j. sargent
Swenja POV
„Was ist dir denn über die Leber gelaufen?", wurde ich von der heiteren Stimme meiner besten Freundin Addison am Morgen gegrüßt, als ich mich gerade von meinem rostigen Fahrrad schwank und es doch recht aggressiv in den Fahrradständer presste, sodass das Metall laut schepperte. Damit zog ich die Aufmerksamkeit einiger meiner Mitschüler auf mich, ließ mich davon allerdings nicht weiter beirren.
„Nichts!", brummte ich schlecht gelaunt, wusste aber, dass Addy meine Lüge sogleich entlarvte. Sie legte ihren Kopf schief, sodass ihre roten Haare elegant auf ihre Schultern fielen. Die Mascara hob ihre magisch Grünen Augen hervor und ließ keinen Zweifel daran, dass sie dieses Jahr zur Promqueen gekürt werden würde. Wer wenn nicht sie?
„Swenja...", nörgelte sie und drängte mich damit sogleich mit der Wahrheit rauszurücken, was angesichts der Umstände so oder so logisch wäre, immerhin hatte sie mich a) schon entlarvt und b) würde ich es ihr sowieso in zehn Minuten verraten, weil ich ein offenes Buch war.
Dennoch wollte ich mich nicht der Blöße geben, die meinen gestrigen Tag gekennzeichnet hatte, vor allen Dingen nicht, wenn gerade unsere restlichen Freunde eintrudelten.
„Mike, die Kellnerin von der Bar deines Bruders anzuflirten ist ein romantischer Akt Valentinstag!", hörte ich Eve, die vergeblich versuchte Mike wieder einmal von seinem ungesunden Verschweiss von Frauen loszubekommen. Dieser verdrehte bloß die Augen und suchte dann Schutz bei mir.
„Swenja, sah ihr, dass sie sich aufhören soll, wie meine Mutter zu benehmen!", bat er mich und verwies auf die Blondine, die bloß ihre Augen verdrehte und mir telepathisch die Aufforderung zukommen ließ, Mike doch bitte darauf hinzuweisen, dass er sich endlich eine Freundin suchen sollte.
„Es gibt Dating Websites!", meinte sie.
„Oh ja", mit fälschlicher Begeisterung klatschte er in die Hände.
„Dann Ende ich wie Malcolm, mit einer dreißig Jährigen, die mir gegenüber sitzt!", fügte er hinzu. Im selben Moment schnaubte Malcolm empört: „Das war nur ein Mal!"
Unter anderen Umständen hätte ich die Gespräche meiner Freunde genossen, doch gerade jetzt konnte ich es kaum abwarten, bis der Unterricht endlich begann und ich mich in englischer Literatur verkriechen konnte.
Ich spürte Addisons besorgten Blick auf mir, schüttelte allerdings meinen Kopf, als Zeichen, dass wir dieses Gespräch nicht jetzt haben würden.
„Ich muss", meinte ich stattdessen und drängelte mich zwischen Mike und Malcolm vorbei in Richtung des Campus, wo sich die Mengen auf die einzelnen Gebäuden verteilten. Ich ordnete mich in eine Gruppe ein und glaubte fürs erste jeglicher sozialen Interaktion entkommen zu sein, bis ich in meinem Englisch Raum saß und Addy bemerkte, die sich neben mich setzte.
„Wird schwer mich zu ignorieren, wenn du fast den ganzen Tag Unterricht mit mir hast!", murmelte sie, während ich nebenbei die Tasche vom Arm rutschte. Frustriert schnaubte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. Die Professorin war noch nicht da und das, obwohl sie immer überpünktlich war. Ein weiterer Beweis dafür, dass mich das Universum scheinbar hasste.
„Was ist los? Je früher du es sagst, desto früher kann ich helfen!", redete Addison sanft auf mich ein. Ich presste meine Arme fester an meinen Oberkörper und stierte weiterhin das Pult an.
„Josh hat Valentinstag vergessen", murmelte ich leise und merkte aus dem Augenwinkel, wie die Professorin den Raum betrat.
„Was?", hakte Addison irritiert nach.
„Unterricht beginnt!", vertröstete ich sie mit kühler Stimme, ohne Antwort auf ihre Frage zu geben.
***
Der Schultag konnte gar nicht schnell genug vergehen. Meine Laune war tiefer, als im Keller und ich hatte das Gefühl jeder Person den Kopf abreißen zu wollen. Addisons Fragen, ob mein Freund dich TATSÄCHLICH den Tag der Liebe vergessen hatte, bejahte ich und weitere Nachfragen beantwortete ich immer mit der gleichen Aussage: er hat sich nicht gemeldet und war nicht zu erreichen.
Bislang hatten Josh und ich die Distanz zwischen Amerika und Deutschland eigentlich ganz gut überbrücken können, aber das Vergessen des Valentinstages war wohl ein neuer Tiefpunkt in unserer Beziehung.
Nach der letzten Stunde Bio war ich die erste aus dem Raum und auf direktem Weg zu den Fahrrädern. Ich schubste mir den Weg frei und ignorierte das genervte Stöhnen meiner Mitmenschen, die ich unsanft zur Seite schob. Auf dem Weg Heim ignorierte ich jegliche Ampeln und radelte schnell durch die Siedlungen. Immer wieder prüfte ich mein Handy, doch auch heute hatte Josh nicht den Anstand sich zu melden.
Ich platzierte mein Rad neben unserem alten Truck in der Garage und machte mich anschließend auf den Weg zur Tür. Die Schlüssel klimperten in meiner Hand und ich warf sie immer wieder hoch, konzentriert darauf sie aufzufangen. Auf einmal war mir das nicht mehr möglich, da die Schlüssel mir in der Luft weggeschnappt wurden.
„Ey!", meinte ich entrüstet und hob meinen Kopf. Mir fiel sofort die rote Mähne auf und das breite Grinsen, was für Josh so typisch war.
„Ey!", ahmte er mich mit extra tiefer Stimme nach und grinste dann breiter.
Ich stand wie angewurzelt da und blickte ihn bloß fassungslos an.
„W.... was machst du denn hier?", stotterte ich. Josh lachte: „Meine Freundin besuchen und mit ihr den Valentinstag verbringen. Naja..."
Er neigte seinen Kopf zur Seite: „Eigentlich war das der Plan, aber dann hatte mein zweiter Flug in Paris Verspätung und ich habe den 14. dann alleine in der Stadt der Liebe verbracht.
Ist nicht ganz so gelaufen, wie geplant und jaaaa, ich weiß, ich hätte dich anrufen sollen, aber dein Freund hat sein Handy kaputt gemacht!"
Als Beweis fischte er sich das Handy auf der Jackentasche mit dem zertrümmerten Display. Mein Blick lag nur kurz darauf, dann sah ich wieder zu Josh.
„Alles nicht ganz nach Plan gelaufen", murmelte er belustigt.
Im nächsten Moment fiel ich ihm einfach um den Hals, vor lauter Erleichterung, dass ich doch nicht gelogen hatte, wenn ich beteuerte den besten Freund auf Erden zu haben.
———
Hat was gedauert, bis hier wieder was kam, aber mir sind die Ideen ausgegangen.
Ich hoffe es gefällt euch 💗
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