23. Lemeska (II)
Die Droiden öffneten eine letzte, mit ziseliertem Gold verzierte Stahltür und ließen Spook, Bella und Lemeska hindurch treten, eine gewundene Treppe hinauf, auf das weitläufige Achterdeck, ein rechteckiges Feld aus rotbraun schimmernden Holzplanken. Ein hüfthohes Geländer aus schwarzem Schmiedeeisen, geformt zu Ranken, Tieren, Kreisen und Zahnrädern, die Spitzen vergoldet, begrenzte es an allen vier Seiten, unterbrochen von kunstvoll gefertigten Laternen aus Kupfer und gefärbtem Glas. In drei Richtungen erstreckte sich nichts außer dem Nachthimmel von Vetorius, die Wolkenschwaden schmiegten sich an das Schiff wie Seide an den Körper einer schönen Frau, gelb leuchtend in den Flammen der Triebwerke, vermischt mit dem schwarzen Rauch, der aus den anliegenden Schloten aufstieg. Darunter gähnte ein schier endloser Fall, und schließlich das glitzernde Meer, das weiß gegen die Felsen der Sondraküste schlug. In der letzten lag scheinbar nichts anderes außer der Nebula Umbra, ein Chaos aus Schiffen und Kreaturen, in regelmäßigen Abständen die drei riesigen, meterdicken Masten, umwogt von Takelage und den durchscheinenden Segeln. Lemeska konnte kaum den Bugspriet am Ende des Schiffes erkennen, so gigantisch war sie.
Ezamkhias Delnimes wartete in der Mitte des Decks mit einem rätselhaften Lächeln auf sie, gekleidet in ein goldenes Kettenhemd unter seinem schweren Mantel, die Schnüre waren geöffnet und entblößten seine vernarbte Brust. Er lehnte entspannt auf nur einem Fuß, die Finger seiner linken Hand spielten abwesend mit dem Saum eines riesigen, blaugoldenen Schals, den er sich um die Schultern geschlungen hatte. In der rechten hielt er ein silbernes Gewehr, geformt wie das Maul eines Drachen, mit dem Relief passender Schuppen und Flügel an Lauf und Kolben. Bei seinem Anblick schlug Lemeskas Herz so stark, dass sie glaubte, er müsste es hören, selbst über das Grollen der Triebwerke hinweg.
Neben ihm stand Azurian mit einem hässlichen Grinsen, der wie beiläufig den gespielt tapferen Danja am Kragen packte, als sie sich näherten, und Lukas Fae, der sein übliches, gelangweiltes Lächeln voller Spott zur Schau trug. Doch sie alle verblassten neben dem Captain. Neben ihm wirken sie beinahe farblos.
Sie blieben einige Meter vor den Vieren stehen, und Ezamkhias zog schwungvoll seinen Hut. Die metallenen Federn blitzten auf. „Die wunderschöne Lemeska Bantwell. Ich hoffe, es geht dir gut?", schnurrte er galant, stolzierte auf sie zu und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Fingerknöchel. Seine Bartstoppeln kratzten über ihre Haut.
Das Verlangen schnürte ihr die Kehle zu, und sie schnappte überwältigt nach Luft. „Ich kann nicht klagen", brachte sie hervor, und schalt sich sofort dafür, dass ihre Stimme nicht so fest klang, wie sie es beabsichtigt hatte.
„Das hoffe ich, sonst ist diese Unterredung schnell vorbei", raunte er galant und hob beiläufig das Gewehr.
Lemeska zwang sich, dem Blick aus seinen grauen Augen standzuhalten, und brachte ein Lächeln zustande. Still hoffte sie, es wäre ein verwegenes Lächeln, und nicht so idiotisch, wie es sich anfühlte.
Mit wehenden Gewändern wandte er sich um und tänzelte zu seinem Platz zwischen Azurian und Lukas zurück. „Und natürlich Spook Asem, meinem Freund aus der Bruderschaft der Meriegos. Ich meinte, dir verboten zu haben, einen Fuß auf meine heiligen Planken zu setzen."
Spook Asem schwieg, ohne seinen besorgten Blick von Danja zu wenden, und Lemeska kam der Gedanke, dass sie Ezamkhias genauso ansehen würde, sollte er jemals in Gefahr sein. Sofort ärgerte sie sich darüber. Ezamkhias war niemals in Gefahr.
