24. Vier kurze Geschichten voll Schmerz und Ruhm (IV)
„Sir, es tut mir leid, er... er will nicht warten!", stammelte die junge Frau in dem grauen Hosenanzug. Hektisch strich sie sich die perfekt modellierte Frisur glatt, obwohl es nichts gab, was sie hätte glatt streichen müssen. „Er sagt, es wäre dringend! Sein Name... Sein Name sei Lexington, sagt er, und er hat mich bedroht!"
General Don Maveric Lexington seufzte erschöpft. „Kannst ihn noch einen Moment hinhalten?" Ein Treffen mit seinem Sohn, den er nie kennengelernt hatte, verlangte selbst von ihm, dem erfahrenen General des Empire, eine Vorbereitung.
Die Sekretärin nickte nervös. „Ich kann...", begann sie, warf einen schnellen Blick über die Schulter, und ihre Augen weiteten sich erschrocken. „Warte! Du kannst nicht einfach...", rief sie empört.
Doch der junge Mann mit den zerzausten, dunklen Haaren stieß sie beiseite und trat mit langen Schritten in das Büro. Leere Holster hingen an seinem Gürtel, sein schwerer Mantel ließ ihn massiger wirken, als er war. „Ich denke, wir müssen reden", sagte er kalt.
Maveric wappnete sich. Oft schon hatte er sich schnell auf prekäre Situationen vorbereiten müssen, und diese war nur eine weitere. „Das mag sein", meinte er und nickte der Frau zu.
Der Mann wandte sich um und blickte sie aus dem Augenwinkel an, ein einziger, grimmiger Blick. Sie zuckte zusammen und floh hastig ausdem Büro.
„Danja Lexington", stellte Maveric fest. Sein Sohn. Ein merkwürdiger Gedanke.
Danja lächelte freudlos. „Genau."
Maveric wies knapp auf einen der Stühle, die ihm gegenüber standen. Der Schreibtisch war ein gläsernes Bollwerk zwischen ihnen. „Setz dich."
Danja blickte ihn lange an, doch er befolgte die Bitte. Schwer ließ er sich in den Stuhl fallen, seine blauen Augen blickten trotzig und wütend. Trauer flackerte für Sekunden auf, bevor sie wieder hinter der Wand aus Zorn verschwand.
„Was möchtest du hier?", fragte Maveric sachlich, seine Gefühle sorgfältig aus der Stimme verbannt.
Danja schnaubte. „Ich kehre zu meinem Vater zurück, und er fragt nur, was ich will. Kann ich nicht einfach vorbei schauen?", fragte er lakonisch.
„Dazu hattest du schon oft die Gelegenheit, so oft, wie du auf den Überwachungskameras erschienen bist. Warum also erst jetzt?"
Danja ballte eine Hand zu einer Faust, so fest, dass seine Knöchel weiß gegen seine schmutzige Haut hervortraten. „Du wolltest mich töten lassen. Für das Leben einer verfluchten Unionistenhure!", zischte er.
„Das Empire steht über allem. Ich wollte den Frieden erreichen, und mit Bantwell in unserer Hand wäre mir dies gelungen."
„Und ich war nichts weiter als ein Opfer? Ich, dein eigener Sohn?", fauchte Danja.
„Das Leben eines einzelnen, den ich nie in meinem Leben traf, gegen das Tausender. Ein einfache Entscheidung."
Danja blickte ihn an, die Augen voller Abscheu.
„In hohen Positionen kann man sich den Luxus von Gefühlen nicht erlauben", erklärte Maveric ohne jede Regung.
Danja senkte den Blick, die Zähne fest aufeinander gepresst. „Willst du nicht einmal wissen, was mit meiner Mutter passiert ist?", murmelte er undeutlich. „Oder fällt so etwas auch unter den Luxus von Gefühlen?"
Maveric blickte ihn an. „Zuletzt versuchte ich, sie vor fünf Jahren zu erreichen, als sie mir ein Bild und deinen Namen schickte. Ich bekam nie eine Antwort."
„Sie starb. Ich schlug mich allein durch, schließlich trat ich dem Syndikat bei und rächte mich an den Meriegos, die sie getötet hatten." Danjas Worte klangen abgehackt und flach.
Der General senkte den Blick. „Das tut mir leid."
„Warum hast du mich nie gesucht?", zischte Danja, ohne ihn zu beachten.
„Ich versuchte es. Doch du warst auf Casall. Unsere Ortungssysteme konnten dich nie finden."
„Du hast mich auf den Kameras gesehen."
Maveric sah ihn fest an. „Du hättest hierher kommen können, so, wie du es jetzt getan hast. Ich frage dich deswegen erneut: warum bist du jetzt hier, und nicht schon damals, als deine Mutter starb?"
