°13
Ai.
Sie war hübsch, groß, familienbewusst und war aus dem Ausland zu Besuch, auch mit ihren jungen 17 Jahren, hatte sie Cade schon fast jedes Jahr besucht. Sie verstand und redete gut, obwohl es eine Fremdsprache für sie war - doch störte sie hier eine Sache gewaltig.
Cades Vater, welcher praktischer Weise nicht da war.
Trotzdem war sie bereit nun alle Herzen für sich zu gewinnen.
Es war Zeit.
Ja, Zeit, für ihr Geständnis.
Die Symphatie seiner Mutter hatte sie schon und gerne würde sie einmal Cades Mate werden, doch hatte sie selbst mit Cade noch zu ringen, der sie eher für seine kleine Schwester hielt.
Sie wusste von Cades verstorbener Schwester, ließ ihn deshalb bis jetzt immer, wenn er sie Schwester nannte.
Aber nun war es Zeit.
Sie war jung. Aber sie war bereitwillig alles für ihn zu tun. Sie würde ihn auf Knien anbeten, seine Füße küssen, wenn er das wollte.
Sie wollte seine Kinder gebären, sie wollte ein schönes Landhaus mit ihm haben.
Noch ein Jahr, dachte sie sich und sah auf ihre Hände. Es gab keine Zeit mehr drumherun zu reden. Sie musste Cade jetzt sehen lassen, dass sie die Richtige war, in den paar Tagen, die sie hatte.
Sie ging die Treppe der Eingangshalle hoch.
"Cade!", quiekte sie und ließ ihren kleinen Reisekoffer fallen, als sie den Mann ihrer Träume erblickte.
Cade lachte als sie sich auf ihn warf, drehte sich mit ihr ein paar mal im Kreis, bevor er sie abstellte. Ihr langes, schwarzes Haar war nun vollkommen durcheinander, aber darauf achtete sie gar nicht mehr.
"Alles Gute zum 17. Ai", summte er und küsste sie auf die Wange, er behandelte sie wie ein kleines Kind, aber Ai war bereit mehr zu sein.
"Ich bin kein kleines Kind mehr!", protestierte sie und Cade küsste lachend ihren Handrücken.
"So besser, die Dame?", fragte er und ließ das Betamädchen tiefrot werden.
Sie war zwar kein Alpha, aber sie wusste, sich wie einer zu benehmen.
"Wo sind deine Eltern?", fragte sie höflich und Cade erzählte, dass seine Mutter bei einem wichtigen Termin war und sein Vater auf Geschäftsreise.
Es blieben nur sie, Nao und der Rest der Bediensteten.
Nao bekam gar nicht mit, dass sie einen Gast hatten, bis das Mädchen mit erhobenen Haupt in den Salon trat, ihr langes Kleid anhob um sich ordentlich hinzusetzen, als Cade ihr den Stuhl vorschob.
"Du hast auf meine Briefe nicht geantwortet", begann sie und musterte Cade, welcher viel glücklicher als sonst schien.
Lag es an ihr?
Sie konnte nicht anders, als zu lächeln.
"Tut mir Leid, du weißt, ich habe einiges zu tun. Das wird schlimmer wenn mein Vater mir das ganze hier überlässt", murmelte er und ließ sich ihr gegenüber nieder.
Sie nickte verständnisvoll.
"Überarbeite dich nicht."
"Du klingst wie meine Mutter, wäre sie nicht so schrecklich in die Arbeit verliebt."
Er lachte, sie lachte.
Harmonie.
"Apropos verlie-", begann sie prompt mit ihrem Geständnis, doch hörte Cade ihr gar nicht zu, gab einem Bediensteten Anweisungen.
Sie waren sich so nah, doch Ai störte das nicht.
Es war ein süßer Omegajunge. Er sah nicht einmal älter als sie aus, doch mussten alle Bediensteten erwachsen sein. Das wusste sie.
Er hatte atemberaubende graue Augen und weich aussehendes, dunkelbraunes Haar, welches glatt gekämmt war und um seinen Hals baumelte eine goldene Kette, welche Ai ganz bezaubernd fand.
Als er sich nickend aufrichtete, sah sein Haar in der Sonne, die durch das Fenster schien, fast blond aus.
Ai hätte gelogen, wenn sie meinte, ihr Herz gehörte ihm binnen von Sekunden nicht auch ein wenig.
Aber sie hatte Cade - und der Kette nach zu urteilen, hatte der Omega auch jemanden, der ihm unglaublich Nahe stand.
Denn Nao trug seine Kette voller stolz, jedes mal wenn er zur Arbeit ging, doch versteckte er sie noch vor seinen Eltern.
Er war unsicher, misstrauisch, vielleicht sogar eifersüchtig über die Nähe, die das Mädchen Cade geben durfte, doch war er froh zu hören, dass sie ein seperates Zimmer bekam, welches Nao nun vorzubereiten hatte.
