34 - Pläneschmieder
Alicas POV
Die leuchtende Sonnenscheibe verschwindet gerade hinter dem Ozean und taucht unsere Umgebung somit in ein fahles Licht. Romy, Sarina, Elin, Elayna und ich sitzen am Strand und starren auf das Meer. Wir haben uns per WhatsApp zu diesem Treffen verabredet, aber bis jetzt hat noch niemand ein Wort gesagt.
Die Stimmung ist im Gegensatz zu den Vortagen angespannt und bedrückt. Mir ist natürlich bewusst, dass das mit gestern zu tun hat. Soweit ich das mitbekommen habe, hatten Sarina und Elayna einen totalen Absturz, wohingegen sich Romy und Elin mit Casper und Zander vergnügt haben. Ich habe zwar auch mit mehreren Jungs getanzt, jedoch keinen von ihnen geküsst oder mich auf ihre Shirts erbrochen. Außerdem habe ich keinen Kater und das, obwohl ich gegen Ende recht viel Alkohol getrunken habe.
„Wir müssen besser aufpassen", durchforstet Elin schließlich die unangenehme Stille. Während sie das sagt, wendet sie ihren Blick nicht vom Meer ab, sondern beobachtet konzentriert die Schaumkronen, die auf den Wellen schwimmen. „Wie meinst du das?", frage ich sie und runzele die Stirn. Bis jetzt wurde niemand von seinem Ex Freund erkannt. Es gab zwar mehrere Zwischenfälle, aber letztendlich ist nichts passiert.
„So, wie ich es gesagt habe", seufzt die Blondine. „Wir haben schon viel zu viel Aufmerksamkeit der Fußballer auf uns gezogen." Ich räuspere mich leise, um meine Meinung zu diesem Thema abzugeben. „Bis jetzt ist doch immer alles gut gegangen", zucke ich mit den Schultern und lege den Kopf schief.
Es war doch eigentlich von Anfang an klar, dass das Risiko – erkannt zu werden – relativ hoch ist, oder? Natürlich möchte ich es auch vermeiden, von Jonah erkannt zu werden, aber wenn es passiert, dann kann ich das auch nicht mehr ändern.
„Nichts ist bis jetzt gutgegangen!", widerspricht mir Elin wütend und springt auf. „Romys Ex Freund hat Verdacht geschöpft und möchte sie jetzt suchen. Sarina muss sich nicht nur von Clay fernhalten, sondern zu allem Überfluss auch noch von Royce, Asher und Jonah. Elayna hat heute Nacht komplett besoffen bei Cade und Royce übernachtet. Außerdem ist ihr Asher auf die Spur gekommen. Und was mich angeht – ich muss mich sowieso von jedem fernhalten!"
Ich starre Elin aus großen Augen an und schlucke. Ich hatte ja absolut keine Ahnung, wie verzwickt unsere Situation wirklich ist. „Bei dir ist vielleicht alles gut, Alica, aber bei uns nicht!" Ich beiße mir auf die Zunge und vergrabe meine Fingernägel im Sand. Ich fühle mich auf einmal verdammt schlecht und schuldig. Andererseits ist es nicht fair, was Elin sagt.
Ich habe zwar nicht so große Probleme wie die anderen, aber Jonah macht mir trotzdem schwer zu schaffen. Wann immer ich alleine bin, gelten meine Gedanken nur ihm. Ich möchte ihn wieder berühren und in den Arm nehmen, doch ich weiß, dass das aktuell nicht geht.
Das Problem ist nur, dass Jonah eine Droge ist. Er ist meine Droge und ich bin süchtig nach ihm.
„Beruhige dich, Elin", mischt sich Sarina in das Gespräch ein. „Alica hat es sicherlich nicht so gemeint." Ich nicke bloß und schweige. Elin kann ziemlich schnell ausrasten und das möchte ich ungerne miterleben. „Ich weiß", gibt sie nach und schenkt mir einen entschuldigenden Blick. „Wir müssen uns einfach wieder auf das Wesentliche konzentrieren."
