3| Von Schulhöfen und Gesprächen
Aiden
"Dir ist aber bewusst, dass das hier ganz schön komisch ist, oder?" Grayson setzt sich seine Sonnenbrille auf und mustert Aiden.
Der verdreht die Augen. "Ich will doch nur mal kurz kucken."
Im Gegensatz zu seinem Bandkollegen hat er keine Sonnenbrille auf, schließlich ist es kalt und bewölkt, außerdem möchte er erkannt werden. Er will sich nicht verstecken.
"Was denn kucken?", beschwert sich der Blonde weiter. "Quinn auf den Arsch, oder was?"
Er gibt Grayson einen Schubser. "Nein. Ich will sie halt mal kurz sehen. Und jetzt halt die Fresse."
Die Beiden stehen etwas abseits auf dem Schulhof von Quinns Schule. Aiden hat Erin gefragt und die hat ihm, zwar widerwillig, gesagt, wann sie Schulschluss hat.
Er ist sich bewusst, dass es komisch ist, dass er hier auf sie wartet, aber er will sie ja nur kurz sehen. Sie wird davon gar nichts mitbekommen. Das hofft er zumindest, schließlich hat er keine Ahnung, wie er ihr das erklären soll, ohne wie ein Stalker zu wirken.
"Sie kommt raus", informiert ihn Grayson und er sieht zum Eingang. Quinn verlässt das Schulgebäude, an ihrer Seite das Mädchen mit den blonden Locken. Eliza, oder Emily. Er erinnert sich nicht genau.
"Und was wirst du jetzt tun?", will der Blonde wissen.
"Keine Ahnung." Aiden folgt ihr mit seinem Blick, wie sie den Hof überquert. Er würde gern zu ihr gehen, aber er wüsste nicht, was er sagen sollte. ‚Ich liebe dich' wäre wohl etwas unpassend.
Die Mädchen sind schon fast aus dem großen Schultor, als ihn Eliza plötzlich direkt ansieht. Ihre Augen weiten sich, das kann er sogar aus der Entfernung sehen und sofort bleibt sie stehen.
"Scheiße", sagt Aiden leise.
"Was?" Grayson sieht alarmiert von seinem Smartphone auf. Auch Quinn bleibt stehen und dreht sich zu ihrer Freundin um. Sie folgt deren Blick und auch, wenn Aiden eigentlich abhauen will, rührt er sich nicht.
Sie sieht ihn an und sein Herz macht einen Hüpfer. Er hat sie wirklich unglaublich vermisst. Ihr Besuch im Entzug ist viel zu kurz gewesen.
Aiden setzt sich in Bewegung und Grayson folgt ihm, wenn auch wenig begeistert. "Muss das jetzt sein, Denny? Auf dem Schulhof?"
Er ignoriert den Blonden und geht weiter auf Quinn zu. Er weiß selbst nicht genau, warum er das tut, aber es zieht ihn einfach zu ihr. Wie ein unsichtbares Band.
**
Quinn
"Er kommt. Quinny, er kommt." Eliza zieht nervös an meiner Jacke herum.
Ich sehe auf meine Schuhe, während Aiden immer näher kommt. "Ich weiß."
Ich will das nicht. Ich will ihn nicht sehen, ich will nicht mit ihm reden. Schon gar nicht hier mitten auf der Straße. Er soll einfach wieder umdrehen und gehen.
"Hi."
Ich hebe den Blick und sehe direkt in ein Paar wunderschöner schwarzer Augen. Aidens Haare sind komplett schwarz und länger, als wie, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Er wirkt müde und ich ertappe mich bei dem Gedanken, ob es ihm gut geht.
Ich räuspere mich. "Hallo."
Grayson wirkt entschuldigend, als er Eliza am Arm von mir wegzieht. "Wir gehen mal ein Stück, ja?" An mich gewandt sagt er leise: "Es tut mir leid."
Meine Freundin und der Schlagzeuger verschwinden um die nächste Straßenecke und ich scharre nervös mit den Füßen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, ohne zu schreien, oder, noch schlimmer, zu weinen.
"Das ist echt scheiße von dir. Dass du mir auflauerst", meine ich dann und Aiden fährt sich durchs Haar.
"Ich...weiß. So war das eigentlich auch nicht geplant."
"Wie denn dann?", frage ich herausfordernd.
Ein Windstoß bringt meine Haare durcheinander und Aiden streckt die Hand aus, um mir eine Haarsträhne hinters Ohr zu stecken, aber ich weiche zurück. Er lässt seinen Arm wieder sinken.
"Tut mir leid", murmelt er.
Ich beiße mir auf die Lippe und ringe kurz mit mir selbst, dann seufze ich. "Ich will nicht mit dir reden. Nicht hier."
Er sinkt in sich zusammen und ich senke den Blick, weil es mich fertig macht. Ich will ihn nicht verletzen, obwohl er mir mein Herz gebrochen hat. Ich will ihn nicht leiden sehen.
"Du musst es nur sagen und ich verschwinde", meint Aiden traurig.
Ich schüttle langsam den Kopf. "Wir können reden, von mir aus. Aber nicht hier. Wir können zu mir. Wenn du willst."
Ich vermeide es weiterhin, ihn anzusehen, sondern wende mich in die Richtung, in die es nach Hause geht. Er folgt mir.
"Danke."
Ein einfaches Wort, aber ich habe das Gefühl, es bedeutet so viel mehr. Es bedeutet genau das, vor dem ich Angst gehabt habe: eine zweite Chance. Unsere zweite Chance.
