Kapitel 8
Ein Ruckeln riss mich aus meinen Schlaf, weshalb ich genervt meine Augen aufriss. „Kannst du nicht etwas sanfter fahren? Hier will jemand schlafen!"
Julian warf mir einen kurzen Blick zu, bevor er die Augen verdrehte und die Tür öffnete. „Ich muss tanken und einen Kaffee holen. Komm mit."
Ich seufzte theatralisch. Er hatte es echt ernst gemeint, als er mir sagte er weiche mir keinen Zentimeter von der Seite. Natürlich war es nur zu meinem Schutz, aber ich lies mich nicht gerne kontrollieren. Seitdem wir in New York losgefahren waren herrschte eine unangenehme Spannung zwischen uns. Ich wusste nicht was der Grund dafür war. Vielleicht weil Julian wegen mir an das andere Ende Amerikas fahren musste, weil ich nicht fliegen konnte. Oder ihn störte das er versetzt wurde. Eigentlich wollte ich sagen, dass es mir egal war wie er mich behandelte und das mich nicht interessierte wie unser Verhältnis war. Aber das war es nicht. Im Gegenteil.
Nach kurzem Zögern stieg ich aus, lies einmal meinen Nacken kreisen und streckte meine eingeschlafenen Glider. Direkt neben mir war ein Schild auf dem stand das Portland 100 Kilometer von hier entfernt war. Dann waren wir bisher erst fünf Stunden gefahren, weshalb ich mir ein erneutes Seufzen verkniff. Julian hasste wenn ich das machte und ich wollte ihn nicht unnötig provozieren. Er legte einen Arm um meine Taille und zog mich eng an sich. Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut. Hitze stieg mir in die Wangen. „Was soll das?"
„Nach was sieht's den aus?"
Seine Raue Stimme trug nicht dazu bei, dass mein Körper weniger auf ihn reagierte. Am liebsten wäre es mir mich noch näher an seinen trainierten Körper zu schmiegen. Es war ein Segen und ein Fluch zu gleich einen so attraktiven Bodyguard zu haben. Und hätte ich es damals nicht mit ihm versaut, dann würde ich mir auch den ein oder anderen Flirt erlauben.
Wir betraten eine kleine Tankstelle, nur vereinzelte Leute waren hier. Ein älterer Herr sah sich die Zeitschriften an, eine Frau und ein Kind standen vor dem Süßigkeiten Regal und ein Kerl stand an der Kasse. Für diese kleine Tanke war das vermutlich ein richtiger Ansturm, wenn man in Betracht zog, dass wir mitten in der Einöde waren. Hier würde ich ja nicht arbeiten wollen, so mitten im Nirgendwo. Gab es hier überhaupt Netz?
„Hast du Hunger?"
Ich schüttelte meinen Kopf und senkte meinen Blick. Doch im selben Moment knurrte mein Magen. Durch ein Räuspern versuchte ich das Geräusch zu übertünchen, aber anscheinend hatte er es gehört. Julian runzelte seine Stirn und nahm seinen Arm von meiner Schulter.
„Ist das dein Ernst?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Dann will ich eben nichts essen."
Sein Gesichtsausdruck war der gleiche wie immer, nur das sich jetzt eine tiefe Falte auf seiner Stirn befand. „Du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen. Such dir was aus."
Ich kratzte mich am Nacken und bezweifelte, dass sie hier viel kalorienarmes Zeug hatten. Aber um ihn nicht zu verärgern strich ich durch die Reihen und hielt Ausschau nach irgendwas was mir zusagte.
Julian folgte mir ungeduldig. „Stell dich nicht so an und nehm irgendwas."
Ich schnappte mir einfach was, damit er Ruhe gab und lief mit ihm zur Kasse. Essen musste ich es ja nicht.
Während er bezahlte sah ich aus dem Fenster. Die Abenddämmerung nahm den Himmel ein und wurde von einzelnen flauschigen Wolken geschmückt. Man konnte deutlich sehen, dass es sehr heiß war. Die Luft schien zu zittern und es waren bestimmt noch um die dreißig Grad, obwohl wir schon späten Nachmittag hatten. Die Kakteen stachen aus der Wüste hervor wie Farbkleckse und vereinzelte Canyons vervollständigten das Bild dieser einsamen Landschaft.
Es sah wunderschön aus und ich verkniff mir ein verträumtes Lächeln. Schon so lange hatte ich nichts anderes als Wolkenkratzer gesehen. Das letzte Mal müsste vor fünf Jahren gewesen sein, als ich bei meiner Mutter zu Besuch war. Sie wohnte in einem großen Cottage in Montana, an der Grenze von Kanada. Überall wo man hinsah war Natur. Das genaue Gegenteil von unserem Haus in New York, in dem mein Dad mit uns wohnte. Die Natur war das einzige Schöne an der Tatsache, dass ich zu meiner Mom zog. Sie und mein Bruder standen ganz oben auf der Liste der Menschen die ich hasste. Okay, hassen war eine Schippe zu viel, aber verdammt nah dran.
