Kapitel 17
„Niall, wo hast du denn Josh gelassen?" Liam erhob seine Stimme zu einem Brüllen, als Louis urplötzlich mit einem breiten Grinsen in unsere Richtung die Lautstärke des Keyboards voll aufdrehte und die Daumen in die Höhe reckte. Ich verdrehte die Augen und zeigte ihm an, dass ich jetzt schon genug Gründe hatte, ihn vor versammelter Manschafft zu killen, ehe ich mich Liam zuwandte, dessen Wangen vor Energie und Aufregung gerötet waren – ihm schien seine Rolle in der Band zu gefallen. „Li, du musst öfter zur Probe kommen", bot ich ihm lachend an. „Ich wusste gar nicht, dass du so singbegeistert bist." Als er fragend die Augenbrauen hochzog, fügte ich hinzu: „Josh ist gerade zum Ausgang hin. Frag mich nicht, was er vorhat. Vielleicht muss er ja kotzen."
Liam tippte sich an die Stirn. „Das hättest du wohl gerne. Ich verstehe nicht ..."
Mit einer Handbewegung brachte ich ihn zum Schweigen und sagte warnend: „Fängst du wieder damit an? Ich will nichts von Josh."
„Trotzdem solltest du nachsehen, was los ist." Sanft schubste Liam mich auf die große Flügeltür auf der gegenüberliegenden Seite des Saals zu. „Los."
Fluchend setzte ich mich hin Bewegung. „Du bist schlimmer als meine Mum, weißt du das?"
„Das will ich stark anzweifeln. Deine Mum ist schon eine sehr besorgte, spezielle Persönlichkeit mit ...", fing er wieder mit seinem Unterrichtsgelaber an, das ich mir im Moment jedoch sowas von nicht antun wollte, weshalb ich mich beeilte, schnell außer Hörweite zu kommen. Mit etlichem „Tut mir leid" und „Sorry" hatte ich mich schließlich nach einer gefühlten Unendlichkeit durch die Menge (aus oftmals ziemlich rücksichtslosen Leuten) gedrängt und schlurfte mehr oder weniger lustlos in die Vorhalle. Wie war das? Wir sollten uns nicht trennen? Dass ich nicht lache!
Da wir uns hier nicht in einer Disco befanden, standen nur ein paar Leute am Parkplatz direkt vor der Tür, rauchten gemütlich und ignorierten mich im Prinzip – zum Glück, dann sahen sie wenigstens nicht, wie ich schon wieder beinahe einer Wasserlache zum Opfer gefallen wäre. Himmel. Ratlos stand ich eine Weile neben Joshs Kleinbus und wollte mich gerade nach den Rauchern umsehen, um mich zu erkundigen, ob Josh vielleicht an ihnen vorbeigekommen war, doch die schienen allesamt geschlossen wieder reingegangen zu sein – zumindest lag der Platz nun wie leergefegt vor mir, lediglich die Kippen glühten leicht auf dem dunklen Asphalt. Achselzuckend machte ich kehrt, immerhin war Josh einfach abgehauen, ohne mich über sein Vorhaben zu informieren, doch ein lautes Geräusch ließ mich innehalten. Mit zusammengekniffenen Augen ließ ich meinen Blick über den finsteren Parkplatz wandern, als ein leises Klirren ertönte, das vom letzten Ende der Autoreihen herrühren schien. Ohne jegliches Nachdenken tastete ich mich im Schatten der Autos voran, auf die Geräuschquelle zu, und merkte, wie ich immer unruhiger wurde, als das Licht allmählich hinter mir verblasste und ich mich irgendwann in völliger Dunkelheit befand, nur der Halbmond am Himmel sandte schwummriges, weißes Licht herab, was eine noch kältere Atmosphäre entstehen ließ.