Außerdem war sein Name für sie immer noch Captain Delnimes. Noch. Still hoffte sie, es würde sich dereinst ändern.
Energisch verscheuchte sie den Unsterblichen aus ihren Gedanken. Sie hatte andere Sorgen.
Nein, nicht wirklich. Es war an den anderen, ihren Sieg herbeizuführen. Nur die letzten Schüsse, die würde sie abfeuern.
Der Captain stieß ein irres Lachen aus. „Es gibt keinen Grund zur Besorgnis, Spook Asem. Du darfst deinen Geliebten bald wieder in deinen Armen spüren. Und zur Verhandlung seines Schicksals darfst du auch deine unseligen Stiefel auf mein Schiff bewegen." Er wandte sich zu Bella um, die mordlüsterne Blicke zu Azurian warf. „Und wer, beim heiligen Empire, bist du?"
Sie straffte die Schultern. „Ich bin Captain Bella Jacery, von der Sternenflotte des Empire. Ich hoffe, dass diese Unterredung bald beendet ist, da ich meine Befehle habe", sagte sie streng.
Er legte sich elegant das Gewehr über die Schulter. „Die da wären?"
„Ich werde Lemeska Jean Bantwell nach Condra bringen." Eisig erwiderte sie den Blick des Captains.
Er kicherte erneut. „Es wird eine Menge passieren, doch dies nicht."
Wütend verschränkte sie die Arme. „Was tust du überhaupt hier? Dies alles geht dich nichts an."
Er legte den Kopf schief und trat mit langsamen Schritten auf sie zu. „Mein Name ist Ezamkhias Delnimes."
Allein sein Name jagte Lemeska ein Schaudern über den Rücken, und sie unterdrückte ein überwältigtes Lächeln.
„Ich wurde zur Hilfe gerufen, weil ich Miss Bantwell in ihrem Kampf gegen dich beistehen soll. Und es liegt nur an ihr, da ich ihre Entscheidungen nicht weiß, dass du mein Schiff lebendig betreten durftest." Er grinste diabolisch. „Deswegen bin ich hier. Um über euch zu wachen, und einen Hauch der Zivilisation unter euch... Barbaren zu wahren. Mein Wort ist Gesetz, und das ist der Grund, warum ihr alle noch lebt. Das Verbot, an Bord zu töten. Spook Asem, denke nicht, dass du davon ausgeschlossen bist." Ezamkhias zog ein Messer aus dem Gürtel, ein silberner Dolch. Symbole, umkreist, verbunden und durchkreuzt von feinen Linien, überzogen die Klinge.
Spook erbleichte. „Wo hast du das her?", flüsterte er, beinahe unhörbar unter dem Grollen der Motoren.
„Danja hat versucht, mich damit umzubringen", meldete Azurian sich zu Wort. „Er hat Mumm, und bezahlt hat er mit einer gebrochenen Nase. Vielleicht auch mit einem Schleudertrauma."
Danja grinste hässlich. „Der Versuch war es wert. Dass der Versuch jedoch fehlschlägt, habe ich nicht in Erwägung gezogen."
Spooks Blick wandelte sich zu ängstlicher Verzweiflung. „Danja..."
„Ich habe es Delnimes gegeben, denn wenn zwei Unsterbliche einander töten wollen, siegt der mit dem Messer, und nicht der mit dem Blaster." Azurian musterte vielsagend das Messer in Delnimes' Hand und die Pistole in Spooks Hosenbund. „Also rate ich dir, im Interesse aller hier, doch vor allem in Danjas, dass du keine dummen Versuche unternimmst, mich zu töten."
Spook atmete tief durch, doch schwieg betroffen.
Lemeska wandte sich zu ihm. „Und dahin geht dein Plan, nicht wahr?", wisperte sie belustigt.
„Sei still, Lemeska", flüsterte er tonlos.
Sie unterdrückte ein Kichern und versuchte, einen halbwegs ernsthaften Gesichtsausdruck anzunehmen. Sie scheiterte, bemerkte sie, ohne, dass sie dafür in einen Spiegel sehen musste.
„Angesichts der Tatsache, dass wir hier so wunderschön versammelt sind, und dass ich pissen muss wie ein Schwein, können wir das Geplänkel beiseite lassen und fein säuberlich aufzählen, was wir wollen? Ohne uns anzulügen, versteht sich." Lukas Fae vergrub die Hände in den Hosentaschen und spuckte aus. „Deswegen sind wir doch hier. Um uns gegenseitig zu drohen und dann umzubringen."