Mit einem resignierten Laut drehte ich mich zu Julian, darüber wollte ich jetzt nicht mehr nachdenken. Es würde nur meine Laune in den Keller werfen und ich wollte die nächsten Stunden der Autofahrt nicht unleidlich sein.
Julian drehte sich zu mir und wollte ansetzten etwas zu sagen, aber alles ging plötzlich ganz schnell.
Ein lauter Knall.
Tausende Glassplitter.
Schreie.
Schmerz.
Alle Luft wich aus meinen Lungen, als sich etwas schweres auf mich warf. Ich schnappte erschrocken nach Luft, versuchte den Schmerz an meinen Armen und Beinen zu ignorieren. So viele Fragen schwirrten mir durch den Kopf, doch konnte ich gleichzeitig keinen klaren Gedanken fassen. Was zur Hölle war passiert?
Ich wusste nicht mehr wo oben und unten war. Das laute Piepen in meinen Ohren raubte mir den Verstand. Verdammt, mein Ohr würde explodieren. Es war wie ein lautes Ringen, so dass mein ganzer Körper zitterte. Mein Körper fühlte sich an wie ein Komplettschaden und ich war mich nicht sicher auf welches Körperteil ich mich konzentrieren sollte. Scheisse.
Das Gewicht erhob sich von mir und mir wurde klar, dass sich Julian über mich geworfen hatte, um mich vor den Splittern zu beschützen. Mir schoss durch den Kopf, dass er sich hoffentlich nicht wegen mir verletzt hatte. Dann könnte ich mir nicht verzeihen. Doch schien es ihm gut zu gehen. Zumindest so weit ich erkennen konnte.
Er hielt mich fest. Der Schock saß mir tief in den Knochen, weshalb es mir schwer fiel alleine zu stehen. Alles drehte sich und mir schwirrte ein Fliegenschwarm im Kopf.
„Geht es dir soweit gut?" fragte mein Bodyguard und betrachte meinen Körper nach irgendwelchen großen Wunden.
Ich nickte. „Hm."
Er sah sich um und ich konnte sehen wie sein Verstand jedes kleinste Detail in sich aufnahm. Das hatte er auch getan, als er vor ein paar Tagen in mein Schlafzimmer kam. Bestimmt hatte er das im Militär gelernt, diese Situationsaufnahme - auf jedes kleinste Detail zu achten.
Aufeinmal hielt er in seiner Bewegung inne und sein wütender Blick veranlasste mich in dieselbe Richtung zu schauen. Mein Herz setzte aus und meine Beine wurden noch wackeliger als ohne hin schon. Dort wo die große Scheibe war hing jetzt ein Banner.
Egal wo du hin gehst ich folge dir, meine Königin, stand in roter dicker Schrift geschrieben. Meine Hand krallte sich in Julian's Oberarm. Ich war wie erstarrt. Es war das selbe Gefühl wie beim letzten Anschlag des Psychos. Nur eins war diesmal anders. Der Creep hatte das Leben von Zivilsten aufs Spiel gesetzt. Das machte mir erst den Ernst der Lage bewusst. Wer auch immer hinter diesem Arschloch steckte, musste ein beschissener Geisteskranker sein. Was ging ihm durch den Kopf so etwas zu tun?
Aber keiner von den Zivilsten schien ernsthaft verletzt. Das Mädchen und die Mutter hatten sich rechtzeitig hinter einem Regal verstecken können. Der ältere Mann war außer Reichweite der Splitter gewesen und der Kassierer war hinter den Tresen gesprungen. Gott sei dank.
Julian schlang seinen Arm erneut um meine Taille und führte mich in beinahe rennender Geschwindigkeit zu seinem Wagen. Ich hinterfragte nicht wieso er einfach ging, ohne auf die Polizei zu warten. Mir war egal was sein Plan war. Ich vertraute ihm und wusste, dass er das Richtige tun würde. Ohne Widerstand lies ich mich von ihm auf den Autositz setzten. Erst bei der Berührung des Leders bemerkt ich wieder die Splitter in meinen Beinen und das Blut das meinen nackten Oberschenkel runterfloss. Genau wie meine aufgeschürften Oberarme, die beim Sturz wohl etwas abbekommen hatten. Aber die Schmerzen blendete ich einfach aus.
Julian warf sich beinahe hinters Steuer und ehe ich mich versah raste er so schnell, dass ich ins Polster gedrückt wurde. Ich lehnte meinen Kopf an die Lehne und schloss meine Augen. War das grade eben echt passiert?
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