
4. Kontrolle
Jiriya PoV
Wenige Stufen trennten mich noch von der tiefschwarzen Mauer, die hoch in den Himmel ragte, sodass man die Sonne noch immer nicht ganz sehen konnte. Langsam schob sie sich über die Spitzen der Mauer, färbte den Horizont blutorange und brachte Licht in die Dunkelheit der Nacht, tauchte die Dächer der Häuser in einen morgendlichen warmen Farbton und weckte die Bewohner der Stadt.
Das schwarze Gestein der Mauer würde sich zudem durch die Sonne im Laufe des Tages immer mehr erhitzen. So stark, dass man die Mauer nicht anfassen konnte, ohne sich zu verbrennen. Man sollte die Mauer auch nicht anfassen. Niemand sollte das Bedürfnis verspüren sich der Mauer auch nur zu nähern. Nicht mal auf die Idee kommen, darüber nachzudenken, was dahinter liegen könnte.
Es war ein Verbrechen die Mauer zu berühren und jeder sollte durch die Verbrennungen wissen, was man getan hatte. Es ging um Kontrolle. Im Schatten der Mauer waren wir gefangene Insekten, die sich auch noch bedankten, da sie sich sicher fühlten.
Ich hasste die Mauer. Wegen ihr würde ich diesen Ort hier nie verlassen können. Es war zu gefährlich zu Fuß die Wüste zu durchqueren und jeder der die Stadt verließ wurde genaustens kontrolliert.
Hastig nahm ich die letzte Stufe und drängte mich in den Schatten des letzten Hauses. Ich musste nun über den Schlossplatz gehen. Den größten und offensten Platz in der ganzen Stadt, welcher sich direkt vor dem Schloss befand. Hier würden sich Mengen an Schaulustigen anfinden, die einen Blick auf den Prinzen von Mondulai werfen wollten. Die ihn begeistert begrüßen wollten mit einem falschen Lächeln und geheuchelter Gastfreundlichkeit. Keiner würde sich wirklich über die Ankunft eines Prinzen freuen, der ein Sprout war. Trotzdem würden sie um seine Gunst buhlen und der Prinz?
Der Prinz ahnte wahrscheinlich nicht einmal etwas über die wahren Gefühle seiner Untergebenen.
Wie sollte er das auch wissen?
Sicherlich lebte er ein behütetes Leben und keiner würde es wagen sich negativ in seiner Umgebung zu verhalten.
Mich stellte der Schlossplatz jedoch vor ein Problem. Wie nur sollte ich ihn ungesehen überqueren? Im Schutz der Nacht war das schon gefährlich, da man sich so offen zeigen musste und schon von Weitem gesehen werden konnte. Doch am frühen Morgen? Das war vergleichbar mit der Bitte den Kopf zu heben oder die Kapuze meines Umgangs zu lüften. Man würde mich sehen.
Doch ich musste zur Mauer. Vielleicht hatte ich Glück und niemand würde auf eine einsame weibliche Figur achten. Ich könnte eine Bedienstete aus dem Schloss sein, die wegen dem kommenden Prinz losgeschickt wurde, um etwas Bestimmtes zu besorgen. Ich war harmlos. Eine einfache Frau, die wie es sich gehörte den Kopf unten hielt.
Innerlich drehte sich mir zwar der Magen um bei dem Gedanken mich als hilflose unterwürfige Frau darzustellen, aber das könnte die einzige Möglichkeit sein unbehelligt davon zu kommen, sollte ich von einer Wache aufgehalten werden.
Einmal tief einatmend, fasste ich mich und lies dann meinen Körper einsacken. Die Schultern gebeugt, den Kopf unten und mit kleinen schnellen Schritten huschte ich aus dem schützenden Schatten hinaus auf den leeren weiten Platz. Sofort fühlte ich mich beobachtet. Von überall hatte ich das Gefühl würden sich Augen in meine eingesunkene Gestalt bohren und jeden Schritt den ich tat verfolgen.
Ich versuchte schneller zu gehen ohne das laufen anzufangen. Würde ich laufen, würde ich nur verdächtiger wirken als ich es schon war.