„Fae, spuck noch einmal auf meine Planken, und ich bringe dich tatsächlich um. Gesetz hin oder her", warnte Ezamkhias süffisant.
„Warum ist er hier?", wollte Bella wissen.
„Weil ich ihn eingeladen habe?", beantwortete Ezamkhias ihre Frage, ihren gereizten Tonfall nachahmend. „Er hat Freunde hier, die er vielleicht sterben sehen will. Deswegen. Doch er hat recht. Sprecht aus, was ihr wollt."
Lukas grinste. „Und keine Lügen!", setzte er hinzu.
Bella verzog das Gesicht. „Ich habe den Befehl, Bantwell nach Condra zubringen. Das ist es, was mir aufgetragen wurde, und da ich dadurch das erreiche, was ich möchte, werde ich es tun."
Azurian hob eine unsichtbare Augenbraue. „Das ist alles, Bella? Fae sagte, wir sollen uns nicht anlügen."
Die Pilotin ballte die Hände zu Fäusten. „Ich will dich, Azurian Shahakazam, tot sehen. Warum, weißt du", zischte sie mit vor Zorn zitternder Stimme.
Ezamkhias blickte Azurian an. „Warum?"
Der Vraguar seufzte. „Eine lange Geschichte. Sie beginnt mit meinem Eintreten in die Sternenflotte, und enden wird sie heute. Mein Ziel ist es, Lemeska zu retten und der Union zurück zu bringen."
Lemeska grinste ihn an. „Wie des öfteren."
Er lächelte halb. „In der Tat. Und während ich dabei bin, werde ich dich in die Hölle schicken, Jacery, für das, was du Coary angetan hast. Ich habe Lexington gesagt, was du getan hast. Er wird nicht begeistert sein, wenn er Coary in meiner Wohnung tot auffindet. Wisst ihr eigentlich, dass ich mit Lexington verhandeln wollte? Ich bekomme deinen Tod und Lemeska, und er bekommt den Frieden mit der Union. Oder aber er behält Lemeska und ich töte seinen Sohn." Er verstärkte seinen Griff um Danjas Kragen und warf Spook einen vielsagenden Blick zu. „Ihr habt gehört, welche Befehle er Bella gegeben hat."
Spook riss die Augen auf und legte die Hand auf den Blaster, während Danja wütend die Zähne zusammenbiss. „Ich will nur zweihunderttausend Dollar und mein Schiff. Was sonst passiert, geht mir, wie man so schön sagt, am Arsch vorbei. Was ich sonst plane, geht euch alles nichts an", knurrte der Kopfgeldjäger und hob abwehrend die Hände.
Lemeska grinste, während sich der Zorn eisig in ihrer Magengrube sammelte und mit jedem donnernden Herzschlag durch ihre Glieder schoss. „Du willst dem Empire schaden, oder nicht? Nun, beinahe hätte ich ein Angebot für dich, doch es wird von der Tatsache zunichte gemacht, dass ich dich und deinen unsterblichen Geliebten für den Tod meines Vaters mitverantwortlich mache. Ich hatte euch gern, wirklich. Doch ihr musstet euch mit Bella zusammentun, die ich ebenfalls in Fetzen zerreißen will, für alles, was sie mir und meinem Vater angetan hat. Deswegen kann ich dir kaum helfen bei deinem noblen Ziel." Sie verstummte, stolz auf sich selbst. Weder hatte sie angefangen zu weinen, noch hatte ihre Stimme gezittert, selbst, wenn die Tränen ihr wie ein Klumpen aus Wut und Trauer im Hals saßen. Schnell versteckte sie ein heftiges, bebendes Einatmen in einem Husten.
„Ich werde nicht zulassen, dass du ihm etwas antust", sagte Spook, heftiger, als sie es bei ihm erwartet hätte. „Lasst ihn frei, wir verschwinden, und vergessen alles, was zwischen uns stand."
„So funktioniert das leider nicht, Spook Asem", zischte Lemeska.
Ezamkhias blickte die Versammelten milde irritiert an, und schenkte Lemeska ein kleines Lächeln, das ihren Zorn gleichermaßen dämpfte und anstachelte. „So, wie ich es verstanden habe, wollen wir uns alle gegenseitig umbringen, habe ich das richtig verstanden, Lukas?"