„Und was ist deiner Meinung nach das Wesentliche?", hakt Elayna nach und legt ihre Stirn in Furchen. Sie ist total blass im Gesicht und sieht allgemein wie eine Leiche aus. Ich möchte gar nicht erst wissen, wie es dazu gekommen ist, dass sie bei Cade und Royce übernachtet hat. Dass da wahrscheinlich sehr viel Alkohol im Spiel war, ist mir allerdings bewusst.
„Warum sind wir denn hierhergekommen?", fragt uns Elin und verschränkt die Arme vor der Brust. Sie steht immer noch vor uns und denkt gar nicht erst daran, sich wieder hinzusetzen. Es kommt mir ein bisschen so vor, als würde sie gerade unsere Anführerin spielen. „Um unsere Ex Freunde vom Fußball spielen abzuhalten", antwortet Romy nach einer Weile.
„Wir sind schon seit einer Woche hier und die Jungs eifern immer noch ihrem Traum nach!", erhebt Elin ihre Stimme. „Und was haben wir in der Zwischenzeit gemacht? Wir haben uns mit anderen Jungs abgelenkt oder uns zur Besinnungslosigkeit gesoffen. Das, meine Mädels, war definitiv nicht unser Plan!"
Wenn ich so über ihre Worte nachdenke, dann hat sie Recht. Wir wollten Rache ausüben, aber stattdessen haben wir uns auf andere Sachen konzentriert. Party machen, Spaß haben, herumalbern. Wir müssen die Zeit hier in Spanien effektiv nutzen, sonst verlieren wir unsere Ex Freunde womöglich für immer.
Der Gedanke daran, für immer von Jonah getrennt zu sein, zerreißt mir das Herz. Ich kann ohne diesen Idioten – meinen Idioten – nicht leben.
„Alles, was du gesagt hast, stimmt", gebe ich zu und schaue zu Elin auf. „Ab morgen müssen wir wirklich unseren Fokus auf die Fußballer richten." Romy und Elayna nicken zustimmend, nur Sarina schweigt. Sie malt Muster in den Sand und starrt verträumt auf das Meer. An wen sie wohl gerade denkt? Clay oder Dawson?
„Bist du dabei Löckchen?", reißt Elin Benannte aus ihren Gedanken und hebt die Augenbrauen. „Unsere Ex Freunde müssen für unseren Schmerz bezahlen! Scheiß Fußball! Scheiß Bundestrainer! Alles scheiße! Also Löckchen – wie sieht's aus?"
„Mhm", murmelt Sarina nur und schließt die Augen. Wie es scheint, befindet sie sich gerade in einer völlig anderen Welt. Das bemerkt auch Elin, denn sie schüttelt den Kopf über ihr Verhalten und lässt sich in den Sand fallen. „Hat jemand eine Idee, wie wir die Jungs vom Fußball spielen abhalten können?" Ich überlege angestrengt, komme allerdings zu keinem Entschluss. Da niemand von uns erkannt werden darf, sind wir ziemlich eingeschränkt.
„Wir könnten Bälle auf den Platz werden und somit das Training stören", schlägt Elayna vor und wartet auf unsere Antwort. Ich persönlich glaube nicht, dass wir das lange durchhalten würden. Früher oder später würden uns die Fußballer nämlich entdecken. „Finde ich gut", lächelt Romy abwesend.
Irgendwie wirkt unser Gespräch gezwungen. Ich erkenne die vier Mädels, die mir in dieser kurzen Zeit unglaublich schnell ans Herz gewachsen sind, kaum wieder. Die gestrige Nacht hat etwas verändert. Vielleicht hat sie sogar uns verändert.
„Oder wir beauftragen Leslie und ihre Freunde, dass sie immer wieder über den Fußballplatz laufen sollen", grinst Romy und leckt sich über die Lippen. Die Blauäugige ist für ihre Verhältnisse sehr still und zurückhaltend. Ich bin mir nicht sicher, ob das etwas mit Casper oder Cade zu tun hat. Fakt ist jedenfalls, dass sie abgelenkt ist und Jungs, die mit dem Anfangsbuchstaben C beginnen, ihr Leben in das reinste Chaos verwandeln.
„Na gut", klatsche ich in die Hände. „Dann ist es wohl beschlossene Sache, dass wir uns ab morgen den Fußballern widmen." Die anderen nicken und stimmen mir somit zu. „Vielleicht ist es ganz sinnvoll, wenn wir unsere Masken auf dem Sportplatz tragen", schlägt Sarina vor und zögert kurz. „Immerhin kennen uns dort mittlerweile zu viele Jungs."