Wenn er die Kette trug, fühlte er sich markiert und irgendwie schien das sein gesamtes Wesen zu erschüttern und ihm mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein zu geben.
Er hatte immerzu Cades tränende Augen im Kopf, sein zweites Liebesgeständnis und seine Reaktion auf Naos Worte. Wenn es Cade war, war Nao mehr als bereit zu reden. Er war glücklich, wenn Cade glücklich war. Und wenn es reichte, seinen Namen zu sagen, um Cade lächeln zu sehen, würde er versuchen es öfters zu machen.
Er striff die Decke glatt und machte das Bett ordentlich. Dann umschlang er den goldenen Stern mit seiner linken Hand. Wenn er übte, öfters vor Cade zu reden, konnte er es vielleicht schaffen, dass zu sagen, was er ihm schon im Wald sagen wollte.
Er wollte sein Liebesgeständnis erwidern. Er wollte auch die drei Worte sagen.
Mit roten Wangen ging er aus dem Zimmer und ließ den Stern los.
Er machte sich auf den Weg in den Salon.
"Cade, wollen wir vielleicht in den Garten?", fragte Ai sanft und legte eine Hand auf Cades Arm.
Cade störte die Berührung nicht.
"Der Garten ist gerade voll mit Bediensteten, hier ist es schön ruhig", entgegnete er. Sie raumten etwas mehr auf, solange seiner Mutter außer Haus war. Und Cade genoss die Leere, die es ohne seine Eltern hier gab.
Es war schön Ai hier zu haben, aber nichts war besser, als mit Nao diesen morgen etwas Zeit verbracht zu haben. Nao schien so offen und fröhlich, nur der Gedanke an seinen kleinen Stern erfüllte Cade mit Wärme.
Ai seufzte und das Betamädchen hatte so nun endlich die Aufmerksamkeit des Alphas.
"Alles okay?", fragte er besorgt und Ai griff nervös in die Falten ihres altrosanen Kleides.
"Ich will mit dir über etwas reden."
Das war der erste Schritt.
Cade willigte ein und drehte sich mehr zu ihr.
Sie öffnete den Mund, aber kein Wort kam raus.
'Ich liebe dich,
Ich bin in dich verliebt', alle Sätzen umschwappten ihre Zunge, doch rollten nicht über sie.
"Ich.. dich..liebe... dich", sagte sie endlich, doch in einem gestotterten Wortbündel.
Cade lachte.
"Ich dich doch auch, Schwesterchen."
Er verstand es nicht.
Es gab nur seine Schwester, die Ai ähnlich sah, er sah die richtige Ai nicht.
Sie stand auf.
Dann hatte sie keine Wahl. Sie musste es Cade zeigen.
Cade folgte ihrer Aufforderung und zögerlich legte sie in einem Schwung die Arme um seinen Nacken und ihre Lippen verschmolzen.
Es war ihr erster Kuss. Und sie hatte ihn selbst holen müssen.
Cade schob sie abprupt weg, als sein Kopf es endlich verarbeiten konnte undnahm ein paar Schritte Abstand.
Er schüttelte sich heftig, sah sie geschockt an und Ais zuvor strahlenden Seele, sank in ein scheinbar tiefes, schwarzes Loch.
Ihr Blick war genauso, wie Cade es nie jemals jemandem gewünscht hätte, so zerstört. Er kam bei Frauen mit Weinen klar, mit Wut, nicht mit leerer Emotionslosigkeit, nachdem er zuvor ihr Herz brechen sah.
"Ai", begann er und das arme Mädchen schüttelte den Kopf.
"Verstehe."
Der Alpha seufzte.
"Ai, du bist immer wie meine Schwester gewesen - ich.."
Sie lächelte.
Cade lief ein Schauer über den Rücken.
"Es ist okay. Ich hätte es wissen sollen. Ich bin für immer nur das kleine Mädchen."
Cade öffnete den Mund, doch gab sie ihm einen abweisenden Kuss auf die Wange. Er schloss seine Lippen wieder.
"Ich sollte mich hinlegen. Die Fahrt war lang."
Ihre Stimme war monoton und schrill zugleich.
Cade schluckte.
Jede Frau wäre ihm egal gewesen, Ai war ihm nicht egal.
"Ai...lass uns doch.. -"
Ai schüttelte den Kopf, versuchte nicht zu weinen.
"Lass uns morgen reden, Cade."
Cades Augen wurden feucht.
Er hielt es nicht aus, sie so zu sehen.
Und dann ließ sie ihn ohne weitere Worte alleine, fragte Bedienstete auf dem Weg, wo ihr Zimmer war.
Und während all der Trauer, war Nao ein ebenso trostloses, weinendes Bündel Hoffnungslosigkeit im Abstellzimmer. Er war an eines der Regale gelehnt und ließ alles in das Klopapier raus.