Der Techniker zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht zugehört. Aber sollen sie doch, sie gehen mir alle auf die Nerven. Auch du, Spook, schau nicht so entsetzt, obwohl es wirklich schade um dich wäre."
„Angesichts der Tatsache, dass einer der Toten wohl auch Miss Bantwell wäre, und mir eine Menge an Miss Bantwell liegt", Ezamkhias begann, zwischen ihnen auf und ab zu schreiten, „und mit einem unauffälligen Blick auf die Gesetze dieses Schiffes, werde ich nicht zulassen, dass ihr euch gegenseitig abschlachtet wie hirnlose Vraguare."
Azurian verzog das Gesicht, doch schwieg. Lemeska erkannte das amüsierte Blitzen in seinen Augen.
„So weit ich es verstanden haben, sind Miss Bantwell, und Danja Lexington", den Namen sprach er aus wie eine widerwärtige Krankheit, „nicht bei jenen, die sie für sich beanspruchen."
Bella schnaubte. „Das wage ich zu bezweifeln."
„Nicht bei jenen, die sie unversehrt bei sich haben wollen", berichtigte Ezamkhias sich und wedelte mit der freien Hand. „Haarspalterei."
„Ein Austausch also", stellte Azurian fest. „Ich bekomme Lemeska, und Spook bekommt Danja." Er zuckte mit den Schultern. „Einverstanden."
Spook nickte zustimmend. Zufrieden machte Lemeska einen Schritt nach vorn.
Im gleichen Moment spürte sie Metall in ihrem Nacken, und sie erstarrte. „Sie geht nirgendwo hin", zischte Bella.
„Lass sie gehen!", fuhr Spook sie an. „Du hast verloren, Jacery. Du kannst sie nicht mehr nach Condra bringen."
„Oh doch, das werde ich. Ich werde mir meinen Ruf zurückerobern. Ich werde Shahakazams Platz einnehmen und der General wird sehen, dass ich besser bin, als er es jemals war!", schrie Bella mit sich überschlagender Stimme.
Lemeska sah, wie Ezamkhias und Azurian einen schnellen Blick wechselten, so unscheinbar, dass sie glaubte, sie habe es sich eingebildet. Spook entgegnete etwas, doch sie beachtete ihn nicht.
Nachlässig hob der Captain das Gewehr. „Das wage ich zu bezweifeln."
Ein violetter Blitz flammte auf, ein Schuss wie ein Donnerschlag peitschte über das Deck, im gleichen Moment, in dem Azurian auf Lemeska zusprang und sie hart zu Boden riss. Ein weiterer Schuss erklang, leiser als der erste. Ihre gefesselten Handgelenke protestierten, als sie versuchte, sich auf den Planken abzufangen und scheiterte. Krachend schlug ihr Kopf auf dem Boden auf, und ihr wurde für einen kurzen Moment schwarz vor Augen. Krallen bohrten sich in ihre Arme, das Holz unter ihrer Wange war warm und vibrierte unter ihr.
Ein schmerzverzerrter, wütender Schrei erschütterte das Deck. Lemeska spürte, wie das Gewicht, das sie auf die Planken drückte, von ihr wich. „Verzeih mir", sagte Azurian und streckte eine Hand nach ihr aus. „Ich hätte dich warnen sollen."
„War das von Anfang an euer Plan?", wollte sie wissen, ließ sich von ihm auf die Beine helfen und strich sich umständlich ihre Kleidung glatt. Sie schwankte und machte einen benommenen Schritt zu Seite. „Es war ein nicht allzu guter Plan."
Azurian verzog das Gesicht und löste endlich ihre Fesseln. „Wir sind bekannt für halbseidene Pläne. Aber nein, wir haben ihn in dem Moment ersonnen, in dem Bella dich bedrohte."
Lemeska blickte zu Bella, die sich auf den Planken krümmte. Ihr linker Oberschenkel trug einen rauchenden, blutigen Krater, schwarz verkohlt an einigen Stellen und Lemeska meinte, den Knochen schimmern zu sehen. Erneut stieß Bella einen Schrei aus, ebenso verzerrt und zornig wie zuvor, während sie fahrig die Hände auf die Wunde legte. Zitternd schnappte sie nach Luft. „Dafür wirst du bezahlen", grollte sie.