Das stimmt. Anfangs mussten wir uns nur vor fünf Jungs – unseren Ex Freunden – in Acht nehmen, aber inzwischen sind schon zwei weitere dazugekommen. Wenn das so weitergeht, müssen wir uns bald vor der gesamten Mannschaft verstecken.
„Gut. Dann treffen wir uns morgen um halb elf mit den Masken am Stadion", fasst Romy zusammen und erhebt sich. Dann streckt sie sich und schenkt jedem von uns ein Lächeln. „Ich gehe jetzt schlafen, Mädels. Morgen wird ein langer Tag", gähnt sie und reibt sich über die Augen. „Bis morgen", nuscheln wir im Einklang und beobachten sie dabei, wie sie den Strand verlässt.
„Ich wette mit euch, dass sie sich mit Casper trifft", raunt Elin verschwörerisch. „Wettet jemand um fünf Mäuse dagegen?"
„Ja, ich wette dagegen!", erwidert Sarina und schüttelt Elins Hand. Die beiden stehen ebenfalls auf und laufen Romy hinterher. Ein bisschen Privatsphäre wäre auch ganz nett gewesen. Ich denke nicht, dass Romy begeistert sein wird, wenn sie erfährt, dass ihr Sarina und Elin nachspionieren.
Ich seufze und schaue zu Elayna rüber. Sie erwidert sofort meinen Blick und lächelt. Eigentlich würde ich sie gerne fragen, was gestern Abend vorgefallen ist, aber wenn sie so weit ist, wird sie mir selber davon erzählen. Ich möchte sie immerhin zu nichts zwingen.
„Sollen wir auch zurück ins Hotel gehen?", fragt sie mich erschöpft und klopft sich den Sand von der Hose ab. Ich kann sehen, dass ihr jeden Moment die Augen zufallen und nicke deshalb. Also trotten wir schweigen am Strand entlang, wobei jeder seinen eigenen Gedanken nachhängt.
Ich erinnere mich an die Zeit mit Jonah zurück, in der wir den Spaß unseres Lebens hatten. Wir haben so viele Erinnerungen geschaffen – sei es das Holi Festival, unser erster Urlaub oder der Ausflug nach Paris – dass es schmerzt, zu wissen, dass es diese Zeiten nicht mehr gibt. „Woran denkst du?", reißt mich Elayna in die Realität zurück. Ich blinzele kurz perplex, ehe ich ihr ein Lächeln schenke. „An Jonah." Sie nickt und legt einen Arm um meine Schulter.
„Vielleicht ändert sich ab morgen alles", philosophiert sie. „Vielleicht wird dann alles besser." Ich wünschte, ich hätte ihren Optimismus. Zwischen Jonah und mir wird es ganz bestimmt nicht besser. Er hat seine Entscheidung getroffen und sich darauf festgelegt, die Zukunft ohne mich zu verbringen. Auch wenn es schmerzt, muss ich das akzeptieren, denn es scheint nicht so, als hätte er seine Entscheidung noch einmal überdacht. „Mal abwarten", lächele ich und umarme Elayna zum Abschied. „Bis morgen."
„Bis morgen", erwidert sie und betritt ihr Zimmer. Ich fahre eine Etage höher und schließe müde die Tür auf. Alles, was ich jetzt brauche, ist mein Bett.
Und natürlich Jonah.
Ich ziehe mir schnell meinen Schlafanzug an, putze die Zähne und kuschele mich wenig später unter die Bettdecke. Dann werfe ich einen Blick auf mein Handy und stelle fest, dass mir Zane – mein bester Freund – eine Nachricht geschrieben hat. In den letzten Tagen habe ich ihm kaum geschrieben, was sich nun schleunigst ändern muss. Ich tippe auf seinen Kontakt und rufe ihn an. Es tut ein paar Mal, ehe er abnimmt.
„Oh", lacht Zane gespielt spöttisch. „Prinzessin Ally gibt sich auch mal die Ehre, ihren Hofdiener Zane anzurufen." Ich schmunzele und schüttele den Kopf. Für genau solche albernen Kommentare liebe ich Zane.
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