Wir schweigen, den gesamten Weg, bis nach Hause. Wir schweigen auch, als ich die Tür aufschließe und wir schweigen, als ich ihn in mein Zimmer führe. Ich lasse mir extra viel Zeit, während ich meine Jacke und Schuhe ausziehe. Aber dann habe ich keinen Grund mehr, nichts zu sagen, also setze ich mich mit etwas Abstand zu Aiden neben ihn aufs Bett.
"Wie geht es dir?", fragt er.
Ich mache ein abfälliges Geräusch und sehe auf meine Hände. "Dafür, dass ich vor ein paar Wochen betrogen wurde, ziemlich gut."
"Hör mal, ich-" Er zögert, scheint nach den richtigen Worten zu suchen. Ich hebe meinen Blick, lasse ihn über Aiden wandern, während er nachdenkt. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr mir seine Nähe eigentlich gefehlt hat. Es ist, als wäre ein Loch in mir gefüllt, dabei bin ich mir nicht mal bewusst gewesen, dass dieses Loch existiert.
"Ich wollte das nicht", fährt Aiden fort. "Ich dachte, ich mache es für die Band. Ich wollte niemanden enttäuschen. Ich...ich weiß auch nicht. Ich wollte einfach das Richtige tun und in diesem Moment, da dachte ich, es ist das Richtige, mit Julia zu schlafen. Für die Band, damit wir einen neuen Investor haben."
Ich verschränke die Arme, versuche, nicht wütend zu werden. Er soll zuerst ausreden.
Er spielt mit einem Faden an seiner schwarzen Jeans und seufzt. "Und ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Ich hätte einfach nein sagen sollen, ich hätte ihr Angebot nicht annehmen sollen. Aber das Management hat Druck gemacht und...es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe, das wollte ich nicht. Wirklich nicht. Du musst mir glauben, Quinn, es macht mich fertig, dich leiden zu sehen und zu wissen, dass ich schuld bin."
Er sagt nichts mehr und ich streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor ich so auf dem Bett herumrutsche, dass ich Aiden gegenüber sitze.
"Du kannst nicht immer anderen die Schuld geben. Du allein hast diese Entscheidung getroffen und du allein bist schuld daran. Du musst nicht immer jeden glücklich machen, das wirst du niemals schaffen." Er macht den Mund auf, aber ich hebe einen Finger. "Warte. Und ich weiß, dass du es nicht leicht hast. Aber trotzdem, du hast mich betrogen. Verstehst du, was das bedeutet? Du hast mein Vertrauen missbraucht, du hast mich verletzt. Und es ist egal, warum du das getan hast, weil es ist schon passiert. Du kannst es nicht mehr rückgängig machen."
Ich stehe auf und beginne, in meinem Zimmer auf und ab zu tigern. Aiden sieht mir stumm dabei zu, während ich versuche, die richtigen Worte zu finden, ohne zu schreien. „
"erdammt, Aiden!" Ich bleibe stehen und sehe ihn an. "Weißt du, wie schwer das grade für mich ist? Hier mit dir zu sitzen, zu reden und dich nicht küssen zu können?! Ich will dir verzeihen, ich will, dass alles wieder so ist wie vorher! Aber ich habe Angst!"
"Wovor?", fragt er zaghaft und steht auf, kommt auf mich zu. Ich lasse ihn mich in den Arm nehmen, während mir stumm Tränen über die Wangen laufen. Es ist sowieso eine Überraschung, dass ich es so lange ohne Weinen ausgehalten habe.
"Davor, dass es wieder passiert", antworte ich. „Davor, dass ich dir blind verzeihe, dir vertraue und dann alles wieder durchmachen muss."
Er fährt mir durch die Haare, lässt mich nicht aus seiner Umarmung. "Glaubst du mir, wenn ich sage, dass ich dich nie wieder betrügen werde?"
Ich lasse mir Zeit für die Antwort, denke nach. Und auch, wenn es mich traurig macht, wenn es weh tut, muss ich sagen: "Nein."
Denn es stimmt. Auch wenn ich Aiden liebe, wenn ich alles für ihn tun würde, ich kann mir nicht sicher sein, dass er mir treu bleiben wird. Und das Letzte, was ich will, ist ihn wieder mit einer anderen Frau zu finden.
Er lässt mich los und tritt einen Schritt zurück. "Ich wünschte, es wäre nicht so."
Ich wische mir die Tränen weg, aber sofort laufen mir neue die Wangen hinab.
"Ich auch", hauche ich und greife nach seiner Hand, drücke sie einmal kurz. "Ich auch."
"Darf ich dich küssen?", fragt Aiden und ich sehe, dass auch er weint. "Ein letztes Mal, sozusagen?"
Stumm nicke ich. Er zieht mich zu sich, legt seine Hände an meine Hüfte und küsst mich. Es ist das Gefühl, das ich die ganze Zeit spüren könnte. Dieses Gefühl von Freiheit, dieses Gefühl von Sicherheit, wenn er mich küsst. Es fühlt sich so richtig an, seine Lippen auf meinen zu spüren.
Aiden löst sich von mir und ich schluchze. Er legt einen Finger unter mein Kinn und hebt mein Gesicht an, sodass ich ihn ansehen muss. Er lächelt, aber es erreicht seine Augen nicht. "Danke."
Ich schniefe wenig damenhaft und versuche, ebenfalls zu lächeln, aber so richtig will es nicht klappen.
"Ist es fair, zu sagen, dass ich dich liebe?", wiederhole ich das, was er zu mir gesagt hat.
Er wendet sich zur Tür, lächelt schwach. "Nein. Eigentlich nicht."
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