Lemeska grinste. „Das wage ich zu bezweifeln."
Bella spuckte aus. „So viel zu deinen Gesetzen, Captain. Keine körperliche Gewalt an Bord dieses Schiffes. So sagen es deine verfluchten Droiden."
„Du sagst es, Isabella Jacery, ich bin der Captain dieses Schiffes. Ich mache meine Gesetze, wie es mir gerade am besten gefällt. Ein Gott in einem goldenen Königreich." Langsam drehte Ezamkhias sich im Kreis, blies affektiert den Rauch von dem silbernen Drachenmaul und betrachtete die wabernden Segel. Theatralisch breitete er die Arme aus, das Kettenhemd klirrte. „Gerade gefiel es mir, dir ins Bein zu schießen." Elegant warf er sich das Gewehr wieder über die Schulter, während Bella sich zischend zu ihren Füßen wand.
Der Anblick verschaffte Lemeska mehr Genugtuung, als sie erwartet hatte. Sie hatte beinahe gewonnen, noch ein paar wenige Schritte, und sie hatte alles, was sie wollte.
Danja musterte sie zweifelnd. „Ich hätte es nie gedacht, dass du mir einst sympathisch werden könntest, Captain, doch du hast es geschafft. Wie oft habe ich schon darüber nachgedacht, es zu tun. Dennoch hätte ich gerne meine zweihunderttausend. Ist einer von euch willens, sie zu zahlen?"
„Ich glaube kaum, dass du in der Lage bist, Forderungen zu stellen", schnaubte Azurian.
„Danja, du hast die Messer von Karakis, Croons und Maywell. Das ist genug. Lass uns einfach verschwinden", sagte Spook beinahe flehend.
Danja biss die Zähne zusammen, doch rührte sich nicht. Schließlich blickte er den Captain an. „Habe ich die Erlaubnis, zu gehen?", fragte er zynisch, und wandte sich bereits um, bevor Ezamkhias geantwortet hatte.
„Nein", fuhr Lemeska mit schneidender Stimme dazwischen.
„Nein", wiederholte Ezamkhias mit einem irren Lächeln.
Danja blieb stehen und wandte sich um. „Was gibt es noch zu tun?", wollte er wissen.
„Zu sterben, für Calixtus Bantwell. Du hättest gehen können, du hättest Bella einfach ins Messer laufen lassen, aber deine Gier war dir wohl doch zu wichtig." Erneut spürte Lemeska, wie der Zorn unter ihrer Haut entlang kroch wie ein träger Fluss aus eisigem Wasser und glühendem Feuer zugleich.
Spook drängte sich an ihm vorbei. „Ihr werdet ihm nichts tun", sagte er fest.
„Heiliges Empire, Spook. Du hast keine Schuld. Ich war es ja wohl, der unbedingt des Geldes wegen weitermachen wollte. Du wolltest mich nur davon abhalten." Danja klang genervt und verängstigt zugleich.
Lemeska hob zweifelnd eine Augenbraue. „Ich dachte mir schon, schließlich ist grundloser Mord nicht dein Stil, Spook. Du hast wohl nur geholfen, weil du Danja nicht allein lassen wolltest. Warum hast du Bella nie getötet? So, wie ich es dir vorgeschlagen habe? Dann wärt ihr beide in Sicherheit gewesen."
„Du sagtest es bereits. Grundloser Mord ist mir zuwider", sagte Spook kalt. „Ich hatte gehofft, wir könnten uns retten, auch ohne, dass ich zur Waffe greifen muss."
„Welche Schande, dass es nicht funktioniert hat", seufzte Azurian und unterdrückte ein Gähnen.
„Egal, was ihr vorhabt, ich werde nicht zulassen, dass ihr Danja etwas tut", beharrte Spook.
„Wie nobel", schnaubte Danja, und Lemeska sah den Schmerz in Spooks Augen aufflammen, doch er schien nicht nachgeben zu wollen. „Spook, das ist Unsinn."
Lemeska holte Luft für eine harte Erwiderung, als sie jemanden hinter sich spürte. Metall klirrte leise. „Miss Bantwell, willst du sie wirklich beide tot sehen?", raunte Ezamkhias Delnimes, sein Atem strich heiß über ihren Hals und ließ sie erschaudern.
Sie nickte beinahe unmerklich.
