esteban ocon 1/2
Für Lina_296
[3]: „Ich weiß nicht, ob er es überlebt!"
LINA
Fassungslos starrte ich auf dem Monitor vor mir, hatte das Gefühl, als würde der Dampf aus ihm steigen und nicht aus dem Rennwagen auf dessen Bildschirm. Vielleicht wäre es mir lieber, dass der Bildschirm brennen würde, denn dann würde es nicht bedeuten, dass mein Freund gerade wie aus dem Nichts in die Boliden gekracht war und man per Funk nicht zu ihm durchdrang. Ja, mit Sicherheit wäre es besser, wenn nur der Bildschirm, nur der Monitor dampfte und nicht der Wagen.
„May....", meine Hände mit denen ich nach einer der Mitarbeiterinnen von Alpine tastete, die mittlerweile zu meinen engen Freunden gehörte, zitterten mindestens genauso stark, wie meine Stimme.
„W.... was ist.... was ist passiert?", hauchte ich und war mir dabei sogar ziemlich sicher, dass ich die Antwort gar nicht hören wollte.
„Lina", murmelte May leise und ergriff meine Hand. Ich spürte ihr Blick, der sich in mich bohrte, aber ich schaffe es nicht diesen zu erwidern, da ich Angst hatte, was ich in diesem Lesen würde. Mein Magen knotete sich zusammen, mit wurde heiß und zugleich unfassbar schlecht, so schlecht, dass mir ganz schummrig wurde und kleine Sternchen in meinem Blickfeld aufblitzten.
„Ich... ich", stotterte ich und taumelte benommen einige Schritte zurück. Der Sonnenschein blendete mich und frische Luft schien gerade die beste Flucht. Kurz kreuzte sich mein Blick mit dem von May, doch ich wünschte, dass er es nicht getan hätte, denn die Angst in ihrem Blick gab mir den Rest. Ich floh förmlich aus der Garage heraus direkt vor die Garagen und bemerkte, wie es bei den Pitstops ausgesprochen ruhig war. Und ich wusste, dass Stille während eines Rennes nie etwas Gutes zu bedeuten hatte. Ich sah mich um und sah einen kleinen Grasweg zwischen zwei Garagen, flitzte dorthin und noch bevor ich irgendwie länger grübeln konnte, entleerte sich mein Magen wie von selbst. Ich wünschte, dass ich sagen könnte, dass ich mich danach besser fühlte, aber das konnte ich nicht behaupten.
„Lina!", vernahm ich dann die Stimme von einer weiteren guten Freundin, diesmal war es allerdings Nele. Ich spürte zwei Hände, die sich auf meinen Rücken legten und mir sanft über diesen strichen, bis ich mich ein wenig beruhigt hatte. Zitternd streckte ich meinen Oberkörper wieder hoch und sah zu Landos Freundin herüber, die ich vor einiger Zeit kennengelernt habe.
„Ich wollte gerade zu dir laufen", ließ sie mich wissen und zog mich in ihre Arme. Ich klammerte mich fest an sie und presste mein Gesicht in ihre Schulter.
„Es war bestimmt alles halb so schlimm!", redete Nele mir Mut zu, während sie mir weiter beruhigend über den Rücken strich. Ich drückte mich sofort von ihr weg und blickte sie ungläubig an.
„Nicht so schlimm?", hakte ich nach, wischte mir dabei die Bächen von Tränen von den Wangen, die aber direkt wieder nachliefen.
„Das war die schnellste Kurve der Strecke. Hast du den Crash nicht ges...", weiter kam ich nicht, da Nele warnend ihren Finger hob und mich streng musterte.
„Nicht die bösen Geister aufscheuchen!", forderte sie und ich hielt inne. Nele behauptete in so gut wie jeder Situation, dass man den Verlauf mit negativen Zukunftsvisionen beeinflussen könnte. Auch wenn ich persönlich nicht daran glaubte, so wollte ich jetzt dennoch nicht weitersprechen nur für den Fall, dass sie womöglich doch recht hatte.
„Lina?!?", rief dann jemand meinen Namen und ich schreckte hoch. Aus der Alpine Garage stürmte gerade May heraus, die einen Kopfhörer vom Ohr zog und zu uns hechelte.
„Seid ihr zu Esteban hindurchgedrungen?", fragte ich hoffnungslos. May blieb vor mir stehen und kämmte sich die zerzausten braunen Haare aus dem Gesicht, dann schüttelte sie enttäuscht den Kopf und ich spürte einen weiteren Zitteranfall, der mich grüßte.
Fuck, fuck, fuck
„Red Flag!", rief dann jemand aus einem Kommandostand und mein Zittern wurde noch spürbarer. Rote Flagge bedeutete selten etwas Gutes, wenn zuvor ein Unfall geschehen war.
„Wie schlimm ist es?", forderte ich dann zu wissen. May presste ihre Lippen zusammen und sah mich an, wie eine besorgte Mutter, die dem Kind nicht die Wahrheit über die Zahnfee erzählen wollte.
„May!", knurrte ich. Sie rieb sich die Nasenwurzel und ließ dann ihre Schultern hängen.
„Sie dringen mit dem Funk immer noch nicht zu ihm durch. Er wird aus dem Wagen geborgen, der Krankenwagen ist da", berichtete sie mir von den vergangen Minuten.
„Ist er schon raus? Ist er auf dem Weg ins Krankenhaus?"