Ich hatte das Ende der Parkfläche schon fast erreicht, als ich einige Gestalten hinter einem kleinen Transporter ausmachen konnte. Abrupt blieb ich wie angewurzelt stehen und spitzte die Ohren – ich hatte keinen Bock, mich jetzt in irgendwelche Drogendeals reinziehen zu lassen. Jedoch schien das hier keiner sein: Einer der, wie ich mittlerweile hatte erspähen können, vier Personen stand zusammengekrümmt an den Transporter gelehnt da, während ihm einer der anderen Worte zuflüstern zu schien. Und als er dann auch noch einen Schlag in die Magengrube versetzt bekam und mit einem Stöhnen zusammenbrach, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. „Hey!" Es war wahrscheinlich das Leichtsinnigste, was ich je in meinem Leben getan hatte, aber ich sprang aus meiner Deckung und raste auf sie zu. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sie jetzt in mir ihr neues Opfer fanden und mich ebenfalls zusammenschlugen, doch zu meiner Überraschung stieß nur einer von ihnen einen wenig jugendfreien Fluch aus, woraufhin die drei gleichzeitig in Höchstgeschwindigkeit abdampften, bis ihre Schritte in der Straße verhallt waren.
Ich überbrückte die letzte Entfernung zwischen dem Transporter und mir, ging neben dem jungen Mann in die Hocke und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Alles okay?"
Er nickte nur und schaffte es tatsächlich, sich am Griff der Wagentür hochzuziehen.
„Moment, dein Handy." Ich bückte mich danach und hatte mich gerade wieder aufgerichtet, um es ihm hinzuhalten, als mein Blick auf sein mir nur allzu wohlbekanntes Gesicht fiel und mir buchstäblich die Kinnlade hinunterklappte. „Zayn?!"
Wütend erwiderte er mein Starren, während er sich das Blut aus dem Mundwinkel wischte, was so aussichtslos aussah, dass ich kurzerhand ein Taschentuch hervorkramte und es ihm schweigend hinhielt – verwunderlicherweise nahm er es sogar mit einem kurzen Nicken an und wollte sich doch tatsächlich einfach umdrehen und sich aus dem Staub machen, doch ich erwischte ihn geistesgegenwärtig noch am Arm. „Nicht so schnell! Was war das gerade eben?"
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht."
Ich schnaubte auf. „Ich hab dir ja gerade nur den Arsch gerettet."
Er zog seinen Arm aus meiner Umklammerung. „Ich habe dich nicht darum gebeten. Ich kann auf mich selbst aufpassen."
„Das hab ich gesehen. Wer waren die Typen?"
„Das willst du gar nicht wissen."
Langsam reichte es mir und ich spürte, wie leise Wut in mir aufstieg. „Dann behalt' es doch bei dir, du Idiot." Fast hätte ich vor ihm auf den Boden gespuckt. „Nächstes Mal lass ich dich verrecken." Mit diesen Worten lief ich wutschnaubend an ihm vorbei, natürlich nicht ohne ihm dabei gegen die Schulter gerammt zu haben. Dieses Arschloch!
„Horan!", erklang da Zayns genervte Stimme hinter mir, doch ich bequemte mich nicht dazu, mich umzusehen, worauf sich Schritte näherten, bis er bei mir angelangt war und neben mir herging. „Okay von mir aus, danke für deine Hilfe."
„Dein Tonfall sagt was anderes."
Ich hatte das Gefühl, dass er grinste. „Kann sein." Er wollte noch etwas hinzufügen, stattdessen gab er jedoch ein verärgertes Grummeln von sich, was mich dazu veranlasste, seinen Augen zu folgen – Josh stand am Eingang und hielt nach jemandem Ausschau, bei dem es sich mit ziemlicher Sicherheit um mich handelte.
„Du hängst immer noch mit Devine ab?" Zayn klang entsetzt.
Innerlich stöhnte ich auf. Fing das jetzt wieder an? Liam wollte, dass ich Josh eine Chance gab; Zayn hätte vermutlich am liebsten, dass ich ihn killte. Nun gut, er wollte mir nicht sagen, wer die Typen von vorhin gewesen waren, also würde ich es ihm jetzt mit gleicher Münze heimzahlen. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht."
„Hör doch auf, den BadBoy zu spielen", grinste Zayn zurück, ohne das geringste Anzeichen von Ärger über meine schnippische Antwort. „Steht dir nicht."
„Ich kann dreimal scheiß in einem Atemzug sagen, schon vergessen?" Frustriert wischte ich mir ein paar Haarsträhnen aus der Stirn, die durch den stetigen, leichten Nieselregen allmählich zu kleben begannen.
„Was war gestern Abend los?"
