Einundzwanzig
Mir fällt das Handy aus der Hand. Die vier Buchstaben, die in der Nachricht standen, brennen sich förmlich in meine Netzhaut, auch durch Blinzeln kann ich sie nicht wieder loswerden. „Nein... Das kann doch nicht sein...", murmele ich mit nahezu tauber Zunge.
Mit einem leichten Seufzen geht sie wieder von meinem Schoß runter und hebt mein Handy auf. Sie hält es mir entgegen, doch ich zittere zu sehr, als dass ich es wieder in die Hand nehmen könnte. „Darf ich wenigstens nachsehen, was genau los ist?", fragt sie sanft. Ich bewundere sie darum, dass sie es schafft, so ruhig zu bleiben. Allerdings hat sie die Nachrichten auch noch nicht gelesen, und selbst wenn sie es getan hätte, würde sie noch lange nicht so empfindlich auf jene reagieren wie ich.
Ich antworte ihr mit einem stummen Nicken, ziehe meine Knie an den Körper und umschlinge sie mit meinen Armen. In meinen Augenwinkeln haben sich schon wieder Tränen gebildet und es sind so viele, dass ich sie nicht mehr wegblinzeln kann.
„Passwort?", fragt Swan.
„Eins-Acht-Eins-Eins", antworte ich lethargisch. Die ganze Zeit versuche ich, die Tränen mit den Händen wegzuwischen, doch es sind einfach zu viele. Ich gebe auf und lasse sie einfach laufen. Am liebsten würde ich einfach in Swans Armen liegen, aber sie ist zu sehr mit dem Chatverlauf beschäftigt, der mich so sehr aus der Bahn geworfen hat.
„Okay...", murmelt sie vor sich hin, während sie die Nachrichten durchliest, und sieht dann wieder zu mir hoch. Ihr mitleidsvoller Blick lässt meine Knie weich werden und die Tränen fließen schon wieder ungehindert. „Maya ist doch deine Exfreundin, oder nicht?", fragt sie sanft.
Ich antworte nur mit einem Nicken. „Aber ich glaube nicht, dass sie diese Nachrichten geschrieben hat."
Sie hebt die Augenbrauen ein wenig und sieht mich besorgt aus den grünen Augen an, die mich so sehr an die von Maya erinnern. Vorsichtig beugt sie sich zu mir und streicht mit dem Handrücken die Tränen von meinen Wangen. „Alles ist gut, Lilly, du brauchst nicht zu weinen. Ich bin doch bei dir, und ich liebe dich."
Ihr Versuch, mich zu trösten, bewirkt eher das Gegenteil. Zwar kann ich nicht mehr wirklich weinen, meine Tränen sind schon versiegt, aber ich schluchze trocken, wovon ich schon beinahe Halsschmerzen bekomme. Ich kann nicht einmal Swans Liebesbekundung erwidern.
„Soll ich sie anrufen? Ich will ihr sagen, dass sie dich in Ruhe lassen soll." Swans zuerst ruhiger und besorgter Tonfall wird harsch und wütend. Ihr Beschützerinstinkt ist so unglaublich tröstend, dass ich es schaffe, langsam auch mit dem Geschluchze aufzuhören. Mit zittrigen Knien wanke ich in die Küche. Am Wasserhahn fülle ich mir ein Glas mit kühlem Wasser und nehme einen Schluck.
„Nein, bitte nicht. Das ist nicht Maya, sie kann es einfach nicht sein." Ich leere das Glas, es fühlt sich so gut an, meinen rauen Hals wieder zu kühlen.
„Aber sie hat doch geschrieben, dass sie Maya ist."
„Sie ist es nicht!" Diese Person, die hinter der Nummer steckt, macht mich so wütend, dass ich das Glas so heftig auf die Spüle knalle, dass Swan zusammenzuckt. Sie hat nicht mit einer solchen Reaktion von meiner Seite gerechnet. Trotzdem bin ich wütend, das ist nicht Maya, die dort schreibt.
Ich schnappe Swan mein Handy aus der Hand und starre die Nummer an. Dann scrolle ich durch meine anderen Chatverläufe und finde den von Maya. Die letzten Nachrichten, die wir geschrieben haben, liegen ein ganzes Jahr zurück. Und Mayas Nummer ist eine komplett andere.
„Hey, alles gut, beruhige dich!", sagt Swan, da ich schon wieder zittere, als ob ich nackt im Schnee sitzen würde. Sie schlingt die Arme um mich und drückt mich an sich. Ich lege den Kopf an ihre Schulter und atme einmal tief durch. Ihre Hand fährt durch mein Haar, eine Berührung, die mich so sehr beruhigt...
„Warum glaubst du denn, dass es nicht Maya war?", erkundigt sich Swan mit leiser Stimme.
Ich sehe hoch, in ihre Augen, und sage mit rauer Stimme und bleischwerer Zunge: „Weil Maya schon tot ist."
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