Kapitel 7
Der nächste Tag war kein Stück besser als der Tag davor. Meine Augen schmerzten und mein Hals brannte. Ich hatte wohl etwas geweint in der Nacht. Anders konnte ich mir das nicht erklären.
Es war neun Uhr und ich stand vor dem Spiegel in meinem Zimmer. Die ganze Nacht hatten die Leute meines Vaters mein Zimmer sicherer gemacht. Mein Fenster war verriegelt und ein Sicherheitsalarm war angebracht worden. Vor der Zimmertür standen zwei Sicherheitsleute die mir auf Schritt und Tritt folgten, zusätzlich zu Julian. Ein wenig wie in einem Gefängnis, nur etwas luxuriöser. Ich durfte nicht mal alleine auf die Toilette. Wenn ihr mich fragt ziemlich übertrieben. Der Unbekannte war ja immerhin nicht ins Haus eingedrungen und ich war mir sicher das er das auch nicht gekonnt hätte. Niemand wusste von wo genau er das beobachtet und arrangiert hatte. Es war ein Rätsel. Selbst für die Behörden. Also würde ich halt in diesem Haus bleiben und meine Bodyguards etwas Gassi führen, auch wenn ich lieber mit meinen Freunden an den Strand gefahren wäre.
Aber ich musste den Befehl meines Vaters akzeptieren und obwohl wir so früh am Morgen hatten, lies ich mir die Laune dadurch nicht verderben.
Nachdem mir Julian's Worte gestern schon sehr nahe gegangen waren beschloss ich mich heute voll und ganz auf meine Social Media Seiten zu konzentrieren. Meine Fans hatten seit ein paar Tagen kaum was von mir gehört und als ich Instagram und Snapchat heute morgen nach dem aufwachen gecheckt hatte, hatten mich tausend besorgte Nachrichten erreicht. Unter meinem letzten Post standen massenhafte Kommentare, in denen diskutiert und merkwürdige Theorien aufgestellt wurden.
Direkt nach dem Frühstück würde ich ihnen antworten und klarstellen, dass alles in Ordnung sei. Immerhin hatte ich acht Millionen Follower und das zog einiges an Verantwortung mit sich. Ich durfte nicht mal einfach so ein paar Wochen von Social Media verschwinden. Selbst jetzt gab es schon einige Artikel über mich mit der Frage, wieso ich mich in den letzten Tagen kaum gemeldet hatte. Die Spekulationen die sie erwähnten waren beinahe Verschwörungstheorien. Diese Branche war manchmal etwas anstrengend, aber sie war mein Leben. Als ich noch zur Schule ging war es schwer regelmäßig etwas zu posten, aber seitdem ich sie beendet hatte konnte ich mich voll und ganz darauf konzentrieren.
Als ich in die Küche ging saß mein Bruder an der Theke und eine Putzfrau wischte den Marmorboden. Tristan hatte seinen Kopf in den Armen vergraben, neben ihm eine leere Kaffeetasse. Ich hörte ihn leise schnarchen. Anscheinend hat der Kaffee seine Wirkung verfehlt.
Ich schmierte mir ein Brötchen mit Marmelade und machte mir meinen Lieblingstee. Dabei versuchte ich so leise wie möglich zu sein. Immerhin wollte ich Tristan nicht aufwecken. Seinen schmollenden Blick könnte ich jetzt nicht ertragen und womöglich würde er wieder mit mir sprechen wollen. Unser Verhältnis war schon seit ein paar Monaten sehr schwierig. Immer wieder wollte er sich mit mir aussprechen, aber ich hielt strikt dagegen und das würde sich auch vorläufig nicht ändern. Mein Herz fühlte sich an als würde es weinen, aber das war ich gewöhnt.
Schnell machte ich mich aus dem Staub und setzte mich an den Tisch im Esszimmer. Meine Bodyguards warteten vor der Tür auf mich, nachdem sie aus den Fenstern gesehen und überprüft hatten ob sie geschlossen waren. Alleine zufrühstücken war immer noch am schönsten. Einfach die Ruhe genießen und entspannt in den Tag starten. Das Familienfrühstück nervte mich immer total. Mein Vater wollte, dass es so aussah als wären wir eine perfekte Familie und zwang uns dann immer zu Sachen auf die eigentlich niemand Lust hatte. Vielleicht brauchte er es auch für sein Gewissen. Ich wusste es nicht.
Nebenbei antwortete ich meinen Fans und sagte ihnen unter einem süßen Bild, dass ich wieder aktiver sein würde. Ich hatte ein paar verpasste Anrufe von Dean und Asher. Dean wollte wissen wie es mir ging, nachdem er mir die Nachricht von Booster überbracht hatte herrschte zwischen uns Totenstille. Er akzeptierte, dass ich Zeit für mich brauchte und ich mich in nächster Zeit wieder bei ihm melden würde. Asher hatte mir auf die Mailbox gequatscht. Seine Entschuldigungen klangen aufrichtig und seine Trauer echt. Booster war ein guter Freund von ihm gewesen. Ich konnte ihm nicht verübeln zu trauern. Immerhin tat ich es auch. Obwohl ich ihn hasste, verabscheute. Ich schrieb Asher das es okay sei und ich ihm verzieh. Meine Nachricht endete mit ein paar lieben Aufmunterungen und einer kleinen Beileidsbekundung. Mehr Leuten hatte ich meine neue Nummer nicht gegeben - abgesehen von Julian und meinem Cousin. Es war sicherer so.
Als sich die Tür plötzlich öffnete schreckte ich zusammen und ließ beinahe meine Tasse fallen. Mit weit aufgerissenen Augen sah ich wie sich die Tür öffnete und Julian dem Raum betrat. Erleichtert atmete ich aus. Für einen kurzen Moment hatte ich Panik bekommen.
Meine Hand war schwitzig, weshalb ich sie unauffällig an meiner Hose abwischte. „Du hast mich erschreckt."
„Das habe ich gesehen." Er schloss die Tür hinter sich und setzte sich zu mir. Julian trug einen Anzug, wie beinahe immer und hatte seine Haare heute mal etwas wuschelig. Seine Augen musterten skeptisch mein Gesicht. Ich konnte etwas wie Reue über seine Gesichtszüge huschen sehen, aber ich könnte mich auch täuschen. Als ich ihn genauer betrachtete fiel mir eine kleine Delle in seinen vollen Lippen auf. Sie war so unscheinbar, dass sie fast zu übersehen war. Aber sie machte sein Aussehen vollständig, genauso wie die blassen Sommersprossen an seinen Wangen.
„Ich muss mit dir sprechen, Emerald."
Ich legte meine Stirn in Falten. „Was ist denn los?"
Er senkte seinen Blick, dichte Wimpern verdeckten seine Iris. Schade, dachte ich, ich wollte doch seine schönen Augen sehen.
„Du wirst davon überhaupt nicht begeistert sein."
Mein Herz drohte aus meiner Brust zu springen und meine Knie waren wie Wackelpudding. In diesem Moment war ich froh zu sitzen. „Jetzt rück schon raus mit der Sprache."
„Dein Vater hält es für sicherer, wenn wir ein paar Wochen untertauchen."
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