Dieser erneute plötzliche Themenwechsel warf mich wieder einmal komplett aus der Bahn – irgendwann würde mir dieser nervige Typ den Garaus machen, wenn er seinen Niall-zu-Tode-nerven-Plan in diesem Maße fortsetzte. „Und wieder wüsste ich nicht, was dich das angeht." Diesmal konnte ich jedoch ein schwaches Zittern in meiner Stimme weder verhindern noch verstecken, sodass Zayns Augenbrauen sofort nach oben wanderten. „Ich nehme an, du kannst dich an nichts erinnern." Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, weshalb ich ihn verblüfft und geschockt zugleich anstarrte. Woher zum Henker wusste der ...? Ich war so in Gedanken versunken, dass ich beinahe einen Sprung auf den Mond vollführt hätte, als Zayn mich urplötzlich an den Schultern packte und mich grob zu sich herumdrehte. „Horan, ich sag es dir noch einmal. Halt dich von ..."
Was auch immer er sagen wollte, er wurde von einem stinkwütenden Josh unterbrochen, der sich in Höchstgeschwindigkeit zwischen uns quetschte und Zayn somit zwang, seine Hände von meinen Schultern zu nehmen. „Niall, da bist du ja. Und was machst DU hier?!" Der zweite Teil galt eindeutig Zayn. „Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du dich verpissen sollst?"
„Genauso oft, wie ich es dir schon gesagt hab", gab Zayn scheinbar gleichgültig zurück, doch ich sah, wie seine Augenlider vor unterdrückter Wut zuckten.
„Leute, hört doch mal auf!" Ich schubste beide ein Stück zurück. „Es gibt keinen Grund, sich die Köpfe einzuschlagen!"
„Oh doch, den gibt es!" Zayns braune Augen waren voller unverholenem Hass.
Braune Augen.
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Was irritierte mich so daran? Ich schüttelte diesen unerwarteten Gedanken aus meinem Kopf, bevor ich noch weiter in meinen Überlegungen versinken und die Realität vergessen konnte, die momentan erschreckend ernst war – na gut, wann war die Realität nicht ernst ...
„Malik ..." Joshs Tonfall war so drohend, dass sich die feinen Härchen auf meinen Armen aufstellten. „Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe."
Zayn presste die Lippen so fest aufeinander, bis sie blutleer aussahen, bevor er ihm durch zusammengebissene Zähne „Du gewissenloses Arschloch" zuzischte. „Niall wäre ohne dich besser dran, Devine. Die ganze Menschheit wäre ohne Leute wie dich besser dran. Besser, du gibst dir selbst die Kugel und verschwindest ein für alle mal von dieser Welt, bevor ich deinen Hintern selbst ins Weltall trete."
Während seiner kleinen Rede war Joshs Gesicht immer hasserfüllter geworden, bis seine Züge völlig entgleisten – genauso wie seine Emotionen und alles andere auch, als er urplötzlich vorsprang und sich mit einem Kampfschrei auf Zayn stürzte, der gerade noch im Reflex die Arme hochreißen konnte, bevor die beiden miteinander rangelnd gegen ein Auto krachten. Nicht schon wieder. Ich spielte schon mit dem Gedanken, die beiden das einfach untereinander ausraufen zu lassen, doch als plötzlich ein Außenspiegel des Autos durch die Weltschicht segelte und mit einem unverkennbaren Klirren auf dem Teer landete, konnte ich mich nicht länger zurückhalten. Ich packte irgendeinen unidentifizierbaren Arm und zog daran, bis ich Zayn unter Josh hervorgezerrt hatte – sah jedoch den von Josh nicht, mit dem dieser weit ausholte, sodass er mich mit der Faust im Gesicht streifte, bevor ich genügend zurückweichen konnte. Ich konnte nicht behaupten, dass es sonderlich wehtat, ich war nur unglaublich wütend, dass in letzter Zeit immer ich das Opfer zu sein schien, das in jeder Form irgendwelche Schläge einstecken musste.
Sobald Josh realisiert hatte, wer aus Versehen zu seinem Zielobjekt geworden war, brachte er seine überschüssige Energie offenbar endlich unter Kontrolle. „Niall, das tut mir verdammt leid, ich wollte nicht ...".