Schließlich vergrub er sein Gesicht in seine Hände, schniefte unaufhörlich, elendig.
Alles was er gesehen hatte war real. Cade und das Mädchen hatten sich geküsst.
Er war in keinem Traumwald mehr, in dem Cade ihm seine Liebe gestand.
Er war in der Realität.
Die Realität war anders. Cade hatte gelogen und das erst zusammengeflickte Herz des Omegas wieder zum zusammenbrechen gebracht.
Cade liebte ihn nicht.
Cade liebte ihn nicht.
Das was er sich einredete, war nur noch härter für ihn zu schlucken.
Cades Worte hallten immer wieder in ihm; Nao wollte, dass sie real waren, aber was er gesehen hatte, war viel realer.
Lügner, schrie es in ihm, gegen Cades Ausdrücke von Liebe.
Cade liebte ihn nicht.
Er hatte es gesehen.
Im Endeffekt hatte es nie eine Chance für den armem Omega gegeben.
Für Cade war eine Frau bestimmt, die ihn glücklich machen konnte. Ein Alpha oder auch ein Beta, so wie es das Mädchen war
Doch was hatte er nur getan, dass jeder Alpha ihm Böses wollte?
Jeder hasste ihn, außer seine Mutter.
Sogar sein Vater würde ihn hassen, wenn er ihm erzählte, dass er hier nicht mehr arbeiten konnte.
Es war von Anfang an keine gute Idee gewesen, Cade zu Vertrauen.
Der Alpha hatte wohl jetzt seinen Spaß mit dem Mädchen, dass so viel hübscher, klüger und besser war, als Nao.
Der Omega wischte sich über die Augen. Er musste hier weg. Ganz schnell. Seine Beine waren schwach.
Und sowie er durch den Gang schlürfte und seine Tränen zu unterdrücken versuchte, hörte er Cade rufen, Cade den Nao so sehr liebte.
"Hey, Nao! Warte!"
Nicht den in seinem Kopf, den echten.
Und seine Füße wurden schneller. Schneller und schneller, bis er nur noch aus dem Haus rannte und Cade ein zweites mal alleine gelassen wurde.
Der Alpha stand fassungslos da. Er konnte all die Trauer und all den Herzschmerz spüren, als Nao von ihm weggerannt war. Nicht nur Naos, auch sein Herz schmerzte nun.
Hatte er etwas falsches getan?
Die Augen des Alphas wurden weit. Hatte Nao den Kuss gesehen? Er hatte sie doch abgelehnt!
Cade fuhr sich frustriert durchs Haar, er dachte nach dem Abend im Wald würde endlich alles gut mit Nao werden. Doch diese Blase von Freude schien schon wieder geplatzt zu sein.
Egal was er tat, er schaffte es immer wieder, Nao zum zusammembruch zu bringen.
Er fühlte sich so schuldig, doch bekam er gar keine Chance ihm hinterher zu rennen, als seine Mutter aus dem Bad kam und Cade nach Ai befragte, die sie auf dem Gang getroffen hatte.
"Das Arme Mädchen. Ich bin enttäuscht Cade. Ich dachte dir liegt etwas an ihr."
Die dritte Person, die ihn alleine ließ, als sie die Tür zum Bad hinter sich zuschlug.
Es fehlte nur noch -
"Sir, ein eiliger Brief von Ihrem Vater."
Die Bedienstete drückte Cade das verpackte Blatt in die Hand und verschwand auch schon wieder.
Egal was es war, es würde den Tag nur noch schlimmer machen.
Cade hatte es gewusst.
Er musste nur eine Zeile dazu lesen.
Cade wollte sich übergeben.
Er hasste diesen Tag, er hasste alle hier, er hasste die Welt.
Ai hasste ihn.
Nao hasste ihn.
Seine Mutter hasste ihn noch mehr.
Und sein Vater war morgen wieder da. Es gab ein Meeting.
Und Cade war gezwungen jemanden zu suchen, mit dem er sein Leben verbringen würde.
Er ließ das Papier fallen und nahm sein Handy.
Es gab nur noch eine Person, die ihn hier rausholen konnte.
Und diese Person war das einzige Alphamädchen, dass ihn je verstanden hatte.
Er wählte die Nummer, die sie damals mit einem leichten Lächeln auf den Lippen eingegeben hatte.
'Ich werde da sein, wenn du mich brauchst. Egal für was.'
Cade wusste, dass das keinesfalls sexuell gemeint war. Sie war eine echte Freundin. Er konnte ihre Hilfe bis zu diesem Moment nicht gebrauchen, aber es war Zeit für einen Plan B.
Es war Zeit.
Während er noch telefonierte machte er sich auf den Weg zu Nao.
Wenn er es jetzt nicht mit ihm richtig stellte, würde es vorbei sein. Und Cade würde das niemals zulassen.
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