„Ich habe gewartet. Sie hat immer gesagt, mein Vater würde kommen und mich holen, sollte ihr etwas geschehen. Aber als ich verstanden habe, dass das nicht passieren würde, dass du mir niemals helfen würdest, sie zu rächen, habe ich es allein getan. Ich wurde zu dem Tod der Unsterblichen", zischte Danja zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
„Und der Unsterbliche, der dir bei dem Anschlag auf Bantwell half? Spook Asem?", hakte Maveric nach.
Danja sprang auf. „Nimm seinen Namen nicht in den Mund!", brüllte er.
„Was geschah mit ihm?", fragte Maveric erneut, diesmal sanfter.
Danja schluckte. „Er wurde getötet. Von einem weiteren Unsterblichen, dem einzigen, den ich nicht töten kann", sagte er tonlos, offenbar bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. „Er ist der Grund, warum ich hier bin."
„Wie das?"
Danja bemühte sich, ihm offen entgegen zu blicken. „Ich habe einen neuen Feind. Spook Asem starb wegen einem Befehl von Lemeska Jean Bantwell. Nicht die Unsterblichen sind es, an denen ich mich rächen muss für ihn. Nicht Ezamkhias Delnimes, sondern Bantwell. Die Union von Vetorius. Und ich meine, einst gehört zu haben, dass die Silverclaws unter General Lexington dafür die richtige Adresse sind."
Maveric erlaubte sich ein blasses Lächeln ohne jedes Gefühl darunter. „Du möchtest also in die Sternenflotte des Empire eintreten."
„Bei den Silverclaws anheuern, ja."
„Die Ausbildung wird lange dauern."
„Schießen, fliegen und töten kann ich bereits." Danja hielt seinem Blick stand.
Er wollte ihn stolz machen, erkannte Maveric. Er wollte ihm zeigen, dass er mehr war als nur ein Saboteur, der Unsterbliche tötete. Beinahe hätte er wirklich gelächelt, doch beließ es bei einem trockenen Nicken. „Ich kann deine Motive nicht gutheißen. Deine Beweggründe müssen einzig und allein das Wohl des Empire sein", warnte er ihn. „Auch Rache fällt unter den Luxus der Gefühle."
„Die Vernichtung der Union ist das Wohl des Empire", hielt Danja dagegen.
„Da liegst du falsch. Mehr als nur ein wenig falsch. Die Aufgabe des Empire ist es, Frieden zu wahren. Doch ich werde dich einschreiben lassen. Vetorius schweigt, und eben das ist es, was mir Sorgen macht. Sie rüsten sich, für Vergeltung für das, was du und Jacery ihnen angetan habt, und bei einem dräuenden Krieg kann ich jeden Mann gebrauchen, vor allem einen Mann mit deinen Fähigkeiten", erklärte Maveric sachlich.
Danja lächelte grimmig, seine Hand zuckte um einen Blaster, den er nicht bei sich trug.
„Bist du dir sicher?", hakte Maveric nach.
Danja schnaubte verächtlich. „Hast du Angst um mich?"
„Nein. Ich will nur keinem Deserteur nachjagen, der sich nicht mit Autoritäten anfreunden kann", entgegnete der General.
„Es wird Probleme geben, aber die kann ich selbst lösen. Ich bin mir sicher." Danja straffte die Schultern und blickte ihn offen an, bemüht, so ernsthaft wie nur möglich auszusehen.
Maveric nickte knapp. „Geh zu den Kasernen. Ich werde den diensthabenden Offizier davon unterrichten, dass du bei ihm erscheinen wirst, und darüber, wer du bist. Du wirst getestet und den Kursen zugeteilt werden." Er lächelte blass, diesmal beinahe echt. „Viel Glück, Danja."
Danja nahm nachlässig Haltung an und und salutierte zynisch. „General Lexington", sagte er, die Stimme voller boshafter Ironie, wandte sich um und verließ beschwingten Schrittes das Büro.
Die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken. Maveric wusste, es würde Probleme geben, und er würde Danja nicht beschützen. Niemals. Er war nur ein weiterer Soldat des Empire, und er würde seinen eigenen Weg finden müssen. Und doch konnte er sich eines leisen Anflugs von Stolz nicht erwehren.
Ruhig verbannte er das Gefühl. Er hatte Aufgaben, denen er sich widmen musste, wichtiger als die eines zurückgekehrten verschwundenen Sohnes.
Der Krieg nahte.
~ ~ ~
Das war's. Sprecht zu mir! Was ist eure Meinung zu diesem Ungetüm? Was sagt ihr zu dem Ende, den Charas, zur Welt, wollt ihr mehr davon?
Und bildet sie euch, bevor ihr die Author's Note lest!
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