,,Stopp!", hielt mich eine keinen Widerspruch erduldende, männliche Stimme auf, wodurch mein Herz panisch zu klopfen begann. Wurde ich jetzt als Sprout enttarnt, wäre alles vorbei für mich. Nein ich konnte hier nicht aufgeben! Ich musste zu Celrin. Beruhig dich und verhalte dich normal! Du bist nur ein Mädchen, dass geschickt wurde um Einkäufe zu erledigen. Nichts weiter. Nur ein normales Mädchen.
Hart schluckte ich und hoffte meine Stimme würde meine Panik nicht verraten, als ich mich der männlichen Person zudrehte und dabei den Kopf unten hielt.
Kaum fiel mir die Kleidung des Mannes ins Auge, bekam ich weiche Knie. Er trug die azurfarbene Uniform mit den goldschwarzen Akzenten einer Wache ersten Ranges. Ein Kavoij.
Eine einzelne Wache dieser Art war in der Lage eine ganze Armee auszuschalten. Sie waren die besten Kämpfer mit egal welcher Waffe. Sie waren die besten Täuscher, Beobachter und unverbiegbar loyal der königlichen Krone. Man munkelte sogar, dass sie fähig wären zur Magie.
Doch vor allem hatte noch nie, niemals irgendwer einen Kavoij anlügen können ohne entlarvt zu werden. Es war hoffnungslos. Ich würde diesen Mann nicht hinters Licht führen können. Er würde durch meine Tarnung sehen als wäre sie aus Glas, wenn er das nicht schon längst hatte.
,,Was macht ein junges Mädchen wie du hier so früh am Morgen?", fragte mich der Mann freundlich. Viel zu freundlich. Schaudernd blickte ich weiter auf meine nackten Füße.
,,Ich musste den Platz überqueren wegen einer wichtigen Sache", murmelte ich und versuchte eingeschüchtert zu klingen, was nicht schwierig war, da ich vor dem Mann vor mir wirklich Angst hatte. Zumindest war das keine Lüge.
,,Einer wichtigen Sache....?",wiederholte der Kavoij als würde er meine Worte bewerten.
,,Ich nehme an du erzählst von dieser Sache so wage, da du nicht preisgeben möchtest wobei es sich dabei handelt?", sagte er während ich beinahe komplett das Atmen vergaß. Gleich würde er mich danach fragen. Er würde erfahren das ich zur Mauer gewollt hatte und er würde herausfinden das ich eine Sprout war.
Es war alles aus.
Alles vorbei.
,,Ja genau deshalb wäre ich Euch wirklich verbunden, wenn Ihr, mein Herr nicht weiter danach fragen würdet", sagte ich möglichst unterwürfig und ohne meine Panik zu zeigen.
Frag nicht nach! Bitte frag nicht nach!
Betend kniff ich die Augen zusammen und wartete auf die Antwort der Wache, die mich gerade völlig in der Hand hatte.
Lange schwieg der Mann einfach nur und betrachtete mich von oben bis unten.
Als er sich endlich räusperte, zuckte ich beinahe zusammen.
,,Bist du vielleicht zufälligerweise die neue Zofe für Prinz Clios? Baron von Jerismah hat versprochen heute ein hübsches junges Mädchen zu schicken, dass den Wünschen des Prinzen genügen soll. Er meinte sie sei eine außerordentlich hübsche Sprout. Ich nehme an, du bist eine Sprout nicht wahr?"
Ich war aufgeflogen.
Er fragte nicht wirklich. Es war nur eine höfliche Art der Feststellung seinerseits.
Ich würde es nicht zu der Mauer schaffen. Celrin würde es ohne mich schaffen müssen. Ich konnte jetzt nur noch für Celrins Sicherheit beten.
Für mich war es zu spät.
,,Ja bin ich", flüsterte ich und schob die Kapuze meines Umgangs weg, sodass mein weißes Haar in dem Licht der hellen Sonnenstrahlen badete und mein Schicksal für mich festlegte.
Marienkaefer4: Ein Kapitel mit dem ich ebenfalls auf einen Konflikt hinweisen wollte. Auf Länder in denen man vom Rest der Welt abgeschnitten ist und einem vorgegeben ist, was man denken soll.
Nun gut was meint ihr passiert jetzt mit Jiriya?
Und wird sie Celrin wiedersehen?
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
Alles Liebe
Eure Marienkaefer4
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