Spielabend
„Wenn du reden willst, dann sag einfach bescheid. Ich bin immer für dich da."
Zac legte seine Hand auf mein Knie, während ich noch immer eisern aus dem Fenster starrte und versuchte meine Gefühle und Gedanken zu sortieren.
Ich versuchte ihm ein dankbares Lächeln zu schenken, öffnete die Türe des Autos und drehte mich zu ihm um.
„Danke."
„Wir sehen uns Morgen Babe?"
„Klar."
So ziemlich wie jeden Tag fragte er das gleiche und so ziemlich wie jeden Tag bekam er die gleiche Antwort von mir.
Ich schlug die Türe des Autos zu und erwischte mich bei dem Gedanken, dass selbst wenn ich ihn nicht sehen wollte, trotzdem in die Schule musste und somit auch nicht um Zac herum kommen würde.
Ich sah zu wie er von dem Grundstück meiner Grams fuhr, und drehte mich in die andere Richtung. Anstatt nach Hause zu gehen entschied ich mich für einen kleinen Spaziergang um meinen Kopf vom Küstenwind gewaltig durchpusten zu lassen, in der Hoffnung dass es danach besser sein würde.
Automatisch trugen meine Beine mich die steilen Hänge entlang, über die saftig grünen Weiden bis ich schließlich vor einem morschen Bretterhaufen angekommen war.
Schließlich hielt ich es nicht mehr länger aus, ich sackte auf die Knie neben den Überresten unserer selbst gebauten Bank und ließ meinen Tränen freien Lauf.
Das erste mal seit dem Tod meiner Mutter überwältigten mich die salzigen Tropfen und bahnten sich ihren Weg über meine Wangen.
Was habe ich ihn nur getan, dass er mich von heute auf morgen wieder so sehr hassen konnte?
Was war passiert, dass er nach dem gestrigen Tag so Asozial gegenüber mir war?
Oder war das alles nur Taktik um mich im Glauben zu lassen es wäre alles wieder wie früher, nur um mir dann den letzten Hieb zu geben und das Messer in meinen Rücken zu stoßen?
Ich löste den klammernden Griff um meine Brust und schrie all den Frust und die Wut von den Klippen auf das Meer.
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Es war noch hell als ich mich kraftlos und mit verquollenen Augen auf das Bett hab fallen lassen, jetzt sah ich zu wie die Sterne immer mehr an überhand gewannen und den Himmel zum leuchten brachten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit im selbst kreierten Koma rollte ich mich quälend vom Bett und schlupfte in meine kartierte Schlafanzughose und einem viel zu großen Shirt.
Erschöpft vom weinen schlurfte ich die Treppe runter und machte mir einen Kaba, nur um mich damit zurück in meine Höhle verziehen zu können.
Leer starrte ich auf die dunkle Einfahrt die langsam, aber sicher von einem näher kommenden Auto erhellt wurde.
Umso heller die Strahler wurden, umso mehr löste sich meine starre.
Die Lichter wurden ausgeschalten und als ich das Auto erkannte schlug mein Puls bis zum Anschlag, das konnte jetzt einfach nicht wahr sein.
Ich rannte zur Haustür, riss sie auf und war bereit ihm all meinen Frust und die Wut ins Gesicht zu schreien, bis ich bemerkte, dass er Grams mehr Stütze als es nötig wäre.
„Du bisser beste Calb', sie hickste und fing kurz darauf an blöd zu lachen.
War sie etwa betrunken?
Meine Grams?!
Aber..?
„Grams?"
Panisch rannte ich auf sie zu, warf Caleb einen vernichtenden Blick zu und stützte sie auf mich.
„Smilla Schäselein. Du bis auch die beste! Ich hab dich so so sehr vermiss alsu nicht hier wars", wieder hickste sie und begann kurz darauf mit diesem verrückten lachen.
„Komm Grams, bringen wir dich mal ins Bett."
Ich konzentrierte mich einzig und allein darauf meine Grams in bequeme Sachen zu schleusen, die Schuhe aus zu ziehen und sie auf ihrem Bett zu Quartieren.
Stellte ihr einen Eimer für alle Fälle neben das Bett und eine Flasche stillem Wasser.
Bevor ich das Licht losch drehte ich mich zu ihr um und stellte fest, dass sie bereits tief und fest schlummerte.
Ich losch das Licht, schloss die Türe und drehte mich um und schon war mein Puls wieder auf einhundertachtzig.
Caleb stand im Flur und sah mich an als wäre nichts gewesen.
„Was ist?"
Fauchte ich ihn an, doch er schien deutlich unbeeindruckt.
„Wir wärs mit Danke?"