„Ja und ja!", antwortete mir May und sofort flog ein flehender Blick zu Nele, da ich selbst ohne Auto hier war, aber wusste, dass sie ein Auto hatte.
„Ich fahr dich!", versprach sie und ich formte ein stummes Danke mit meinen Lippen. Ich warf einen Blick zu May, die mir zwar zunickte, meiner Meinung nach aber so aussah, als hätte sie mir noch was zu sagen. Fragend blickte ich sie an.
„Er war schnell", hauchte sie. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus, als ich ihren leisen Ton wahrnahm.
„Ich weiß", wisperte ich.
„Er war sehr schnell, es war eine Kurve, es waren viele G-Kräfte!"
„Ich weiß!", sagte ich nun etwas aggressiver.
„Ich weiß nicht, ob er es überlebt!", sagte sie und ich wusste, dass das der Satz war vor dem sie sich so gegrault hatte. Völlig benommen von ihren Worten sah ich zu ihr und spürte, wie sich Neles Finger um meine Hand schloss und sie aufmunternd drückten.
„Denkst du... denkst du er...", ich schaffte es nicht einmal den Satz auszusprechen, da brach ich wieder in Tränen aus. Auch Mays Augen füllten sich mit Wasser und ich vernahm ein Schniefen.
„Ich weiß es nicht, Lina. Ich weiß es nicht", gab sie schwächlich von sich. Meine Knie begannen zu zittern, bevor sie schließlich nachließen und ich zu Boden sank. Nele ging mit mir zu Boden und schloss mich in eine feste Umarmung.
„Noch steht nichts fest. Noch lebt er!", redete sie auf mich ein und legte ihr Kinn auf meinen Kopf.
„Fahr du ins Krankenhaus. Ich halte hier die Stellung und informiere seine Eltern!", schlug May fort, wie wir fortfahren würden. Nele nickte für mich und klärte irgendetwas mit May, bevor sie mich hinter sich ins Auto zog. Die kommenden Stunden verliefen an mir vorbei, als stände ich am Seitenstreifen meines eigenen Lebens. Ich bekam nichts mit und war mir meinen Gedanken nur beim schlimmsten Szenario, was jemals eintreten könnte.
Estebans Tod.
Ich war eigentlich keine panische Freundin, denn Esteban hatte mich oft genug über die Sicherungen aufgeklärt, die am Auto montiert wurden. Aber jetzt? Jetzt fühlte ich mich albern, dass ich noch nie wirklich panisch gewesen war. Immerhin fuhren sie mir mehr 300 km/h über Rennstrecken, um Kurven, an anderen Autos vorbei. Immerhin war das lebensgefährlich.
Im Krankenhaus mussten wir eine halbe Ewigkeit auf irgendwelche Auskünfte warten, ganz egal wie oft Nele irgendwelche Arzthelfer und Krankenschwestern zur Rede stellte. Von Nele erhielt ich nur die Information, dass das Rennen irgendwann fortgesetzt wurde und sie meinte, dass die Formel 1 niemals ein Rennen fortsetzen, wenn Esteban wirklich in Lebensgefahr schweben würde.
Ich wünschte, ich könnte ihr glauben.
Ich wünschte, ich wäre so optimistisch wie sie.
Aber ich hatte den Unfall vergangene Saison von Romain Grosjean vor Augen und damals hatten sie das Rennen auch fortgesetzt. Er hatte überlebt ja, aber der Unfall war groß genug gewesen, um die Legitimation zu haben das Rennen abzubrechen. Aber ich wusste, dass vermutlich ein Fahrer erst einmal direkt auf der Strecke verrecken müsste, bevor die FIA wirklich ein Rennen abbrach und so viel Geld in den Sand steckte.
Ich war so vertieft in meinen Gedanken, dass ich gar nicht einmal bemerkte, wie der Arzt wohl endlich Bericht erstattete. Nele musste erst Tausend mal vor meinen Augen schnipsen, bevor ich wieder zu mir fand.
„Lina, Lina, hey", Nele strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte mich dann sanftmütig an.
„Hmm?", presste ich hervor und zog mein Sweatshirt noch enger um mich.
„Er ist wach!", meinte Nele dann und das Lächeln auf ihren Lippen wurde noch breiter. Mein Herz setzte für einen Moment aus, so wie meine Atmung, bis ich mich am nächsten Atemzug verschluckte und wild zu husten begann.
„Er ist wach?", krächzte ich schließlich und Nele kicherte leise.
„Ja, das hat der Arzt gerade gesagt. Er ist wach, es ist alles halb so schlimm. Er war ohnmächtig vom Crash, aber bislang sind alle Tests auf irgendwelche gravierenden Verletzungen negativ und er ist wieder zu sich gekommen", wiederholte Nele die Worte vom Arzt und mein Herz hämmerte wie wild gegen meine Brust.
„Das bedeutet er lebt?", fragte ich hoffnungslos und Nele nickte: „Du darfst auch zu ihm!"
Mehr brauchte es nicht, damit all Leben wieder in meine Beine kehrte und ich aufsprang, um zu Estebans Zimmer zu laufen, auch wenn ich noch nicht wusste, wo er lag, aber ich würde es schon noch rausfinden.
———
Mal ein bisschen was anderes und das ist ein Zweiteiler verbunden mit einem anderen Wunsch, was ich auch schon immer mal tun wollte. Der 2. Teil kommt dann nächste Woche und ist dann für NeleHerbstwind mit Lando Norris.
Momentan hoffe ich aber, dass euch der Teil gefällt
❤️
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