„Oder willst du sie zugrunde richten, bis sie es bitterlich bereuen werden, sich dir jemals in den Weg gestellt zu haben?", flüsterte er, die Stimme tief und dunkel.
„Wie?", wisperte sie. Es war erstaunlich schwer, sich in seiner Anwesenheit zu konzentrieren.
Ezamhkias antwortete nicht, sondern zog etwas aus der Tasche seines Mantels. Silber flammte auf, als er herumwirbelte und das Messer bis zum Heft in Spook Asems Bauch rammte.
Spook keuchte und stolperte zurück. Nach Luft schnappend presste er die Hände auf die Wunde, Blut befleckte seine Hände. Er fiel auf die Knie und starrte Lemeska ungläubig an. Seine Lippen bewegten sich, doch kein Ton kam darüber. Delnimes zog das Messer aus seinem Fleisch, schmatzend löste sich die Klinge.
Danja griff an seine Hüfte, doch kein Blaster war dort zu fassen. „Was hast du getan?", fauchte er, Tränen färbten seine Stimme und vermischten sich mit Zorn.
„Das", sagte Ezamkhias hochmütig, das Kinn stolz gereckt, „war ein Stich in den Bauch. Er stirbt nicht sofort, oh nein. Er wird Stunde für Stunde dahinsiechen, Säure wird sein Inneres zerfressen, während du ihm zusehen musst. Du kannst gehen, Danja Lexington. Geh und nimm ihn mit dir, flieh mit deinem Schiff, wohin du auch willst, doch es gibt Wunden, die sich nicht heilen lassen." Er betrachtete die Klinge, das Blut schimmerte kuperfarben im goldenen Licht.
Danja starrte ihn hasserfüllt an. „Fae!", fuhr er den Techniker an, der mit unbeteiligter Miene an seinem Bart zupfte. „Hilf mir, ihn zu meinem Schiff zu bringen. Wir... wir fliegen nach Neor. Wir retten ihn." Seine Stimme war verzerrt vor Angst und Wut.
Lukas warf Ezamkhias einen kurzen Blick zu, dann trat auch er zu Spook. „Nimm seine Füße. Zieh dein Hemd aus, und presse es auf die Wunde", befahl er dem Kopfgeldjäger, und Danja befolgte fahrig seine Anweisungen. „Verschwinden wir."
„Wartet." Ezamkhas warf ihnen das Messer vor die Füße. „Ihr werdet es brauchen."
Danjas Gesicht verfärbte sich dunkel vor Zorn, doch Lukas hob die Klinge auf und steckte sie in seinen Gürtel. „Los jetzt", befahl er Danja grob. „Bevor er uns verblutet."
Bevor sie die Treppe erreichten, wandte Danja sich zu ihnen um. „Das wirst du bereuen, Bantwell. Und schau nicht so unschuldig, du hast ihn auf uns gehetzt. Du wirst es bereuen, dich mit mir angelegt zu haben!", fauchte er.
„Das wage ich zu bezweifeln", flüsterte Lemeska. Sie wusste, dass Ezamkhias recht gehabt hatte. Solange Spook litt, würde Danja sich wünschen, er hätte sich niemals mit ihr oder Bella eingelassen, eine viel bessere Rache als ein geradezu ordinärer Tod. Und was sollte Danja tun? Er hatte nichts gegen sie in der Hand.
Und falls doch, hatte sie etwas Besseres als alles, was er jemals aufbringen konnte.
Kurz blickte sie ihnen sinnierend nach, als ein leises, keuchendes Lachen sie aus ihren Gedanken riss.
„Und was", hustete Bella Jacery heiser, „hast du für mich geplant? Verletzt du nun auch denjenigen, den ich am meisten liebe? Dafür wirst du weit fliegen müssen."
Azurian schnaubte. „Dafür muss sie den Arsch keinen Fingerbreit bewegen. Denn du liebst dich selbst am meisten, nicht wahr? Dein Hunger nach der Anerkennung des General, der Versuch, mich dafür auszuschalten, die verfluchte Liga, die du ausgesandt hast, um einen Lotsen zu töten, der nichts mit unserer kleinen Meinungsverschiedenheit zu tun hatte. Alles nur, damit du aufsteigst."
Bella lachte keuchend, Schweiß stand auf ihrer Stirn. „Ich habe für mein Ziel gekämpft, Shahakazam. Das kann man ausdrücken, wie man will. Behaupte nicht, dass du nie für deine Ziele über Leichen gegangen wärst."