„Ach, fuck you, Josh!" Verärgert wischte ich mir das Blut von der Wange, das irgendwo über meinem Auge aus einer Wunde fließen musste. „Ich hab keinen Bock mehr auf diesen Scheiß. Ich gehe heim." Mit diesen Worten drehte ich mich auf dem Absatz um und stapfte in Richtung Ausfahrt davon, worauf mir Josh nach einigen Sekunden verblüffter Stille natürlich hinterherlief. „Du willst gehen?!"
„Wieso nicht?"
„Niall, es ist mitten in der Nacht!"
Mit einem Ruck drehte ich mich zu ihm um und funkelte ihn an. „Das kann dir doch egal sein."
„Ist es mir aber nicht. Dir könnte sonst was passieren."
Zayn, der nur langsam hinter uns her schlenderte und dabei (weshalb auch immer) breiten Abstand hielt, ließ ein verächtliches Kichern hören. „Das sagst gerade du, Devine."
Okay, das reichte jetzt. Während die beiden weiter diskutierten und sich die kreativsten Beleidigungen an den Kopf knallten, setzte ich zu einem Spontan-Sprint an, mithilfe dessen ich in Sekundenschnelle aus ihrer Sichtweite verschwinden konnte, bevor sie überhaupt etwas mitbekamen. Erst nach einigen Kurven und Häuserecken verlangsamte ich das Tempo, bis ich in schnelles Gehen verfiel – ganz stehenzubleiben wollte ich nicht, da ich es Josh durchaus zutraute, mir zur Not zu Fuß hinterher zu rasen. An welche Idioten war ich da nur geraten? Wenn ich nicht aufpasste, würde ich noch zum Mittelpunkt ihrer verbitterten Machtkämpfe werden, die einfach kein Ende zu nehmen schienen.
Fröstelnd schlang ich die Arme um mich, während ich im schwummrigen Licht der Lampen die Straße entlangging, die hoffentlich in Richtung Zuhause führte – so genau konnte ich das bei Dunkelheit gar nicht sagen, da ich mich nicht allzuoft in diesem Teil der Stadt aufhielt. Es gab vermutlich tausende von Gassen und Tunnel, die schneller ans Ziel führen würden, aber ich musste zugeben, dass ich keine Lust hatte, mich um diese Uhrzeit an irgendwelchen gottverlassenen Orten herumzutreiben.
Als ich nach einiger Zeit das Motorengeräusch eines Autos vernahm, hätte ich mich um ein Haar an die Straße gestellt und dem Fahrer gewunken, als das besagte Fahrzug überraschenderweise direkt neben mir zum Stehen kam und die Beifahrertür aufgestoßen wurde. Instinktiv wich ich ein paar Schritte zurück, immerhin hatte ich letzte Nacht am eigenen Leibe erfahren, dass es nicht immer nur die anderen waren, die Verbrechern zum Opfer fielen, doch als ich die Person erkannte, die sich nun über den Beifahrersitz beugte, verschwand jegliche Furcht.
„Soll ich dich heimfahren?" Zayn wies auf den leeren Sitz. „Ich hätte noch Platz."
Obwohl er wirklich keinen besonders bedrohlichen Eindruck auf mich machte, blieb ich misstrauisch. „Wieso?"
Womit auch immer ich gerechnet hatte, bestimmt nicht damit, dass er sich achselzuckend wieder gerade hinsetzte, lässig abwinkte und „Dann eben nicht. Gute Nacht" sagte.
„Warte!" Dieses Wort verließ meinen Mund schneller als mein Gehirn folgen konnte, doch Zayn begann triumphierend zu grinsen, als ich mich nach einigem Hin und Her entschlossen neben ihn fallen ließ und mit einem Knall die Tür so fest zuschlug, dass das ganze Auto erbebte. „Aber keine Umwege."
„Natürlich nicht."
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Ziall kommen sich näher *-*
Ein längeres Kapitel, weil ich diese Story ehrlich gesagt so schnell wie möglich zu Ende hochladen will ... das Interesse daran scheint nicht wirklich groß zu sein und da ich selbst auch nicht begeistert davon bin ... naja. Einer meiner Selbstmitleidsanfälle xD
Wer auch immer hier liest: Ich würde mich über Votes und Kommis freuen! <3
Dankeschön an die wenigen, die mir immer so tolle Kommentare dalassen und voll mitfiebern, ich liebe euch einfach dafür!!! <3
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