiner Trotzigkeit
Beifahrersitz-LEA,Majan
Liz
Er hat sie gesehen! Er hat sie gesehen. Seit Jahren verstecke ich sie und dann ist das plötzlich alles umsonst. Innerhalb Sekunden sind meine tiefsten Narben an die Öffentlichkeit geraten.
Ich kann die ganze Zeit an nichts anderes denken, erst als ich mir den Fuß an der Autotüre stoße, höre ich kurz auf an Robin zu denken.
Noah drückt mich in seinen Wagen, wirft die Tür zu und steigt auf der anderen Seite ein:"Das war knapp."
Ich schaue ihn nur kurz von der Seite an:"Du hättest uns nicht folgen sollen."
Sein Gesichtsausdruck zeigt, dass er mit der Antwort nicht gerechnet hat. Aber es ist war, er hätte mich nicht so sehen sollen.
"Du weißt schon was der Typ mit dir vorhatte, oder?", fragt er schließlich mit einem scharfen Unterton in der Stimme.
Ich atme einmal tief durch:"Er wollte mich nur ein bisschen aufheitern."
Haha, sehr witzig Liz!
"Aufheitern? Lass dich meinetwegen vom Alkohol aufheitern, aber nicht von so einem dahergelaufenen Idioten!", schreit er, tritt wütend aufs Pedal und lenkt das Auto auf die Straße.
"Es ist immer noch meine Sache was ich mit wem mache. Also tu nicht so als wärst du mein Vater!", brülle ich zurück und bereue es im nächsten Moment.
Noah sieht so geschockt aus über meinen Ausbruch. Dass ich ihn mit meinem Vater verglichen habe ist das schlimmste was ich hätte tun können.
Mein Bester Freund zieht die Schultern hoch und fragt dann mit eisiger Stimme:"Man Liz bist du wirklich so dumm oder tust du nur so?"
Er weiß nicht wie weh er mir damit tut.
Ich antworte ihm nicht und starre stattdessen aus dem Fenster. Es ist stockfinster und man kann nur Schemenhaft die Landschaft erkennen, aber alles ist besser, als ihn jetzt ansehen zu müssen. Eine Träne rollt über meine Wange und hinterlässt eine feuchte Spur. Das ist das erste Mal seit langem, dass Noah und ich uns streiten. Klar hatten wir hin und wieder Auseinandersetzungen, aber er war noch nie so sauer auf mich wie jetzt gerade.
Und es tut so verdammt weh zu wissen, dass man Schuld für seine Wut ist. Noah ist selten so richtig wütend. Es braucht wirklich viel um ihn aus der Ruhe zu bringen. Aber diesesmal hab ich es wohl geschafft. Ich weiß ja selbst nicht was mich da vorhin geritten hat! Irgendwie hat alles damit angefangen, dass Noah nur Augen für Cassidy hatte und dann hab ich angefangen zu trinken. Ich bin mal wieder selbst zum Beweis dafür geworden, was Alkohol alles anrichten kann. Dabei sollte das gerade ich wissen. Ich trage seine Auswirkungen jeden Tag mit mir herum.
Ich spüre Noahs Blick auf mir. Er sollte auf die Straße schauen, trotzdem fühlt es sich gut an, auch wenn er wahrscheinlich nicht gut über mich denkt.
Ich wische mir unauffällig die Tränen aus dem Gesicht und drehe mich dann zu ihm um:"Wie lange willst du mich eigentlich noch anstarren?"
Er wirkt überrumpelt: "Ich...hab ich doch gar nicht!"
Ja klar!
Ich zucke mit den Schultern und drehe den Radio auf. Die Stille ist so erdrückend! Ed Sheerans Shape of you klingt aus den Lautsprechern und ich beginne spontan mitzusingen. Ich hab wirklich zu viel getrunken!
"Girl, you know I want your love
Your love was handmade for somebody like me
Come on now, follow my lead
I may be crazy, don't mind me
Say, boy, let's not talk too much
Grab on my waist and put that body on me
Come on now, follow my lead."
Das Lied ist aus und ich schaue zu Noah. Er sieht aus, als wäre er in Gedanken gerade ganz woanders. Woran er wohl denkt?
"Was ist?"
Hab ich so auffällig gestarrt?
"Du hast mitgesummt."
"Hab ich gar nicht."
Hat er schon! Zwar nur ganz leise, aber er hat mitgesummt. Dabei hasst er doch Ed Sheeran.
"Doch Noah, hast du.", ich drehe die Lautstärke wieder runter:"Du hättest mich da nicht rausholen sollen."
Ich muss das immer wieder sagen. Ich habe auf der Party meine Kontrolle verloren und er hätte mich so nicht sehen dürfen!
"Ich kann dich doch nicht mit dem Vollpfosten allein lassen!", wiederspricht er und starrt wütend auf die dunkle Fahrbahn.
"Ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen!", antworte ich schnippisch.
"Wenn du das könntest würdest du nicht mit Robin abhauen!", zischt er.
Und er hat Recht, aber das kann ich nicht zugeben. Wenn ich noch eine Sekunde länger im Auto sitze verliere ich die Fassung: "Halt an!"
"Was?", er dreht sich zu mir und schaut mich verwirrt an.
"Du sollst anhalten!"
"Warum?", Er sieht süß aus, wenn er so einen ratlosen Gesichtsausdruck macht: "Weil ich aussteige."
Seine Miene wechselt jetzt von verwirrt zu besorgt: "Spinnst du? Wir sind auf der Autobahn."
Sind wir das? Ich schaue wieder aus dem Fenster, tatsächlich. Trotzdem, ich bin kurz davor in Tränen auszubrechen, weil mich das alles so verwirrt:"Egal, halt an!"
Er schweigt eine ganze Weile bis er schließlich leise fragt:"Geht es dir gut Lizi?"
Ob es mir gut geht? Nein, eigentlich geht es mir scheiße, aber das soll er nicht wissen! Meine Mutter kann noch nicht mal mehr alleine vom Sofa aufstehen, mein Vater lässt seine Sorgen an mir aus, Cassidy will sich Noah angeln und ich finde plötzlich, dass Noah unglaublich sexy aussieht im düsteren Scheinwerferlicht. "Mir geht es gut."
Stille.
"Wirklich, Noah!", beteuere ich und lüge ihn damit schon wieder an.
"Warum willst du dann aussteigen?"
Ich will doch eigentlich gar nicht aussteigen! Es ist so schön hier mit Noah im Auto zu sitzen, wäre da nicht das merkwürdige Gefühl das droht an die Oberfläche zu kommen!
"Liz?", Er ist zu nett!
Ich verschwinde erst mit Robin, schreie Noah dann dafür an, dass er mir geholfen hat und trotzdem ist er weiterhin nett zu mir.
"Ich...ich weiß nicht.",Eine blödere Antwort hätte ich wohl kaum geben können!
"Lizi steig bitte nicht aus.", er dreht seinen Kopf wieder zu mir und schaut mir in die Augen.
Ich werde nicht aussteigen,
ich hatte nie vor auszusteigen.
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