Prolog
Die Sonne brannte heiß auf den kleinen Spielplatz, doch Mizuki kümmerte das nicht. Mit ihren acht Jahren war sie zu beschäftigt, ihre Sandburg fertigzustellen, um sich um die Schweißperlen auf ihrer Stirn zu kümmern. Der Sand war trocken und krümelig, und sie musste ihn immer wieder mit Wasser aus ihrer kleinen Plastikflasche anfeuchten, damit die Türme nicht einstürzten.
„Mizuki, mach nicht so eine Sauerei!“, rief ihre Mutter von einer der Bänke am Rand des Spielplatzes. Doch Mizuki hörte kaum hin, vertieft in ihr Werk. Ihre Zunge lugte konzentriert zwischen ihren Lippen hervor, während sie mit einem kleinen Förmchen den nächsten Turm formte.
Neben ihr tobten andere Kinder herum, ihre Rufe und Lachen erfüllten die Luft. Ein Junge rannte vorbei, stolperte fast über Mizukis Beine und brachte ihre Burg zum Einsturz.
„Hey!“, rief Mizuki empört und schaute auf das plattgedrückte Bauwerk. Der Junge drehte sich um, rief ein halbherziges „Sorry!“ und lief weiter. Mizuki verzog den Mund.
„Es ist okay, Mizuki“, sagte ihre Mutter sanft und kam zu ihr hinüber. Sie kniete sich zu ihrer Tochter und strich ihr über den Kopf. „Wir bauen einfach eine neue, oder?“
Mizuki nickte zögernd, doch in ihrem Inneren breitete sich eine leise Traurigkeit aus, die sie nicht ganz verstand. Während andere Kinder in Gruppen spielten oder ihre Geschwister dabei hatten, war sie oft allein. Nicht, dass ihre Mutter oder ihr Vater sie nicht liebten – ganz im Gegenteil. Aber in solchen Momenten fragte sie sich, wie es wohl wäre, jemanden an ihrer Seite zu haben, der immer für sie da war. Sie hatte nicht nur das Gefühl, dass ihr Freunde fehlten, es war etwas, was tiefer zu liegen schien. Mizuki wollte jemanden, mit dem sie jedes Geheimnis teilen wollte.
„Mama“, begann sie zögernd, „warum hab ich keine Geschwister?“
Ihre Mutter hielt in ihrer Bewegung inne. Für einen kurzen Moment lag ein Ausdruck in ihren Augen, den Mizuki nicht deuten konnte – ein Schatten, der ebenso schnell wieder verschwand, wie er gekommen war.
„Manchmal bekommt man nicht alles, was man sich wünscht, Schatz“, sagte sie schließlich mit einem Lächeln. „Aber du bist doch unser größtes Geschenk. Das ist mehr, als ich mir je hätte wünschen können.“
Mizuki sah sie an, ihre großen, ungleichen Augen – eines blau, eines braun – glänzten vor Nachdenklichkeit. Sie wollte weiterfragen, doch der Ausdruck in den Augen ihrer Mutter hielt sie zurück. Also nickte sie nur, auch wenn das Gefühl, dass etwas fehlte, nicht verschwand.
„Lass uns nach Hause gehen“, schlug ihre Mutter vor und half Mizuki auf die Füße. Der Spielplatz leerte sich langsam, und die Abendsonne tauchte alles in ein warmes, goldenes Licht.
Auf dem Heimweg hielt Mizuki die Hand ihrer Mutter fest, doch sie schaute immer wieder über ihre Schulter zurück zum Spielplatz, wo die anderen Kinder noch spielten. In ihrem Herzen regte sich ein kleiner Wunsch, vage und schwer zu greifen. Sie konnte nicht erklären, warum, aber in diesem Moment wünschte sie sich mehr als alles andere, dass sie nicht die Einzige wäre.
Die Schritte ihrer Mutter hallten leise auf dem Bürgersteig wider, und Mizuki seufzte leise. Vielleicht würde sie eines Tages herausfinden, warum sie sich manchmal so fühlte. Aber bis dahin würde sie einfach weitermachen – so, wie sie es immer tat.
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