„Wofür denn?"
Dieser arrogante Mistkerl!
Was bildete der sich eigentlich ein?
„Dafür dass ich deine volltrunkene Grams nach Hause gebracht hab?"
„Achso und wem ist ihr Zustand überhaupt zu verdanken?"
Wütend funkelte ich ihn an und ging an ihm vorbei aus den Flur um meine Grams nicht unnötig wach zu halten.
Wobei die vermutlich schon längst nichts mehr mit bekam.
„Was schaust du mich so an? Als hätte ich nichts besseres zu tun und deine Grams Montag abends abzufüllen."
Er hob beschwichtigend die Hände und folgte mir in die Küche.
„Ach nicht?"
Wütend rührte ich in meinem mittlerweile kühlen Kaba, bis die Hälfte überschwappte, genau wie meine Geduld mit Caleb.
„Sie war bei meinem Großvater und haben Rome gespielt. Und du kannst dich doch noch daran erinnern wie das immer geendet hat."
Er lächelte als er an die Spielabende unserer Großeltern zurück dachte.
Wie konnte er jetzt hier stehen und normal mit mir über die Vergangenheit reden, wenn er mich heute in der schule noch in Grund und Boden gestaucht hatte?
„Achja? Sag du es mir? Schließlich hat sich so vieles verändert, woher soll ich das denn wissen?"
„Sag mal bist du sauer?"
Es sah aus als würde er sich über mein Verhalten amüsieren und Stütze sich neben mir auf die Ellenbogen auf die Arbeitsplatte.
„Ist das dein Ernst?"
Das wagte er nicht in frage zu stellen!
Oder etwa doch?
„Würde ich sonst fragen?"
„Caleb geh einfach."
Ich hatte keine Kraft mich mit ihm weiter auseinander zu setzen.
Ich konnte ihn einfach nicht mehr sehen, nicht nachdem er mich heute so hasserfüllt angeschaut hatte.
„Keine Gegenfrage?"
„Was soll ich dir denn bitte noch sagen, geschweige denn dich fragen?"
Meine Stimme wurde immer lauter und ich schaffte es einfach nicht mehr meine Emotionen unter Kontrolle zu halten.
„Gestern tust du als wären wir beste Freunde und in der Schule hasst du mich dann wieder?"
„Smilla ich.."
„Und jetzt tauchst du hier auf, bringst meine Grams sturz besoffen nach Hause und meinst mit mir smalltalk führen zu können als wäre nie etwas gewesen?"
Unterbrach ich ihn.
Schockiert über meinen emotionalen Ausbruch sah er mich an und wusste offensichtlich nicht, wie er damit umgehen sollte.
„Ich hab dir gestern gesagt, dass ich dich nie hassen könnte."
„Achja?! Das sah heute aber ganz anders aus! Was hab ich dir denn bitte getan?!"
Erschrocken vor meiner eigenen Lautstärke drehte ich mich um und ging in Richtung Haustüre, öffnete sie und bedeutete Caleb zu gehen.
Mit gesenktem Kopf kam er meiner Bitte nach, doch als er draußen stand brachte ich es einfach nicht übers Herz die Türe direkt zu zuschlagen.
Hätte ich es nur mal gemacht..
„Smilla du hättest einfach nicht wieder her kommen dürfen."
Er sah mich an wie ein geschlagener Welpe.
„Danke, das sagst du mir nicht zum ersten Mal. Aber tada, hier bin ich! Und das hätten weder du, noch ich ändern können! Jetzt müssen wir beide damit leben! Und wenn du nicht mit mir leben kannst, dann lass uns wenigstens versuchen uns nicht ständig an die Gurgel zu gehen!"
„Glaub mir, das versuche ich die ganze Zeit!"
Er machte einen Schritt auf mich zu und warf die Arme verzweifelt in die Luft.
„Dann gib dir mehr Mühe Blackwood!"
Ich drehte mich um und schloss die Türe hinter meinem Rücken.
Tief ein und aus atmend drückte ich mich von ihr ab und losch alle Lichter im Haus, stellte mich in die Küche an das Fenster im Wissen, dass Caleb mich nicht sehen konnte, ich dafür aber ihn.
Verzweifelt griff er auf durch das zerzauste Haar, sah ein letztes Mal zur Türe, stieg in sein Auto und auch als das Licht der Scheinwerfer nicht mehr zu sehen war, stand ich am Fenster und sah in die Richtung in die Caleb verschwunden war.
Wie hatte das alles nur passieren können?
Wie konnte es passieren, dass Caleb zu dem wurde was er jetzt ist.
Und was hätte ich ändern können um ihn nicht zu verlieren?
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