Azurian lächelte freudlos und doch stolz, seine schwarzen Zähne glänzten. „Ich habe mich nicht an jenen vergriffen, die nichts damit zu tun hatten, nur um dir zu schaden. Ich wusste, wo es Grenzen gibt."
Die Pilotin spuckte aus. „Grenzen sind für jene, die verlieren."
Ezamkhias schnaubte. „Das halte ich für ein Gerücht", flüsterte er Lemeska zu, ein versonnenes Lächeln auf den Lippen.
Metall streifte ihren Arm. Ein aufgerissenes Drachenmaul starrte ihr hungrig entgegen, silberne Schuppen schmiegten sich an ihre Handfläche. Das Gewehr war schwer, schwerer als jede Waffe, die sie jemals in den Händen gehalten hatte, doch es gab ihr das Gefühl, unbesiegbar zu sein. Nein, nicht unbesiegbar.
Unsterblich.
„Captain Jacery, ich muss dir in diesem Punkt zustimmen", erhob Ezamkhias die Stimme. „Grenzen sind nicht für jene, die den Sieg erringen wollen, aber sie sind für die Ordnung unverzichtbar, so wie die Ordnung für uns unverzichtbar ist. Aber was interessieren einen Gott die Gesetze, die Grenzen, die Ordnung? Nein, Götter erschaffen sie. Und auf diesem Schiff bin ich der Allmächtige."
Elegant trat er auf Lemeska zu und umschlang ihre Taille, zog sie zu sich heran, bis ihr gestohlenes Hemd seine Brust berührte. Er roch nach Blut und Schießpulver, nach Kupfer und nach stechenden Chemikalien, und als sich seine Lippen auf ihre senkten, schmeckte er süßer als der Sieg. Sie schlang ihren freien Arm um ihn, das Metall des Kettenhemdes krallte sich in ihren Arm, doch sie bemerkte es kaum. Seine Finger fuhren durch ihre Haare, seine Bartstoppeln kratzten über ihre Lippen, und für einen Moment vergaß sie, wo sie war, wer sie war und wer ihnen zusah. Ezamkhias wurde zu ihrer Welt, und sie ließ sich treiben in seinen Küssen, die sie einhüllten wie einen Kokon ohne Raum und Zeit.
Er löste sich vor ihr, für einen winzigen Zentimeter, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, für einen weiteren, glühenden Kuss, der ihren gesamten Körper in Brand steckte. „Lemeska Jean Bantwell", raunte er, so tief, dass sie schauderte vor Erregung, „als Gott über diese Welt gewähre ich dir die Gabe des Todes."
Zorn donnerte durch ihre Adern, vermischt mit der Kraft, die Ezamkhias ihr gegeben hatte. Als hätte der Kuss des Unsterblichen seine Macht an sie weitergegeben, ein Gefühl, wie es nur der Kuss eines Gottes geben konnte. Mit dem Gewehr in den Händen wirbelte sie zu Bella herum und legte die Waffe an, die ihr plötzlich so leicht wie ein einfacher Blaster erschien. „Gibt es noch etwas, was du sagen möchtest, Jacery?"
„Du willst mich also erschießen wie eine Kobaltkatze?" Bella lachte auf.
Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, drückte Lemeska ab. Ein violetter Blitz erhellte das Deck, und das Gesicht der Pilotin verschwand in einer Explosion auf purpurnem Licht. Sie sackte in sich zusammen und fiel rücklings auf das Deck. Lemeska verzog das Gesicht. Ein wenig widerspenstiger hatte sie sich ihren Tod vorgestellt.
Doch niemand leistete mehr Widerstand, nachdem man ihm das Gesicht wegschoss.
Azurian trat zu ihr und blickte auf Bella hinab. „Lang lebe Coary Ffoukes", murmelte er.
Sie nickte. „Lang lebe Calixtus Bantwell."
„Wie fühlst du dich?"
„Ich... ich weiß es offen gestanden nicht."
„Erleichtert?"
Sie nickte. „Das trifft es wohl." Das traf es nicht, es war so viel mehr. Sie fühlte sich, als würde sie schweben. Als gehörte das Universum ihr allein.
~ ~ ~
Das waren: pompöse Reden, Cheesiness, Drama, Drama, dämliche Drohungen und noch mehr Drama. Ist es nicht wunderschön?
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